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cotopaxi

 
Ich kenne den Bundesschulsprecher nur aus den Medien. Er sagt der Frau Ministerin offen ins Gesicht, was Sache ist. Er organisiert einen kleinen Streik per SMS, er betont im Interview: "Vier gewinnt."

Eine Zeitung sucht die Fehler in diesem SMS und findet sechs in vierzehn Zeilen. Na und? Letztlich stehen 60.000 SchülerInnen auf der Straße und verlangen lautstark ihre Ferien zurück.

So definiere ich "Effizienz": Geringer Aufwand - viel Erfolg.
Er nennt es "Vier gewinnt": Er pfeift auf gute Noten, er vergeudet seine Zeit nicht mit überflüssiger Arbeit, er will bloß durchkommen. Eine Einstellung, die ich gut verstehen aber nicht goutieren kann. Wir reden doch immer von SchülerInnen, die aus eigenem Interesse motiviert mitarbeiten und nicht auf die Noten schielen ...

In der Abschlussklasse erwähne ich in diesem Zusammenhang das Pareto-Prinzip: "Es besagt, dass sich viele Aufgaben mit einem Mitteleinsatz von ca. 20 % so erledigen lassen, dass 80 % aller Probleme gelöst werden."

Pareto-Prinzip? Den Schülern gestatten wir es augenzwinkernd, den Lehrern werfen wir es giftig vor. Aber auch Lehrer waren einmal Schüler, lernen von den Schülern, fordern Effizienz - kennen das Motto: "Pareto gewinnt."

P.S.: Der Berater heute im Möbelhaus, Pareto. Der Installateur beim Kostenvoranschlag, Pareto. Der Taxler gestern bei der Heimfahrt, Pareto. Die Kellnerin im Stammcafé, detto.
Koch (Gast) meinte am 5. Mai, 18:48:
Bundesschulsprecher
Hab gehört das ist der Brute Account vom Bundesschulsprecher http://grashek.mybrute.com bin mir aber nicht sicher obs stimmt 
teacher antwortete am 6. Mai, 14:28:
Muss man mybrute kennen? 
marsundco (Gast) meinte am 5. Mai, 21:17:
20 / 80
Mach ich auch immer. Ich mach lern immer 20 % so viel, wie die Klassenstreberin, das bringt mich dann immer auf ne 2 =)
(20% = 1 Schulnote; 80% weniger lernen, nur eine 20%ig schlechtere Note, also 1-1Schulnote = 2; Ich find das toll)

Außerdem weiß ich nicht, wieviel Zeit man als Bundesschulsprecher fürs Lernen hat? Vor allem wenn gestreikt wird, ist er ja eher Gast im Unterricht. 
teacher antwortete am 6. Mai, 14:29:
Mit 20 % auf 2, das ist mehr als effizient! 
marsundco (Gast) antwortete am 7. Mai, 16:21:
Das ist Pareto 
steppenhund antwortete am 17. Mai, 12:05:
Ich war mit 0% auf 1, das war vielleicht Effizienz:) (stimmt wirklich)
Es hat ausgereicht im Unterricht aufzupassen.
-
Aber im Prinzip ist das Paretoprinzip auch beim Lernen durchaus gültig. Vorausgesetzt, man weiß, wie man lernt. Das sollte man allerdings zu 100% lernen. Aber oft wird das in der Schule nicht beigebracht.
Es war (über heutige Verhältnisse kann ich nichts sagen) zu meiner Zeit nichts, was die Lehrer vermittelt hätten. Mein Klassenvorstand hat allerdings, als ich von Amerika zurückkam, gemeint. "Der H. hat in Amerika das Lernen gelernt.")
Ich sehe im Lernen zwei Hauptkomponenten: Interesse und Struktur. Der Rest stellt sich dann von selbst ein. 
teacher antwortete am 17. Mai, 12:57:
Du bringst das Alpha & Omega des Lernens (auch auf den Unis) auf den Punkt:
1. Aufpassen (vll mitarbeiten): Für Intelligente reicht das (fast)
2. Interesse und Struktur (Ich hoffe, dass ich beides in die Klassen bringe! - es wäre auf langfristige Sicht das Ideal)
3. Ich würde noch hinzufügen: Methodenkompetenzen

Vieles andere ist Schnickschnack und Firlefanz - der viel zu sehr fokussiert wird. 
PeZwo meinte am 6. Mai, 10:33:
Bei allen Ämter, Ministerien, Krankenkassen und -häuser, Lehrer, Universitäten, Bundesheer usw. (kurz gesagt alle öffentlichen Bereiche, die vom Steuergeld bezahlt werden) wird die 80/20-Regel nicht akzeptiert. Da wird von den Medien, von der jeweiligen politischen Opposition und auch vom Staatsbürger nicht Effizienz sondern mehr oder minder Perfektion erwartet und diese auch ohne Gnade eingefordert... egal ob das richtig/realistisch ist oder nicht.

So gerne ich gelegentlich selbst unterrichte, so sehr ich den Lehrerberuf schätze, so sehr bin ich froh kein hauptberuflicher Lehrer zu sein und mir dann und wann Effizienzdenken erlauben darf. 
david ramirer antwortete am 6. Mai, 12:34:
die 80/20-regel hat mit akzeptanz nichts zu tun.
sie ist mehr eine beobachtung und ein psychologisches detail.

auch sehr erfolgreiche firmen können nur wenig dagegen unternehmen, dass sie fast immer von etwa 20% der kunden etwa 80% des umsatzes generieren.
und in länger dauernden besprechungen ist es meistens wirklich so, dass in 20% der besprechungszeit 80% der wesentlichen ergebnisse erzielt werden.

es ist völlig falsch gedacht, das als rechtfertigung für schlendrian heranzuziehen, aber es zeigt, dass auch der "fleissigste" seine leerläufe hat und haben muss. 
PeZwo antwortete am 6. Mai, 12:47:
ich meine mit der 80/20 Regel, dass manche Tätigkeiten nicht bis zur letzten Perfektion gemacht werden, da die letzten 20 % viel zu viel Aufwand mit sich bringen. Dieses bewusste Einsetzen hat nichts mit Schlendrian sondern mehr mit Effizienzdenken zu tun. 
david ramirer antwortete am 6. Mai, 12:50:
das hat aber mit dem paretoprinzip nichts zu tun. 
PeZwo antwortete am 6. Mai, 13:15:
im weiterem Sinne gesehen schon, wie das obige Beispiel des Schulsprechers zeigt. Mit 20% Aufwand erzielt man schon 80% des Erfolges... was ab und zu bereits ausreicht. Man muss nicht immer perfekt sein um Erfolg zu haben. 
david ramirer antwortete am 6. Mai, 13:20:
das geht schon rein rechnerisch nicht zusammen: ein vierer ist sicher kein 80%iger erfolg.

perfekt ist ohnehin nichts und niemand. 
steppenhund antwortete am 17. Mai, 12:06:
Ich verstehe allerdings nicht, warum man von den Ärzten 100% verlangt. Wenn sie bei 20% Kunstfehler machen und die Leute draufgehen, regen sich die Leute auf. Warum eigentlich. 
teacher antwortete am 17. Mai, 12:58:
Auch Ärzte geben längst nicht 100 %: Antibiotika und "Auf Wiedersehen" - reicht für 80% der Fälle. 
steppenhund antwortete am 17. Mai, 13:41:
Offensichtlich haben sie aber dann damit recht. Weil mehr wird ja gar nicht verlangt. Von einem Arzt kann ich auch nur 100% verlangen, wenn ich es selber bereit bin zu geben. 
tobi (Gast) meinte am 6. Mai, 17:30:
Hab mir das grad angeschaut - das passt ja echt fast überall. Bin mir sogar ziemlich sicher, dass das bei fast jeder Arbeit bei mir auch so war.
Problem ist halt nur, wie man die 80/20 einteilt... 
teacher antwortete am 7. Mai, 08:07:
Wir leben in einer Pareto-Gesellschaft und werfen jeweils den anderen ihre Fehler vor - dafür haben wir ja Zeit und Energie gespart. 
ketzerkatze (Gast) antwortete am 7. Mai, 13:35:
Hm ...
und da heißt es immer, _ich_ sei eine olle Zynikerin.
Chapeau ;-) 
teacher antwortete am 8. Mai, 08:49:
Stimmts vll nicht? 
undiszipliniert (Gast) meinte am 7. Mai, 21:11:
Wir sind aber kein Berater im Möbelhaus, kein Heizungs- oder Wasserinstallateur, kein Taxifahrer und keine Kellnerin ... wir haben uns dafür entschieden Kinder und Jugendliche zu unterrichten und dafür werden wir bezahlt und da darf niemals dieses Pareto-Prinzip gelten.
Klar waren Lehrer auch mal Schüler, aber verdammt nochmal, es ist ihr/unser Job, sich darüber hinaus zu bewegen.

Was ich extrem peinlich finde, sind viele Fehler in sms von Abiturienten, aber Rechtschreibung ist ja auch nicht alles. 
teacher antwortete am 8. Mai, 08:50:
Perfektionisten habens schwer! Und sind sie wirklich erfolgreicher? 
steppenhund antwortete am 17. Mai, 12:10:
Das Hauptproblem im Pareto-Prinzip in der realen Anwendung besteht darin, dass man erst einmal wissen muss, welche 20% den 80%-Erfolg bringen.
Wenn das jemand aus dem Gefühl heraus kennt, spricht nichts dagegen.
@teacher:
Perfektionismus ist wohl eher eine negative Eigenschaft, der Pedanterie verwandt, und kann nicht nur bei sich sondern bei anderen die Effizienz sehr stark reduzieren.
Pedanterie bei der Rechtschreibung besitzt aber eine andere Komponente, die der Höflichkeit.
In Zeiten wie diesen, wo ich sogar hier im Blog eine Rechtschreibprüfung habe, kann ich einfach richtig schreiben. Bei einem SMS ist es halt eine Frage, ob "hearst oida" oder "ich mecht fiken" den Adressaten richtig einschätzt. 
teacher antwortete am 17. Mai, 13:02:
Selbst Höflichkeit kommt nur bei den Höflichen an: Tür aufhalten? Wo? Wem? Wann?
Rechtschreibung erkennen 80 % der Leute gar nicht mehr, aber(leider?) bestimmen die restlichen 20 %, wer die guten Jobs bekommt, das gute Geld verdient etc. 
steppenhund antwortete am 17. Mai, 13:39:
Wenn ich die Argumentation richtig verstehe, bestimmen die 20%, die die Rechtschreibung erkennen, die Jobs.
Damit wäre ich ganz zufrieden. Denn ich halte die Sprache, die Semantik und die Syntax für eine der wesentlichen Ingredienzien des Denkens. (Könnte man auch bei Wittgenstein nachlesen.) Und wenn ich einen guten Mitarbeiter haben will, so ist es einer, der sich richtig ausdrücken kann und einen ordentlichen Text verfassen kann. Am Fließband muss er das natürlich nicht können.
Da oute ich mich wohl als besonders reaktionär, doch in dieser Sache stört mich dass gar nicht. 
teacher antwortete am 17. Mai, 14:17:
OK, mir ist Rechschreibung nicht so wichtig - ich glaube, dass sie auch beim Denken keine wesentliche Rolle spielt (Lexik schon!)
Orthographie ist auch ein bissi Überheblichkeit der Bildungsoberschicht - wer dazu gehören will, soll dafür strampeln. 
steppenhund antwortete am 17. Mai, 15:34:
Ich bekenne mich zur Bildungsoberschicht. Allein die Bewertung bezeugt schon, dass Bildung etwas Anstößiges sein soll. Wenn jemand eine gute Orthographie zeigt, so entnehme ich daraus, dass er viel liest oder viel gelesen hat. Und daraus schließe ich wieder, dass jemand auch die Meinung anderer für wertvoll hält.
Dagegen halte ich wenig von Menschen, die alles selbst entdecken und selbst erfahren müssen. Das sind nämlich die, welche weder aus den Erfahrungen der ihnen Nahestehenden noch aus den Erfahrungen der Geschichte etwas lernen wollen.
Und so wiederholen sich die Kriege einer nach dem anderen nach dem gleichen Muster. 
 

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