Profil
Abmelden
Weblog abonnieren
cotopaxi

 
Ein Kasten wandert nicht.

Die Oberschulwartin (Ja, diesen Titel gibt es in Österreich!) erscheint im Türrahmen und kommt gleich zur Sache:

"Ich bräuchte fünf starke Männer."
Schon ducken sich fünfzig Prozent der Anwesenden.
Sie wartet vergeblich.
Einer wagt sich aus der Anonymität der Masse heraus: "Wofür denn?"
"Wir müssen einen Kasten schleppen."
Es bleibt verdammt ruhig in der Klasse.
Dann verliert die gewählte Klassensprecherin die Nerven und murmelt was von "Na gehts ..."
Ich greife unterstützend ein:
"Na? Wer meldet sich für eine gute Tat? Ich werde in der Zwischenzeit nichts Neues durchnehmen."

Stille.
Niemand.

Die Schulwartin zieht enttäuscht ab und wir hören sie verärgert murmeln:
"Irgendwann werdet ihr auch was von mir wollen."

Hätte ich fünf Hünen abkommandieren sollen? Zur "Kinderarbeit", wie ich oft vorwurfsvoll höre? Um ein schweres Möbelstück unfallsträchtig durchs Haus zu schleppen?

Die Crux liegt ja darin, dass sich die Reinigungskräfte der Schule weigern, solche schweren Jobs zu erledigen. Dass der Direktor bedauert, dafür keine Tischler oder Möbeltransporter bezahlen zu können. Dass Vieles in der Schule nur passiert, wenn Freiwillige ("Deppen") anpacken.
Und dass unsere Jugend zu gemeinnützigen Tätigkeiten gezwungen werden muss.
Servus Gusenbauer.
sully/gymnasiallehrer (Gast) meinte am 8. Jun, 21:09:
hä? wo ist denn da das problem? kommt sowas öfter vor? ist der kasten so schwer, dass man ihn schülern nicht zumuten kann? ansonsten find ich es eher erschreckend, das sich keiner als hilfsbereit zeigt.

"Dass Vieles in der Schule nur passiert, wenn Freiwillige ("Deppen") anpacken."

irgendwie komm ich mir manchmal blöd vor, dass ich mir immer noch vorstelle, menschen seien zuvorkommend, hilfsbereit, freundlich. so jemand als deppen zu bezeichnen find ich schade.
in meiner vorstellung ist schule ein lebensraum, eine minigesellschaft, die am besten funktioniert, wenn man sich an gewisse regeln hält. die von der schulordnung wie die gesellschaftlichen. klar gibts immer leute, die nichts tun, nicht mitmachen wollen, die zeit absitzen. aber wenn man in vorleistung geht, mit dem vielzitierten guten beispiel vorangeht, funktioniert es auch. und in einer schule kann man nun mal nicht immer nur konsumieren, erwarten, dass die anderen was tun, dass man unterhalten wird. und als lehrer sollte man da schon fordern und fördern und, wie gesagt, mitmachen. 
Kinkerlitzch3n meinte am 8. Jun, 21:49:
Bei uns haben sich früher alle um solch unterrichtsfremde Tätigkeiten gerissen. Komisch. 
Nachtblau antwortete am 8. Jun, 22:56:
Aber total 
sully (Gast) antwortete am 8. Jun, 23:02:
ja, schade. ist bei jüngeren auch jetzt noch so. ab 13 - 14 lässt das leider oft nach. 
Simon Columbus (Gast) meinte am 8. Jun, 23:03:
In meiner Klasse, wage ich mal zu sagen, wäre das kein Problem gewesen. Mal mit anpacken - das gehört halt dazu, Gequengel hin oder her. Ich finde auch, man sollte den Schülern diese Aufgaben nicht erlassen - sondern notfalls halt persönlich auffordern.

Tische schleppen wenns nötig ist, zu bestimmten Anlässen oder auch mal nebenher, einmal im Jahr polieren - dass gehört bei uns völlig selbstverständlich dazu. Ich finde das - obwohl ich alles andere als ein Bankträger bin - richtig so. Wenn ich 13 Jahre lang eine - meine - Schule besuche, dann kann ich auch mal Bänke schleppen. 
sully (Gast) antwortete am 8. Jun, 23:19:
yep,meine rede 
MissBlubb (Gast) meinte am 9. Jun, 00:11:
Ich melde mich immer freiwillig, wenn es darum geht igrendwas durch die Schule zu tragen. Und da bin ich nicht die einzige. Bei uns iste es eigentlich auch so, dass wir uns darum reißen mal helfen zu können. Zum einen ist es immer gut, weil man vor den Lehrern gut darsteht und zumanderen ist es mal ein wenig Abwechslung, wenn man den ganzen Tag nur auf dem Stuhl im Unterricht hockt.
Ich finds komisch, dass sich bei euch keiner freiwillig gemeldet hat... 
gulogulo meinte am 9. Jun, 00:46:
das tönt sehr nach sexueller diskriminierung, so wie die männer hier aufs körperliche reduziert werden. 
Matthias (Gast) antwortete am 9. Jun, 10:43:
Bravo! So hab ich das ja noch garnicht gesehen :) 
.peter meinte am 9. Jun, 01:51:
das kannst du doch deinen Schülern nicht vorwerfen, oder warst du in deiner Jugend wirklich besser.

In dem Alter hätt ich mich auch nicht freiwillig gemeldet, und das hat nix zu bedeuten ... da hätte ich sogar Müll rausbringen als Zumutung empfunden.

Da muss man kein Gesellschaftspolitisches Fass aufmachen deswegen. 
Simon Columbus (Gast) antwortete am 10. Jun, 16:34:
Doch, das kann man ihnen vorwerfen! Ich sehe meine Mitschüler einfach mal als positives Gegenbeispiel... 
Anny (Gast) meinte am 9. Jun, 09:27:
Die Welt lebt von Menschen, die mehr tun als nur ihre Pflicht.


Also bei uns haben sich die Leute drum gerissen, und es war normal, dass vor Konzerten oder Festen die Schüler viel schleppen müssen. Dafür gabs weniger Unterricht, und es war für alle ok. Außer der Kasten wiegt ne Tonne. 
Sternenstaub meinte am 9. Jun, 09:46:
ääähhh bitte und warum schreibt hier niemand über die Frechheit, dass das "bezahlte" Reinigungspersonal das nicht macht, was ist mit deren Hilfsbereitschaft ?? Und dass es der Direktor nicht für notwendig befindet dafür jemanden einzustellen ???

Aus dieser Sicht versteh ich die Jugendlichen, denn wenn da ständig an den falschen Plätzen gespart wird und dann die Jugendlichen noch die "Blöden" ...... 
stichi antwortete am 9. Jun, 10:15:
@sternenstaub:
Also die Reinigungskräfte haben wohl eine genaue Arbeitsplatzbeschreibung und dazu gehört offensichtlich das Kastenschleppen nicht! Warum sollen diese Leute hilfsbereit sein, deren Arbeitszeit in der Regel (zumindest bei uns) schon bis an den Rand vollgestopft ist mit ihrer eigentlichen Aufgabe und die sicher nicht zu den Besserverdienern gehören.
Warum der Direktor da wohl niemand einstellt??????? Drei Sekunden Nachdenken hätten diese Frage erübrigt!
Bei solchen Anlässen ist es immer sehr interessant zu beobachten, wie einzelne Klassen reagieren. Sind die Trendsetter in der Klasse obercoole Typen, denen schon aus Prinzip alles am A... vorbeigeht, sieht es so aus, wie oben beschrieben. In "normalen" Klassen dagegen finden sich sofort genug Helfer, die dann aber auch gelobt werden und ihre Hilfsbereitschaft dadurch "honoriert" wird. 
sully (Gast) antwortete am 9. Jun, 10:27:
@ sternenstaub
das erinnert mich ein bisschen an die einstellung mancher schüler:
"die putzleute werden doch dafür bezahlt, meinen dreck wegzuräumen. da kann ich mein papier doch auf den boden scmeißen..." 
Sternenstaub antwortete am 9. Jun, 22:51:
@stichi: ich hab sogar länger als 3 Sekunden nachgedacht und glaube, dass es dem Herrn Direktor eben am A..... vorbeigeht wer diese Kästen schleppt - Hauptsache er muss sich nicht drum kümmern !!! tja und dagegen hab ich was

@sully: Ich sagte auch nicht, dass die Jugendlichen nicht helfen sollen, bzw. noch mehr Dreck als notwendig machen sollen um die Putzkräfte zu bemühen oder zu beschäftigen - bitte wo hab ich DAS geschrieben ??? (hab was gegen Eigeninterpretationen die SICHER NICHT in meinem Interesse sind) 
stichi antwortete am 10. Jun, 14:26:
Dann lies doch mal den Ausgangstext:
"Dass der Direktor bedauert, dafür keine Tischler oder Möbeltransporter bezahlen zu können"
Wieso interpretierst du das als sich nicht kümmern wollen, wo du doch deine Aussagen nicht Interpretieren lassen willst. Und übrigens, jede Aussage wird hier von jedem Leser interpretiert und wenn du das nicht willst, darfst du nichts schreiben!! 
Sternenstaub antwortete am 10. Jun, 19:10:
ich interpretier das deshalb so, weil ich in ner Anstalt arbeite, in der gern bedauert wird kein Geld für bestimmte Dinge (sprich weitere Arbeitsinsaßen) zu haben UND weil dann von den vorhandenen Anstaltsinsaßen erwartet wird gewisse Dinge (sprich zusätzliche Arbeiten - die aber nix mit Kastenschleppen zu tun haben - aber auf Kosten der persönlichen Arbeitskraft gehen) auf "freiwilliger" Basis und aus "kollegialen" Gründen zu tun - und wer da nicht mitmacht - weil sich der eigene Tisch gerade biegt unter der Arbeitslast - hat dann ein paar Schlechtpunkte weg !!! 
stichi antwortete am 10. Jun, 20:19:
Bleibt die Frage: Warum darfst du interpretieren und wir nicht????????????? 
Vanexia (Gast) antwortete am 25. Sep, 23:56:
an unserer schule hat das reinigungspersonal geweigert die klasse zu fegen, also zu reinigen. gehörte wohl auch nicht in die jobbeschreibung. zeit vor der lehrer foto wand zu stehen und sich darüber auszulassen dass sie ja eigentlich besser bezahlt werden sollten als die lehrer (schon klar) hatten sie aber. echt so passiert. da würde ICH dann auch keinen kasten schleppen. geht nämlich von meiner (unbezahlten) unterrichts zeit ab, und wenn was passiert..., nee lass mal stecken. 
walküre meinte am 9. Jun, 09:51:
Es wäre
wirklich interessant, zu wissen, wie alt die Kinder in besagter Klasse sind. Zu meiner Schulzeit war es selbstverständlich, mitzuhelfen, und auch heute beobachte ich, dass sich das - zumindest im ländlichen Bereich - nicht geändert hat. Seltsam. 
teacher antwortete am 9. Jun, 10:33:
Alter: 17 - 18 Jahre. 
emmy (Gast) meinte am 9. Jun, 10:52:
Was kann man von schülern erwarten, die von diesem lehrer unterrichtet werden? 
teacher antwortete am 9. Jun, 13:12:
Besseres :-) 
marianderl (Gast) meinte am 9. Jun, 10:55:
also
..ich bin auch 18, noch 20 Tage in der Schule..Bei uns wäre sowas selbstverständlich gewesen, dass die Schüler mit anpacken. Mit dem Hausmeister und seinen Helfern (1€-Jobber).
Aber ich kann mich noch an ein Erlebnis in der 11. Klasse, also vor gut zwei Jahren erinnern, als wir, die ganze Klasse, die Bühne (wir haben da so 20 total schwere Holzelemente) von der Turnhalle in die Pausenhalle tragen mussten - nicht freiwillig, wir haben das in einer Deutschstunde gemacht - und der Hausmeister stand daneben und hat uns ausgelacht. Die Dinger waren sehr schwer und nicht nur einer hat sich beim Aufbauen die Finger eingeklemmt.
Ich weiß auch nicht, warum wir das damals machen mussten, normalerweise macht das immer der Hausmeister. Aber daneben stehen und auslachen während wir bei brütender Hitze das Zeug durch den ganzen Pausenhof tragen - fand ich sehr nett. Danke hat übrigens auch niemand gesagt.
Aber normalerweise ist es bei uns kein Problem Freiwillige für irgendwas zu finden und wir helfen gerne.
Obwohl unser Hausmeister noch 2-3 Helferlein hat, was für unsere relativ kleine Schule (800-900 Schüler) relativ viel ist. 
Schüler (Gast) meinte am 9. Jun, 11:02:
Komisch
Wundert mich eigentlich. Ich bin jetzt in DE in der 12. Klasse und da isrt das kein Thema. Wenn mal was geschleppt werden muss dann reicht die Kommunikation per Auge und es springen 4-5 Leute auf. 
teacher antwortete am 9. Jun, 13:14:
Es gibt bei uns auch nettere Klassen, wo sofort Hilfe angeboten wird. Aber in der besprochenen Klasse herrschte eine anderer Ton: Nur nix arbeiten, nur net helfen, schon gar nicht schleimen - wir sind coooool! 
Schüler (Gast) antwortete am 9. Jun, 19:15:
Ich glaube bei uns würde das keiner auch nur im entferntesten mit Schleimen o.ä. in Verbindung bringen - das sind halt Dinge über die redet man garnicht, die sind selbstverständlich, auch wenn man mal zwei Stunden damit beschäftigt ist Zettel zusammen zu tackern. 
teacher antwortete am 9. Jun, 20:10:
Also ich traue mich in manchen Klassen um gar keinen Gefallen fragen/bitten. Diejenigen, die helfen, werden schief angesehen. Nicht immer, aber immer öfter. 
testsiegerin meinte am 9. Jun, 23:38:
die oberschulwartin heißt gusenbauer?

stell dir vor, ich habe in meinem büro auch schon mal was geschleppt. obwohl ich sachwalterin bin. ich habe auch schon mal was gekocht, obwohl ich nicht köchin bin. und ich hab dort schon mal blumen umgetopft, obwohl ich nicht gärtnerin bin.

wie wäre es gewesen, wenn der lehrer gesagt hätte: also ich pack da gern mal mit an. von wegen vorbildwirkung und so ;-) 
Simon Columbus (Gast) antwortete am 10. Jun, 16:38:
Ich glaube, das hätte nur negative Auswirkungen gehabt:
1) Der Lehrer "kapituliert" vor den unwilligen Schülern
2) Die Klasse wäre ohne Aufsicht - perfekt!
3) Die Schüler wollen auch nicht zusammen mit dem Lehrer schleppen - noch weniger als alleine. Wetten? 
teacher antwortete am 10. Jun, 20:50:
Danke S.C. - als Lehrer muss man auch seine Grenzen aufzeigen (dürfen). Und ich habe mir vorgenommen, das immer häufiger und immer deutlicher zu machen. Und rate das auch meinen Kollegen: Zeigt und tut, was ihr (gut) könnt - und lasst die Finger von 1000en anderen Dingen, die man euch in die Schuhe schieben will.
Im PM (Projektmanagement) heißt das: Nichtziele definieren. Und ist ein Teil der Professionalisierung.
Meine Nichtziele: Möbel schleppen, Boden schruppen, Wände ausmalen, nach Drogen fahnden, U-Boote ausliefern, ...

P.S. Gusenbauer heißt unser Bundeskanzler, ich lasse ihn schön grüßen, weil er auch die Studierenden zur Sozialarbeit verpflichtet - entgegen seinem Wahlversprechen. 
testsiegerin antwortete am 10. Jun, 21:52:
danke für die aufklärung, ich kenne unseren bundeskanzler.
und verhindert hat das schüssel, nicht gusenbauer.
hätte er die absolute gehabt, hätte er sein wahlversprechen einlösen können. so nicht. so ist das mit wahlversprechen. 
teacher antwortete am 11. Jun, 07:49:
Im Umfallen ist er der Größte - das beweist er seit vielen Wochen.
Hoffentlich ist seine Nachhilfe wenigstens erfolgreich. Wenn schon das Regieren so schwer fällt.
P.S.: Ich bin ja selbst Schuld, ich habe ihn ja gewählt. Wegen bestimmter Versprechen. 
steppenhund meinte am 11. Jun, 12:18:
Also 1969, da habe ich maturiert, hätte sich die ganze Klasse gemeldet. Und zwar wegen der Abwechslung und der möglichen Gaudi. Ich bin nicht der Meinung, dass in einer Schule jede sporadisch anfallende Tätigkeit gleich einen angestellten Professionisten benötigt. Aber vielleicht liege ich da falsch.
Die Burschen kommen nachher zum Bundesheer, da werden ähnliche Wünsche etwas dringlicher geäußert.
Aber im Prinzip kann das ja Spass machen, wenn man den Spass sehen will. Und wenn nicht, --- schade um das Lebensgefühl. 
teacher antwortete am 11. Jun, 16:09:
Damals hätten sich viele gefreut, einfach aus dem stinklangweiligen Unterricht raus zu kommen. Heute sitzen sie lieber untätig vor einem TV-Schirm. Eine neue Generation, die notfalls Bequemlichkeit über Abenteuer stellt. 
ventrix (Gast) antwortete am 12. Jun, 09:21:
Und ich hoffe mal, dass die Schuld nicht den jungen Leuten in die Schuhe geschoben wird, sondern der Entwicklung unserer Gesellschaft. 
teacher antwortete am 12. Jun, 16:54:
Ich glaube nicht, dass es den Jungen mehr Freude macht, isoliert im Wettbewerb zu stehen statt sich gegenseitig zu helfen - der (neoliberale?) Trend geht dort hin. Hilf dir selbst, sonst hilft dir niemand!
Im konkreten Fall muss ich gestehen, dass die Fr. Oberschulwart nicht immer die Lieblichkeit in Person ist. Vielleicht hätten die Burschen jemand anderen geholfen?! 
Lisa Rosa meinte am 12. Jun, 15:48:
Kein Wunder,
dass keiner freiwillig mitanfassen will. Und richtig, dass niemand stattdessen dazu abkommandiert wurde! Denn einen freiwilligen Einsatz für das "Gemeinwesen" gibt es natürlich nur dann, wenn auch Mitbestimmung in diesem Gemeinwesen erlebt - mithin, wenn "unsere Schule" tatsächlich als unsere begriffen werden kann. 
teacher antwortete am 12. Jun, 16:55:
"Schule ist unsere Sache" - habe ich bei dir gelesen. Daran müssen noch viele Seiten hart arbeiten! 
 

twoday.net AGB

xml version of this page

powered by Antville powered by Helma