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cotopaxi

 
Der Niveauverlust scheint tiefer zu gehen als wir das wahrhaben wollen.

Eine Kollegin aus dem Werkunterricht:
"Früher haben wir ein Paar Socken gestrickt ..."
Da muss ich schon lachen: "Wer strickt denn heute noch?"
"Lustigerweise gibt es da eine Renaissance ... aber was ich sagen wollte ... heute geht das aus verschiedensten Gründen nicht mehr."
"Das will ganz einfach niemand mehr!"
"Später haben wir nicht ein ganzes Paar gestrickt, mit Fersen und Zehen und so ... sondern nur mehr einen Socken, einen Nikolaussocken."
"Und heute?"
"Heute geht es gar nicht mehr. Und weißt du warum?"
"Weil sie nicht wollen!"
"Sie KÖNNEN nicht. Stricken, das ist motorische Feinarbeit, da muss man mit Geduld üben und üben, das muss man automatisieren."
"Wozu? Wenn das sinnlos ist!"
"Das Stricken an sich braucht heute niemand mehr zu lernen. Oder das Häkeln. Darum geht es nicht, es geht um das Training der Feinmotorik, die Koordination der Sinneswahrnehmungen ... und es geht um die Schulung der Geduld. Natürlich geht es auch um Fleiß, um Durchhaltevermögen, um Genauigkeit ..."
"Das macht doch keinen Spaß!"

Da schaltet sich eine Sportkollegin ein:
"Mich wundert das nicht. Von 30 Anfängern können oft nur zwei oder drei einen Purzelbaum schlagen. Wenn es ums Klettern oder Jonglieren geht, dann haben wir das gleiche Problem. Sie wollen nicht so lange üben bis es funktioniert."
"Stimmt. Sie fangen an, probieren es ... und schmeißen nach drei Minuten alles hin. Weil es keinen Spaß macht. Zumindest nicht sofort. Und wenn ihnen Fehler passieren, dann wollen sie das nicht verbessern. Sie sind schnell mit irgendeinem Ergebnis zufrieden. Es mangelt an Genauigkeit, einfach am Willen."

"Vielleicht wollen sie einfach nur nicht stricken. Und klettern. Und ...."
Anja-Pia meinte am 15. Feb, 09:45:
Es geht schon seit Generationen alles den Bach hinunter. Meine Mutter musste im Gymnasium noch eine rosa Unterhose stricken. ;-) 
Shhhhh antwortete am 15. Feb, 10:37:
Das ist mir zu einfach und hoffentlich nicht Tenor des Artikels. 
Anja-Pia antwortete am 15. Feb, 12:16:
Gut erkannt. Meine Mutter hasste Handarbeiten. Sie strickte im Unterricht jeweils zwei Reihen und meine Großmutter strickte unter der Woche die restliche Schulübung samt Hausübung.
Für den späteren Lebensweg hat es meiner Mutter allerdings nicht geschadet, sie wurde - tatatataaaa - Geigerin. 
mia (Gast) meinte am 15. Feb, 09:47:
und woran liegt das? meine Kiinder sind ja noch klein, 2 und 5 Jahre. Von Anfang an hat mich immer erstaunt, mit welchem eisernen Willen sie geübt haben, immer wieder gleiche Bewegungsabläufe trainieren usw- wann geht das verloren? denn so machen das doch alle Kleinkinder?genauso wie die natürliche Neugier- warum haben viele Schulkinder nach den ersten Monaten keine Lust mehr auf Schule? Übrigens- Purzelbäume können meine beiden schon lange- der Kleine übt grad auf einem Bein zu hüpfen, die Große macht Handstand - und kniet sich freihändig auf ein Pferd. Hoffentlich bleibt das so...
und zum Stricken - ich habe das Gefühl von Wolle in der Hand gehasst, kriegte ich Gänsehaut von.Feinmotorisch hatte ich dennoch nie Probleme. Die Strickerei mag ich bis heut nicht ;) 
teacher antwortete am 15. Feb, 19:46:
Viele Fragen, die ich mir auch stelle.
Eine mögliche Antwort finde ich, wenn ich in die Lehrsäle hineinschaue: Da stehen uralte Sportgeräte herum, die man mehr hassen muss als lieben. Ein Pfer, ein Barren etc. - wie soll man damit zum Sport motivieren? Oder es stehen Nähmaschinen herum. Wen interessiert das?

Ich würde gerne auf neue Sportarten und neue handwerkliche Fähigkeiten setzen, aber da braucht es schon massive Änderungen. Alles ist moderner als Schule! 
Lichterspiele (Gast) antwortete am 16. Feb, 09:53:
Die Art des Verkaufens
Pferd, Barren, Kasten, Handstandüberschlag ... Klar so klingt das ziemlich trocken und macht nicht gerade Lust auf mehr.
Zeigt den Kids mal ein Parcour-Video und die gleichen Übungen werden gleich viel interessanter.
Wie man jemanden zu Stricken motivieren will ist mir aber auch schleierhaft. Vor allem Jungs.
Feinmotorik lässt sich auch anders schulen. 
teacher antwortete am 16. Feb, 15:10:
Parcours, das ist hohe Bewegungskunst - für viele ist das auch in der einfachsten Form unerreichbar. Ich glaube, da wären viele schnell sehr deprimiert.:-) 
Kristin (Gast) meinte am 15. Feb, 11:28:
Ich bin ziemlich neidisch auf eure Schüler. Aus heutiger Sicht hätte ich gerne Handarbeit in der Schule gelernt, obwohl ich das Gefühl habe, dass ich es damals wohl auch doof gefunden hätte.
Jetzt wohne ich alleine und bin nicht einmal in der Lage einen Knopf anzunähen und beobachte neidisch wie in einer Vorlesung in der Reihe vor mir ein Schal entsteht.
Sowohl meiner Oma als auch meiner Mama fehlte leider die Geduld meine Ungeduld zu ertragen, sodass jeder Heimversuch kläglich scheiterte...Vielleicht muss ich nochmal einen Versuch starten. Sind ja Ferien... 
Hänschen (Gast) antwortete am 15. Feb, 18:23:
Ich habe in der Schule Handarbeitsunterricht gehabt.
Aber viel mehr als in bisschen Häkeln, ein paar Übungen auf der Nähmaschine und Topflappen stricken war nichts.
Richtig nähen habe ich dann übrigens bei der Bundswehr gelernt ;)
Werkunterricht hatte ich auch, das war ziemlich langweilig. Mein Vater ist Handwerker und hat mir zu Hause schon früh genug was beigebracht. In der Schule gabs dann Laubsägearbeiten und "wie mache ich mit viel Leim aus schiefen Stücken einen Holzklotz" oder zumindest so ähnlich ;) 
teacher antwortete am 15. Feb, 19:48:
Ich erinnere mich gerne an meinen Werkunterricht zurück. Wir haben geschraubt, gelötet, geschnitzt - das hätte ich ohne Schule nie getan. Das ist doch Sinn der Schule, oder? 
bonanzaMARGOT meinte am 15. Feb, 11:49:
komisch, und woher kommen dann die kids, die mit dem skateboard durch die fußgängerzone flitzen, die kunststücke mit dem fahrrad machen, die jonglieren, die ganz doll tanzen, die kletterwände hoch jagen etc. etc. etc.
wo gehen die in die schule? womöglich sollte das lehrplanangebot zeitgemäßer sein als socken stricken und purzelbäume schlagen. 
Anja-Pia antwortete am 15. Feb, 12:19:
Das sind wahrscheinlich lauter Schulversager. :-) 
bonanzaMARGOT antwortete am 15. Feb, 12:30:
socken musste ich gott sei dank auch 1968 - 1982 während meiner schulzeit nicht stricken. 
teacher antwortete am 15. Feb, 19:51:
Ich sag das méinen Sportkollegen auch: Macht doch coole Dinge, Hauptsache sie bewegen sich.
Schule ist nie cool. 
Fred (Gast) antwortete am 15. Feb, 20:06:
ned bös sein teacher, aber das ist eine bescheuerte antwort.dIhr lehrer seid dafür verantwortlich, dass der unterricht kuuuuuhl ist. nicht auf die schule schieben. 
bonanzaMARGOT antwortete am 15. Feb, 20:45:
Es ist immer bescheuert - früher oder später - wenn die Menschen das System, in dem sie drin stecken, nicht hinterfragen. 
teacher antwortete am 15. Feb, 20:48:
Wer sagt, dass Schule (=Lehrer) cool sein sollen?
Soll Uni auch cool sein?
Oder reicht es, wenn wir gut sind?

Nein, nein ... die coolen Lehrer sind nicht die besten. 
bonanzaMARGOT antwortete am 15. Feb, 21:03:
Lehrer sollten als Menschen rüber kommen. Als Menschen, die authenthisch sind, und denen man als Schüler vertrauen kann.
Und wenn sie dann noch was von ihrem Fach wissen, ist eigentlich alles easy ... 
teacher antwortete am 15. Feb, 21:50:
Gut. Und cool? 
bonanzaMARGOT antwortete am 15. Feb, 21:54:
Cool ist schon lange out. 
teacher antwortete am 15. Feb, 22:09:
Das würde mich beruhigen. 
lbd (Gast) antwortete am 15. Feb, 22:14:
ich glaub da hat sie recht - abgesehen davon dass ich glaube, dass es ehr entsressend sein muss für die jugend, wenn Schule nicht cool ist u sein muss sondern "einfach" nur interessant, spannend, oder so ähnlich 
lbd (Gast) meinte am 15. Feb, 13:37:
ausgetrieben
Kinder wollen lernen - Kinder "müssen" lernen - das liegt doch in ihrer Natur!
Aber: schon im Kindergarten können sie Pech haben und an eine "Tante" (ja, die gibts noch) geraten, die so wie sie es dereinst gelernt hat, nicht bestärkend sondern nur defizitorientiert arbeitet. Und wenn sie wieder Pech haben, treffen sie auch in der Volksschule auf ausreichend Lehrer, die defizitorientiert arbeiten und den Kindern die Begeisterung auf Neues, auf Entdecken, auf Lernen (als Abenteuer) austreiben. Sie werden nicht selten für Fehler bloßgestellt, abgekanzelt, abgewertet und abgeurteilt. Und weil Kinder von uns Erwachsenen lernen, bekommt die Sache - leide - eine Eigendynamik: die anderen Kinder machen das Gleiche wie die (meist) Frau Lehrer - also auslachen, abwerten ... . Noch Fragen, warum sie im Gym nicht mehr die Nerven haben, 15x eine Purzelbaum zu schlagen bis er endlich klappt?? Viel zu wenig sind sie gelobt worden, viel zu selten haben sie Begeisterung über ihre Leistungen erlebt. UND: weil ich gerade mit einer verzagten Mutter darüber gesprochen habe: unsere Gesellschaft ist nicht "kinderfreundlich" - nicht, dass man etwas gegen Kinder hätte, aber Kinder können heute nicht (mehr?) entdecken, rumlaufen, irgendwo Ballspielen, etc - die Welt hat sich geändert. Wir müssen unsere Kinder heute beschützen, anstatt sie nach Hause zu rufen, wenn das Abendessen fertig ist ... Also was ich sagen will: wenn wir den Eindruck haben, die Kinder wollen nicht üben, erkennen wir vielleicht nicht, dass die Kinder gar nicht wissen, wie toll es ist, wenn nach viel Üben etwas klappt, wenn es ein schönes Ergebnis gibt. Sie sind frustriert, ihr Selbstbewußtsein ist untergraben (oft gar nicht bös gemeint), sie trauen sich nix zu. 
BIA (Gast) antwortete am 15. Feb, 13:47:
D'accord, bis auf einen Punkt: viele Eltern loben zu viel und zu undifferenziert - das Gefühl, sich anstrengen zu müssen, das Gefühl für eine wirklich gute Leistung können deren Kinder gar nicht entwickeln! 
tina (Gast) antwortete am 15. Feb, 14:00:
Ich denke es liegt an mehreren Dingen - 1. will man (gerade in dem Alter) nicht für Fehler bloßgestellt werden. Gerade wenn man früher schon viel zu oft bloßgestellt wurde.

2. ist das was gelehrt wird wirklich meist nicht mehr zeitgemäß. Ja, es sollte jeder einen Knopf annähen und vllt. ein Hosenbein umnähen können - aber einen Schal stricken oder einen Rock nähen ist heutzutage ein Hobby und keine Grundfertigkeit mehr. Sogar ein teures, denn das Material kostet locker 2-3mal so viel wie ein fertiges Kleidungsstück im Laden. Kein Wunder, wenn die Kinder da streiken. Ebenso verhält es sich mit dem Turnunterricht - Skaten, Snowboarden, Surfen, Kickboxen, Aerobic, Hip-Hop-Dance - sowas ist angesagt. Bei den Mädels noch "Laufsteg-Laufen" und "Bauch-Bein-Po". Nicht Purzelbaum, Seilklettern oder peinlich am Schwebebalken, Reck oder den Ringen herumzuhampeln. Va. mit meist schlechter Erklärung - kein einziger meiner Turnlehrer konnte mir erklären WIE man etwas macht (bin mehr der Kopf-Typ), es wurde immer nur gefordert X zu machen und gemeckert wenn man es nach 1x zusehen nicht gleich konnte.

Und 3. stimmt das mit "können nicht Üben" ja garnicht - man sehe sich mal an wie intensiv Computerspiele geübt werden oder das korrekte Schminken oder Skaten, Trickradeln, usw... oder einfach nur das Tippen auf der Tastatur. Früher nahm 2 Semester Schreibmaschinenunterricht als Freifach um Tippen zu lernen - ich denk nicht, daß irgendein Jugendlicher das heute noch braucht. 
BIA (Gast) antwortete am 15. Feb, 16:01:
Es gibt so eine Diskrepanz zwischen "Dingen, die ich als Jugendlicher üben WILL" und "Dingen, die ich laut gesellschaftlicher Übereinkunft üben SOLL".
Ein Problem liegt doch darin, dass diese Ansprüche auseinandergedriftet sind: ein Mädchen, das vor 150 Jahren keinen Haushalt führen konnte hatte in der Regel schlechtere Heiratschancen. Das war dem Mädchen klar, und gesellschaftliche Erwartung und persönliche Erfahrung stimmten überein. Ditto der Junge, von dem ebenfalls bestimmte Grundfertigkeiten erwartet wurden, und dem die negativen Konsequenzen andernfalls vor Augen standen.
Aber heute erwartet die "Gesellschaft" (über die Lehrpläne und uns Lehrer), dass einer Wahrscheinlichkeitsrechnung lernt. Die negative persönliche Konsequenz, die sich aus dem Nicht-Beherrschen der Wahrscheinlichkeitsrechnung ergibt (außer einer "schlechten Note", big deal) = Null, zumindest für das jugendliche Hirn.
Und die Akzeptanz von Autoritäten, die raunen, man möge doch Wahrscheinlichkeitsrechnung/Sockenstricken/Fremdsprachen lernen, hat stark nachgelassen - bzw. diese Autoritäten GIBT es nicht, Stars diverser Sorten erklären selten, ihr Schulwissen hätte sie recht bereichert. Schade. 
tina (Gast) antwortete am 15. Feb, 17:58:
BIA: > Es gibt so eine Diskrepanz zwischen "Dingen, die ich als Jugendlicher üben WILL" und "Dingen, die ich laut gesellschaftlicher Übereinkunft üben SOLL".

Stimme Dir zu - nur ist die Frage ob "Socken stricken" (oder das lächerliche "Basteln" das im sog. "technischen Werken" gelehrt wird) wirklich das ist was die Gesellschaft braucht. Natürlich will man als Jugendlicher viele Sachen aus Faulheit einfach nicht machen. Aber man will sie besonders dann nicht machen, wenn selbst ein Blinder mit dem Krückstock sieht, daß es total sinnlos ist. 
blubber (Gast) antwortete am 15. Feb, 18:24:
Wollen und sollen....
Nein, es ist - in meiner kleinen Welt - nicht so, dass sich Kinder Dinge, die sie wollen, mit Mühe aneignen. Wir haben einen Elektronikkurs an der Schule - hohe Motivation bei den Schülern, die wildesten Ideen was man für tolle Schaltungen bauen könnte. Leider ist Elektronik unerbittlich - wenn die Diode falschrum eingelötet ist, dann funktioniert die Schaltung eben nicht. Punkt. Viele Schüler entscheiden sich dann ziemlich schnell, dass löten ja doch irgendwie nicht so dolle ist.
Und Computerspiele sind kein Argument. Die sind mit ziemlich viel Geldeinsatz so konstruiert, dass man möglichst lange dabei bleibt, d.h. die Erfolgserlebnisse stellen sich recht leicht und schnell ein.
Übrigens waren früher(TM) auch die Computerspiele besser und schwieriger :-) 
BIA (Gast) antwortete am 15. Feb, 18:47:
@blubber: Klar, die, denen es nicht ein echtes Anliegen ist, stimmen mit den Füßen ab und lassen's bleiben. Diesen Schwund gibt's doch in allen Wahlfächern, und in den regulären Fächern gäb's den auch. Die Schnelligkeit des Aufgebens ließe sich aber durch entsprechende Kultur im Elternhaus & der peer group hinauszögern (Man lese die Biographie von Fanny Lewald, deren Vater die Amy Chua des frühen 19. Jh. gewesen sein muss. Da war Aufgeben einfach nichts, was man macht. Punkt.)

@tina -> genau das meine ich! Es ist unklar, warum sich die Gesellschaft auf bestimmte Lerninhalte geeinigt hat. Der Zusammenhang zum alltäglichen Leben fehlt. Wenn man im Vergleich Autobiographien wie "Nisa erzählt" liest, wird klar: die kleinen Kinder in der Jäger- und Sammlerkultur haben einen klaren Lehrplan: von den Erwachsenen lernen. Wenn sie das nicht tun, gibt's nicht genug zu essen. De Zusammenhang lernen und leben ist absolut klar. 
lbd (Gast) antwortete am 15. Feb, 20:58:
@BIA: stimmt - aber undifferenziertes Lob, das mit der Gießkanne wahllos ausgeschüttet wird ist ja ebenso frustrierend wie kein Lob für gute Leistungen. 
BIA (Gast) antwortete am 15. Feb, 21:18:
An der Schule drücken wir eher zu wenig Anerkennung aus. Ich hab gerade Eltern angerufen, um eine besondere Leistung ihres Kindes zu würdigen (das hab ich den Eltern am Elternabend auch so angekündigt), sie aber nicht erreicht. Kurz vor neun am Abend (!) ruft mich ein völlig entnervter Vater an, was denn ihr Junge getan hätte, sie würden ihn jetzt schon eine halbe Stunde lang verhören und er schwört, er hätte sich nichts zu Schulden kommen lassen.

Anruf von Lehrer = Schimpf, Schande, Ärger

Mpf.
Das kanns doch nicht sein. 
lbd (Gast) antwortete am 15. Feb, 21:29:
ich glaube, da stolpern wir Lehrer auch über schlechte Erfahrungen der Elterngeneration.Und darüber, dass Elternarbeit im Argen liegt -ich erlebe durchwegs Lehrer, die sich vor Eltern fürchten und umgekehrt - und das ist so schade, denn das Ziel aller Beteiligten ist doch (hoffentlich) das gleiche! 
lbd (Gast) antwortete am 15. Feb, 21:33:
@bia: Ausnahmen bestätigen die Regel! ;-) 
teacher antwortete am 15. Feb, 21:42:
Auch für die Arbeit mit den Eltern gilt: Wir kennen sie gar nicht, sie sind so extrem unterschiedlich ... und wir haben keine Zeit füreinander. Wie soll da eine vernünftige Kommunikation entstehen? 
lbd (Gast) antwortete am 15. Feb, 21:55:
wie wahr! 
BIA (Gast) antwortete am 16. Feb, 11:25:
@teacher
Da beißt sich die Katze in den Schwanz - meist treffen wir auf die Eltern erst, wenn was schief läuft. Dann sind wir von vornherein gestresst und die Eltern in der Defensive, und das ergibt halt kein so günstiges Gesprächsklima. Im Vorfeld schon mal auf neutralem Boden einander beschnuppern, das würde dann im Ernstfall die Lage eventuell entspannen. 
lbd (Gast) antwortete am 16. Feb, 14:24:
Dem stimme ich voll und ganz zu. Außerdem scheinen hier ja eher Lehrer mit Schülern ab der 5. Schulstufe zu schreiben. Die sind dann auch "Erbe" von vielen Vorerfahrungen die Eltern schon gemacht haben und den Schlüssen, die sie daraus gezogen haben. Im Pflichtschulbereich habe ich leider oft genug ein herablassendes o.ä. ungünstiges "Sprech" über Eltern erlebt - und zu glauben, dass Eltern das nicht merken oder generell an allem schuld sind, was ihr Kind macht oder nicht macht ist einfach keine gute Basis. Aber natürlich fehlt uns Pädagogen auch die Ausbildung - Elterngespräche werden weder bezahlt noch anderswie honoriert noch gibt es gegenseitiges Verständnis und Wohlwollen. Und Eltern, denen schon im KiGa anklagend gesagt wird, was für eine unmögliche Krot ihr Kind ist, tun sich einfach im Gymnasium dann schwer, auf Lehrer noch unbefangen zuzugehen. Wenn die dann noch auf Lehrer treffen, die sich eben wiederum vor Eltern fürchten (es gibt ja immer auch die die wen kennen und wenn das Kind diese oder jene Note gibt, na dann wird der Lehrer aber schauen blablabla...) dann sind die Anfangsbedingungen schon denkbar schlecht .... gegenseitiges Verständnis - Fehlanzeige. Was red ich mir bei der Nachhilfe und Lernbetreuung den Mund fusselig, weil NN den 5er nur hat, weil die Lehrerin ihn nicht mag und die nur nach Sympathie Noten vergibt ..... So lange Eltern unwissend und das Beste für ihr Kind wollend nicht in der Lage sind, aus ihrer selbst gekränkten Position rauszugehen und Lehrer ja auch viele Erfahrungen mit Eltern machen, die nicht immer positiv sind, ist ein gutes Verhältnis geradezu zum Scheitern verurteilt ...
Und ich bin der meinung, da feheln sie - die Sozialarbeiter oder mediatoren oder sonstigen, die die Menschen unterstützen und zu guten Gesprächen helfen ... 
teacher antwortete am 16. Feb, 15:20:
In den meisten Fällen habe ich (im Gymnasium) überhaupt keinen Kontakt mit den Eltern, meist nur bei Problemen. Eltern und Lehrer wissen (oder lernen) daher, dass sie nur Zoff miteinander haben. Die 90% problemfreier Kontakte finden gar nicht statt. 
lbd (Gast) antwortete am 16. Feb, 21:27:
Eben - das ist ja "das" Problem. Denn das erleben die Eltern schon im Kindergarten so. Und jedes Gekrähe nach Schulpartnerschaft führt sich sogleich ad absurdum ... 
LiR (Gast) meinte am 15. Feb, 14:42:
Tja.....
Das ist das Problem der heutigen gesellschaft. Alles schnell, schnell, schnell...... Geduld hat doch keiner mehr. Weder zum beibringen noch zum lernen. Und dann kommt noch dazu das man es heute jedem Recht machen muss/will: Du kannst das nicht? Nicht schlimm....Anstatt das man einfach sagt: Dann gib dir Mühe und lerne es!

Neue Zeiten.... 
bonanzaMARGOT antwortete am 15. Feb, 16:13:
vielleicht hat die usa-chinesische buchautorin, mir fällt ihr name nicht ein, die vor kurzem in den medien kontrovers diskutiert wurde, ja recht mit ihren harten erziehungsmethoden: deren kinder würden sich wahrscheinlich an socken totstricken, wenn sie es verlangte ... 
BIA (Gast) antwortete am 15. Feb, 16:33:
@BonanzaMARGOT
Nur die eine.
Die andere Tochter würde ihrer Mutter im zarten Alter von 13 in der Öffentlichkeit die Sockenwolle vor den Latz knallen und "Ich hasse dich!" schreien. :-)

Amy Chua heißt die Dame und will ihr Buch auch als ehrliches Eingeständnis von Ratlosigkeit & Scheitern in der Kindererziehung verstanden wissen.

Außerdem findet sie Handarbeiten sch...unnötig und wollte nie, dass ihre Kinder basteln, weil das nix bringt für's spätere Leben. 
lalalala (Gast) antwortete am 15. Feb, 18:39:
in der schule konsequent motorik üben ?
da müsste man aber einiges Umstellen, denn konsequent Üben heißt für mich eine spezielle und verwandte Übungen über einen zeitraum von einem halbe Jahr bis zu 80 jahren zu Üben und das am besten mehrmals in der Woche.

Schauen wir uns den Sportunterricht an: Jahr für Jahr ein ähnlicher Zyklus aus 2 Monat Turnen jeweils ein Monat für die Ballsportarten und 2 für die verschiedenen Leichtatlethikdisziplinen, dann noch hier und da etwas und abundzu eine Wunschstunde für die Schüler...

Das sind alles keine Zeiträume um komplexe Bewegungsabläufe zu lernen oder auch nur zu lernen diese zu lernen (Selbstreflektion, Körpergefühl, seine eigene Technik zu betrachten und korrigieren)

Gleiches gilt für den BK oder Musik Unterricht. Anstatt ein Jahr lang mit Wasserfarben zu malen, eins mit Bleistiften und ein Jahr Kollagen anzufertigen muss alles in ein Jahr damit jede einzelne Fähigkeit benotet werden kann.

PS: Als Jongleur muss ich noch sagen, dass bis auf 5% der Leute dennen ich bis jetzt schon Jonglieren beibringen (mehrheitlich Kinder und Jugendliche) wollte alle in der Lage waren es zu lernen und wenn sie sich zum Üben entschieden haben auch in der Lage waren selbständig ganz ordentliche Resultate zu erzielen. 
teacher antwortete am 15. Feb, 19:55:
... wenn sie üben!
Ja, wenn sie üben, dann können wir vielen vieles beibringen. Dafür braucht es Geduld, Frustrationstoleranz, Disziplin ... also Werte, die nicht hoch im Kurs stehen. 
bonanzaMARGOT antwortete am 15. Feb, 20:50:
Du bist offensichtlich ein Fan (bia) dieser selbsternannten Pädagogin. Dazu noch ein Schuss Sarrazin plus Ehefrau (als Lehrerin), und wir haben die Kinder, die wir wollen ... 
teacher antwortete am 15. Feb, 20:53:
Neee.
Aber ich weiß, wie Wissen und Können entstehen. Das ist mein Job. 
BIA (Gast) antwortete am 15. Feb, 22:35:
Im Prinzip verkaufen sich doch Bücher wie das von Amy Chua, weil sie mit der Abstiegsangst der Leute spielen; die meisten Eltern sind sowieso verunsichtert, was sie wann wie von ihren Kindern verlangen sollen/dürfen/müssen, und dann kommt die Gute her, verfährt wirklich drakonisch (ich meine, Kuscheltiere der Kinder verbrennen wollen, wenn das Kind nicht Klavierübt??? Hallo???) - und hat offensichtlich zwei eifrige, pflichtbewusste, wohlerzogene Töchter, die nicht wirken, als ob sie einen Schaden davongetragen hätten. Die perfekte Provokation. 
lbd (Gast) antwortete am 15. Feb, 22:58:
nachgelesen
"Chinesische Mütter glauben laut Chua, dass Kindern klipp und klar gesagt werden muss, wenn sie die hohen Standards, die ihre Eltern von ihnen erwarten, nicht erreichen. Ihr Selbstbewusstsein sollte stark genug sein, um damit fertigzuwerden. " (presse.at)
Hm ... ich andrerseits bin mir sicher, dass ich einige Kunden habe (Nachhilfe), die an den Erwartungen der Eltern zerbrechen und diesem Druck nicht standhalten. Und ehrlich - ich bin so erzogen worden und brauchte mind 15 Jahre um mich von diesem Wahnsinn zu erholen. 
LiBe (Gast) meinte am 16. Feb, 10:56:
Hm....ich bin selbst in ein wirtschaftskundliches Gymnasium gegangen und wurde mit 4 Stunden Handarbeiten in der Woche "beglückt" als ich in die 4. Klasse Gymnasium ging. Ich trau mir heute noch zu (und bin auch schon den empirischen Beweis angetreten) eine Hose oder einen Rock nach vorgegebenem Schnittmuster zu nähen (meine Matura ist 18 Jahre her...), ich stricke gerne Socken, Schals und Mützen, und errege damit den Neid meiner Mitmenschen. Stichwort: "Mah, ich tät sowas auch gern können. Ich bewunder dich echt....." In der Schule war mir der Handarbeitsunterricht verhasst. Nicht, weil ich prinzipiell nicht gern was genäht oder gestrickt oder gehäkelt hab. Ich hab schon in der Volksschule für meine Stofftiere Gewand gemacht und konnte Stricken und Häkeln noch bevor wir das in der Schule gelernt haben. Nein, der Grund dafür dass mir das unsäglich auf die Nerven ging war, dass man etwas machen MUSSTE, auch wenn man 10x lieber ein anderes Werkstück gemacht hätte. Ich hab Pullover gestrickt, die - so sie fertig wurden - im Kasten herumgekugelt sind, bis meine Mutter sie aufgetrennt hat und sich selbst was neues draus gemacht hat, weil niemandem das Design gefallen hat. Ich musste in der 3. Klasse eine Hose nähen, die ich nicht ein einziges Mal angehabt hab, weil ich Stoffhosen zu der Zeit einfach GEHASST habe, was ich auch meiner Lehrerin gesagt hab. Aber der Lehrplan sagt: Hose nähen! Also wird eine Hose genäht. Die Dinge, die ich dann als "Zugabe" machen durfte, wenn ich mich erfolgreich durch die Vorgaben des Lehrplans gemüht hatte, die hab ich z.T. heute noch, wie z.B. eine Short aus 1989....die noch passt! :)

Sportunterricht? Gehasst! Ich bin für Geräteturnen absolut nicht geschaffen, hab mich vor manchen Geräten gefürchtet, bewusst schlechte Noten in Kauf genommen (Turnnote war mehrmals die schlechteste Note), weil ich Angst hatte. Der Turnunterricht hat erst Spaß gemacht, wo wir machen durften, was WIR wollten, damit überhaupt noch wer in den Nachmittagsturnunterricht kommt. Heute laufe ich im Jahr bei mehreren Laufbewerben mit, hab lange Zeit mehrmals die Woche Musikgymnastik und ähnliche Sachen gemacht.

Jetzt mach ich das alles gern - nein! gern gemacht hab ich es damals schon -, aber jetzt DARF ich das machen, hab die Zeit dafür und jetzt wird mir nicht jedes Bedürfnis nach Kreativität und eigene Ideen verwirklichen gleich "zugedreht", weil es nicht im Lehrplan steht.

Und ich kenne durchaus Leute, die erst kurz draußen sind aus der Schule, und die Dinge wie Nähen, Sticken (!), Knüpfen usw. auch gern machen. Nach IHREN Vorstellungen halt... 
Der_Eisenschmyd antwortete am 16. Feb, 11:10:
Letztendlich ist es in der Schule nicht anders wie in der Armee.
Kinder sollen geformt werden, Systemkonform hingebogen werden.
Es geht nicht darum was das Kind will, sondern der "Staat" bzw. das entsprechende Kultusministerium.

Und wenn aus dem Kind ein junger Erwachsener geworden ist kommt die Ausbildung (Beruf/Uni).
Und auch dort können sie nicht machen was sie wollen.

Danach kommt der Beruf, oder eine Diplom oder Doktorarbeit.
Und auch hier geht des gleiche Spiel weiter...

Irgendwie wird den Schülern nicht mehr klargemacht, das das Leben nicht nur aus Spaß besteht. In der Freizeit ist das ja kein Problem, aber im Arbeitsleben sieht es eben anders aus. 
teacher antwortete am 16. Feb, 15:15:
Das ist eine entscheidene Frage: Wieviel muss jeder machen (= Standards erreichen), wieviel darf jeder individuell entscheiden. Diese Frage hat die Gesellschaft (Politik) zu klären, nicht der einzelne Lehrer. 
LiBe (Gast) antwortete am 16. Feb, 21:04:
Schon klar, dass nicht jeder immer machen kann was er will, aber es gibt Fächer in der Schule, wo ich mir denke: Sklavisch am Lehrplan picken ist für die Fisch! Und dazu gehört eben auch Handarbeiten. Hand aufs Herz: Wem schadets wenn wer statt stricken näht oder umgekehrt. Deswegen würd ich nicht sagen, dass man Schülern suggeriert das Leben bestünde nur aus Spaß. Ist ja nicht so, dass ich sage, man soll GAR nix machen und eine STunde rumsitzen und tratschen und ich sag auch nicht: Hey, wenn einer nicht Mathe machen will, soll er eben mehr BE-Stunden bekommen. Das Leben ist nunmal kein Ponyhof.;-)

Grade Handarbeiten aber (und für mich irgendwie auch Fächer wie Sport oder Bildnerische Erziehung) ist ein Gegenstand, der jetzt nicht die großen Qualifikationen fürs Erwachsenenleben bringt. Es wurde hier ja schon mehrmals festgestellt, dass man Stricken z.B. heute nicht mehr wirklich braucht und bevor wer ein T-Shirt näht geht er zum h&m, weil mans um den Preis gar nicht selber nähen kann. Handarbeiten ist ein teures Hobby und keine Qualifikation mehr für die gute Ehefrau.

Ob man jetzt Socken stricken kann, einen Purzelbaum schlagen, ein Strickmännchen zeichnen oder das überdrüber impressionistische Bild, wird wenn man nicht grad bei den Olympischen Spielen mitmachen will oder als Künstler groß rauskommen, also nicht DIE große Bedeutung haben. Warum also in diesen Fächern so sklavisch an Lehrplänen kleben (gibt und gab ja sowieso immer Leute, die das nicht gemacht haben)? Nochmal: Ich sage nicht, dass man NIX tun soll in diesen Stunden (dann können wir sie auch gleich abschaffen), aber im Rahmen der Möglichkeiten die Kinder/Jugendlichen auch ihren eigenen Weg gehen lassen. (Wo wenn nicht in Fächern, wo Kreativität auch eine gewisse Rolle spielt?) Wenn jemand keine Röcke trägt, aber gern Pullover, soll er/sie halt einen Pullover stricken, bevor man an irgendwas ein Semester herummurkst, das so gar keinen Spaß macht und dann in die Mülltonne kommt. So billig sind die Materialien nämlich auch wieder nicht. 
teacher antwortete am 17. Feb, 08:00:
Kann ich nachvollziehen. 
 

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