Sie haben mir den Urlaub in Spanien versaut, die schwarzen Flüchtlinge.
Schon bei der Ausfahrt Richtung Almeria schoss die Bronx in ihrer traurigsten Form auf mich zu. Kilometerlang fährst du zwischen Glas- und Gewächshäusern durch, kein Grün, kein Baum, keine Aussicht. An der Kreuzung frage ich mangels Wegweisern eine Gruppe von Arbeitern - nichts als Schwarze - wie ich da zum Hotel komme. Kein Wort Deutsch (haha), nicht mal Spanisch sprechen die. Wacheln mit abgerackerten Händen in die laue Meeresbrise.
Schwarzarbeiter, im doppelten Sinn. Ausgebeutete Tagelöhner. Hausen in öden Baracken, um die EU mit Gemüseüberschüssen zu übersäen.
Am Strand - die nächsten dunkelhäutigen Existenzen am Minimum. Verhöckern kalte Erfrischungen, die sie sich selbst nicht gönnen, flechten Zöpfe auf herzige Kinderköpfe und putzen die Straßen für die Range Rover der weißen Urlaubermassen. Wir übersehen sie, bestenfalls.
Ich warte am Buffet, das Tableau mit den frischen Brandteigkrapfen war in Minuten geleert, schwarze Hände legen nach, weiße Mäuler auch. Gottgewollte Verteilung?
Der Pool schließt um 19.00 Uhr, zumindest verschwinden die "Life guards". Plötzlich sieht man kleine, dunkle Körper im Wasser plantschen, Kinder von den Schwarzen, die untertags vertrieben würden. Aber am Abend dürfen sie ... ersaufen wie die Flüchtlinge in der Meeresenge von Gibraltar?
Wir sitzen am Balkon und genießen den Blick aufs Meer. Kostet sein Geld. Ist es wert. Stört bloß das gefleckte Grau der spanischen Marine, die wohl illegale Zuwanderer abschrecken soll. Scheinbar braucht die Wirtschaft keine weiteren Arbeitssklaven mehr.
Gehen wir shoppen, das gehört zur modernen Erholung wie die Quallen ins Mittelmeer. "Schau! Das gibts sogar einen LIDL."
Die Touristen schieben Tonnen an billigem Wein, Berge an Wurst und Käse, Säcke an Zucker und Kohlehydraten zu den Kassen. Dazwischen ein stummer Afrikaner mit einem Karton voll Dosen. Paradeismark um einige Cent, das Billigste vom Billigen. Zwei andere stoßen zu ihm: Sixpack Wasser. Reine Überlebensmittel.
Mir wird schlecht.
"Bitte bleibt in Afrika oder versteckt eure Armut!"
Eigentlich nicht nötig, wir können alle blendend wegschauen.
Fast alle. Sonst versauen wir uns den Urlaub.
Schon bei der Ausfahrt Richtung Almeria schoss die Bronx in ihrer traurigsten Form auf mich zu. Kilometerlang fährst du zwischen Glas- und Gewächshäusern durch, kein Grün, kein Baum, keine Aussicht. An der Kreuzung frage ich mangels Wegweisern eine Gruppe von Arbeitern - nichts als Schwarze - wie ich da zum Hotel komme. Kein Wort Deutsch (haha), nicht mal Spanisch sprechen die. Wacheln mit abgerackerten Händen in die laue Meeresbrise.
Schwarzarbeiter, im doppelten Sinn. Ausgebeutete Tagelöhner. Hausen in öden Baracken, um die EU mit Gemüseüberschüssen zu übersäen.
Am Strand - die nächsten dunkelhäutigen Existenzen am Minimum. Verhöckern kalte Erfrischungen, die sie sich selbst nicht gönnen, flechten Zöpfe auf herzige Kinderköpfe und putzen die Straßen für die Range Rover der weißen Urlaubermassen. Wir übersehen sie, bestenfalls.
Ich warte am Buffet, das Tableau mit den frischen Brandteigkrapfen war in Minuten geleert, schwarze Hände legen nach, weiße Mäuler auch. Gottgewollte Verteilung?
Der Pool schließt um 19.00 Uhr, zumindest verschwinden die "Life guards". Plötzlich sieht man kleine, dunkle Körper im Wasser plantschen, Kinder von den Schwarzen, die untertags vertrieben würden. Aber am Abend dürfen sie ... ersaufen wie die Flüchtlinge in der Meeresenge von Gibraltar?
Wir sitzen am Balkon und genießen den Blick aufs Meer. Kostet sein Geld. Ist es wert. Stört bloß das gefleckte Grau der spanischen Marine, die wohl illegale Zuwanderer abschrecken soll. Scheinbar braucht die Wirtschaft keine weiteren Arbeitssklaven mehr.
Gehen wir shoppen, das gehört zur modernen Erholung wie die Quallen ins Mittelmeer. "Schau! Das gibts sogar einen LIDL."
Die Touristen schieben Tonnen an billigem Wein, Berge an Wurst und Käse, Säcke an Zucker und Kohlehydraten zu den Kassen. Dazwischen ein stummer Afrikaner mit einem Karton voll Dosen. Paradeismark um einige Cent, das Billigste vom Billigen. Zwei andere stoßen zu ihm: Sixpack Wasser. Reine Überlebensmittel.
Mir wird schlecht.
"Bitte bleibt in Afrika oder versteckt eure Armut!"
Eigentlich nicht nötig, wir können alle blendend wegschauen.
Fast alle. Sonst versauen wir uns den Urlaub.
teacher - am Mittwoch, 6. September 2006, 20:23
olim (Gast) meinte am 7. Sep, 10:50:
taub?
Es gibt da einen Radiomoderator in Berlin, der ist immer für die derben Spässe. Wenn sich dann seine Zuhörer (oft berechtigt) aufregen, ist sein Totschlagargument: Bist Du auf dem ironischen Ohr taub?Ich hoffe ich bin nicht auf dem ironischen Ohr taub, so werte ich den derben Rassismus dieses Eintrags als blanke Ironie. Ihre sonstigen Einträge aus der Schule, Herr Professor, lassen ja einige Menschenkenntnis erahnen. Dieser dumpf derbe Erlebnisbericht bleibt aber zu sehr an der impressionistischen Oberfläche eigener hier ganz übertriebener Selbsbefindlichkeiten.
teacher antwortete am 7. Sep, 14:54:
Ich weiß, es ist eine Gratwanderung, aber es soll böse Ironie sein!Ich habe das alles so erlebt, das bemühte Wegschauen, um das offensichtliche Problem zu verdrängen.
Die meisten Urlauber gehen aus dem Hotel nur weg, um an irgendwelchen Bars abzuhängen - sie sehen oder merken diese grauenhaften menschlichen Disparitäten gar nicht. Ich habe aufgrund meiner Sozialisation starke Antennen für diese Unmenschlichkeiten und habe begonnen jene zu beneiden, die völlig abgestumpft die Tatsache hingenommen haben, dass wir mitten in einer ökonomischen Apartheid urlauben.
Das ist kein derber Spaß! Das ist eine Anklage! Ein Schmerzensschrei!
P.S.: Danke für die Warnung, dass Missverstädnisse nicht ausgeschlossen sind.
sillerbetrachter meinte am 7. Sep, 16:02:
dass es ungerechtigkeiten und armut in der welt gibt, das merkt man doch nicht erst im spanienurlaub? man muss sich nur mal im eigenen ort umschauen, da gibt es genug menschen, denen man konkret hilfestellung geben kann. dafür muss ich nicht in die ferne schweifen.
cohen (Gast) antwortete am 7. Sep, 16:47:
spanien = zuhause
es ist ziemlich egal welches szenario man betrachtet. dort wie hier geschieht nichts. möchte den mal sehen der sich hier die hände für jemand anderen schmutzig macht.
teacher antwortete am 7. Sep, 17:42:
Im Urlaub sticht die schamlose Ungerechtigkeit mitten ins Auge, weil die weiße, übergewichtige Urlaubermasse den ausgebeuteten, schwarzen Menschen beim Überlebenskampf entspannt zuschaut.Entwürdigend, erbärmlich.
Zuhause können wir diese Unterschiede durch stressige Arbeit etc. leichter wegdiskutieren.
sillerbetrachter antwortete am 7. Sep, 20:20:
@cohen, wir leben in einer ländlichen region. hier gucken die leute noch hin und packen auch zu. der trend zum "individuellen egoismus" hat noch nicht überall ableger.@teacher, das ist wohl richtig, dass menschen im alltag zu sehr mit sich selbst beschäftigt sind und keine zeit bleibt, mal über solche dinge nachzudenken. andererseits macht dieses erlebnis vielleicht auch sensibel für die eigene umgebung. du als lehrer kannst doch auch deinen schülerInnen dafür die augen öffnen.
cohen (Gast) antwortete am 7. Sep, 22:05:
ich weiss nicht ob ich "ländliche region" richtig verstanden habe, ABERländliche maßstäbe anzulegen an ein problem, welches hauptsächlich in urbanen gegenden auftritt finde ich etwas abwegig.
Blogzombienchen meinte am 9. Sep, 19:11:
Keine Sorge Herr Lehrer, solche Anblicke werden uns bald schon erspart bleiben.
Inzwischen wandern mehr Menschen aus Deutschland aus, als - als Asylanten oder sonstwas - einwandern.
Und wenn das mit der Globalisierung so weitergeht, dann sind wir bald die Wirtschaftsflüchtlinge und dann wird man uns sagen: "Bleibt in Europa!".
Grüße vom untoten
Blogzombienchen
teacher antwortete am 10. Sep, 19:29:
Gar nicht unrealistisch!Sagt mir ein Techniker im EU-Diplomatendienst: "Früher haben wir (TU-Techniker) die Chips oder Schaltungen in China herstellen lassen. Jetzt kündigen wir unsere (österreichischen)Diplomingenieure (z.B. bei Siemens), weil wenn wir 2 oder 3 Spitzentechniker haben, gibt es in China tausende davon. Zu einem viel besseren Preis.
cohen (Gast) antwortete am 10. Sep, 21:48:
china
da ich selbst in der elektronikindustrie arbeite kann ich das nur teilweise bestätigen. man sagte uns das selbe bereits zur aufschwungzeit von japan und den tigerstaaten vorraus - ich arbeite immer noch für gutes geld.
teacher antwortete am 11. Sep, 12:39:
Ich sehe da sehr pessimistisch in die Zukunft:Nicht nur dass China bereits westliche Spitzenmarken aufkauft (s. IBM - Lenovo), sondern dass es in F&E bereits mit Europa gleichzieht.
Dort nimmt die Bildung noch ambioniert zu, bei uns kommt eine gesättigte, überhebliche Generation aus den Schulen. Wir werden in einigen Jahren keine Standortvorteile mehr haben, in keiner Hinsicht wettbewerbsfähig sein: weniger Know-how, höhere Löhne, strengere Rechtsvorschriften, keine Rohstoffe ... vergangene Erfolge!
Wir gehen unvorbereitet in diese Zukunft, wir steuern nicht dagegen, wir feiern wie auf der Titanic ...
cohen (Gast) antwortete am 11. Sep, 13:49:
china, 2nd
(seit die chinesen am drücker sind würd ich lenovo nicht mehr als spitzenmarke bezeichnen. reverse-engineering hat da einige hässliche sachen ans licht gebracht - trifft nicht nur auf lenovo zu.)ich glaube nicht das es so schlussendlich so schlimm kommen wird.
tatsache ist, dass "wir" (eu15, usa, etc) keinerlei nennenswerte vorteile haben und wir uns trotzdem auf einer gewissen position (intel, amd, agilent, texas instruments, die liste ist lang) halten können - verlässliches system, 30 jahre praxis- und katastrophengeprüft.
china ist nur solange gefährlich, wie sein lohnniveau, etc signifikante vorteile ergibt - mit dem wirtschaftlichen fortschritt wird diese "geldlücke" immer kleiner werden. (hier zwischen den zeilen lesen: solange der zug china nicht auf seiner endstation einfährt werden schlechte zeiten anbrechen)
stellt sich nur noch die frage ob das autoritäre system so sang- und klanglos absaufen wird wie von vielen erwünscht...
teacher antwortete am 11. Sep, 16:14:
Ich glaube, dass der kapitalist. Westen bisher alle Vorteile der weltweit besten Bildung (mit Forschung etc.) nützen konnte. Jetzt kommen die Schwellenländer wie China oder Indien mit einer Bildungsoberschicht, die uns allmählich überholt. Die billigen Arbeitskräfte haben sie obendrein. Unser einziger Standortvorteil geht verloren ... und wir tun nichts dagegen.
cohen (Gast) antwortete am 12. Sep, 19:00:
Ich stimme was bildung angeht vollkommen zu - auch wenn in den schwellenländern enormes geistiges potenzial an den montagebändern verkommt. (was eigentlich zu "unserem" vorteil ist)und billige sklaven sind ein thema für sich, besonders mit der fortschreitenden automation.
die momentane situation ist einfach eine folgeerscheinung unserer geistigen und körperlichen verfettung. wir haben alles, können alles und brauchen uns vor nichts fürchten.
das bildungssystem umzustellen (sobald uns die problematik entsprechend in den * beißt) wird allerdings ein enormer gewaltakt. wenn ich meine schulische erfahrung mit meiner berufliche erfahrung vergleiche wird das ein enormes gemetzel am schulsystem, mit diversen schulformen als erste opfer.
falls der höhenflug anhält, heißt das. denn ich bin noch immer der überzeugung das die sache einbricht.
teacher antwortete am 13. Sep, 14:10:
Resumee:Wir sehen beide die negativen Entwicklungen im Westen, interpretieren aber die Konkurrenz unterschiedlich.
Auch in diesem Fall würde ich mich lieber auf eine schwierige Situation vorbereiten statt auf einen positiven Ausgang zu hoffen. Sonst erwischt uns die Krise auf dem linken Fuß!
Verde meinte am 12. Sep, 16:00:
Bleibt in Africa
ist ganz und gar kein schön formulierter Titel, der Beitrag ist auch hart an der Grenze des noch Verstehens, aber das wurde dir ja bereits gesagt.Überlege dir mal, was das für die Africaner bedeutet, wenn sie in Spanien arbeiten können ! Das ist für sie, wie wenn du, anstatt die Klasse 5c, ein Semester lang in Harvard unterrichten würdest
( falls du das drauf hast ). Lass die doch ihre Arbeit machen und fahre halt nicht mehr dahin, wenn du Probleme damit hast.
Grüsse !
wenzel
teacher antwortete am 12. Sep, 16:47:
Sorry, Lösung negativ!Genau das will ich nicht. Ich will die Augen weiter offen halten, ich will die Probleme weiterhin erkennen und beim Namen nennen. Auch hier.
Den Titel "Bleibt in Afrika" habe ich sehr provokant gewählt, klar, er soll zeigen, dass wir es lieber so hätten, um ihre Armut nicht sehen zu müssen.
Ich bin ein sehr weltoffener Mensch und eher xenophil als xenophob (mit Freunden aus und in Afrika!), trotzdem sind mir diese Gedanken gekommen. Ich will sie nicht - pfui gack! - verdrängen, sondern aufarbeiten. Das täte uns allen gut.
Verde antwortete am 12. Sep, 18:11:
Ruhig Blut !
ich wollte ja nur mal sehen, wie du reagierst. Jetzt verstehe ich dich etwas besser. Was uns allen gut täte, das weiß ich nicht, ich weiß nur, was mir gut tut. Das wünsche ich allen anderen auch.