Zurück von der Alpenexkursion begrüßt mich der Direktor mit einer unliebsamen Einladung: "Um 10 Uhr ist Besprechung wegen eines Einspruchs."
Eine Mutter hat Berufung gegen eine Note eingelegt.
Ich suche hektisch alle Aufzeichnungen des vergangenen Jahres zusammen, um schlüssig begründen zu können, warum Schüler X ein "Genügend", kein Nicht genügend und auch kein Befriedigend, bekommen hat. Und ich muss zudem in die Benotung "Genügend" hineininterpretieren, ob dieses gut abgesichert ist oder eher die Prognose nahe legt, dass Schüler X in der Zukunft Lernprobleme haben könnte. Ein gewagter, ein unmöglicher Drahtseilakt:
Ist der Vierer ein guter Vierer, dann darf der Schüler - trotz einer negativen Beurteilung in einem zweiten Gegenstand - in die nächste Schulstufe aufsteigen. Wir sagen: "Er kriegt die Klausel." Ist der Vierer ein schwacher Vierer, dann muss er eine Wiederholungsprüfung machen und darf vorerst nicht aufsteigen: "Keine Klausel." Die Entscheidung fiel zwar in der Klassenkonferenz, aber meine Beurteilung gab den Ausschlag.
Diese psychische Belastung holt mich aus dem Schlaf: "Das kostet ihm ein Jahr, ein Lebensjahr. Vielleicht verlässt er sogar die Schule - wegen mir. Er wird aus dem Klassenverband herausgerissen, verliert seine Freunde und ich bin Schuld. Natürlich gibt es Reibereien in der Familie, ich könnte sie mit einem Federstrich beseitigen. Warum bin ich so blöd? Ich brauche doch nur ein Wort sagen: abgesichert."
Am nächsten Tag erkläre ich dem Klassenvorstand: "Von mir aus kann der Schüler die Klausel haben." Ich bin zum Nachgeben bereit, weil ich die Relativität von Noten kenne und weil ich weiß, wie viel Arbeit die schriftliche Dokumentation des ganzen Schuljahres machen wird.
Aber fünf Minuten später, in der Direktion, höre ich mich ganz andere Worte sagen: "Mein Urteil ist gut überlegt. Ich darf dem Schüler und seinen Eltern nicht den Eindruck vermitteln, dass ein Aufstieg problemlos verlaufen wird, das wäre unverantwortlich."
Ich fühle, dass ich zu meiner Entscheidung stehen und den Konferenzbeschluss verteidigen muss. Später wird mir klar, dass Berufungen zu spät einsetzen, erst nach einem psychologischen point of no return, dass Mediation bereits vor Konferenzbeschlüssen stattfinden müsste.
Reden statt berufen.
Eine Mutter hat Berufung gegen eine Note eingelegt.
Ich suche hektisch alle Aufzeichnungen des vergangenen Jahres zusammen, um schlüssig begründen zu können, warum Schüler X ein "Genügend", kein Nicht genügend und auch kein Befriedigend, bekommen hat. Und ich muss zudem in die Benotung "Genügend" hineininterpretieren, ob dieses gut abgesichert ist oder eher die Prognose nahe legt, dass Schüler X in der Zukunft Lernprobleme haben könnte. Ein gewagter, ein unmöglicher Drahtseilakt:
Ist der Vierer ein guter Vierer, dann darf der Schüler - trotz einer negativen Beurteilung in einem zweiten Gegenstand - in die nächste Schulstufe aufsteigen. Wir sagen: "Er kriegt die Klausel." Ist der Vierer ein schwacher Vierer, dann muss er eine Wiederholungsprüfung machen und darf vorerst nicht aufsteigen: "Keine Klausel." Die Entscheidung fiel zwar in der Klassenkonferenz, aber meine Beurteilung gab den Ausschlag.
Diese psychische Belastung holt mich aus dem Schlaf: "Das kostet ihm ein Jahr, ein Lebensjahr. Vielleicht verlässt er sogar die Schule - wegen mir. Er wird aus dem Klassenverband herausgerissen, verliert seine Freunde und ich bin Schuld. Natürlich gibt es Reibereien in der Familie, ich könnte sie mit einem Federstrich beseitigen. Warum bin ich so blöd? Ich brauche doch nur ein Wort sagen: abgesichert."
Am nächsten Tag erkläre ich dem Klassenvorstand: "Von mir aus kann der Schüler die Klausel haben." Ich bin zum Nachgeben bereit, weil ich die Relativität von Noten kenne und weil ich weiß, wie viel Arbeit die schriftliche Dokumentation des ganzen Schuljahres machen wird.
Aber fünf Minuten später, in der Direktion, höre ich mich ganz andere Worte sagen: "Mein Urteil ist gut überlegt. Ich darf dem Schüler und seinen Eltern nicht den Eindruck vermitteln, dass ein Aufstieg problemlos verlaufen wird, das wäre unverantwortlich."
Ich fühle, dass ich zu meiner Entscheidung stehen und den Konferenzbeschluss verteidigen muss. Später wird mir klar, dass Berufungen zu spät einsetzen, erst nach einem psychologischen point of no return, dass Mediation bereits vor Konferenzbeschlüssen stattfinden müsste.
Reden statt berufen.
teacher - am Freitag, 3. Juli 2009, 08:14
Die Hauptfrage dieser Tage in allen Klassen: "Was spielen wir?"
Die Noten stehen fest, an richtige Arbeit ist nicht mehr zu denken bzw. nur gegen massiven Widerstand der SchülerInnen. Völlig sinnlos.
Die gefürchtete Antwort in vielen Klassen: "Können wir fernsehen?"
Und schon drücken sie mir ganze Sammlungen an DVDs in die Hand.
Dann wiederhole ich die Frage und lenke die Aufmerksamkeit auf mein Lieblingsspiel: ACTIVITY. Wenn ich die Klasse davon überzeugen kann, ist der Erfolg gesichert. Manche werden süchtig, wie ich. Zwei, drei Mannschaften und ein paar lustige Begriffe, die sie entweder mimisch darstellen, an die Tafel zeichnen oder umschreiben müssen.
Ein sinnvolles Spiel, weil wichtige Fähigkeiten trainiert werden. Besonders interessant wird es im Fremdsprachenunterricht. Im zweiten Durchgang dürfen die Kinder eigene Begriffe (für die gegnerische Mannschaft) auswählen - das versuche ich zunächst zu umgehen.
Warum?
Weil regelmäßig Begriffe und Namen vorkommen, die ich nicht kenne.
"Schauen Sie eigentlich gar nicht fern?", lautet die Frage, wenn ich den siebenten Zwerg von links aus einer amerikanischen Soap-Opera nicht an seinem Grunzen erkenne.
"Eigentlich schon, nur ganz was anderes."
Fernsehen, Fernsehen, Fernsehen ...
Die Noten stehen fest, an richtige Arbeit ist nicht mehr zu denken bzw. nur gegen massiven Widerstand der SchülerInnen. Völlig sinnlos.
Die gefürchtete Antwort in vielen Klassen: "Können wir fernsehen?"
Und schon drücken sie mir ganze Sammlungen an DVDs in die Hand.
Dann wiederhole ich die Frage und lenke die Aufmerksamkeit auf mein Lieblingsspiel: ACTIVITY. Wenn ich die Klasse davon überzeugen kann, ist der Erfolg gesichert. Manche werden süchtig, wie ich. Zwei, drei Mannschaften und ein paar lustige Begriffe, die sie entweder mimisch darstellen, an die Tafel zeichnen oder umschreiben müssen.
Ein sinnvolles Spiel, weil wichtige Fähigkeiten trainiert werden. Besonders interessant wird es im Fremdsprachenunterricht. Im zweiten Durchgang dürfen die Kinder eigene Begriffe (für die gegnerische Mannschaft) auswählen - das versuche ich zunächst zu umgehen.
Warum?
Weil regelmäßig Begriffe und Namen vorkommen, die ich nicht kenne.
"Schauen Sie eigentlich gar nicht fern?", lautet die Frage, wenn ich den siebenten Zwerg von links aus einer amerikanischen Soap-Opera nicht an seinem Grunzen erkenne.
"Eigentlich schon, nur ganz was anderes."
Fernsehen, Fernsehen, Fernsehen ...
teacher - am Sonntag, 28. Juni 2009, 17:40
Die Frau Minister arbeitet an einer Neuen Matura, einer Maturareform, einer Zentralmatura. Die Zeitungen gehen davon aus, dass die Lehrer dagegen sind. Weil sie immer gegen alles sind, vor allem gegen Fortschritt. Weil sie angeblich Angst vor Vergleichen haben. Oder weil die Gewerkschaft glaubt, die Schwachen schützen zu müssen.
Irrtum, die Planung geht mir viel zu wenig weit.
1. Eine Zentralmatura soll nicht nur die selben Fragen für alle Absolventen vorsehen, sie gehört auch zentral und anonym korrigiert. Das wäre konsequenter, fairer und objektiver.
2. Wenn eine vorwissenschaftliche Arbeit zu verfassen ist, dann müssen die SchülerInnen darauf professionell vorbereitet werden: Wissenschaftliches Arbeiten als Unterrichtsfach.
Und Plagiate müssen von vornherein vermieden werden. Es ist schwierig, jedes Jahr tausende neue Themen zu erfinden, ohne dass voneinander abgekupfert wird.
Übrigens: Muss wirklich jeder Maturant wissenschaftlich arbeiten lernen? Oder können wir das den kompetenteren Hochschulen überlassen?
3. Und die mündlichen Prüfungsfragen sollten nicht in der Schulautonomie verbleiben!
Weil ...
In unserer Schule unterrichten zwölf LehrerInnen Geographie und Wirtschaftskunde. Sieben sind über fünfzig Jahre alt, fünf etwas jünger. Sie werden sich zusammensetzen und ihre bisherigen Aufgabenstellungen vergleichen. Sie wählen davon jene aus, die eine Mehrheit finden - den kleinsten gemeinsamen Nenner. Letztlich bleiben jene Fragen, die vor 20 - 40 Jahren an den Universitäten diskutiert wurden, "altes Minimalwissen". Erneuerungen sind praktisch ausgeschlossen. Die jungen Kollegen und die jungen Themen werden sich nicht durchsetzen können, letztere werden nicht nur bei der Abschlussprüfung, sondern auch im Unterricht verloren gehen: Old teaching for the old test.
"Wie oft werden wir uns zusammensetzen, um neue Themen zur Reifprüfung zu bringen?"
"Wozu, bitte?"
Daher meine Forderung: Auch die mündlichen Reifeprüfungsfragen müssen von zentraler Stelle erarbeitet werden. Und ständig erneuert und modernisiert.
Aber darüber traut sich niemand, ich schwör's.
Irrtum, die Planung geht mir viel zu wenig weit.
1. Eine Zentralmatura soll nicht nur die selben Fragen für alle Absolventen vorsehen, sie gehört auch zentral und anonym korrigiert. Das wäre konsequenter, fairer und objektiver.
2. Wenn eine vorwissenschaftliche Arbeit zu verfassen ist, dann müssen die SchülerInnen darauf professionell vorbereitet werden: Wissenschaftliches Arbeiten als Unterrichtsfach.
Und Plagiate müssen von vornherein vermieden werden. Es ist schwierig, jedes Jahr tausende neue Themen zu erfinden, ohne dass voneinander abgekupfert wird.
Übrigens: Muss wirklich jeder Maturant wissenschaftlich arbeiten lernen? Oder können wir das den kompetenteren Hochschulen überlassen?
3. Und die mündlichen Prüfungsfragen sollten nicht in der Schulautonomie verbleiben!
Weil ...
In unserer Schule unterrichten zwölf LehrerInnen Geographie und Wirtschaftskunde. Sieben sind über fünfzig Jahre alt, fünf etwas jünger. Sie werden sich zusammensetzen und ihre bisherigen Aufgabenstellungen vergleichen. Sie wählen davon jene aus, die eine Mehrheit finden - den kleinsten gemeinsamen Nenner. Letztlich bleiben jene Fragen, die vor 20 - 40 Jahren an den Universitäten diskutiert wurden, "altes Minimalwissen". Erneuerungen sind praktisch ausgeschlossen. Die jungen Kollegen und die jungen Themen werden sich nicht durchsetzen können, letztere werden nicht nur bei der Abschlussprüfung, sondern auch im Unterricht verloren gehen: Old teaching for the old test.
"Wie oft werden wir uns zusammensetzen, um neue Themen zur Reifprüfung zu bringen?"
"Wozu, bitte?"
Daher meine Forderung: Auch die mündlichen Reifeprüfungsfragen müssen von zentraler Stelle erarbeitet werden. Und ständig erneuert und modernisiert.
Aber darüber traut sich niemand, ich schwör's.
teacher - am Dienstag, 23. Juni 2009, 11:41
VORSICHT. DIESER ARTIKEL ERGÄNZT UND ERSETZT DEN VORIGEN - AUCH FÜR GUTMENSCHEN GEEIGNET.
Andy legt mir einen Zettel hin: "Können Sie mir diese Website aufschreiben? Sie wissen schon, von dieser US-Forschungsplattform ..."
Gerne.
Andy nutzt die letzte Chance. Ich gehe durch das Gedränge feiernder Eltern und Maturanten und verabschiede mich von meinen Schülerinnen und Schülern. Manche kenne ich seit acht Jahren, manche habe ich erst im letzten Jahr kennengelernt, alle haben ein großes Stück von meinen Werten mitgenommen.
Jiro setzt sich ans Klavier und improvisiert eine Mozart-Serenade, bis der ganze Festsaal in Freudengeschrei ausbricht.
Anna geht auf die Bühne, greift selbstbewusst zum Mikro und singt wie ein Profi vom Blatt.
Leo und Michi führen routiniert und witzig durchs Programm.
Maturantenverabschiedungsfeier.
Die Klassenvorstände überreichen die letzten Zeugnisse an ihre Schützlinge und heben deren besondere Leistungen hervor:
"Melinda gehört zu den besten Schwimmern in Österreich, ein Riesentalent."
"Mara spricht vier Sprachen, wir sind stolz auf sie."
"Joe wird uns nicht verlassen, er betreut auch weiter unser Linux-Netz. Danke."
"Und das ist Nicky - sie hat den heutigen Abend organisiert. Lass dich umarmen."
"Philipp. Er hat mit ausgezeichnetem Erfolg maturiert. Alle Fächer sehr gut."
"Liebe Sarah. Du hast über Jahre hunderte Stunden Nachhilfe in Mathe gegeben. Gratis - für alle in der Klasse, die es gebraucht haben. Bitte um einen Sonderapplaus."
"Sue hat mir Jahre lang bei allen Aufgaben geholfen. Austeilen, einteilen, einsammeln ... ohne dich wäre ich aufgeschmissen gewesen."
"Lena, Danke für die Ruhe, die du in die Klasse gebracht hast. Alles Gute für dein Medizinstudium."
Zeugnisse. Lachen. Tränen - Freudentränen.
Mit einem Glas Sekt gehe ich weiter.
Thomas: "Ich habe mir das mit den Glühbirnen noch einmal angesehen, Herr Professor. Sie haben wirklich Recht."
Ines: "Bitte. Kommen Sie morgen ins Brauhaus - wir hätten Sie gerne dabei."
Florian: "Ich ärgere mich noch immer über die Fehler bei der Matura. Verzeihung ..."
Benedikt: "Sie sind ein guter Lehrer, wirklich."
Ich verabschiede mich von zukünftigen Rechtsanwälten, Ärzten, Ingenieuren. Ich durfte sie bis zur Reifeprüfung begleiten, ich habe enormes Potenzial erlebt, besonders dort, wo sie ihre individuellen Interessen umsetzen konnten. Ich mache mir keine Sorgen um unsere Zukunft.
Vergesst die Maturatussi - Natürlich gibt es sie. Aber die Mehrheit der Jugendlichen ist wirklich klasse. Maturaklasse.
Und: Die Matura hat immer noch ihren Wert, als Abschluss eines langen, oft steinigen, oft spannenden Weges und als Eintrittskarte in eine neue Welt. Ein europäisches Initiationsritual mit Tradition und Zukunft.
"Alles Gute, Leute."
Andy legt mir einen Zettel hin: "Können Sie mir diese Website aufschreiben? Sie wissen schon, von dieser US-Forschungsplattform ..."
Gerne.
Andy nutzt die letzte Chance. Ich gehe durch das Gedränge feiernder Eltern und Maturanten und verabschiede mich von meinen Schülerinnen und Schülern. Manche kenne ich seit acht Jahren, manche habe ich erst im letzten Jahr kennengelernt, alle haben ein großes Stück von meinen Werten mitgenommen.
Jiro setzt sich ans Klavier und improvisiert eine Mozart-Serenade, bis der ganze Festsaal in Freudengeschrei ausbricht.
Anna geht auf die Bühne, greift selbstbewusst zum Mikro und singt wie ein Profi vom Blatt.
Leo und Michi führen routiniert und witzig durchs Programm.
Maturantenverabschiedungsfeier.
Die Klassenvorstände überreichen die letzten Zeugnisse an ihre Schützlinge und heben deren besondere Leistungen hervor:
"Melinda gehört zu den besten Schwimmern in Österreich, ein Riesentalent."
"Mara spricht vier Sprachen, wir sind stolz auf sie."
"Joe wird uns nicht verlassen, er betreut auch weiter unser Linux-Netz. Danke."
"Und das ist Nicky - sie hat den heutigen Abend organisiert. Lass dich umarmen."
"Philipp. Er hat mit ausgezeichnetem Erfolg maturiert. Alle Fächer sehr gut."
"Liebe Sarah. Du hast über Jahre hunderte Stunden Nachhilfe in Mathe gegeben. Gratis - für alle in der Klasse, die es gebraucht haben. Bitte um einen Sonderapplaus."
"Sue hat mir Jahre lang bei allen Aufgaben geholfen. Austeilen, einteilen, einsammeln ... ohne dich wäre ich aufgeschmissen gewesen."
"Lena, Danke für die Ruhe, die du in die Klasse gebracht hast. Alles Gute für dein Medizinstudium."
Zeugnisse. Lachen. Tränen - Freudentränen.
Mit einem Glas Sekt gehe ich weiter.
Thomas: "Ich habe mir das mit den Glühbirnen noch einmal angesehen, Herr Professor. Sie haben wirklich Recht."
Ines: "Bitte. Kommen Sie morgen ins Brauhaus - wir hätten Sie gerne dabei."
Florian: "Ich ärgere mich noch immer über die Fehler bei der Matura. Verzeihung ..."
Benedikt: "Sie sind ein guter Lehrer, wirklich."
Ich verabschiede mich von zukünftigen Rechtsanwälten, Ärzten, Ingenieuren. Ich durfte sie bis zur Reifeprüfung begleiten, ich habe enormes Potenzial erlebt, besonders dort, wo sie ihre individuellen Interessen umsetzen konnten. Ich mache mir keine Sorgen um unsere Zukunft.
Vergesst die Maturatussi - Natürlich gibt es sie. Aber die Mehrheit der Jugendlichen ist wirklich klasse. Maturaklasse.
Und: Die Matura hat immer noch ihren Wert, als Abschluss eines langen, oft steinigen, oft spannenden Weges und als Eintrittskarte in eine neue Welt. Ein europäisches Initiationsritual mit Tradition und Zukunft.
"Alles Gute, Leute."
teacher - am Samstag, 20. Juni 2009, 11:11
VORSICHT. DAS IST EIN BÖSER ARTIKEL - UNGEEIGNET FÜR PÄDAGOGISCHE GUTMENSCHEN.
"Lisa ist der Prototyp einer Tussi", meinen ihre durchwegs jüngeren Klassenkameraden, "vom blondierten Scheitel bis zu den rosaroten Zehen."
"Eine Friseuse", schiebt jemand vorlaut nach.
Das Nasenpiercing, das Arschgeweih, ihre Push-ups und Minis, ihre Highheels und Tops, ihre Ohrringe und ihr Make-up, ihre Dauerbräunung, der schwarze GTI vom Papa, ihr ganzes Äußeres passt zu ihrem Lebenswandel und ihrer Schulkarriere: Feiern, schwänzen, wiederholen, feiern.
Richtig beliebt ist sie bei den Burschen trotzdem nicht, aber "ein bissi was geht immer".
Jetzt schickt sie stolz 10.000 SMS um den Erdball: "Matura geschafft! Ich bin reif ... für die Insel :-)" Ab in die Türkei, und nur mehr feiern.
"Heutzutage kriegt wirklich schon jeder die Matura!" denken selbst die gutmütigen Nachbarn.
"Bedanken Sie sich bei Ihren Lehrerinnen und Lehrern, die Sie zu diesem Erfolg geführt und mit großem Wohlwollen geprüft haben", schlägt der Prüfungsvorsitzende den frischen Absolventen vor. Er spricht damit unbekümmert an, was alle miterlebt haben: Die Reifeprüfungen sind zu einer Show verkommen.
Unsere Lehrer suchen individuell die "passenden Fragen" aus, bereiten ihre Kandidaten "optimal" vor, drücken alle Augen zu und tragen hilfreich auch die Schwächsten durch. Lieb sind wir: Keine kniffligen Beispiele, keine kritischen Nachfragen, keine echten Herausforderungen.
Wie erklären die Kollegen diesen bedenklichen Schonwaschgang?
"Wer es bis zur achten Klasse schafft, den lasse ich doch nicht mehr durchfallen!"
"Sonst stehe ich doch selbst als Versager da."
"Das wollen alle so, das fordern alle so. Also kriegen sie es."
"Wenn ich jemanden durchfallen lasse, dann sitzen wir im Herbst wieder da. Glaubst du wirklich, dass die Kandidaten dann gescheiter sind?"
"Wer bei uns nicht durchkommt, der findet irgendeine andere Schule, wo es billiger geht."
"Ich bin doch froh, wenn diese Schwachmathiker draußen sind. Machen doch nur Probleme!"
"Warum soll ich die Böse spielen? Bringt doch nichts."
Die Spatzen pfeifen es vom Dach: Die Matura ist nichts mehr wert. Bloß unsere Maturatussi hat nicht einnmal das begriffen.
P.S.: Sie will Lehrerin werden. Da macht es nichts, dass sie Mathe nie verstanden hat, Englisch spricht "comme une vache" (like a cow) und noch niemals freiwillig ein Buch gelesen hat.
Macht es wirklich nichts? In drei Jahren wird sie unsere/eure Kinder unterrichten, erziehen, prägen.
"Lisa ist der Prototyp einer Tussi", meinen ihre durchwegs jüngeren Klassenkameraden, "vom blondierten Scheitel bis zu den rosaroten Zehen."
"Eine Friseuse", schiebt jemand vorlaut nach.
Das Nasenpiercing, das Arschgeweih, ihre Push-ups und Minis, ihre Highheels und Tops, ihre Ohrringe und ihr Make-up, ihre Dauerbräunung, der schwarze GTI vom Papa, ihr ganzes Äußeres passt zu ihrem Lebenswandel und ihrer Schulkarriere: Feiern, schwänzen, wiederholen, feiern.
Richtig beliebt ist sie bei den Burschen trotzdem nicht, aber "ein bissi was geht immer".
Jetzt schickt sie stolz 10.000 SMS um den Erdball: "Matura geschafft! Ich bin reif ... für die Insel :-)" Ab in die Türkei, und nur mehr feiern.
"Heutzutage kriegt wirklich schon jeder die Matura!" denken selbst die gutmütigen Nachbarn.
"Bedanken Sie sich bei Ihren Lehrerinnen und Lehrern, die Sie zu diesem Erfolg geführt und mit großem Wohlwollen geprüft haben", schlägt der Prüfungsvorsitzende den frischen Absolventen vor. Er spricht damit unbekümmert an, was alle miterlebt haben: Die Reifeprüfungen sind zu einer Show verkommen.
Unsere Lehrer suchen individuell die "passenden Fragen" aus, bereiten ihre Kandidaten "optimal" vor, drücken alle Augen zu und tragen hilfreich auch die Schwächsten durch. Lieb sind wir: Keine kniffligen Beispiele, keine kritischen Nachfragen, keine echten Herausforderungen.
Wie erklären die Kollegen diesen bedenklichen Schonwaschgang?
"Wer es bis zur achten Klasse schafft, den lasse ich doch nicht mehr durchfallen!"
"Sonst stehe ich doch selbst als Versager da."
"Das wollen alle so, das fordern alle so. Also kriegen sie es."
"Wenn ich jemanden durchfallen lasse, dann sitzen wir im Herbst wieder da. Glaubst du wirklich, dass die Kandidaten dann gescheiter sind?"
"Wer bei uns nicht durchkommt, der findet irgendeine andere Schule, wo es billiger geht."
"Ich bin doch froh, wenn diese Schwachmathiker draußen sind. Machen doch nur Probleme!"
"Warum soll ich die Böse spielen? Bringt doch nichts."
Die Spatzen pfeifen es vom Dach: Die Matura ist nichts mehr wert. Bloß unsere Maturatussi hat nicht einnmal das begriffen.
P.S.: Sie will Lehrerin werden. Da macht es nichts, dass sie Mathe nie verstanden hat, Englisch spricht "comme une vache" (like a cow) und noch niemals freiwillig ein Buch gelesen hat.
Macht es wirklich nichts? In drei Jahren wird sie unsere/eure Kinder unterrichten, erziehen, prägen.
teacher - am Donnerstag, 18. Juni 2009, 08:43
Nach einer verhauten Prüfung frage ich Hussein, was ihn eigentlich interessiere.
Antwort: "Das weiß ich nicht."
Hussein muss das Gymnasium verlassen, weil er zu wenig - aber eines sicher - weiß: Schule interessiert ihn nicht. Er wird in eine Hauptschule wechseln, obwohl ich ihn zu den Hochbegabten zähle. Er weiß das, seine Mutter auch. Sie setzt sich verzweifelt täglich mit Hussein hin, um Latein, Mathematik und Englisch zu pauken. Hussein erträgt es geduldig wie ein Insasse das Gefängnis - noch zwei Jahre Pflichtschule, dann wird er frei sein.
Ich mag Hussein, er ist lustig, kreativ und freundlich. Aber völlig lernresistent. Ich spreche mit dem Klassenvorstand und wir sind uns einig: "Er will nicht lernen, da können wir nichts machen."
Am Abend lese ich in der Zeitung:
"Und wesentlich in diesem Zusammenhang ist aber der Wille zum Lernen. Dieser Wille aber ist in Amerika und Europa leider vielfach abhandengekommen."
R. J. Neuwirth, Professor an Universitäten in Macau und Indien, spricht gar nicht von Schulen, sondern von Unternehmen und Gesellschaften. Während Asiaten neugierig unsere Produkte und unser Know-how übernehmen, "übt man sich in arroganter Ignoranz".
Nein, nicht nur Kinder verweigern das Lernen, unsere Gesellschaft ist lernunwillig geworden. Sagt er.
Antwort: "Das weiß ich nicht."
Hussein muss das Gymnasium verlassen, weil er zu wenig - aber eines sicher - weiß: Schule interessiert ihn nicht. Er wird in eine Hauptschule wechseln, obwohl ich ihn zu den Hochbegabten zähle. Er weiß das, seine Mutter auch. Sie setzt sich verzweifelt täglich mit Hussein hin, um Latein, Mathematik und Englisch zu pauken. Hussein erträgt es geduldig wie ein Insasse das Gefängnis - noch zwei Jahre Pflichtschule, dann wird er frei sein.
Ich mag Hussein, er ist lustig, kreativ und freundlich. Aber völlig lernresistent. Ich spreche mit dem Klassenvorstand und wir sind uns einig: "Er will nicht lernen, da können wir nichts machen."
Am Abend lese ich in der Zeitung:
"Und wesentlich in diesem Zusammenhang ist aber der Wille zum Lernen. Dieser Wille aber ist in Amerika und Europa leider vielfach abhandengekommen."
R. J. Neuwirth, Professor an Universitäten in Macau und Indien, spricht gar nicht von Schulen, sondern von Unternehmen und Gesellschaften. Während Asiaten neugierig unsere Produkte und unser Know-how übernehmen, "übt man sich in arroganter Ignoranz".
Nein, nicht nur Kinder verweigern das Lernen, unsere Gesellschaft ist lernunwillig geworden. Sagt er.
teacher - am Montag, 15. Juni 2009, 20:54
Unsere SchülerInnen haben bis 14 ein Mitteilungsheft. Fällt eine Stunde aus - Eintrag ins Mitteilungsheft. Sind sechs Euro fürs Schultheater fällig - Mitteilungsheft. Fallen die Leistungen extrem ab - persönliche Notiz ins Mitteilungsheft.
Am nächsten Tag kontrollieren wir die "Unterschrift der Erziehungsberechtigten". Die heiklen Fälle haben es vergessen, klar. Die ganze heiklen probieren andere Tricks:
Max hat eine alte, unterschriebene Eintragung weggekillert (vorsichtshalber schreibt er mit Tinte) und die Vorladung wegen schlechter Leistungen darüber geschmiert. So muss er die - schwierige - Unterschrift seines Vaters nicht fälschen und kann trotzdem eine unterschriebene Nachricht vorweisen. Das fällt selbst dem dümmsten Lehrer auf, aber Max hält uns für noch dümmer.
Kurzes Interview.
"Ja, ich geb's zu. Ich hab's dem Papa nicht gezeigt. Ich hab mich nicht getraut."
Also muss man zuhause anrufen und dem Vater direkt berichten, dass sein Sohn das Schuljahr nicht schaffen wird. Nach einer kurzen Nachdenkpause überrascht der überraschte Vater am Telefon:
"Ja, jetzt erinnere ich mich. Max hat mir das am späten Abend gezeigt - natürlich habe ich das unterschrieben."
Aussage Vater gegen Aussage Sohn. Es ist peinlich, dem Sohn erklären zu müssen, dass sein Vater lügt.
Für ihn.
Erspart euch das. Es bleibt lange kleben, bei beiden.
Am nächsten Tag kontrollieren wir die "Unterschrift der Erziehungsberechtigten". Die heiklen Fälle haben es vergessen, klar. Die ganze heiklen probieren andere Tricks:
Max hat eine alte, unterschriebene Eintragung weggekillert (vorsichtshalber schreibt er mit Tinte) und die Vorladung wegen schlechter Leistungen darüber geschmiert. So muss er die - schwierige - Unterschrift seines Vaters nicht fälschen und kann trotzdem eine unterschriebene Nachricht vorweisen. Das fällt selbst dem dümmsten Lehrer auf, aber Max hält uns für noch dümmer.
Kurzes Interview.
"Ja, ich geb's zu. Ich hab's dem Papa nicht gezeigt. Ich hab mich nicht getraut."
Also muss man zuhause anrufen und dem Vater direkt berichten, dass sein Sohn das Schuljahr nicht schaffen wird. Nach einer kurzen Nachdenkpause überrascht der überraschte Vater am Telefon:
"Ja, jetzt erinnere ich mich. Max hat mir das am späten Abend gezeigt - natürlich habe ich das unterschrieben."
Aussage Vater gegen Aussage Sohn. Es ist peinlich, dem Sohn erklären zu müssen, dass sein Vater lügt.
Für ihn.
Erspart euch das. Es bleibt lange kleben, bei beiden.
teacher - am Donnerstag, 11. Juni 2009, 15:01
Ich musste schon grinsen, als meine Schüler zur Ferien-Demo gegangen sind: "Wir lassen uns die fünf schulautonomen Feiertage nicht stehlen!"
Die Lehrer wollten fünf zusätzliche Unterrichtstage schaffen. Schließlich war mehr Zeit bei und mit den Schülern politisch eingefordert worden.
OK, jetzt haben wir zwei freie "Zwickeltage" und drei Tage Schule ohne Schüler. Die Demo für Freizeit hatte Erfolg.
Also demonstrieren sie weiter. Mit modernen Medien und modernen Mitteln, mit Facebook: "Wir haben ein Recht auf öffentliches Saufen!"
Formulieren wir es freundlich:
"Das MQ soll ein Ort der kulturrellen Freiheit bleiben."
*grins*
Ich lese die Gratiszeitungen, höre die Lokalpolitiker und wundere mich über zustimmende Kommentare und Erfolgsmeldungen: "Gäste dürfen weiter saufen." Wir erlauben es, wir verlangen es, wir fördern es.
HALLO?!
Meine Schüler fahren mit Paletten an Billigbier ins MQ.
Freizeitsaufen. Ja, das ist cool.
Alkohol ist eine Droge.
Alkohol schadet der Gesundheit.
Alkohol führt zu Gewalt.
Das ist uncool.
P.S.: Ein Kollege fährt mit keinen Klassen mehr nach Paris, weil die Schüler ihr Recht aufs Saufen auch auf Exkursionen einfordern. Grölend, speibend, grauslich.
Die Lehrer wollten fünf zusätzliche Unterrichtstage schaffen. Schließlich war mehr Zeit bei und mit den Schülern politisch eingefordert worden.
OK, jetzt haben wir zwei freie "Zwickeltage" und drei Tage Schule ohne Schüler. Die Demo für Freizeit hatte Erfolg.
Also demonstrieren sie weiter. Mit modernen Medien und modernen Mitteln, mit Facebook: "Wir haben ein Recht auf öffentliches Saufen!"
Formulieren wir es freundlich:
"Das MQ soll ein Ort der kulturrellen Freiheit bleiben."
*grins*
Ich lese die Gratiszeitungen, höre die Lokalpolitiker und wundere mich über zustimmende Kommentare und Erfolgsmeldungen: "Gäste dürfen weiter saufen." Wir erlauben es, wir verlangen es, wir fördern es.
HALLO?!
Meine Schüler fahren mit Paletten an Billigbier ins MQ.
Freizeitsaufen. Ja, das ist cool.
Alkohol ist eine Droge.
Alkohol schadet der Gesundheit.
Alkohol führt zu Gewalt.
Das ist uncool.
P.S.: Ein Kollege fährt mit keinen Klassen mehr nach Paris, weil die Schüler ihr Recht aufs Saufen auch auf Exkursionen einfordern. Grölend, speibend, grauslich.
teacher - am Mittwoch, 10. Juni 2009, 10:13
Ich werfe eine komplexe Frage ins Klassenzimmer der Dreizehnjährigen. Alle denken nach - herrlich - aber es kommt keine Antwort.
Dann zieht Melanie die Hand ihrer Nachbarin Stephanie in die Luft.
"Was ist los?", frage ich verwundert.
"Die Steffi will drankommen, aber nicht mehr aufzeigen."
Ich kenne mich nicht aus: "Wie?"
"Die Steffi ist beleidigt", bringt es Melanie auf den Punkt, "weil Sie sie nicht beachtet haben."
Ich lasse meinen ganzen Charme spielen, will Steffis Antwort rauskitzeln.
Aber die schlaue Steffi zeigt mir die kalte Schulter.
Liebesentzug.
Sie kennen das? Sie haben mit Ihrer Tochter geschimpft, weil sie ihr Zimmer nicht zusammengeräumt hat? Das kleine Fräulein durfte nicht zur Party gehen? Sie sperrt sich in ihr Zimmer ein? Schweigt beim Abendessen?
Liebesentzug!
Tina ist aus einem härteren Holz geschnitzt. Sie tratscht - erste Ermahnung, sie plaudert weiter - zweite Mahnung, sie dreht sich zum Hintermann ... und ich greife ein:
"Jetzt reichts mir, Tina!"
"Immer ich. Sie gehen immer auf mich los!"
"Ja. Weil Du uns störst!"
Sie starrt mir verbittert ins Gesicht und sagt kein Wort mehr.
Liebesentzug.
Ich mag diese Klasse: 27 Kinder, 18 Mädchen, lauter Individuen. Sie sind kommunikativ, leistungsstark, humorvoll ... und emotionell. Von verspielt-kindlich bis weiblich-kokett ist alles da. 18 Töchter und jede anders.
Sie mögen mich - eine Zuneigung, die man täglich neu absichern muss. Schließlich geht es um die besten Voraussetzungen für gemeinsame Fortschritte. Jede Stunde wird zur Gratwanderung zwischen Sympathie und Erziehung, zwischen Spaß und Arbeit.
Das kostet sehr viel Kraft, ich spüre das nach jeder Stunde.
Es wäre einfacher, meinen Stoff vorzutragen, im Buch zu unterstreichen, alles abzuprüfen und in die nächste Klasse zu marschieren.
P.S.: Burschen spielen andere Spiele.
Dann zieht Melanie die Hand ihrer Nachbarin Stephanie in die Luft.
"Was ist los?", frage ich verwundert.
"Die Steffi will drankommen, aber nicht mehr aufzeigen."
Ich kenne mich nicht aus: "Wie?"
"Die Steffi ist beleidigt", bringt es Melanie auf den Punkt, "weil Sie sie nicht beachtet haben."
Ich lasse meinen ganzen Charme spielen, will Steffis Antwort rauskitzeln.
Aber die schlaue Steffi zeigt mir die kalte Schulter.
Liebesentzug.
Sie kennen das? Sie haben mit Ihrer Tochter geschimpft, weil sie ihr Zimmer nicht zusammengeräumt hat? Das kleine Fräulein durfte nicht zur Party gehen? Sie sperrt sich in ihr Zimmer ein? Schweigt beim Abendessen?
Liebesentzug!
Tina ist aus einem härteren Holz geschnitzt. Sie tratscht - erste Ermahnung, sie plaudert weiter - zweite Mahnung, sie dreht sich zum Hintermann ... und ich greife ein:
"Jetzt reichts mir, Tina!"
"Immer ich. Sie gehen immer auf mich los!"
"Ja. Weil Du uns störst!"
Sie starrt mir verbittert ins Gesicht und sagt kein Wort mehr.
Liebesentzug.
Ich mag diese Klasse: 27 Kinder, 18 Mädchen, lauter Individuen. Sie sind kommunikativ, leistungsstark, humorvoll ... und emotionell. Von verspielt-kindlich bis weiblich-kokett ist alles da. 18 Töchter und jede anders.
Sie mögen mich - eine Zuneigung, die man täglich neu absichern muss. Schließlich geht es um die besten Voraussetzungen für gemeinsame Fortschritte. Jede Stunde wird zur Gratwanderung zwischen Sympathie und Erziehung, zwischen Spaß und Arbeit.
Das kostet sehr viel Kraft, ich spüre das nach jeder Stunde.
Es wäre einfacher, meinen Stoff vorzutragen, im Buch zu unterstreichen, alles abzuprüfen und in die nächste Klasse zu marschieren.
P.S.: Burschen spielen andere Spiele.
teacher - am Sonntag, 7. Juni 2009, 10:52
Wenn Lehrer in der Freizeit zusammenkommen, stellen sie sich automatisch in Dienst. Ständig reden sie von der Schule, selbst bei Bier und Brot. (Nichtlehrern geht das ziemlich auf den Nerv.)
"Können wir die nächste Schularbeit gemeinsam machen?"
"Wahrscheinlich nicht, ich habe das 4. Kapitel noch nicht beendet."
"Habt Ihr gehört, was die 3 B aufgeführt hat?"
"Nein, was?"
"Die haben sich geweigert, in einer Ersatzstunde die Mathematiksachen herauszugeben."
"Naja, die stecken mitten in der Pubertät."
Da schaltet sich die Französischassistentin ein.
"Pubertät, was ist das?"
"C'est la puberté ..."
"Ja, schon, aber was hat das zu tun mit die Arbeit in die Klasse?"
Daraus entwickelt sich ein interessantes Gespräch. Pubertät, das ist ein biologisches Phänomen: Hormone, Geschlechtsreifung, Fortpflanzungsfähigkeit. Die Französin denkt an körperliche Merkmale, die sich verändern.
Die österreichische Lehrerschaft hat ganz andere Assoziationen entwickelt: Pubertät als sozialpädagogisches Phänomen. Kinder, die nicht mehr zu bändigen sind.
"In Frankreich das habe ich nie gehört. Ihr entschuldigt schlechtes Benehmen schon ... wie sagt man 'en avance'?"
"Im Vorhinein."
"Warum das ist so bei eusch?"
Da müssen wir nachdenken. Das haben wir noch nie hinterfragt. Wir dachten wohl, das wäre weltweit verbreitet und akzeptiert, dass Kinder im schwierigen Alter von 12 - 14 Jahren rebellieren müssen. Und schlechtes Benehmen deswegen zu entschuldigen ist.
"Vielleicht kommt das von Freud? Bei uns kommt ja praktisch jeder als Psychologe zur Welt!"
Frage an die Leser: Habt Ihr vergleichbare Erfahrungen in anderen Ländern gemacht? Ist Pubertät eine hinreichende Entschuldigung für Fehlverhalten?
"Können wir die nächste Schularbeit gemeinsam machen?"
"Wahrscheinlich nicht, ich habe das 4. Kapitel noch nicht beendet."
"Habt Ihr gehört, was die 3 B aufgeführt hat?"
"Nein, was?"
"Die haben sich geweigert, in einer Ersatzstunde die Mathematiksachen herauszugeben."
"Naja, die stecken mitten in der Pubertät."
Da schaltet sich die Französischassistentin ein.
"Pubertät, was ist das?"
"C'est la puberté ..."
"Ja, schon, aber was hat das zu tun mit die Arbeit in die Klasse?"
Daraus entwickelt sich ein interessantes Gespräch. Pubertät, das ist ein biologisches Phänomen: Hormone, Geschlechtsreifung, Fortpflanzungsfähigkeit. Die Französin denkt an körperliche Merkmale, die sich verändern.
Die österreichische Lehrerschaft hat ganz andere Assoziationen entwickelt: Pubertät als sozialpädagogisches Phänomen. Kinder, die nicht mehr zu bändigen sind.
"In Frankreich das habe ich nie gehört. Ihr entschuldigt schlechtes Benehmen schon ... wie sagt man 'en avance'?"
"Im Vorhinein."
"Warum das ist so bei eusch?"
Da müssen wir nachdenken. Das haben wir noch nie hinterfragt. Wir dachten wohl, das wäre weltweit verbreitet und akzeptiert, dass Kinder im schwierigen Alter von 12 - 14 Jahren rebellieren müssen. Und schlechtes Benehmen deswegen zu entschuldigen ist.
"Vielleicht kommt das von Freud? Bei uns kommt ja praktisch jeder als Psychologe zur Welt!"
Frage an die Leser: Habt Ihr vergleichbare Erfahrungen in anderen Ländern gemacht? Ist Pubertät eine hinreichende Entschuldigung für Fehlverhalten?
teacher - am Freitag, 29. Mai 2009, 08:11