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cotopaxi

 
... geht man nicht pinkeln.

Wenn es endlich zur Pause läutet, stürmen die Kinder zum Buffet, in die Gänge, zu den Automaten, zu Freunden oder aufs WC.
Der Lehrer muss seine sieben Zwetschken zusammenpacken, den Medienschrank absperren, den Lehrertisch in Ordnung zurücklassen. Dann kämpft er sich durch die überfüllten Hallen, die Stufen hinab, zurück zum belagerten Lehrerzimmer:

"Kann ich Kreide?"
"Haben! ... und: Bitte!"
"Haben bitte."

"Können Sie die Bestätigung ins Postfach von der Frau Professor Grschld legen?"
"Wer?"
"Garschold!"
"OK."

"Kann ich den Herrn Professor Y.?"
"Was?"
"Haben!"
"Vielleicht sprechen?"

Wenn ich nach diversen Hilfs- und Erziehungsmaßnahmen doch noch meinen Arbeitsplatz erreiche, um Bücher, Hefte und DVDs abzulegen, ist gut die Hälfte der Pause vergangen. Ohne mich setzen zu können greife ich - zum Missfallen meiner diätsüchtigen Kolleginnen - zum großen Jausenpackerl: Spanischer Schinken im Kornspitz mit Cherrytomaten steht heute auf dem privaten Menu. Ich lange noch zur großen Flasche - Japonica Pfirsich - und spüre den leichten Drang, der mir schon ewig die Vermutung eines direkt-proportionalen Zusammenhangs zwischen Durst und Blasendruck nahe legt. Ein Blick auf die Uhr und ich hetze mit vollem Mund Richtung Toilette.

Das tut man nicht! Das feine Aroma, den der getrocknete Serrano am Gaumen verbreiten soll, zerplatzt im Dunstkreis pinkelnder Kollegen zur kulinarischen Katastrophe. Dabei läutet es zur nächsten Stunde.

"Oh Gott. Wo habe ich die Kopien für die 5 B liegen gelassen?"

Das nennt sich Pause und ist immer noch besser als meine nächste Arbeits-Unterbrechung: Pause mit Gangaufsicht!
Deretwegen sprechen sich Lehrer gegen längere, sprich richtige Erholungsphasen aus - weil das praktisch einer Arbeitsverlängerung gleich käme. Irgendwie stehen wir uns selbst im Weg, oder?
caliente_in_berlin meinte am 15. Jun, 21:09:
An der italienischen Schule in Madrid, an der ich meine Magisterarbeit geschrieben habe, gibt es häufig nur 5 Minuten Pause. Hintergrund ist, dass in dem Gebäude Kindergarten, Grundschule, Mittelschule und Gymnasium gleichzeitig untergebracht sind und sich die Kinder unterschiedlichen Alters während der Pausen nicht über den Weg laufen sollen... 
teacher antwortete am 16. Jun, 15:46:
Daraus werde ich nicht ganz schlau.
Bleiben die Schüler dann in den Klassen oder auf ihren Gängen? Engt man durch die zeitliche Beschränkung ihren räumlichen Radius ein?
Wichtigste Frage: Würde eine Durchmischung Probleme erzeugen? 
caliente_in_berlin antwortete am 16. Jun, 16:01:
Bis Mittelschule bleiben sie in den Klassen. Die Gymnasiasten dürfen auf den Gang. Aber in fünf Minuten kann man da auch nicht viel machen. Insofern wird der räumliche Radius definitiv eingeschränkt. Eigentlich ist die Pause ja nur als "Pinkelpause" gedacht und soll den Lehrern Zeit geben, den Raum zu wechseln. Ob die Durchmischung Probleme ergeben würde, ist schwer abzusehen. Aber ich denke schon, dass die Altersunterschiede ein bisschen sehr groß sind. Die (einzige) Hofpause findet für die jeweiligen Schulen ebenfalls versetzt statt (vermutlich spielt da auch die Größe des Schulhofs eine Rolle). 
teacher antwortete am 17. Jun, 12:30:
Die Pausen in den Klassenräumen verbringen zu müssen, das grenzt an Freiheitsberaubung. Ich glaube, dass sogar Gefängnisinsassen mehr (Frei)Raum haben als unsere Schüler. Wir zwingen sie förmlich zu Aggressionen. 
April (Gast) meinte am 15. Jun, 21:29:
Irgendwie hast du Recht ;-)
Genau SO sehen die Pausen aus oder manchmal noch schlimmer. Aber du hast Recht: eine Verlängerung wollen wir nicht. vielelicht auch deshalb, weil es keine Verlängerung der 'Pause' wäre, sondern eine Ausweitung dieser absurden Pause, die du oben beschrieben hast. 
PeZwo meinte am 15. Jun, 22:37:
off topic
Hi Teacher.

Ich hätte mich gerade nach einer Mailadresse von dir umgeschaut... finde abe keine. Hast du irgendeine anonyme Adresse? 
teacher antwortete am 16. Jun, 15:43:
Hallo P2 (Jungpalmerswerbung?).
Ich hab bei dir auch keine gefunden. Sonst hätte ich mich gerührt. 
PeZwo antwortete am 16. Jun, 16:20:
Uuups, sorry.
Die Mailadresse sollte eigentlich da sein... aber du hast recht. Ich habe sie irgendwann wohl versehentlich entfernt.

Sie lautet PeZwo@gmx.net 
Simon Columbus (Gast) meinte am 15. Jun, 22:42:
Eine Verlängerung der Pausen wollen auch wir Schüler - zumindest ab einem gewissen Alter - nicht. Es ist Zeitverschwendung, man will schließlich schnell fertig werden - ab nach hause.

Und was Getränke angeht: Die coolsten Lehrer trinken ihren Kaffee / Tee / wasweißich in der Stunde. Die anderen trauen es sich nicht. 
stichi antwortete am 15. Jun, 22:54:
Was ist daran cool? 
sully (Gast) antwortete am 16. Jun, 14:20:
das frag ich mich auch.
ich trink ab und zu mal einen kaffee in der stunde, aber fast nur am nachmittag. und nur bei älteren schülern. und die dürfen das dann auch.
LK englisch von 15.40-17.10 rechtfertigt sowas.

wir haben inzwischen zwischen den stunden, zwischen denen keine größere pause ist, 5 minuten pausen. hat der chef mit dem schulforum gegen eine knappe mehrheit von lehrern durchgesetzt. und ich finds fantastisch. man kann dazwischen aufs klo gehen, ohne stress den raum wechseln, kurze gespräche mit schülern/kollegen führen. oder sich von kollegiaten in der doppelstunde einen kaffee aus dem automaten holen lassen.

einziger grund für den widerstand am anfang war die verlängerung der zeit in der schule um 15 minuten. lächerlich.

die zeit, um die mein leben aufgrund der reduzierten hektik verlängert wird, möchte ich gar nicht wissen... 
teacher antwortete am 16. Jun, 16:10:
Ich nehme nur bei langen (2-3-stündigen) Arbeiten Tee in die Klasse mit. Aber es fällt mir (jetzt rückblickend) auf, dass die Schüler das cool finden.
Vorher habe ich das eher als unhöflich angesehen. So kann man sich irren. 
Simon Columbus (Gast) antwortete am 17. Jun, 20:41:
Nicht das Trinken im Unterricht ist cool - sondern die Lehrer, die es tun. Cool heißt schließlich kalt, unberührt. Trinken im Unterricht wirkt ablenkend - deshalb trauen sich das (meiner Beobachtung nach) nur die Lehrer(innen), die ihre Klasse voll unter Kontrolle haben.

Übrigens: Wer älteren Schülern das Trinken während des Unterrichts verbietet, ist ein Unmensch. Wie sollen die sich ohne Cola oder Kaffee denn wachhalten? 
teacher antwortete am 17. Jun, 20:44:
Eine feine Unterscheidung.
Mein Unterricht braucht kein Cola. :-) 
stichi antwortete am 17. Jun, 21:05:
Komisch, ich habe meine Klassen ganz bestimmt unter Kontrolle, trinke aber nie im Unterricht, weil ich das UNMÖGLICH finde. Die Kollegen, die das meines Wissens nach an unserer Schule machen, gehören eher zu den Schluris. Vielleicht halten die sich an der Tasse fest, damit sie wenigstens einen Halt haben.
Ich finde Essen, Trinken und Kaugummikauen im Unterricht unhöflich und deshalb verbietet es sich sowohl für Lehrer als auch für Schüler. 
teacher antwortete am 17. Jun, 21:17:
Aus Schülersicht schaut alles anders aus, das habe ich hier gelernt.

Essen im Unterricht: No.
Trinken: Nur Wasser.
Kaugummi: Soll lernanregend wirken. Stört aber beim Reden. Also sag ich "Nein", wenn es stört. 
stichi antwortete am 17. Jun, 22:24:
Mich stört Kaugummi vor allem, weil viele Schüler (und auch andere Leute) nicht in der Lage sind, unauffällig zu kauen. Ich muss immer an einen Super 8 -Film (man sieht, ich bin schon länger dabei) aus dem Biologieunterricht denken mit dem schönen Titel: Kühe auf der Weide. Diesen Film habe ich einmal in einer Klasse nach der 130sten Aufforderung, die Kaugummis zu entsorgen, kommentarlos gezeigt. Für die nächsten Wochen hatte sich das Thema erledigt..... 
teacher antwortete am 17. Jun, 22:42:
*grins* - ich hab noch S8 gedreht.
Kaugummi muss natürlich lautlos und unsichtbar genossen werden. Alles andere gehört wirklich auf die Weide! 
Natalie (Gast) meinte am 16. Jun, 14:44:
Deshalb
sind unsere Lehrer in der ersten großen Pause [bis auf wenige Ausnahmefälle] nicht zu sprechen. :) 
teacher antwortete am 17. Jun, 19:09:
Diese Idee hat sich in mehreren Schulen durchgesetzt. In manchen Pausen bleibt dann die Türe zum Lehrerzimmer zu. 
steppenhund meinte am 16. Jun, 15:47:
Wenn ich mich zurückerinnere, fällt mir auf, dass mir nie in den Sinn gekommen wäre, dass sich auch ein Lehrer über Pausen freuen könnte. Schon merkwürdig, dass sich manche, sehr naheliegende Gedanken so überhaupt nicht aufdrängen;) 
sully (Gast) antwortete am 16. Jun, 18:48:
vielleicht mit ein effekt der zusätzlichen 5-minuten-pausen, aber auch vorher selbstverständlich: in den pausen sind die lehrer in der regel im lehrerzimmer und zu sprechen, wenn schüler was wollen. ist völlig normal, dass die da kommen, es gibt ja immer irgendwas. da regt sich sich keiner drüber auf. um so mehr sind längere pausen aber wichtig zur erholung 
walküre meinte am 16. Jun, 19:13:
Dass Schüler
mehr von den Pausen profitieren als die Lehrkräfte, war mir schon als Schülerin klar, denn unser Schulgebäude war (und ist noch immer) relativ groß. 15 Minuten große Pause sind zwar für die Kids lang genug, die ja nicht jede Stunde die Klasse wechseln müssen, aber für die Lehrer definitiv "zuwenig zum Leben und zuviel zum Sterben". 
0700fabsen00 meinte am 16. Jun, 20:59:
nach 45min. eine Pause, mehrmals am Tag große Pausen und am frühen Nachmittag wieder ab nach Hause - da beschwert sich jemand allen Ernstes, wenn er dann in seiner ach wohlverdienten Pause nach 45Minuten mal ein Stück Kreide rausrücken muss (der Schüler wendet seine Pausenzeit dafür scheinbar klaglos auf)?
Vielleicht sollte man sich mal Unterrichts- und Pausenzeit gegenüberstellen und sich dann mal bei jemanden in der freien Wirtschaft beklagen, der seine Mittagspause (die einzige am ganzen Tag) mal wieder ausfallen lässt, weil er sich so mit seinem Job identifiziert, dass er seine Aufgabe best- und schnellstmöglich erledigen will... 
stichi antwortete am 16. Jun, 21:19:
Ja, ja, die Leute in der freien Wirtschaft. Arbeiten ohne Unterbrechung, hochkonzentriert, gehen nicht mal aufs Klo, ratschen keine Minute zwischendurch mit ihren Kollegen.........
Ich möchte die Leute, die glauben beurteilen zu können, wie angenehm und locker der Lehrerberuf ist, mal vier Wochen lang bei vollem Deputat unterrichten lassen. Dann können sie sich wieder äußern. 
honig (Gast) antwortete am 17. Jun, 00:13:
"wenn's die lehrer so gut haben, warum bist du dann nicht lehrer geworden?"
- "ich bin doch nicht blöd!" 
walküre antwortete am 17. Jun, 10:05:
In Österreich
dauert eine reguläre Schulstunde 50 Minuten und es gibt nur eine "große Pause" von 15 Minuten Länge, und zwar nach der dritten Unterrichtsstunde. Apropos: In der Privatwirtschaft wird auch kaum von jemandem erwartet, dass er jede Stunde sein Büro wechselt, wobei er mitunter einen gar nicht kleinen Teil seiner Unterlagen selbstverständlich mitnehmen muss, von fehlendem Personal, an welches sich Kopierarbeiten und ähnliches delegieren lassen, ganz zu schweigen. 
teacher antwortete am 17. Jun, 12:35:
@007...: Ich glaube, ich war nicht deutlich genug: Pausen zur Erholung gibt es für Lehrer praktisch nicht. In den 5. oder 6. Unterrichtstunden sind die Lehrer definitiv ausgelaugt. Da hat wohl niemand etwas davon, auch die Schüler nicht.
Also muss man die zeitliche Organisation der Schule neu überdenken. In Frankreich, z.B. werden die Gangaufsichten von Studenten gehalten. 
sully (Gast) antwortete am 17. Jun, 12:41:
@fabsen
ich hab nicht geglaubt, dass diese uralten stammtischvorurteile immer noch die runde machen.
drum als antwort zum tausendsten mal nur ganz kurz:
45 minuten am stück, volle konzentration, mitten im focus, darauf achten, dass 30 schüler mitdenken und nicht abschweifen, 45 minuten am stück gesprächsführung ohne fehler, wissenschaftliche (oh ja, leistungskurse) und pädagogische anstreungung gleichzeitig. ich kenn kaum einen beruf, in dem die leute nicht alle paar minuten mal kurz in gedanken abschweifen, kurz durchschnaufen, aus dem fenster schauen, was auch immer.
wissnschaftlich wurde in mehreren studien nachgewiesen, dass lehrer im unterricht den gleichen adrenalinausstoß haben wie fluglotsen. und die sind gesetzlich verpflichtet, nicht länger als 2 stunden am stück zu arbeiten.
lehrer ist der beruf mit den meisten berufsbedingten todesfällen.

ich beschwer mich nicht, ich mach den beruf seit 10 jahren und liebe ihn jedes jahr mehr.
diese billigen "freie wirtschaft" aussagen nerven aber einfach. 
teacher antwortete am 17. Jun, 13:02:
Es ist immer wieder gut darauf hinzuweisen. Besser ist es, möglichst oft Eltern und Experten in die Klassen einzuladen und dort arbeiten zu lassen. So verstehen sie, dass es ein richtig fordernder Beruf ist. Auch wenn wir diesen Job gewählt haben und ihn gerne machen, muss man das offen sagen und zeigen (dürfen). 
0700fabsen00 antwortete am 17. Jun, 15:52:
Das habe ich nie in Frage gestellt, habe durch Berührungspunkte in Familie und Umfeld auch einen ganz guten Einblick.
Hier fühlen sihc einige an Stellen getroffen, die ich nie anvisiert habe, aber das spricht ja auch irgendwie für sich...
An meinem eigentlichews Anliegen, dass es doch Pausen gibt, die meiner Meinung nach ausreichend sind, gerade, wenn man Pausenzeiten in anderen Berufen geht das leider vorbei.
Gangaufsicht hat ja wohl nicht jeder Lehrer in jeder Pause - so viele Gänge gibt es nicht.
Und Fluglotsen halten dann immerhin 2 Stunden durch, wie ich höre^^ 
Sternenstaub antwortete am 17. Jun, 17:41:
tja und 2 MO Ferien im Sommer, 2 WO Ferien zu Weihnachten, 1 WO Ferien im Februar, 1 1/2 WO Ferien zu Ostern - Lehrer sind wirklich arm !!! 
marianderl (Gast) antwortete am 17. Jun, 17:54:
Lehrer müssen ja auch in den Ferien nichts korrigieren oder sonstige liegengebliebene Arbeiten erledigen...nein, ganz sicher nicht... 
Sternenstaub antwortete am 17. Jun, 18:14:
wenn ich mir 2 Monate Zeit lasse um sonstige liegengebliebene Arbeiten zu erledigen - kann ich mir was anhörn von meinem Chef - und zwar: "Dann müssen Sie sich die Arbeit halt besser einteilen!!!!" 
Anny (Gast) antwortete am 17. Jun, 18:19:
Dann werd doch Lehrer.

Müsstest du nicht gerade arbeiten? 
Sternenstaub antwortete am 17. Jun, 18:42:
neee du, da ist mir mein Job doch lieber - darf auf meinem Platzerl sitzen, muss niemandem am Gang überwachen, muss niemandem Vorbild sein ........ 
teacher antwortete am 17. Jun, 19:00:
Klar, wir haben Ferien und ordentlich freie Zeit.
Das Thema hier sind die Erholungspausen zwischen den Unterrichtstunden. Wir wissen, dass Kinder nicht 50 min. konzentriert arbeiten können und wir merken, dass Lehrer keine Erholungsphasen zwischen diesen Stunden haben. Und jetzt überlegen wir, was man da ändern könnte. Ich verlange nicht kürzere Arbeitszeiten, sondern eine bessere Zeiteinteilung für beide Seiten: Schüler und Lehrer.
Momentan denkt kein Mensch an diese einfachen Verbesserungsmöglichkeiten (die auch nichts kosten), in Österreich glauben viele (Politker), mit der "Gesamtschule" eine umfassende Lösung für unsere Schulprobleme liefern zu können. Essig! 
 

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