Die Zeit der Korrekturen ist hereingebrochen, die Fachbereichsarbeiten (FBA) der Maturanten müssen bewertet werden. Plötzlich finden sich auch Lehrer, die niemals schriftliche Arbeiten beurteilen (Bildnerische Erziehung, Religion, Psychologie ...), in der Rolle, 30-70-seitige Recherchen zu benoten.
"Geh, Du hast doch schon mehrere korrigiert."
"Ja, warum?"
"Kannst Du dir mal meine Begründung durchlesen?"
"O.K."
Heuer haben sich zwei KollegInnen vertrauensvoll an mich gewandt.
Was mir auffiel, ist die völlig unterschiedliche Gewichtung von eigenständigem Denken.
Lehrer 1:
"Ich habe der Kandidatin mehrmals gesagt, wo noch Probleme zu lösen und Lücken zu füllen sind. Aber sie hat nicht auf mich gehört."
Negativ.
Lehrer 2:
"Sie hat zwar Anregungen aufgenommen, aber - was ich noch besser finde - bei weitem nicht alle. Manchmal beharrt sie auf ihrer Meinung.
Positiv.
Meine Forderung: Transparenz der Notengebung.
Die Schüler sollen genau wissen, was verlangt wird. Das trifft selten zu und ist individuell sehr unterschiedlich. Dann hagelt es (meist versteckte) Beschwerden: "Der ist so unfair!"
Leider erkennt man erst beim Korrigieren der zigsten Arbeit, worauf man selbst besonderen Wert legt. Wenn überhaupt (Reflexion darüber stattfindet)! Erst die dritte Korrektur kann gelingen - falls bis dahin nicht die x-ste Reform alles übern Haufen geworfen hat.
Ich verrate es ungern: Wir Lehrer haben keine Ahnung von Leistungsbeurteilung und -bewertung. Wir tun es bloß. Irgendwie. Aus dem Bauch heraus.
"Geh, Du hast doch schon mehrere korrigiert."
"Ja, warum?"
"Kannst Du dir mal meine Begründung durchlesen?"
"O.K."
Heuer haben sich zwei KollegInnen vertrauensvoll an mich gewandt.
Was mir auffiel, ist die völlig unterschiedliche Gewichtung von eigenständigem Denken.
Lehrer 1:
"Ich habe der Kandidatin mehrmals gesagt, wo noch Probleme zu lösen und Lücken zu füllen sind. Aber sie hat nicht auf mich gehört."
Negativ.
Lehrer 2:
"Sie hat zwar Anregungen aufgenommen, aber - was ich noch besser finde - bei weitem nicht alle. Manchmal beharrt sie auf ihrer Meinung.
Positiv.
Meine Forderung: Transparenz der Notengebung.
Die Schüler sollen genau wissen, was verlangt wird. Das trifft selten zu und ist individuell sehr unterschiedlich. Dann hagelt es (meist versteckte) Beschwerden: "Der ist so unfair!"
Leider erkennt man erst beim Korrigieren der zigsten Arbeit, worauf man selbst besonderen Wert legt. Wenn überhaupt (Reflexion darüber stattfindet)! Erst die dritte Korrektur kann gelingen - falls bis dahin nicht die x-ste Reform alles übern Haufen geworfen hat.
Ich verrate es ungern: Wir Lehrer haben keine Ahnung von Leistungsbeurteilung und -bewertung. Wir tun es bloß. Irgendwie. Aus dem Bauch heraus.
teacher - am Montag, 5. März 2007, 18:23
Herr Rau (Gast) meinte am 5. Mär, 20:02:
Schließe mich an. Auch wenn damit unser Geheimnis verraten wird. Damit das ganze nicht so auffällt, gibt es Punkteskalen und halbe und ganze Fehler und solche Sachen. Das flößt allerseits Vertrauen ein.
teacher antwortete am 6. Mär, 18:34:
Ja, wir täuschen und tarnen über die offensichtlichen Mängel hinweg.
gulogulo meinte am 5. Mär, 21:59:
wäre es zu viel aufwand, wenn z.b. zwei lehrer eine arbeit bewerten?
Nachtblau antwortete am 5. Mär, 22:12:
Bei uns gibt es das, aber der zweite Lehrer wird dem ersten Lehrer aus Kollegialität nicht in den Rücken fallen (außer er ist ein Arsch), weil das dann zum Direktor muss, und der erste Lehrer als Depp dasteht.
Nachtblau meinte am 5. Mär, 22:13:
Die Schüler sollen nicht jammern, mir gehts bei meiner Zulassungs(Diplom)arbeit genauso.
rip (Gast) antwortete am 5. Mär, 23:40:
Selbstkritik + Erfahrung + Transparenz
Ich stimme nicht zu ;-)Natürlich habt ihr insofern recht, als einem niemand an der Uni (und oft auch nicht in der Seminarschule) beibringt, wie man ordentlich bewertet. Aber wenn man nicht ganz gewissenlos ist, macht man sich doch selbst ein paar Gedanken, und wenn man diese Gedanken mit etwas Erfahrung kombiniert, dann ist man schon einen guten Schritt weiter.
Sehr wichtig finde ich (und hier stimme ich sehr wohl zu!), dass die Schüler wissen müssen, was von ihnen erwartet wird. Das heißt nicht, dass man ihnen den Test vorher vorkauen muss, damit sie ihn nachher genauso schreiben, sondern: Sie müssen an die Bewertungskriterien und das Anforderungsniveau gewohnt sein!
Und der Lehrer muss sich zwischendrin immer wieder im Klaren sein, dass gerechte Bewertung schwierig ist.
Das ist dann schon mal ne ganz gute Voraussetzung :-)
Nachtblau antwortete am 6. Mär, 01:09:
In der Psychologie lernt man aber auch gerade als Lehrer, dass solche Kriterien zwar schön und gut sind, aber doch relativ, weil zB Reihungsfehler auftreten, oder Antipathien (Sympathien natürlich auch), die Tagesform des Korrektors kann entscheidenden Einfluss nehmen, undundund. Der Mensch birgt einfach zuviele Fehlerquellen, als dass er 100%ig gerecht urteilen könnte (selbst wenn es eigene Gütekriterien sind).
Stef (Gast) antwortete am 6. Mär, 15:54:
Man lese nur einmal ...
... die eingesendeten Kundenbewertungen ein und derselben DVD (Buch, etc.) bei AMazon oder anderen ...
teacher antwortete am 6. Mär, 18:32:
... bloß berechtigen unsere Noten zu Aufstieg (oder nicht), zum Studium (oder nicht) etc., haben also maßgebliche Bedeutung.
Jochen (Gast) meinte am 6. Mär, 17:44:
"Aus dem Bauch heraus"
> Wir tun es bloß. Irgendwie. Aus dem Bauch heraus.Vor allem bei MÜNDLICHEN Noten passiert das m.E. sehr/zu häufig:
http://www.jochenenglish.de/?p=497
teacher antwortete am 6. Mär, 18:30:
Mündliche Prüfungen, besonders in (Fremd)Sprachen, sind in sich widersprüchlich: Ich soll ein (natürliches und motivierendes) Gespräch führen, Wissen abfragen, verbessern und gleichzeitig Fehler mitzählen(-schreiben), damit ich mein Urteil begründen kann. Dabei sind alle überfordert.Wir versuchen jetzt in Österreich, eine Trennung (bei der Reifeprüfung) zwischen dem Prüfenden (Gesprächsführer) und dem Bewertenden ("Punkterichter") zu erreichen - leider bedeutet das doppelten Prüfungsaufwand (+ Arbeit + Kosten), d.h. die Realisierung wird sehr schwer werden.
medusa (Gast) meinte am 6. Mär, 19:17:
ja - besonders schön fand ich auch die bewertung der eigenenmeinung mit: falsch!
teacher antwortete am 6. Mär, 19:42:
Ein seltene Spezies an Lehrern fördert das eigenständige Denken bei Schülern, die meisten wollen ihre eigenen (oft veralteten) Vorstellungen verwirklicht sehen. Als Lehrer glaubt man halt, alles besser wissen zu müssen - das ist ja unser Job.
medusa (Gast) antwortete am 7. Mär, 10:01:
ja sowas in der art habe ich dann auch gesagt - kam nichtso gut an ;)
Lisa Rosa antwortete am 7. Mär, 19:49:
Profession
eines Lehrers ist m. E. nicht, daß er etwas weiß und schon gar nicht alles und besser. Natürlich, es war ja auch nicht ernst gemeint. Aber von den verräterischen Verhaltensweisen, die bei uns Lehrern halt doch darauf hinweisen, daß der Lehrerhabitus genau derselbige ist, kann man sich wohl nur lösen, wenn man sich davon überzeugt, daß die Profession des Lehrers ausschließlich darin besteht, zu wissen, wie Lernen geht.
teacher antwortete am 7. Mär, 19:58:
Ausschließlich Didaktiker... Nein! Das würde mir nicht mehr gefallen. Ich habe schon ein ordentliches Maß an Fachwissen erworben, das ich gerne spannend weitergeben möchte.
Simon Columbus (Gast) antwortete am 9. Mär, 00:04:
Ist eine Intention in der Bewertung vertretbar?
Das frage ich mich als Schüler nur zu oft. Kann / darf ein Lehrer Halbjahresnoten etc. so vergeben, wie er es für die Motivation des Schülers sinnvoll findet?Zum anderen kenne ich die Ablehnung eigener Schüler-Meinungen nur zu gut - Diskussionen, die Zielorientiert geführt werden, Kommentare, die bewusst übergangen werden... Leider, leider sind auch Lehrer über Besserwisserhaftigkeit erhaben (ein Makel, das ich auch an mir - und nicht zu selten - erkennen muss. Aber ich will und werde auch keine Lehrer...).
Muss ein Lehrer alles "besser" wissen? Natürlich, Tatsachen sind Tatsachen. Aber wie bitte will irgendjemand die Wahrheit auf ein Interpretation gepachtet haben? Kaum vorstellbar, aber allzu oft vertreten... (das gleiche auch bei Stilfragen etc. Meine Sätze sind zu lang? Wollen Sie mal Mann korrigieren? Kleist?).
teacher antwortete am 9. Mär, 07:53:
1. Ja, Noten sollen auch pädagogisch und individuell angepasst werden (z.B. zur Motivation) - aber nicht in relevanten Abschlusszeugnissen. Ein Grund mehr, warum sie absolut nicht vergleichbar sind.2. Tatsachen sind nicht Tatsachen. Die Wahrheit ist ein Kind der Geschichte, sie verändert sich und hat viele Geschwister. Nichts ist absolut richtig. Auch die hehre Mathematik ist aus Sicht des gekrümmten Weltalls nur ein theoretisches System etc.
3. Bei sprachlichen Korrekturen muss man im Vorhineien das Ziel exakt festlegen (z.B. Zusammenfassung ohne Interpretation), sonst kann man es nicht erreichen bzw. verfehlen.
Simon Columbus (Gast) antwortete am 9. Mär, 15:38:
"Aber ich will und werde auch keine Lehrer..."Aargh! Ich schreibe nie mehr nach Mitternacht! Sollte natürlich heißen: "Aber ich will und werde kein Lehrer werden..."
Lisa Rosa antwortete am 9. Mär, 17:43:
gerne Fachwissen spannend weitergeben
... das kann ich gut nachvollziehen! Aber ob da die Schule der geeignete Ort ist, wo lauter Schüler sitzen, die dort sein müssen, weil sie das, was Du spannend findest, lernen MÜSSEN? Wäre es nicht besser, sein Wissen Schülern anbieten zu dürfen, die extra dafür freiwillig gekommen sind, weil es sie nach diesem Wissen giert?
teacher antwortete am 9. Mär, 18:22:
Diese wiss-be-gierigen Leute finde ich selbst an der Uni nur in kleinen Dosen. Ja, sie müssen - besonders in den Pflichtschulen, weil es ein Basiswissen gibt, das alle, ob interessiert oder nicht, kennen sollen. Wenn dieses Basiswissen sinnvoll ausgewählt und spannend dargebracht wird, dann traue ich mir das von allen zu fordern.
Simon Columbus (Gast) antwortete am 10. Mär, 02:44:
Freiwillige, begeisterte (Mit-)Schüler? Wie häufig ich mir das wünsche! Ich habe das Glück, einen Rhetorik-Kurs unserer regionalen Hochbegabtenförderung besuchen zu dürfen. Mit interessierten Schülern, einem motivierten Dozenten (übrigens auch Bloggerkollege)... (beinahe) paradiesische Lernbedingungen. Und dann sitze ich am nächsten Morgen wieder in der Klasse, höre die neuesten Geschichten meines Tischnachbarn an meinem Ohr vorbeirauschen, bekomme eine weitere ebenso unnötige wie unsinnige Erklärung zur Kurvendiskussion zu hören, weil Mitschülerin E. es immer noch nicht verstanden hat, stoße in Diskussionen auf Ignoranz (Du schreibst lauter Gelaber) und Unverständnis (Bloggen? Was'n das?), weil selbst intensive Internetnutzer sich nicht mit ihrer Umgebung beschäftigen... ich könnte viel, viel darüber schreiben. Wie Leute in heißen Diskussionen Nebengespräche führen - weil sie sich nicht interessieren wollen!
Nein, Lernen kann so keinen Spaß machen. Nicht, solange alle Beteiligten Menschen sind. Und wenn sie es nicht wären - erst recht nicht.
teacher antwortete am 10. Mär, 20:24:
Klingt mir zu enttäuscht/frustriert. Ich bin sicher: Es geht - Lehren und Lernen mit Spaß. Aber Lernen bleibt Arbeit, Anstrengung, die es wert ist.
Lisa Rosa antwortete am 10. Mär, 22:06:
begnadeter Lehrer
wenn es gelingt, die Schüler von der eigenen Lust am Stoff zu begeistern und mitzureißen. Meinen Segen dazu!
Simon Columbus (Gast) antwortete am 11. Mär, 01:15:
Ich sage nicht, dass Lernen keinen Spaß machen kann, wie auch Lehren. Nein, es kann Spaß machen. Aber welcher Lehrer hat die Fähigkeit, Ausbildung und Ressourcen, einen solchen Unterricht Tag für Tag mehrere Stunden zu leisten? Wohl kaum einer. Mehr, viel mehr Lehrer, kleinere Klassen, dann kann sehr wohl klappen. (Ich gehe mal davon aus, dass die Verhältnisse in Österreich von denen in Deutschland nicht allzu eklatant abweichen). Nachtrag: Schweden hat vieles von dem, was ich mir schulisch / bildungspolitisch für jedes Land wünsche.
Vanexia (Gast) meinte am 24. Sep, 14:20:
Bbei uns damals am Gymnasium waren alle drei Fächer schriftliche Prüfungsfächer-zumindest für diejenigen die sich in der 11. die möglichkeit offen lassen wollten diese als Leistungskurse oder Abiturfächer zu wählen. Selbst Bildende Kunst war schriftlich, da in den Einzelstunden Kunstgeschichte besprochen wurde.