Die Kleinen wieseln durch die Klasse. Von Station zu Station.
Bei der ersten Station wiehert ein Pferd, muht eine Kuh, zickt eine Ziege oder so. Die Kinder hören den Bauernhof.
Bei der zweiten Station gehts an Riechen. Augen zu. Griff in die Tasche:
"Ist das Heu?"
Fast, es ist Stroh - aber den Unterschied kennt hier keiner.
Bei der dritten Station liegen Bücher zum Ansehen herum. Auch Zeitschriften, Kopien. Alles über Österreichs Land- und Forstwirtschaft.
Bei der vierten Station steht ein dunkler Sack. Nicht der Lehrer! Im Sack gilt es komische Dinge zu erfühlen:
"Das sind Zwiebel."
"Nein, Knoblauch."
"Ist das nicht dasselbe?"
Schließlich dürfen sie auch schmecken. Blind verkosten. Sarah verzieht den Mund.
"Und?"
"Ich mag keinen Käse."
"Und du?"
"Ich bin Antihistaminiker."
"Ahh, was darfst du alles nicht essen?"
"Erdbeeren ... und eeeh, vieles nicht."
Von kleinen Pannen abgesehen - eine wunderbare Stunde. Von meinen StudentInnen für meine Zwerge erfunden. Alle sind glücklich.
Nachbesprechung:
"Wie lange hat die Vorbereitung gedauert?"
"Ein paar Stunden."
"Alle vier, d.h. ein Dutzend Stunden Vorbereitung für eine Stunde Unterricht. Nicht sehr effizient."
"Wo haben Sie denn das Material her?"
"Überall gesammelt, aus dem Wald, von einem Bauernhof geholt, einiges haben wir gekauft ..."
"Lehrer, die sich engagieren, die zahlen drauf?"
"Machen wir ja nicht jeden Tag."
"Genau. Aber später werden sie nicht eine einzige Klasse drei Wochen unterrichten, sondern acht Klassen zehn Monate."
"Das kann ich mir beim besten Willen noch nicht vorstellen."
"Und was machen wir jetzt mit den Resten? Dem abgegriffenen Gemüse, den angeniesten Äpfeln, dem nassen Holz?
"Wegschmeißen."
"Und die Lernziele? Was haben die Kinder gelernt?"
"Nüchtern betrachtet haben sie Nüsse gerochen, in Büchern geblättert, Äpfel gegessen, Kartoffel erfühlt, Hühner gehört."
Keine Sorge, die echte Nachbesprechung ist natürlich positiv verlaufen: Lob, Anerkennung, Freude. "Eine schöne Stunde."
Wie sollen wir die Studierenden auf die nüchterne Realität vorbereiten?
Lassen wir sie einfach anrennen!
Bei der ersten Station wiehert ein Pferd, muht eine Kuh, zickt eine Ziege oder so. Die Kinder hören den Bauernhof.
Bei der zweiten Station gehts an Riechen. Augen zu. Griff in die Tasche:
"Ist das Heu?"
Fast, es ist Stroh - aber den Unterschied kennt hier keiner.
Bei der dritten Station liegen Bücher zum Ansehen herum. Auch Zeitschriften, Kopien. Alles über Österreichs Land- und Forstwirtschaft.
Bei der vierten Station steht ein dunkler Sack. Nicht der Lehrer! Im Sack gilt es komische Dinge zu erfühlen:
"Das sind Zwiebel."
"Nein, Knoblauch."
"Ist das nicht dasselbe?"
Schließlich dürfen sie auch schmecken. Blind verkosten. Sarah verzieht den Mund.
"Und?"
"Ich mag keinen Käse."
"Und du?"
"Ich bin Antihistaminiker."
"Ahh, was darfst du alles nicht essen?"
"Erdbeeren ... und eeeh, vieles nicht."
Von kleinen Pannen abgesehen - eine wunderbare Stunde. Von meinen StudentInnen für meine Zwerge erfunden. Alle sind glücklich.
Nachbesprechung:
"Wie lange hat die Vorbereitung gedauert?"
"Ein paar Stunden."
"Alle vier, d.h. ein Dutzend Stunden Vorbereitung für eine Stunde Unterricht. Nicht sehr effizient."
"Wo haben Sie denn das Material her?"
"Überall gesammelt, aus dem Wald, von einem Bauernhof geholt, einiges haben wir gekauft ..."
"Lehrer, die sich engagieren, die zahlen drauf?"
"Machen wir ja nicht jeden Tag."
"Genau. Aber später werden sie nicht eine einzige Klasse drei Wochen unterrichten, sondern acht Klassen zehn Monate."
"Das kann ich mir beim besten Willen noch nicht vorstellen."
"Und was machen wir jetzt mit den Resten? Dem abgegriffenen Gemüse, den angeniesten Äpfeln, dem nassen Holz?
"Wegschmeißen."
"Und die Lernziele? Was haben die Kinder gelernt?"
"Nüchtern betrachtet haben sie Nüsse gerochen, in Büchern geblättert, Äpfel gegessen, Kartoffel erfühlt, Hühner gehört."
Keine Sorge, die echte Nachbesprechung ist natürlich positiv verlaufen: Lob, Anerkennung, Freude. "Eine schöne Stunde."
Wie sollen wir die Studierenden auf die nüchterne Realität vorbereiten?
Lassen wir sie einfach anrennen!
teacher - am Mittwoch, 7. April 2010, 20:08
deprifrei-leben meinte am 7. Apr, 20:40:
Ist doch eine schöne neue Lehrerwelt. ;-)
nehalennia (Gast) meinte am 7. Apr, 22:59:
Ich frag mal ganz salopp: wo ist der Unterschied zwischen dem Vorbereiten von Nachwuchs-Lehrern auf die nüchterne Realität und dem Vorbereiten generell des Nachwuchs auf die Realität?Lassen wir Kinder einfach anrennen? Damit sie sich möglichst bald auf die Realität vorbereiten?
Lassen wir in jedem Beruf "Neulinge", die voller erfrischenden Elan, Idealismus an die Sache herangehen, gleich mal anrennen? Wie war das bei dir, teacher?
Ich bin am Anfang meines beruflichen Werdegangs (andere Branche) wohl sehr rasch auf die Realität gestossen, das ließ mich zeitweise zynisch werden. Mit ein Grund, warum ich Berufsneulinge behutsam unterstütze. Ich versuche sie langsam auf die "nüchterne Realität" (schließlich ist auch diese eine Frage des Blickwinkels) vorzubereiten und beneide sie doch insgeheim um ihren Idealimus... Dennoch soll sich jeder auch zu Beginn über die Schattenseiten des Berufs im Klaren sein. Rosa Welt vorspielen bringt ebenso wenig.
Weder anrennen lassen noch in Watte packen - im Grunde stellt sich doch die Frage nicht, oder? Das eine ist die strukturelle Ausbildung, das andere unterstützende Kollegen, die einem zu Beginn durchaus unter die Arme greifen können. Sofern diese dazu bereit sind ...
teacher antwortete am 8. Apr, 15:39:
Du zeigst auf eine erschreckende Parallele: Wir bereiten weder die Kinder auf die Realität vor noch die Junglehrer. Sie werden schon anrennen.
nehalennia (Gast) antwortete am 8. Apr, 23:08:
und wer genau ist "wir" ? :-)
daisee gell meinte am 8. Apr, 01:12:
wieder Spaß an Bildung
passt jetzt nicht ganz dazu, aber ich will's mal einwerfen...Ich unterrichte in einem Nachhilfeinstitut in Wien. Einmal fragte mich ein Schüler ob ich später mal Lehrerin werden will.
Nein, sicher nicht. Ich habe meinen LehrerInnen lange genug dabei zugesehen, wie sie über die Jahre immer zynischer wurden, um zu wissen, dass ich unter diesen Umständen sicher nicht Lehrerin werden will. Auch im Nachhilfeinstitut fürchte ich schon, dass entweder mein Idealismus mich - oder ich meinen Idealismus umbringen werde.
Aber
Wie hier beschrieben, sind Lehrende&SchülerInnen sich eher Kollegen als Lehrende untereinander.
Sie sehen sich so selten, man hat nur genügend Zeit um sich gegenseitig kurz Leid zu klagen, aber man spricht sich nicht wirklich untereinander ab. Man könnte doch beispielsweise manche Fächer gut verbinden, wie Mathe+Physik oder Geografie+Geschichte oder Biologie+Chemie, manchmal auch spezifische Kombinationen je nach Stoff. Wie zB Geschichte+Mathe+Physik bei großen Entdeckungen die epochale Veränderungen herbeigeführt haben.
Gute Idee, aber wie ist soetwas möglich?
Man hat ja nunmal einen fixen Stundenplan, unterrichtet nicht nur eine Klasse, hat ohnehin schon viel Arbeit und ist oft ohnehin nervlich fertig. Es gibt kaum Zeit und Raum für solche Absprachen. Derlei "Projektarbeit" braucht wieder mehr Zeit und Vorbereitung.
Im Gespräch mit meiner Schwester begeisterte mich ihr Vorschlag: Teambildung.
Natürlich bräuchte das wieder einen kleinen Systemwandel (das ist das, wo Junglehrer motiviert sind und "Altlehrer" sie gerne anrennen lassen). Aber wenn sich LehrerInnen-Teams bilden, vielleicht ein Team von 5 LehrerInnen für eine oder zwei Klassen, die gemeinsam Stoff vorbereiten, vielleicht sogar teilweise zu zweit in der Klasse stehen, und sich auch gegenseitigen Rückhalt bieten wenn alles wiedermal anstrengend wird, dann würde lehren und lernen wieder viel mehr Spaß machen. Soviel Systemwandel wär das vielleicht gar nicht. Der Stundenplan müsste vielleicht etwas dynamisch flexibler werden, etwas Zeit müsste für "Teamsitzungen" einbezogen werden, und wohl noch einiges, was mir grad nicht einfällt oder wovon ich wohl keine Ahnung habe
Es braucht nicht unbedingt interaktive Stundengestaltung um Unterricht interessanter zu machen. Es braucht einfach motiviertere LehrerInnen. Was meinst du, teacher, ist Teamarbeit eine Möglichkeit die Kraft und den Idealismus aufrecht zu erhalten?
teacher antwortete am 8. Apr, 15:42:
Teamarbeit halte ich für eine gute Zukunfstlösung - im momentanen Schulsystem gibt es keinen Platz dafür. Schule ist absolut teamfeindlich organisiert.
BIA (Gast) antwortete am 10. Apr, 17:38:
Ich bin auch überzeugt, dass uns u. a. die Teambildung retten kann. Bloß kriegen wir seit 2 Jahren weder "Teamstunden" genehmigt (woran eh keiner geglaubt hat), noch lässt sich der Stundenplan offensichtlich so einrichten, dass Unterrichtsteams (z. B. alle E-Lehrer einer 8. Kl.) eine gemeinsame Freistunde zum Planen haben. Also - auf Seite der Schulverwaltung ist jedes Bekenntnis zur Teamarbeit von Lehrern ein Lippenbekenntnis. (Abgesehen davon besteht von Lehrerseite kaum Interesse an festen Teams.)
fedor (Gast) meinte am 8. Apr, 10:18:
Wenn man aus dem geschützten Bereich in die Realität kommt,geht es nun mal nicht ohne ein paar blaue Flecken ab;kann durchaus zur Charakterbildung beitragen.Ist es nicht immer wieder erstaunlich,mit wieviel Defizit an Alltagswissen (Heu-Stroh,Knoblauch-Zwiebel...) Schüler behaftet sind?
Anja-Pia meinte am 8. Apr, 10:22:
Erinnert mich an meine Auslagengestaltung: Sieht alles easy aus, steckt aber viel Arbeit dahinter.
TwoedgedWord (Gast) antwortete am 9. Apr, 09:10:
Kommt drauf an....
Mehrere Stunden Entwurfszeit sind nicht unbedingt ein Gegenargument. Wenn die Stunden so aufbereitet sind, dass sie wiederverwendbar sind, kann das gerechtfertigt sein. Manche Stunden aus dem Referendariat halte ich im Wesentlichen noch heute so, mit der Zeit sind immer nur kleine Verbesserungen eingepflegt worden. Und wenn die Stunde noch so aufgeschrieben ist, dass man sie weitergeben kann, kann der ROI akzeptabel sein. Das aendert nichts daran, dass viele von diesen Showstunden in sich keine Praxisrelevanz haben, und das ist dann wirklich rausgeworfene Zeit.
TwoedgedWord (Gast) antwortete am 9. Apr, 09:12:
Nachtrag
Praxisrelevant steht hier fuer "praktikabel im Alltag eines Vollzeitlehrers"
teacher antwortete am 9. Apr, 17:03:
Stimmt nur für wenige Stunden bzw. Fächer. Die beschriebene Stunde ist nicht ohne großen Aufwand zu wiederholen, weil ich ca. 30 verschiedene, frische Materialien sammeln und kaufen müsste.Dabei wäre es ganz einfach, seine eigenen Kinder auf den nächsten Bauernmarkt mitzunehmen oder einen Ausflug aufs Land zu machen - aber als Lehrer kann ich nicht 30 Kinder einladen, zu schnuppern, zu kosten, zu probieren. Das kann nur in der Verantwortung der Eltern passieren.
TwoedgedWord (Gast) antwortete am 9. Apr, 19:06:
Mag an meinen Faechern liegen. MatNat ist recht bestaendig im Inhalt. Und die Materialien lassen sich gut einlagern (Arbeitsblaetter, Bastelanleitungen (Geometrie), Wuerfel, Verpackungen etc.) und mit Kollegen austauschen.Augen auf bei der Faecherwahl ;-)
teacher antwortete am 10. Apr, 15:07:
Guter Tipp fürs nächste Leben ... und Studierende. :-)
oops meinte am 9. Apr, 17:09:
sinnliches ...
es scheine alle daran freude gehabt zu habenund dies ist ein gutes gefühl
aja coole idee
teacher antwortete am 10. Apr, 15:09:
Ja, eh. Nur kann man es nicht als Standard fürs Unterrichten sehen bzw. fordern.
Heini (Gast) meinte am 9. Apr, 23:37:
Prüfungsstunden ...
Interessant finde ich, dass es selbst am Gymnasium genauso abläuft, auch im Jahrgang 13. Bis an die Zähne motivierte Junglehrer, die Farbkopien, Folien, Plakate, eigene Stifte und was nicht alles dabei haben, versuchen ihren „modernen” Unterricht durchzuführen.
Da wird dann plötzlich Video geguckt, gemalt, Gruppenarbeit gemacht usw. Warum? Na weil es die Prüfer gerne so haben wollen. Mit dem Unterricht im Alltag nachher hat das kaum noch was zu tun.
Sowieso sind einzelne Prüfungsstunden in meinen Augen wenig sinnvoll zur Einschätzung des (zukünftigen) Lehrers. Da wird einige Stunden eine Showeinlage geliefert, die Wochen vorbereitet wurde, und am Ende hängt es an den Schülern, ob sie gnädig sind und die Show mitspielen.
teacher antwortete am 10. Apr, 15:11:
Exakt. Wir trainieren Show-Business statt Unterricht. Dann glauben die Show-Pädagogen, alles sei OK.
Klabund (Gast) meinte am 10. Apr, 12:14:
Wg. Teamfeindlichkeit und keine Gruppenarbeiten
Kam mir eher ganz anders vor. Viel zu viele Gruppenarbeiten, wo ich oftmals dachte, das der Lehrer einfach keine Vorbereitung gemacht hat für Frontalunterricht, und darum sich ständig irgentwelche Abstrakten Inhalte und riesige Fragestellungen für Gruppenarbeiten überlegt hat... "dann macht das mal und erarbeitet das in einer Gruppe... die Ergebnisse sehn wir uns dann morgen an".....
testsiegerin antwortete am 10. Apr, 12:18:
ich bin unter anderem trainerin, und in trainings wird natürlich viel in kleingruppen gearbeitet. ich bin auch für die schulung der neuen mitarbeiterInnen zuständig, und da geht es sehr wohl einfach auch um wissen, rechtliche grundlagen, etc. glauben sie mir, ein training so vorzubereiten, dass man die leute selbst arbeiten lässt, dass es eine mischung aus input, lerndialog, aktivem training, gruppenarbeit, murmelgruppen, übungen etc. ist, das ist wesentlich aufwändiger als einfach etwas vorzutragen, was man selbst natürlich weiß und kann.
und das, was die leute sich selbst erarbeiten, das sitzt immer wesentlich besser als das, was ihnen vorgekaut wird.
teacher antwortete am 10. Apr, 15:14:
Ausnahmsweise muss ich der testsiegerin Recht geben :-)Den letzten Satz kann ich leider nicht (mehr) 100% unterschreiben: Selbst erarbeiten heißt heute oft "googlen" und copy&paste mit sehr geringen Lerneffekten.
BIA (Gast) antwortete am 10. Apr, 17:43:
Teamarbeit vorbereiten und die nötigen Vorarbeiten auf Schülerseite zu leisten ist enorm aufwendig, da stimme ich zu. Problem ist nur, dass sowohl viele Lehrer als auch Schüler "Gruppenarbeit" mit "= eh kein richtiger, ernstzunehmender Unterricht" verbinden und die Bereitschaft, sich als Team wo reinzuhängen, sehr minimal ist. (Mit Ausnahmen, natürlich.) Selbst bei selbstgewählten Themen geben sich Schülergruppen oft mit erbärmlichen Ergebnissen zufrieden und zeigen wenig Eigeninitiative oder Interesse daran, tiefer in ein Thema einzusteigen. Ein bissi wikipedia kopieren, das reicht ihnen dann schon.
Ich denke, für die 3. Auflage unserer Projekttage werden wir in Zukunft im Vorfeld unterschiedliche Schülerergebnisse vorstellen - "So stellen wir uns das ungefähr vor und so nicht." - und die Benotungsraster noch genauer durchnehmen. Hat irgendjemand andere bewährte Tricks?
Klabund (Gast) antwortete am 10. Apr, 23:44:
Hätte nicht gedacht, damit so eine erboßte Reaktion aus Lehrer/Dozenten-Kreisen zu erhalten :)Ist aber wirklich so: Wenn der Mensch dort vorne keine Lust hatte viel zu tun, dann dachte ich immer, das er eine Gruppenarbeit rausgibt (mit 5-10 möglichst breit gefächerten Fragen, die er 10 Minuten vorher schnell durch den Kopierer gejagt hat).
In den Stunden, in denen die Schüler dann beschäftigt sind, kann man dann Klausuren korrigieren usw.
Andererseits stimmt es jedoch: Beim Thema Jura / Recht kann sowas ein besseres Lernergebnis bringen. Bei anderen Themen sehe ich das jedoch nicht so.
testsiegerin antwortete am 10. Apr, 23:51:
mit "erarbeiten" hab ich auch nicht gemeint, etwas bloß zu ergoogeln und mit copy & paste zu arbeiten. ich hab meine teilnehmerInnen letztens zum beispiel einen test zu einem bestimmten thema ausarbeiten lassen, mit multiple choice. und erstens hat ihnen das spaß gemacht und zweitens haben sie sich so wesentlich intensiver mit der materie auseinandergesetzt als durch einen vortrag. ich denke, es geht bei (fast) jedem thema darum, die emotionen der teilnehmerInnen zu erreichen, egal, ob es sich um jugendliche oder erwachsene handelt. wir alle wollen berührt werden. und ich denke, das ist bei den meisten themen oder fachgebieten möglich. aber eben auch aufwändig, und mir ist schon klar, dass sich der schulalltag ändern muss, damit so etwas passieren kann.
BIA (Gast) antwortete am 11. Apr, 10:07:
@Klabund
Ja, ich weiß, das gibt es und ist ein Mega-Sündenfall - besonders in der Kombination möglichst unverbindlich-allgemeine Fragen UND geistig abwesendem Lehrer. Argh.
teacher antwortete am 11. Apr, 11:02:
@BIA: Du sprichst die Probleme sehr realistisch an. Es ist so schwer, die SchülerInnen aus ihrer Komfortzone zu holen. Wenn wir aber mit Notendruck reagieren, ist das schöne Konzept des freiwilligen, stressfreien, selbstbestimmten Lernens vorbei.@Klabund: Mir geht es bei Fortbildungen auch so - eine Vorstellungsrunde (zack 1 Stunde vorbei) - eine Erwartungsrunde (zack 2. Stunde vorbei) - eine Gruppenarbeit (zack, die Beteiligten beginnen zu tratschen) - Mittagspause ... Plenum ... Feedbackrunde ... am Ende hat man das Gefühl, vom Wissen und Können des Vortragenden nicht profitiert zu haben.
BIA (Gast) antwortete am 11. Apr, 15:33:
@teacher
Stimmt genau...andererseits haben wir die Schüler jahrelang darauf trainiert, nur auf Notendruck zu reagieren. Die Dinge, die sie interessieren -mit dem Fingerskateboard herumfahren, Bravo-Hefterl unter der Bank lesen, in den Klos den fingerdicken Auftrag von Makeup üben etc. - bei denen sie sich wirklich selbstbestimmt, hochmotiviert und intensiv weiterbilden wollen, lassen wir sie nicht tun. Die anderen Dinge, von denen irgendwer beschlossen hat, dass sie sie unbedingt wissen müssen - der Igel, die amerikanische Unabhängigkeitserklärung, das Schichtenmodell - lernen sie logischerweise nicht aus intrinsischer Motivation, sondern weil's hübsch Ärger daheim gibt, falls nicht. Ich weiß nicht, ob das so überraschend ist. Ticken wir hier nicht alle ähnlich? Ich schicke irgendwelche Fragebögen an die Familienbeihilfestelle auch nicht freiwillig, sondern weil das Nichtabschicken negative Konsequenzen hat.
teacher antwortete am 11. Apr, 16:32:
Das ist halt das harte Los der Schule:Wir unterrichten, was sie nicht interessiert. Interesse wäre aber die Voraussetzung fürs selbstbestimmtes, freiwilliges Lernen. Selbst das reicht nicht aus, um aus dem Komforteck herauszukommen.
Beispiel: Das österreichische Mietrecht ist wirklich kompliziert, viele meiner Maturantinnen werden demnächst Bekanntschaft damit machen, weil sie sich als Studierende wo einmieten wollen. Es ist wichtig, es geht um viel Geld, es betrifft sie - sie wollen es wissen, aber nicht lernen müssen. Das machen sie nur mit Hinweis auf Prüfungen und Noten. In zwei Jahren werden einige für diesen Druck dankbar sein.