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cotopaxi

 
"Wie sollen wir auf die sinkende Lernmotivation und die schwachen PISA-Leistungen der SchülerInnen reagieren", fragen sich viele LehrerInnen und erhalten von akademischer Seite verschiedenste Vorschläge:

"Wir entnehmen aus den letzten Gehirnforschungen, dass Wissen nicht einfach übertragbar ist. Es macht keinen Sinn, wenn Lehrer vor der Klasse allen das Gleiche fertig aufs Tablett servieren. Die Schüler müssen individuell betreut werden, sie müssen aktiv und selbständig lernen."

Aha. Klar.

"Freie Schulwahl, die Verlagerung der Bildungskompetenz an die Gemeinden, zu individualisierter Unterricht ... und selbständiges Lernen ... sind schuld am sinkenden Leistungsglevel schwedischer Schüler" (Studie der Universtität Göteborg, s. Die Presse, 22.02.2010)

Wie jetzt?

Pädagogik, Didaktik und Bildungswissenschaft propagieren Ideologien, aber helfen sie den Lehrenden und Lernenden (von heute)?

Die allermeisten LehrerInnen vertrauen ihnen nicht. So als würden Ärzte ihr Medizinstudium ablehnen!
charlotte sometimes (Gast) meinte am 23. Feb, 12:22:
warum das Niveau sinkt? weil die Fähigkeit zur Konzentration ständig abnimmt. wer setzt sich denn heute noch hin mit einem Buch? (Für alle die nicht wissen was das ist: meistens rechteckig, mit bedruckten Papierseiten) daran ist auch nicht das fernsehen schuld, ich halte die glotze vielmehr für ein Symptom. es ist leichter für viele Eltern den Sprössling vor den Bildschirm zu packen als sich mit ihm zu beschäftigen. es muss Interesse geweckt werde,, statt dessen wird vermittelt dass man sich nur durch die schule durch-quälen muss dann würde alles schon von alleine laufen. Die Verantwortung für die Noten liegt ja auch sowieso nicht mehr beim Schüler, sondern beim Lehrer, der notfalls verklagt wird.

So war das zumindest als ich zur Schule ging. Könnte mir aber vorstellen dass es heute nicht besser ist. 
teacher antwortete am 23. Feb, 14:04:
Eher schlechter. Nachdem solche Festellungen aber primär von LehrerInnen kommen, werden sie kaum ernst genommen (sondern als Jammerei abgetan). 
Jogurtbecher (Gast) meinte am 23. Feb, 12:44:
Gut erkannt
Ja, in der Universität werden nur Ideologien vermittelt was die Pädagogik betrifft. Ob die Studenten das für sinnvoll halten oder nicht interessiert niemanden der Professor hat seine Idee und Basta. Aber selbst die einfach Didaktik ist teilweise unter aller Sau. Da werden von wissenschaftlichen Mitarbeitern der Didaktikforschung! Seminare geleitet in denen man in Sekundentakt Powerpointfolien abschreiben soll. Gleichzeitig ist die Junge Dame so unsicher das man Angst bekommt das sie gleich wegrennt. Dazu eine Vortragsweise die ich in der 8. Klasse schon besser hinbekommen hab (was aber ein allgemeines Symptom ist, die wenigsten Lehramtsstudenten bekommen ein vernüftiges Wort raus wenn sie vor einer Gruppe stehen).
Unser Professor ist da auch nicht besser. 90 min Vorlesung werden auf 70 runtergekürzt aber dafür das Tempo erhöht. Das ich dann 20 min früher gehen kann bringt mir gar nichts.
Die ganze Vorlesung handelte davon wie man richtig Fragen stellt und in der Klausur werden undeutliche und schwammige Fragen gestellt.
Zusammenfassend kann ich 80% meines Pädagogikstudiums so: Vorlesungen und Seminare die mir zeigen wie man schlechten Unterricht macht. 
teacher antwortete am 23. Feb, 14:09:
Das ist schlimm genug. Dazu kommt, dass sich die Erkenntnisse nicht selten widersprechen. Konkrete Hilfe für den Schulalltag bekommen die Lehramtstudenten von den Unis selten. 
El Loco antwortete am 24. Feb, 23:14:
Wie auch?
Meine eigenen Pädagogikprofessoren hatten seit dem Abitur keine Schule von innen gesehen - mit Ausnahme der Abschlußfeiern ihrer Sprößlinge, vielleicht. Dafür kannten einige von ihnen Rudi Dutschke noch persönlich...
Aber von Schülern heutiger Generation hatten sie schlicht keine Ahnung. Von PowerPoint allerdings auch nicht, was die Sache für uns dann doch wieder leichter machte...
Das ist jetzt zehn Jahre her, aber es hat sich garantiert nichts verbessert. 
teacher antwortete am 25. Feb, 20:28:
Es gibt kaum Junglehrer, die etwas Gegenteiliges berichten. 
Student (Gast) antwortete am 25. Feb, 20:57:
Ich bin Lehramtsstudentin, aber nicht an der Uni sondern an der Päd. Hochschule in BaWü. Bei uns sind viele Vorlesungen auch keine leuchtenden pädagogischen Vorbilder, aber es wird schon spürbar großen Wert gelegt auf Seminare mit max. 30 TN oder Gruppen, in denen auch heftig diskutiert werden soll/ darf, was einem an Theorie aufgetischt wird.
Zum Thema "keine Ahnung von der Realität in den Schulen":
Alle Professoren betreuen an einem Vormittag der Woche eine Schulpraxis- Gruppe in einer Schule (das ist sehr personal- und zeitintensiv!! bringt aber was.) Sie kriegen alles mit was dort läuft oder nicht läuft und das spürt man in ihren Vorlesungen, finde ich.

Zu oben genannten Zuständen an der Uni würde ich sagen: gebt Rückmeldung, sammelt Verbesserungsvorschläge, tut was dagegen! Gute Bildung ist die Verantwortung von uns allen! 
fedor (Gast) meinte am 23. Feb, 16:48:
Seitdem sich Politiker und -oder-Sozialutopisten immer mehr in den Bildungserwerb eingeschlichen haben,gehen die Lehrer immer öfter in die innere Emigration.Die Folgen werden seit 20 Jahren sichtbar. 
teacher antwortete am 23. Feb, 18:40:
Im vorliegenden Fall geht es nicht gegen Politiker, außer sie berufen sich auf Experten aus den Hochschulen und Universitäten, denen in den Schulen aus Erfahrung misstraut wird.
Unsere Erziehungsexperten haben sich so weit von der Realität entfernt und agieren so selbstverliebt (karrierebewusst, dogmatisch ...), dass sie für reale Problemlösungsvorschläge nicht mehr akzeptiert werden - weder von den LehrerInnen, noch von den Studierenden (in der Mehrheit). 
zement (Gast) meinte am 24. Feb, 03:25:
endlich einmal tacheles!!!!!!
Das Internet ist schuld an allem. Und das Fernsehen. Und die Unterhaltungselektronik – und vor allem die Ballerspiele. Mit den vielen Nackten und Nutten! Ausserdem kann man die Hochschulen abschreiben, ebenso wie die Professoren, die vor allem. Drecksklüngel, elendes. Alles Scheisse. Schuld ist die Politik bzw. die Gesellschaft bzw. das Emanzengeschwafel und dass jeder Vollidiot sich zu Wort melden kann und es auch tut! Prolos und Analphabeten und Hartzvierer, wo das Auge hinschweift! Amokläufe und Unmoral und Penner und Alkopos und Raser und Korruption und Kommunisten und Vetternwirtschaft und Raffsucht und Scheissmanager und Solariumschlampen und Stripteasenutten! Leute, begreift ihr denn nicht: früher war alles besser, alles! Alles verrottet und stirbt und geht unwiderruflich dem Niedergang entgegen und vor die Hunde und durch den reichsgräflichen Lokus, endgültig, endgültig! Allen voran wir (könnte aber auch am Wetter liegen)(ich hab genug vom Wichsen: ich will endlich SEX) 
charlotte sometimes (Gast) antwortete am 24. Feb, 13:57:
Das Internet und die Glotze sind erst mal Schuld an gar nichts. (und jetzt mal ordentlich durchatmen, aufregen ist nicht gut fuers Herz) Sondern die Tatsache, dass man sie als Faulheit dazu benutzt, den Nachwuchs davor zu Parken. Und die Hochschulen alleine sind auch nicht Schuld an dem Problem, aber ich mache doch keinen Metzger zum Leiter der Veganergruppe.
Von mir aus kann jeder soviel ballern wie er will, wenn man es aber nicht mehr schafft 5 Minuten still zu sitzen und sich zu konzentrieren (ausser auf bunte Bildchen am Bildschirm) dann, da koennen wir uns doch hoffentlich drauf einigen, ist was ordentlich schief gelaufen. 
pringle (Gast) antwortete am 24. Feb, 14:05:
haha
ich liebe diesen kommentar! hilft jetzt auch nicht wirklich weiter, is aber top. 
zement (Gast) antwortete am 25. Feb, 02:11:
Erstaunlich. Man kann meine Ergüsse also auch unironisch lesen. Interessant. Okay, dann ohne Ironie. Ich persönlich könnte auf das Internet derzeit genauso leicht verzichten wie auf Elektrizität und moderne Sanitäranlagen. Und von allen Zeiten, die es je gegeben hat, ist die heutige nachweislich und ohne kleinsten Zweifel die mit Abstand intellektuellste, geistig anspruchvollste und Leistungsdruck-omnipräsenteste. Es wurde nie in der Menschheitsgeschichte auch nur annähernd soviel gelesen und reflektiert und analysiert und diskutiert wie heute. Geradezu psychotisch. Völker lechzen nach Wettbewerb, Wissenschaft und Forschung haben Fetisch-Charakter, und Menschen betteln um Arbeit und Leistungsbeteiligung. Es gibt überhaupt kein kollektiv-diskutiertes Gegenkonzept zu Standortoptimierung, Produktivitätssteigerung und Effizienzmaximierung auf Teufel komm raus. Ende nicht in Sicht. Dass allerdings von hundert Gesprächsteilnehmern neunundneuzig papagaienhohle Allerwelts-Phrasen à la "das Niveau sinkt" und "wer setzt sich denn heute noch hin mit einem Buch" nachplappern - dies ist in der tat heute nicht anders als früher. Wenn ich zur Untermauerung hierzu einen illustren Denker-Kollegen zitieren darf: Die heutige Jugend ist eine Schande und eine öffentliche Schmach - sie ist respektlos, faul, verwöhnt, undankbar, dekadent und ohne das kleinste Empfinden für Disziplin, Recht, Moral und die eigene Verantwortung! Unsere Gesellschaft und unsere Kultur werden mit Gewissheit ohne Rettung an ihr zugrundegehen. Zitat Thukydides, Athener Historiker und Stratege, 420 v.Chr. 
Mem (Gast) antwortete am 25. Feb, 11:20:
*huldige*
Danke, Zement. Für beide Kommentare.
Sehr schön auf den Punkt gebracht. Exakt so isses.

Ich möchte noch hinzufügen, dass mich die permanente Dresche gegen "ach so faule Eltern, die ihre Kinder lieber vorm TV parken" extremst annerven.
Keine Ahnung, wie hier so die Durchschnittsgehälter der hier Anwesenden aussehen.
In meinem Bekanntenkreis jedenfalls kommen die meisten zu Zweit gerade eben so über die Runden.
Wegen eines Kindes nun mal eben ausfallen und nicht mehr arbeiten gehen? Unmöglich.
(Ich verzichte deswegen derzeit auf Kinder. Glücklich macht mich das nicht..)

Viele Eltern "parken" ihre Kinder also höchstens und gewzungenermaßen entweder bei den Großeltern, in der Kita oder oder.
(Und komm mir bitte niemand mit "mussmanhaltmalverzichtenundLebendraufeinrichten". Von Liebe allein werden Kinder auch nicht satt. Punkt.) 
charlotte sometimes (Gast) antwortete am 25. Feb, 17:20:
Meine Eltern haben auch beide gearbeitet und ich war tagsüber bei der Oma. Aber selbst am Abend wurde kontrolliert dass ich meine Hausaufgaben gemacht hab, und wenn es Probleme gab, sich hingesetzt und versucht mir das alles nochmal zu erklären. In meiner Klasse waren auch viele Kinder der Oberschicht (Vater Manager im nationalen Konzern, Mutti aufm Golfplatz), die hauptsächlich dadurch glänzten den Benz vom Vater zu Schrott zu fahren. das waren auch die mit den schlechten Noten, deren Eltern immer ganz schnell Anwalt schreien wenn dann mal ne 5 auf dem Zeugnis ist. Ich kann nur sagen wie ich es erlebt habe. 
teacher antwortete am 25. Feb, 18:36:
@zement: Mir hat die Ironie schon gefallen. Und ich glaube auch an den omnipräsenten Leistungsdruck etc. Aber man wird halt nach Gründen fragen müssen (für spürbare Phänomene in der Schule und Ausbildung) und vll. sogar Vorschläge zur Verbesserung einbringen. Also?
P.S. Das Thema ist ein anderes: Warum wird von der Lehrerschaft ihre Wissenschaft (und deren Vertreter) nicht ernst genommen? 
testsiegerin antwortete am 25. Feb, 19:53:
meine volle zustimmung, zement.
mich handelt man hier üblicherweise als "sozialutopistin" ab. 
kraM antwortete am 26. Feb, 16:09:
letzterem schließe ich mich an.

"Dass allerdings von hundert Gesprächsteilnehmern neunundneuzig papagaienhohle Allerwelts-Phrasen à la "das Niveau sinkt" und "wer setzt sich denn heute noch hin mit einem Buch" nachplappern - dies ist in der tat heute nicht anders als früher."

das scheint mir ein phänomen zu sein, was sich durch blogs (gefühlt) verstärkt. abgesehen davon, dass man sich auch nicht mehr die zeit nimmt, beiträge richtig zu lesen, um die ironie zu verstehen. :> 
teacher antwortete am 27. Feb, 16:58:
Das Thema ist immer noch ein anderes.
Das hängt übrigens damit zusammen, dass man sich "nicht mehr die zeit nimmt ... s.o." :-))) 
walhalladada meinte am 26. Feb, 15:15:
ot
Lieber Herr Teacher, seien Sie doch so freundlich, mir Ihre Adresse zukommen zu lassen. Auf Ihrer Seite finde ich keine Mailanschrift; auf meiner Seite unten rechts finden Sie die meine. Vielen Dank! 
BIA (Gast) antwortete am 26. Feb, 17:40:
Alle offenen Unterrichtsformen sind schwierig erfolgreich zu gestalten, solange
- sie der Mehrheit von Schülern und Lehrern als seltsam exotische Praktiken gelten, die nicht ganz ernst zu nehmen sind
- Lehrer nicht ordentlich darin ausgebildet und Schüler nicht darin geübt sind
- zu viele Schüler in zu kleinen Klassen sitzen (ceterum senseo...)

Ich bin schon stark am zweifeln, ob ich im staatlichen System bleiben möchte, wo die Rahmenbedingungen für wirkliche Veränderungen schwierig sind...was meint Ihr? 
teacher antwortete am 27. Feb, 17:01:
Jetzt, wo Lehrer Mangelware sind, gibt es überall Überlegungen, aus dem Regelschulwesen ins Privatschulwesen zu wechseln. Die Flexibleren, Engagierteren ... könnten hier Vorreiter sein und wir hätten dann ein schön zweigeteiltes Schulsystem: Privatschulen für reichere Kinder und bessere Lehrer. Wollen wir das? 
TwoEdgedWord (Gast) meinte am 27. Feb, 10:28:
Hat jemand die Studie gelesen?
DiePresse laesst einige interessante Details weg, die man durch kurzes googlen bei Herrn Gustafsson nachlesen kann.

"One of many conclusions is that class size and student-teacher ratio affect student performance, especially among children in the lower grades and children who receive limited help with their school work at home. But the most important resource factor is teacher competence"
Gerne von der Politik geleugnet, weil teuer, fuer die Lehrer sicherlich nichts Neues.

"Widespread housing segregation and the right to choose which school to attend have resulted in more homogenous student bodies, which affects learning negatively."
Es heisst doch immer, homogen sei toll.....

alle:
http://www.ufn.gu.se/english/News/newsdetail/Report_explains_declining_school_performance_.cid915049

Es scheint mir, als muesste jedwede Diskussion aufgrund der spaerlichen Informationen in der Pressemeldung und der Zusammenfassung bei Herrn Gustafson reichlich verkuerzt ausfallen.
Noch findet google die Studie nicht(?), vielleicht gibt es sie ja demnaechst auf www.ssrn.com. 
teacher antwortete am 27. Feb, 17:04:
Danke, sehr interessant.
Und zur Bedeutung der Lehrerkompetenz für Schülererfolge muss ich gleich einen neuen Artikel schreiben. 
deprifrei-leben antwortete am 27. Feb, 22:22:
Über Bildung kann man sich lange streiten.
Leider oder zum Gluck muss die Gesellschaft experementieren, welches Modell zu uns passt. 
BIA (Gast) antwortete am 28. Feb, 19:14:
Danke für die Zusatzinfo - für alle, die es immer schon gesagt haben, ist jetzt der Moment für den "told you so"-Tanz.

:-) 
 

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