LiBe (Gast) meinte am 16. Feb, 10:56:
Hm....ich bin selbst in ein wirtschaftskundliches Gymnasium gegangen und wurde mit 4 Stunden Handarbeiten in der Woche "beglückt" als ich in die 4. Klasse Gymnasium ging. Ich trau mir heute noch zu (und bin auch schon den empirischen Beweis angetreten) eine Hose oder einen Rock nach vorgegebenem Schnittmuster zu nähen (meine Matura ist 18 Jahre her...), ich stricke gerne Socken, Schals und Mützen, und errege damit den Neid meiner Mitmenschen. Stichwort: "Mah, ich tät sowas auch gern können. Ich bewunder dich echt....." In der Schule war mir der Handarbeitsunterricht verhasst. Nicht, weil ich prinzipiell nicht gern was genäht oder gestrickt oder gehäkelt hab. Ich hab schon in der Volksschule für meine Stofftiere Gewand gemacht und konnte Stricken und Häkeln noch bevor wir das in der Schule gelernt haben. Nein, der Grund dafür dass mir das unsäglich auf die Nerven ging war, dass man etwas machen MUSSTE, auch wenn man 10x lieber ein anderes Werkstück gemacht hätte. Ich hab Pullover gestrickt, die - so sie fertig wurden - im Kasten herumgekugelt sind, bis meine Mutter sie aufgetrennt hat und sich selbst was neues draus gemacht hat, weil niemandem das Design gefallen hat. Ich musste in der 3. Klasse eine Hose nähen, die ich nicht ein einziges Mal angehabt hab, weil ich Stoffhosen zu der Zeit einfach GEHASST habe, was ich auch meiner Lehrerin gesagt hab. Aber der Lehrplan sagt: Hose nähen! Also wird eine Hose genäht. Die Dinge, die ich dann als "Zugabe" machen durfte, wenn ich mich erfolgreich durch die Vorgaben des Lehrplans gemüht hatte, die hab ich z.T. heute noch, wie z.B. eine Short aus 1989....die noch passt! :)Sportunterricht? Gehasst! Ich bin für Geräteturnen absolut nicht geschaffen, hab mich vor manchen Geräten gefürchtet, bewusst schlechte Noten in Kauf genommen (Turnnote war mehrmals die schlechteste Note), weil ich Angst hatte. Der Turnunterricht hat erst Spaß gemacht, wo wir machen durften, was WIR wollten, damit überhaupt noch wer in den Nachmittagsturnunterricht kommt. Heute laufe ich im Jahr bei mehreren Laufbewerben mit, hab lange Zeit mehrmals die Woche Musikgymnastik und ähnliche Sachen gemacht.
Jetzt mach ich das alles gern - nein! gern gemacht hab ich es damals schon -, aber jetzt DARF ich das machen, hab die Zeit dafür und jetzt wird mir nicht jedes Bedürfnis nach Kreativität und eigene Ideen verwirklichen gleich "zugedreht", weil es nicht im Lehrplan steht.
Und ich kenne durchaus Leute, die erst kurz draußen sind aus der Schule, und die Dinge wie Nähen, Sticken (!), Knüpfen usw. auch gern machen. Nach IHREN Vorstellungen halt...
Der_Eisenschmyd antwortete am 16. Feb, 11:10:
Letztendlich ist es in der Schule nicht anders wie in der Armee.Kinder sollen geformt werden, Systemkonform hingebogen werden.
Es geht nicht darum was das Kind will, sondern der "Staat" bzw. das entsprechende Kultusministerium.
Und wenn aus dem Kind ein junger Erwachsener geworden ist kommt die Ausbildung (Beruf/Uni).
Und auch dort können sie nicht machen was sie wollen.
Danach kommt der Beruf, oder eine Diplom oder Doktorarbeit.
Und auch hier geht des gleiche Spiel weiter...
Irgendwie wird den Schülern nicht mehr klargemacht, das das Leben nicht nur aus Spaß besteht. In der Freizeit ist das ja kein Problem, aber im Arbeitsleben sieht es eben anders aus.
teacher antwortete am 16. Feb, 15:15:
Das ist eine entscheidene Frage: Wieviel muss jeder machen (= Standards erreichen), wieviel darf jeder individuell entscheiden. Diese Frage hat die Gesellschaft (Politik) zu klären, nicht der einzelne Lehrer.
LiBe (Gast) antwortete am 16. Feb, 21:04:
Schon klar, dass nicht jeder immer machen kann was er will, aber es gibt Fächer in der Schule, wo ich mir denke: Sklavisch am Lehrplan picken ist für die Fisch! Und dazu gehört eben auch Handarbeiten. Hand aufs Herz: Wem schadets wenn wer statt stricken näht oder umgekehrt. Deswegen würd ich nicht sagen, dass man Schülern suggeriert das Leben bestünde nur aus Spaß. Ist ja nicht so, dass ich sage, man soll GAR nix machen und eine STunde rumsitzen und tratschen und ich sag auch nicht: Hey, wenn einer nicht Mathe machen will, soll er eben mehr BE-Stunden bekommen. Das Leben ist nunmal kein Ponyhof.;-)Grade Handarbeiten aber (und für mich irgendwie auch Fächer wie Sport oder Bildnerische Erziehung) ist ein Gegenstand, der jetzt nicht die großen Qualifikationen fürs Erwachsenenleben bringt. Es wurde hier ja schon mehrmals festgestellt, dass man Stricken z.B. heute nicht mehr wirklich braucht und bevor wer ein T-Shirt näht geht er zum h&m, weil mans um den Preis gar nicht selber nähen kann. Handarbeiten ist ein teures Hobby und keine Qualifikation mehr für die gute Ehefrau.
Ob man jetzt Socken stricken kann, einen Purzelbaum schlagen, ein Strickmännchen zeichnen oder das überdrüber impressionistische Bild, wird wenn man nicht grad bei den Olympischen Spielen mitmachen will oder als Künstler groß rauskommen, also nicht DIE große Bedeutung haben. Warum also in diesen Fächern so sklavisch an Lehrplänen kleben (gibt und gab ja sowieso immer Leute, die das nicht gemacht haben)? Nochmal: Ich sage nicht, dass man NIX tun soll in diesen Stunden (dann können wir sie auch gleich abschaffen), aber im Rahmen der Möglichkeiten die Kinder/Jugendlichen auch ihren eigenen Weg gehen lassen. (Wo wenn nicht in Fächern, wo Kreativität auch eine gewisse Rolle spielt?) Wenn jemand keine Röcke trägt, aber gern Pullover, soll er/sie halt einen Pullover stricken, bevor man an irgendwas ein Semester herummurkst, das so gar keinen Spaß macht und dann in die Mülltonne kommt. So billig sind die Materialien nämlich auch wieder nicht.
teacher antwortete am 17. Feb, 08:00:
Kann ich nachvollziehen.