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cotopaxi

 
"Herr Präfekt", "Tante" und "Du" machen mir in den ersten Klassen zu schaffen. Wenigsten sehe ich sofort, aus welcher Ecke die Neuzugänge stammen.

"He, mein Lieblingsfach ist Bio, echt!", schreit mir einer am Gang entgegen.
"Das freut mich, René, dass es dir bei uns gefällt."
"Nein, bei dir, Herr Lehrer."
Ich könnte mich freuen, muss aber erziehen.
"Wir haben uns doch auf eine andere Anrede geeinigt!"
"Was?"
"Bitte! oder Wie bitte! - sagt man."
"Ich kenn' mich nicht aus."
"Fangen wir von vorne an. Wie hast du zu deiner Lehrerin in der Volksschule gesagt?"
"Frau Kringel."
"Und wer bin ich?"
"Da Bio-Lehrer. Aber deinen Namen kann ich mir nicht merken."
"Darum ist es so einfach, wenn du "Herr Professor" zu mir sagst. Und SIE!"
"Oh Gott!"
"Nein, Herr Professor genügt!"
"Was?"

Auch die blöden Witze kommen noch nicht an.
Simon Columbus (Gast) meinte am 19. Sep, 20:19:
Schüler verstehen Witze von Lehrern nicht: Lehrer sind einfach nicht witzig, basta. Das muss eine gemeine Anspielung gewesen sein!

Warum man Lehrer siezen muss habe ich nie verstanden - ich kenne einige von ihnen jetzt 13 Jahre lang, war sogar schon bei diesem oder jenem mal zuhause - aber das "Sie" bleibt. In meinen Augen schafft das eine unnötige Distanz - wie häufig ist das schwarz-weiße Schüler/Lehrer-Denken Grundstock der Probleme.

Noch schlimmer ist's, wenn einen in der zehnten Klasse plötzliche diese Männer und Frauen siezen, die man schon seit Jahren kennt. Zumal man langsam beginnt, sie nicht mehr nur als Lehrer zu begreifen... 
teacher antwortete am 19. Sep, 20:24:
Die Lehrer siezen euch? Das drohe ich nur an, wenn ich mit einer Klasse gar nicht warm werden kann.

Bei den Witzen merkt man die Distanzen zwischen Lehrenden und Lernenden. Ich kann trotzdem bei manchen Schülerwitzen lachen. 
MissBlubb (Gast) antwortete am 19. Sep, 22:32:
Bei uns fangen die Lehrer ab der Oberstufe an die Schüler zu siezen, aber das machen auch nicht alle.
Die Lehrer, die ich seit der 5. Klasse kenne duzen mich immer noch und das stört mich auch nicht, wenns welche sind, die einigermaßen sympatisch sind ;).
Bei Lehrern, die ich überhaupt nicht abkann bestehe ich aufs Sie, weils eben für die Oberstufe so festgelegt ist.
Es gibt aber wirklich nicht viele Lehrer, die das "Sie" konsequent durchziehen, das sind eigentlich nur die, die nur in der Oberstufe unterrichten.

Dass Lehrer gesiezt werden halte ich für selbstverständlich, das habe ich seit der 1. Klasse gemacht und generell sind Erwachsene für mich erstmal "Sie", das ist einfach so.
Liegt aber an der Erziehung, manche Kinder lernen das halt nicht, da muss die Schule ran, so traurig es auch ist... 
Nachtblau meinte am 19. Sep, 20:22:
Ich hab mir vorgenommen, mich selbst in der Grundschule nicht dutzen zu lassen, auch wenn das schwierig werden wird, weil die Kinder das heutzutage nicht mehr beigebracht bekommen. 
teacher antwortete am 19. Sep, 20:25:
Bitte, dann habe ich es leichter.
Ist doch völlig normal, dass Kinder zu Erwachsenen "Sie" sagen. Oder? 
Nachtblau antwortete am 19. Sep, 20:27:
Sollte eigentlich so sein, ja. Erwachsene siezen schließlich einander grundsätzlich auch, außer sie sind befreundet o.ä.
Aber anscheinend ist es schwierig, von der Tante aus dem Kindergarten auf Lehrer in der Schule umzuschalten. Und wo sich keiner beschwert, wird halt weitergemacht wie bisher 
teacher antwortete am 19. Sep, 20:35:
Eine Zeit lang gehörte es zum engagierten, antiautoritären und emanzipierten Lehrerdasein dazu: Wir sagten in den Klassen alle "Du" zueinander und brachen mit den antiquierten Hierarchien. Das war sowas von unnatürlich ... 
stichi antwortete am 19. Sep, 20:37:
ich finde es sehr seltsam, wenn Kinder ihre Lehrer duzen, auch in der Grundschule finde ich das völlig unangemessen.
Eine gewisse Distanz ist unabdingbar, und ich finde es ganz sonderbar, dass viele Eltern dies ihren Kindern nicht mehr vermitteln.
Meine 5-jährige Enkeltochter will mit mir immer Schule spielen. Dazu gehört (für sie) unbedingt, dass sie mich per Sie und als Frau XY anspricht. 
teacher antwortete am 19. Sep, 20:43:
Spielerisch zum Sie, das klingt vorbildlich. 
Stef (Gast) antwortete am 20. Sep, 15:49:
Bei mir / uns ...
... duzen uns die Grundschüler zunächst (meistens). So viel Neues ... wenn wir da noch gleich auf das "Sie" bestehen würden, wäre das für manches Kind doch vielleicht zu viel. Die Zeiten haben sich echt geändert. Es gibt mittlerweile Kinder, die in ihrem Leben noch _nie_ jemanden gesiezt haben, geschwiege denn Verben entsprechend konjugieren können.

In der 4.Klasse gibt es bei uns eine informelle Absprache, dass wir mit den Schülern das "Sie" thematisieren und allmählich dazu übergehen. Das klingt zwar sehr merkwürdig, schließlich ist man sich doch eigentlich vertrauter geworden, funktioniert aber überraschend gut. Unsere Grundschulabgänger sind dann also für das gymnasiale/(...) "sie" gewappnet. ich frage mich gerade, ob auf anderen schulzweigen auch "gesiezt" wird ?! 
pringle (Gast) meinte am 19. Sep, 22:22:
Da lacht die Englischlehrerin.

Möchte man meinen.

Allerdings musste ich den Erstklässlern (14-15) erst beibringen, mich mit "teacher", "Miss", "Miss Pringle" oder "Frau Professor" (sagt eh kein Mensch) anzureden. Die Zweitklässler (15-16) siezen mich vorbildlich auf Deutsch und teilweise auf Englisch ("Can She repeat the question?") und die zutraulichen Drittklässler (16-19) nennen mich beim Vornamen. Da entwickelt irgendwie jede Klasse ihre eigene Dynamik. Aber solange der Respekt gewahrt bleibt, können sie mich nennen wie sie wollen. 
teacher antwortete am 26. Sep, 20:55:
Da bin ich strikt: Distanz schafft Autorität. "Can SHE understand?" :-) 
steppenhund antwortete am 30. Sep, 22:26:
Das finde ich bedenklich. Autorität, die sich aufgrund anderer Eigenschaften berechtigt, ist eine abgeleitete.
Allerdings sehe ich ein, dass nicht jeder über natürliche Autorität verfügen kann;) 
teacher antwortete am 30. Sep, 22:30:
Autorität muss man schaffen und pflegen, die fliegt nicht automatisch zu.
Viele (Jungkollegen und Studierende) fragen dann, wie man sie aufbaut: Mit vielen kleinen Details. Eine klare Anrede hilft, z.B. 
steppenhund antwortete am 30. Sep, 23:50:
Hm!
Möglicherweise bildet die Anrede die gleiche Basis wie die Symbolik in der Religion. Wenn ich mich an meine eigenen Professoren in der Mittelschule erinnere, hatten manche Autorität, andere nicht. Das hing aber nicht von der Anrede ab sondern von dem, was sie darstellten.
-
Meine Studenten reden mich mit Herr H. an. Ich habe trotzdem nicht den Eindruck, dass sie meine Autorität nicht anerkennen:) 
teacher antwortete am 1. Okt, 15:56:
Ob Herr H. oder Herr Professor macht für mich keinen Unterschied.
Vorname und Du würden schon mehr Nähe = Distanzlosigkeit darstellen. 
Woo (Gast) meinte am 19. Sep, 22:46:
Den Sinn des "Herr Professor" in AT hab ich noch nie verstanden.. der Mann ist "nur" Lehrer. Professoren stehen in der Uni. Ich red doch auch den Buergermeister nicht mit Herr Praesident an, obwohl's beides Politiker sind ;)
(Den Magister kann man da auch gleich mit streichen. Herr Lehrer oder Frau Meier. Titelzelebriererei bringt niemandem was.)

Wir haben uns auch in der Oberstufe konsequent duzen lassen.. wozu unnoetige Distanz erzeugen? In der Gegenrichtung sind wir natuerlich beim Herr Meiermuellerschulz geblieben.. gebietet der Anstand und Altersunterschied schon irgendwie. 
Chne (Gast) antwortete am 20. Sep, 05:36:
IMHO ist "Professor" in Österreich ein Amtstitel, also eine Art Dienstgrad. So wie bsp der "Regierungsrat", der ja auch nicht wirklich (direkt) die Regierung berät, oder der "Bezirksinspektor" bei der Polizei der ja auch nicht für einen Bezirk zuständig ist.
Wahscheinlich ein Fossil aus der Monarchie? 
walküre antwortete am 20. Sep, 09:11:
Der Professorentitel
wird in Österreich verliehen und bedarf einer bestimmten Anzahl von Dienstjahren; Tatsache ist allerdings, dass an Gymnasien generell alle Lehrkräfte dergestalt tituliert werden, auch wenn sie beispielsweise gerade frisch von der Uni kommen. Für die Erstklässler ist dies ohnehin sehr viel einfacher, als wenn sie sich plötzlich ein Dutzend Namen merken müssen, und eine gewisse Autorität beinhaltet der Titel ebenfalls, was alleine schon bei manchen Kindern eine positive Nebenwirkung erzeugt. 
Abraxa (Gast) meinte am 20. Sep, 11:49:
hm
ich empfand es als sehr angenehm, dass uns in der oberstufe zumindest von den lehrern die man täglich sah angeboten wurde, dass wir selber entscheiden dürfen, ob wir "geduzt" oder "gesiezt" werden wollen. wie entschieden uns damals für: wenn wir du sagen dürfen, dürfen sie das auch ;)

und es war toll, zumindest den tutor duzen zu dürfen. in fächen wo man sich nicht täglich mehrere stunden sieht hat das jeder lehrer anders gehalten ob er uns geduzt oder gesiezt hat, aber wir haben konsequent "sie" gesagt, es sei denn wir kannten die lehrer privat.

(den lehrer mit dem man einmal die woche im schul lesbischen zentrum der nächst größeren stadt rumhängt kann man in der schule einfach nicht merh siezen, selbst wenn man ihn in sagen wir mal bio hat) 
teacher antwortete am 26. Sep, 21:01:
Bei uns gibt es eine klare Schulregel: Schüler sagen alle SIE. Jetzt gibt es Schüler/innen, die wir z.B. im Sportklub trainieren, wo alle per DU sind - die müssen vormittags SIE und nachmittags DU sagen. Komisch, aber es funktioniert. 
Miaka meinte am 20. Sep, 13:06:
ich sieze noch heute alle professoren auf der uni, auch wenn ich oft darauf hingewiesen werde, dass ich teilweise die einzige bin. aber wie heißts so schön: man sagt schneller "du arsch" als "sie arsch"... nachdem ich das mal einem professor erklärt habe, ließ er mich gewähren. ist jetzt aber sehr freundlich zu mir :). unabhängig davon fällts mir generell schwer, jemanden der "über" mir steht zu duzen (ich bin wohl doch zu sehr japanisch angehaucht...).

oh gott - blöd, aber gut ;-). 
teacher antwortete am 26. Sep, 21:51:
An den Unis kenne ich nur ein paar Alt-68er, die noch auf dem DU herumreiten, sonst hat sich das SIE (in den 3 Instituten, die ich kenne) wieder durchgesetzt. Oder ist das in D anders? 
image meinte am 20. Sep, 13:30:
Also bei mir war das nie Thema:

Die Schüler werden von den Lehrern geduzt und die Lehrer von den Schülern gesiezt.
So bleibt zumindest ein gewisser Respekt - vor allem bei Kindern und Jugendlichen. (Ich mochte übrigens die Witze meine Lehrer sehr gern, so ab der 4. Klasse Gymnasium. In der 4./5. bekam ich dann aber irgendwie Schwierigkeiten damit, weil ich die Lehrer, warum auch immer, nicht mehr als "die Lehrer" sah.
In der 6. hab ich dann das gut abgrenzen können: Lehrer müssen dich benoten, ich muss meine Arbeit machen, aber man kann auch gut Spass mit ihnen haben oder auch über ernsthafte Sachen gut diskutieren.)

Es war nie anders - und während der Schulzeit hätte ich nie drüber nachgedacht einen Lehrer mal zu duzen.

Jetzt im Kolleg fragen uns einige Lehrer ob wir gesiezt oder geduzt werden wollen, einige sind gleich beim Sie. Aber für unsere Klasse bzw. jeder wusste gleich: man siezt den Lehrer, aus (und die Klasse ist total verschieden zusammengewürfelt).
Trotzdem ist es was anderes als vor der Matura - die Lehrer im Kolleg behandeln einen mehr wie ganz normale andere Erwachsene - natürlich wird dieses Lehrer-Studenten Verhältnis immer besser und "freundschaftlicher" mit der Zeit.

Und das Sie bleibt - bis zur Diplomprüfung auf jeden Fall. 
.peter meinte am 20. Sep, 19:53:
ach das wird noch. es braucht halt ein paar Jährchen Bildungsgettho, um blöde Lehrerwitze zu verstehen -=> ;) <=- 
gulogulo meinte am 21. Sep, 11:12:
unser kv, damals kurz vor der pensionierung, hat uns nach der matura das du angeboten. aber jedesmal, wenn wir uns heute über den weg laufen und bei der gelegenheit über dies und das reden, muss ich mich fast zwingen "du" zu sagen.
ot - müssen die schüler heute immer noch aufstehen, wenn der "fessa" die klasse betritt? 
teacher antwortete am 26. Sep, 19:29:
Ja, die Stunde beginnt mit einem "stillen Gruß", das macht auch deshalb Sinn, weil sich alle an ihre Plätze begeben und das Ende der Pause klar angezeigt wird. 
amadea (Gast) meinte am 24. Sep, 19:49:
Hihi
Ja, das mit den Witzen..das schmerzt manchmal...

Aber das mit dem Du ist machmal witzig. Sagt der Bub aus der ersten Klasse vorgestern zu mir: Frau Lehra, mei Mama hot g'sogt, i muaß Sie zu dir sog'n..... 
ama (Gast) meinte am 24. Sep, 19:53:
typo
Wenn es mir doch einmal gelingen würde, nicht zu patzen....
Schaff es nicht mal, meine Blog-Adresse richtig zu tippen....
I am such a lousy teach. 
tischNr2 meinte am 25. Sep, 17:24:
Diesen Dialog sollte Matt Groening in die TV-Serie Simpsons einarbeiten. 
teacher antwortete am 26. Sep, 19:32:
Musste schwer grinsen! :-) 
direktor (Gast) meinte am 25. Sep, 17:31:
der größte witz ist aber, daß sich ahs-lehrer als professoren fühlen und ansprechen lassen. 
atrazin antwortete am 25. Sep, 20:02:
Der Witz hat aber auch schon soooooooo einen Bart. 
teacher antwortete am 26. Sep, 19:26:
Das ist Österreich! Statt ordentlicher Gehälter haben wir schöne Titel bekommen.
P.S.: Gehen Sie mal in ein Wiener Kaffeehaus und der Herr Ober wird aus Ihnen zumindest einen "Hofrat" machen.
P.P.S.: Wir lassen uns so anreden und wir fühlen uns so, weil wir nach etlichen Dienstjahren per Minister-Dekret zu "Professoren" gemacht werden. Wir sind es. 
student (Gast) antwortete am 3. Okt, 18:25:
Dann seid ihr ja sogar deutlich titelgeiler als deutsche Universitätsprofessoren. Zumindest im technischen Bereich ist dort eigentlich Herr oder Frau Nachname üblich. (Bei Medizinern ist es wahrscheinlich auch anders.) 
teacher antwortete am 3. Okt, 20:49:
Also auf den öst. Unis wäre es ein echter Fauxpas, die Profs mit Herr anzureden (Frau ist ja ganz selten) oder gar mit Dozenten zu verwechseln. 
 

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