Profil
Abmelden
Weblog abonnieren
cotopaxi

 
Ich gestehe, ich habe wissenschaftliche Arbeiten verfasst. Das wundert viele SchülerInnen, weil sie offensichtlich ständig in ihrer Meinung bestärkt werden, LehrerInnen wären intellektuelle Dünnbrettbohrer. Quasi-Deppen. Pädagogische Witzfiguren.

Dieses Image wäre dringendst aufzupolieren, sonst fehlt neben der Achtung auch die Akzeptanz. Kürzlich habe ich von meiner Diplomarbeit gesprochen und fortgeschrittene Schüler, die mehr darüber wissen wollten, aufgefordert, einfach meinen Namen zu googlen: "Ich bin gespannt, was ihr herausfindet."
Ein Schüler hat mein facebook-Konto entdeckt: "Sie hatten aber lange Haare!"
Das Thema war damit ausgereizt, die wissenschaftliche Neugier endete an der Schulschwelle, es wurden keine Nachfragen gestellt.

Sobald sie an die Universitäten wechseln, erinnern sie sich zurück und erzählen von ihren akademischen Qualen.

"Der jetzige Plagiats-Wahnsinn ist zum Prüllen. Ich zittere seit Wochen, ob meine Diplomarbeit angenommen wird. Meine Betreuerin hat mich mehrmals gewarnt, dass ich wirklich alles korrekt zitieren muss."

Ich blättere durch Bachelor-, Master- und Diplomarbeiten und denke wehmütig an meine Studienzeit zurück:
"Ich möchte heute nicht mehr studieren", rutscht es mir heraus.
Die jüngsten Arbeiten bestehen aus Ansammlungen von direkten und indirekten Zitaten. Dicht aneinandergereiht machen hunderte Verweise die Texte unleserlich, eigenständige Gedankengänge unmöglich, unerkennbar und unverfolgbar.
"Das war der Wunsch meiner Betreuerin", höre ich. "Ich soll nicht selbst denken, ich soll nur die Gedanken der anderen sammeln und zur gestellten Forschungsfrage korrekt widergeben."

Das ist Wissenschaft?

"Ich habe mir damals ein interessantes Thema ausgesucht, bin bibliographieren und lesen gegangen ... und habe meine Erkenntnisse zusammengefasst. Ab und zu ein wörtliches Zitat, das war's. Mein Professor wollte Eigenständigkeit forcieren, Datenanalyse und kritische Schlüsse erkennen ... das war Wissenschaftlichkeit."
"Heute geht es vor allem darum, dass die Plagiatssofware keine kopierten Stellen aufspürt. Vier Worte hintereinander - und du kannst dir ein neues Thema suchen", erklärt der Student.
"Ach geh'", erwidere ich, "da habe ich so seichte Dinge gelesen ... mit zahlreichen Fehlern, die Leute sind trotzdem Akademiker geworden!"
"Nicht auf meinem Institut! Und sicher nicht nach der Guttenberg-Affäre!"

"Weißt Du eigentlich, dass unserer künftigen Schüler für die Matura VWAs schreiben müssen. Vorwissenschaftliche Arbeiten!"
"Alle? Mit Exposés, Hypothesen, Zitaten und so?"
"Ja, alle. Damit sie wissenschaftliches Arbeiten lernen."
"Auch die schwächsten, die kaum eine Zeitung verstehen und gerade so durchrutschen? Kein ordentliches Deutsch können? Wer wird ihnen das beibringen?"
"Wir Lehrer. Wir haben ja vor Jahren auch Diplomarbeiten geschrieben." (*zynisch*)
"Und ihr wisst, wie das heute geht?"
"Nein, ganz wenige." (*böse*)
SvenK (Gast) meinte am 22. Apr, 03:54:
Akademiker
Ich finde es erstaunlich, dass sich (deutsche, ich denke in A ist es ähnlich) Lehrer als Akademiker sehen. Sie sind es einfach nicht. Das dt. Lehramtsstaatsexamen ist ein Witz. Den armen Deppen wird vorgegaukelt, sie seinen Akademiker, Wissenschaftler gar.
Seid ihr aber nicht. Es gibt keinen vernünftigen Grund, den Beruf des Lehrers nicht zum Ausbildungsberuf zu machen, das einzige was Euch rettet sind Euresgleichen, in den Parlamenten völlig überrepräsentiert. Ihr habt eine Lobby, das unterscheidet Euch von den Kindergärtnern. 
Peter (Gast) antwortete am 22. Apr, 09:14:
Doch Akdemiker?
Nun, diesem Kommentar muss ich widersprechen, und zwar in aller Deutlichkeit.
Ich weiß nicht genau, was Sie über ein Lehramtsstudium in Deutschland wissen, aber offensichtlich nicht genug.
Ich wüßte nämlich nun nicht, was ein 1. Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien in Bayern hinsichtlich der Wissenschaftlichkeit nun großartig von beispielsweise einem M.A. unterscheiden sollte...
Ich habe während meines Studiums zusammen mit den M.A. Studenten in den für meine Fächerverbindung relevanten Hauptseminaren gesessen (in meinem Fall mit den Unterrichtsfächern Englisch und Sozialkunde waren das eben hauptsächlich englische Sprachwissenschaft, englische Literaturwissenschaft, Soziologie, Politikwissenschaft), die Hauptseminararbeiten waren bezüglich Umfang, Themenstellung als auch Anforderungen an das wissenschaftliche Arbeiten keinen Deut anders. In diesen Fächern gab es an meiner Uni (LMU München) schlichtweg keine Sonderveranstaltungen für Lehramtsstudenten in den meisten Fächern. Die gab es natürlich für Didaktik und Pädagogik, aber da waren die wissenschaftlichen Anforderungen kein bisschen anders (und ja, das kann ich beurteilen, weil ich eben auch in den "normalen" Seminaren und Hauptseminaren war). Anstatt einer Magisterarbeit habe ich eine Zulassungsarbeit verfasst, aber auch hier war der Name der einzige Unterschied.
Was also führt Sie zu der Annahme, dass Lehrer weniger Akademiker sind als Magister?
Oder ist Ihre Definition einfach anders, und Akdamiker ist man nur mit einem Diplom und nicht mit einem Magister, sprich nur die harten "Sciences" und nicht die "Arts" werden von Ihnen akzeptiert? Dann müssten Sie aber immerhin die Lehrer der MINT-Fächer als Akademiker anerkennen...
Oder benötigt man Ihrer Meinung nach gleich den Dr. Titel, um als Akademiker durchzugehen? In diesem Fall hätten Sie natürlich recht, dann wären die wenigsten Lehrer Akademiker... 
gast (Gast) antwortete am 22. Apr, 09:19:
@sven, im öselland wollen gymnasium-lehrer sogar mit "professor" angesprochen werden. *g* 
Martin (Gast) antwortete am 22. Apr, 09:37:
Nun ja
Lehrer können Akademiker sein. Das ist sehr individuell ...
Von meinem Bekanntenkreis die die Lehrerlaufbahn eingeschlagen haben (Realschule und Gymnasium) bekam ich allerdings mit, dass die Staatsexamen nun wirklich nicht gerade einfach sind (zumindest nicht an der örtlichen Uni).
Die schriftliche Ausarbeitung wiederum ... Da muss ich ehrlich sein und sagen, dass bei diesen oft, wie auch beim Grossteil der Geisteswissenschaftlichen Fachbereiche, auch der schlechtgeschriebenste Schrott für eine 1.3 genügt.
Bitte nicht falsch verstehen: In all den Bereichen gibt es viele hart arbeitende Akademiker die es richtig machen, aber leider kommt auch der grosse Rest mit guten Noten aus der Uni.

In dem Zusammenhang müsste in (D) an den Hochschulen das Lehramtsstudium aber auch ziemlich reformiert werden. Nachdem die Bachelorstudiengänge eingeführt wurden gibt es inzwischen auch Kurse a la "Mathematik für Lehrämtler - Gymnasium - I bis IV", vorher mussten die sich Analysis I, II, Lin. Algebra I, II, Stochastik und noch ein paar andere bei den Mathematikern hören und somit erheblich mehr lernen als jemals benötigt wird. 
teacher antwortete am 22. Apr, 09:46:
Magister und Professor
Ich habe - wie die meisten meiner Kollegen - ein vollwertiges naturwissenschaftliches Studium gemacht, mit Diplomarbeit und Abschlussprüfung und habe zum Mag. rer. nat. spondiert. Viele meiner Studienkollegen arbeiten in der Wirtschaft und sind dort anerkannte Akademiker - warum sollte ich das nicht sein?

P.S.: Ich habe auch eine ministerielle Ernennung zum "Professor" - das ist in Österreich so. 
Martin (Gast) antwortete am 22. Apr, 09:57:
Nicht die Fächer sind das Problem
sondern die von den entsprechenden Professoren akzeptierten vorgehensweisen.
Im Allgemeinen (und das variert natürlich von Prof. zu Prof. sehr stark) wird in den MINT-Fächern ein erheblich rigideres Verhalten bzgl. den wissenschaftlichen Verfahren verlangt.
Wenn ich in der Informatik oder Chemie mit einer schlecht erhobenen Statistik ankomme und deren Erstellung und ihre Fehler nicht erkläre bekomme ich Punktabzug, im Extremfall darf ich die Arbeit neuschreiben.
In der Pädagogik (Schwägerin und zwei bekannte haben dort ihre Diplomarbeiten geschrieben und auch bei den Professoren als studentische Hilfskräfte gearbeitet) habe ich diesbzüglich von der Seite der Professoren zwei Verhalten erlebt:
Die einen können die Thematik selber nicht und erkennen somit die Fehler nicht. Wenn es schön aussieht gibt es auch entsprechend Punkte.
Die anderen können das alles, haben aber "Mitleid mit den armen Studenten", denen man ja diese mathematische und prozessuale Tortur nicht aufhalsen könne und somit gute Noten verteilen, wenn man merkt, dass die Personen zumindest das Wort Stochastik schonmal im Duden nachgeschlagen haben.
Es gibt keinen signifikanten Unterschied in der Notenvergabe zwischen Stochastikmüll und korrekt erhobenen und ausgewerteten Statistiken. Das führt wiederum dazu, dass auch die, die es richtig machen könnten sich keine Mühe geben, macht eh keinen Unterschied.
Zwar sind statistische Erhebungen in Fächern wie Germanistik, Filmwissenschaften oder Philosophie nicht die Regel, aber nicht desto trpotz muss man sich an die Zitierregeln logische Argumentation etc. halten. Und auch dort habe ich Arbeiten in die Hand bekommen die ihre Note nicht mal im Ansatz verdienen, die aber "schön" geschrieben sind und die man bzgl. der Vorgehensweise in den MINT-Fächern bestenfalls an den Kopf geschmissen bekommen hätte.
Verstehen Sie mich nicht falsch, ich kenne auch absolut herausragende Arbeiten in den anderen Fachbereichen. Aber man kommt eher mit Mist durch als in den MINT-Fächern und die Studenten wissen das, entsprechend ist das Verhältnis bei den Arbeiten.
Meine beste Freundin war so eine: sie hätte es machen können, aber für den Blödsinn, den sie in einer Woche zusammengetackert hat gabs auch eine 1.7, also, was solls ? 
petra (Gast) antwortete am 23. Apr, 18:43:
warum sollte eine akademische ausbildung für lehrer falsch sein?

in zukunft wird sogar der kindergartenpädagoge den master zu absolvieren haben. das ist jedenfalls bereits fixiert.

eine höhere ausbildung garantiert jedenfalls eine geringere arbeitslosigkeit im späteren leben.
die matura ist heute einfach weniger wert in der wirtschaft, und teilweise sogar mindeststandard.
zu oma's zeiten reichte eine 5-jährige volksschulausbildung aus, um genug qualifikationen für sein leben zu erwerben. so ändern sich eben die zeiten. 
steppenhund antwortete am 23. Apr, 20:31:
@teacher
Was mich ein bisschen wundert: Ihr Eintrag über die Mathematik-Sublierung. Wenn Sie ein naturwissenschaftliches Studium abgeschlossen haben, kann die Mittelschulmathematik doch nicht spurlos an Ihnen vorbei gegangen sein, oder.
-
Aber im Prinzip sind Lehrer mit Akademikerausbildung überqualizifiert. Schließlich benötigt man das ja nicht als Staatssekretär! 
BIA (Gast) antwortete am 24. Apr, 16:07:
Bei uns war der Unterschied zwischen Lehramts- und Diplomstudium sehr klein - man hatte eine Handvoll Vorlesungen aus dem pädagogischen Bereich zu wählen, ebenso zwei, drei, Seminare zusätzlich aus diesem Bereich, das war's dann an Unterschieden. 
El Loco antwortete am 25. Apr, 00:42:
Akademiker?
Martin (Gast) versucht mit viel Verve darzustellen, daß die einzigen richtigen Wissenschaftler die der "MINT"-Fächer wären. Was immer das ist, MINT steht bei mir nur auf dem Kaugummi, und Leute, die ihre akademische Verbildung durch kryptische Ausdrucksweise vor sich hertragen, sind einfach nur lachhaft... und entweder JuLi- oder JU-engagiert.

Dabei denkt Martin (Gast) aber äußerst unwissenschaftlich: von einer Stichprobe mit n=2 kann man doch wohl kaum auf die Gesamtheit der Professoren schließen, selbst wenn man sich auf den deutschsprachigen Raum beschränkt. Typischer Fall von Halbwissen, demagogisch ausgeschlachtet - und typischer Fall wohl auch der Arroganz, die die Naturwissenschaftler so gern den Geisteswissenschaftlern entgegenbringen. Nur weil sie von der Industrie besser gefördert werden, sind sie noch nichts besseres...

Dabei sind die technischen Wissenschaften aus den Geisteswissenschaften hervorgegangen...
und wollte man sich auf das Niveau der Behauptungen von Martin (Gast) begeben, könnte man sagen, Wissenschaft findet im Geiste statt; alles, wofür man ein Diplom bekommt, aber keinen Magister, ist was für Techniker, nicht für Denker... :P

So, nachdem diese Zankerei behandelt ist, noch was zum Thema:

natürlich braucht jeder, der etwas unterrichten will und soll, einen Wissensvorsprung vor seinen Schülern. Anders kann man nicht unterrichten. Er braucht darüber hinaus einen Verstehensvorsprung, er soll nicht nur das Wie, sondern auch das Warum kennen und möglichst vermitteln können. Für diejenigen Lehrer, die Schüler auf ein akademisches Studium vorbereiten sollen, ist es unabdingbar, daß sie selbst ein akademisches Studium absolviert haben. Und zumindest was ich in Deutschland in "meiner" Fakultät gesehen habe, läßt mich schließen, daß es die LEhramtler keineswegs einfach haben: die Meßlatte hängt hoch, und man studiert nicht nur ein Fach, sondern zwei Lehrfächer plus Pädagogik plus ggfs. noch andere "Nebenfächer". Und das alles in der Regelstudienzeit, bitte, in der andere nur ein Fach studieren, aber dann auf die Lehramtler herabschauen.
Manches Erlernte wird man nie wieder brauchen, obwohl es einem als wichtig eingepaukt wurde. So manches Buch aus meinen rund 70 Metern Bücherregale (teilweise doppelreihig belegt) werde ich nur in die Hand nehmen, wenn ich umziehe. Aber weiß man's vorher?
Meine besten Arbeiten im Studium habe ich geschrieben zu Themen, wo es wenig Literatur gibt: "Orchideenthemen". Ein einziges Mal hatte ich ein Thema mit viel Literatur, es war mir vorgegeben, und meine Arbeit wurde eine Literaturkritik - mein Glück, daß der Korrektor sie angenommen hat, aber alle geforderten Methodenschritte waren ja vorhanden. Aber sonst habe ich mir immer mein eigenes Denken vorbehalten können, und es mit der Literatur zum Thema bereichert und korrigiert und daran gerieben. Wenn die Literaturliste länger als die Arbeit wird, dann kann kaum noch eigenes Denken geschehen!
Vielleicht liegt das Problem aber auch dort mitbegründet, daß die Studenten von heute die erste Generation Schüler waren, die ihre Referate mit Google und wikipedia statt in der Bibliothek vorbereiteten? 
teacher antwortete am 26. Apr, 11:24:
@steppenhund: Die Naturwissenschaften sind nicht nur mathematisch ausgerichtet, z.B. lässt sich Geologie ohne Stochastik absolvieren.

@El Loco: Ja, das Internet verleitet zum Kopieren, daher sind systematische Plagiatsüberprüfungen nötig. Verhindert es eigenes Denken, weil schon so vieles von anderen gedacht und veröffentlicht wurde? 
Martin (Gast) antwortete am 27. Apr, 00:54:
@El Loco:
> Martin (Gast) versucht mit viel Verve darzustellen, daß die einzigen
> richtigen Wissenschaftler die der "MINT"-Fächer wären.
Tut mir leid, falls ich mich falsch ausgedrückt habe: Natürlich sind nicht alle Absolventen aus den MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) Wissenschaftler (schön wars) und zumindest in der Theorie sind die Anforderungen in den Fachbereichen die selben (zumindest bei den Studienordnungen die ich kenne).
In der Praxis ist es allerdings (leider) anders: In den meisten Geisteswissenschaften wird defacto ein erheblich geringerer Qualitätsstandard bzgl. der wissenschaftlichen Vorgehensweise angesetzt als in den MINT-Fächern. Das hindert natürlich niemanden daran trotzdem wissenschaftlich korrekt zu arbeiten, aber wie gesagt, die meisten Studenten (und Profressoren) gehen da leider den Weg des geringsten Widerstandes.
Ausnahmen sind Doktorarbeiten in der Medizin. Da geht auch jede statistische Auswertung durch damit man den Doktortitel auch schön auf der Plakette stehen hat. Die Mediziner, die tatsächlich ein paar Jahre Forschung betreiben und am Ende den selben Titel verliehen bekommen finden diesen Umstand auch nicht so toll.
Aber keine Sorge, die Qualität in den MINT-Fächern schwindet auch zusehends. Wie soll ein Prof. auch jedes Jahr zusätzlichen zum normalen Pensum vier Dutzend Bachelor- und zehn Master arbeiten korrekt prüfen ? Aber für Professoren und wissenschaftliche Mitarbeiter ist ja kein Geld da (ein Problem, dass die Geisteswissenschaften schon länger haben aufgrund einer größeren Menge an Studenten pro Prof.) und somit wird inzwischen z.T. auch nach Optik entschieden. 
ska meinte am 22. Apr, 12:50:
Ich glaube schon, dass man als Lehrer Akademiker sein kann, nur muss man es nicht. Nicht für den Abschluss, nicht für den anschließenden Beruf und nicht im privaten Umfeld. Wenn ich das so sage, dann meine ich mit Akademiker einen Menschen, bei dem wissenschaftliches Arbeiten und Denken einen Teil seines Wesens ausmacht. Eine Grundhaltung also, und keine schlechte, aber damit geht nicht zwingend eine Vermittlungskompetenz einher. Im Endeffekt hängt es wohl auch heute noch vom Studenten selbst ab, welche Profs er als Prüfer wählt, ob er sich über die Pflichtveranstaltungen hinaus akademisch engagiert. Ob nun an der Uni oder sonstwo ... 
teacher antwortete am 26. Apr, 11:30:
Von der Ausbildung her sind meine KollegInnen alle Akademiker, weil sie universitäre Studien absolviert haben. Leider verlieren viele den Kontakt zur Wissenschaft, deshalb fordere ich eine ständige Weiterbildungspflicht für alle Akademiker. 
ska antwortete am 26. Apr, 19:57:
In Hamburg gibt es diese Weiterbildungspflicht (für Lehrer) inzwischen. Je nach Schultyp zwischen 30 und 45 Stunden im Jahr, glaube ich. Worin die Lehrer sich fortzubilden haben, wird allerdings nicht vorgeschrieben, es kann auch gänzlich berufsfremd sein (Qigong oder so z. B.). Zudem gibt es wohl Schulen (Schulleitungen) die das mehr oder weniger genau nachprüfen, habe ich in einer nicht repräsentativen Versammlung von 16 Lehrern zu hören bekommen. 
bonanzaMARGOT meinte am 25. Apr, 14:35:
offensichtlich werden nicht nur die schüler doofer, sondern auch die lehrer, die dozenten an den unis, die professoren ...
irgendwie seltsam. da ich nicht glaube, dass diese entwicklung aus der zukunft kommt, muss sie wohl oder übel von denen (mindestens zum teil) verursacht worden sein, die sie heute beklagen und anprangern.
oder man glaubt an sarrazin, der die genvermischung dafür verantwortlich macht. es gibt einfach zu viele blöde ausländer.
oder man glaubt daran, dass es an den kernkraftwerken liegt. zeitlich könnte das doch fast hinhauen.
oder gibt es vielleicht feen, zwerge und andere zauberwesen, die sich in unsere entwicklung einmischen?

oder haben wir den scheiß am ende selbst verschuldet??
aber woher denn? 
steppenhund antwortete am 26. Apr, 08:50:
Das sind große Zyklen, ...
die sich da abspielen. Wenn man in der Geschichte liest, (und ich mag an sich keine Geschichte) stellt man fest, dass es die gleichen menschlichen Eigenschaften waren und sind, die damals und heute Kriege ausgelöst haben.
Und genauso gab es Zeiten, in denen die Philosophie und weitere Geisteswissenschaften aufblühten und dann wieder Zeiten, in denen der Gegenausschlag gewann.
Die Jahrhunderte vom 6. bis zu, 10. nach Christus gelten als die dunklen. Da wurde nur gehauen und gefochten und auch die christliche Religion beschäftigte sich nur mit Unsinn. (Nachzulesen bei Bertrand Russell)
Im 3. Jahrhundert n.Ch. sprach man der Frau die Seele ab. Jetzt unter dem Einfluss des Kapitalismus kann man allen, sowohl Mann als auch Frauen in der Mehrzahl die Seele absprechen. Sie wurde vom Flachbildschirm und Reality-Shows weggewaschen. Denken ebenfalls ist out.
Im Großen und Ganzen ist das eine Folge, weil es uns gut geht und wir keine wirklichen Denkvorgänge mehr leisten müssen, damit wir überleben können oder den Traum eines Lebensstandards erfüllen können.
Das Leben ist heute "vom Glück abhängig". Gewinne ich, bin ich der beste Star, habe ich für ein Jahr ausgesorgt. Der Unterschied zwischen dem ersten und dem zweiten kann nicht durch Denken wett gemacht werden.
Wir sind heute anders als vor 60 Jahren. Es liegen zwei Generationen dazwischen. Die Bildungskluft hat sich vergrößert. Es ist nicht die soziale Kluft, welche sie verursacht. Es ist der Mangel an Erfordernis.
Ich sehe das jetzt aus erster Hand. In einem Land, das vor kurzem noch bombardiert wurde, sind die Leute freundlicher, pfiffiger und weit mehr an Bildung interessiert als bei uns.
Die Studenten sind in meinem Fach besser und deswegen habe ich jetzt dort eine Firma gegründet. Es macht mehr Spass, in diesem Umfeld Pionierarbeit zu leisten als in unserem gesättigten Österreich.
Wir selbst machen den Scheiß, ob man uns deswegen schuldig sprechen kann, steht in Frage? Sind wir schuld daran, dass wir Menschen sind? Liegt es nicht in unserer Natur, nie zufrieden zu sein? Sind wir zu dumm, zu erkennen, dass die derzeitige Form des Kapitalismus unsere Lebensenergie aushöhlt?
IST HALT EINFACH SO... 
teacher antwortete am 26. Apr, 13:53:
Ich erlebe meine Umwelt auch so: satt, denkfaul, selbstzufrieden. Wir leben vom Erbe - deswegen geht es uns - noch - gut. 
BIA (Gast) antwortete am 26. Apr, 15:01:
Menschen sind halt ein fehleranfälliges System. Dass wir uns eher nicht klug und weise verhalten, sondern den Weg des geringsten Widerstandes gehen, zeigt sich doch an 100.000 Beispielen. Deshalb vielleicht auch der menschliche Zug, sich ein System zu schaffen, dass einen auf Trab hält - die Religion zwingt Menschen dazu, aktiv zu bleiben statt bequem zu werden... 
bonanzaMARGOT antwortete am 27. Apr, 18:32:
ein großes problem ist doch wohl, dass immer mehr qualität bei erziehung, bildung und pflege erwartet wird, aber mit schwindenden resourcen gearbeitet werden muss. der administrative kopf wird größer, während man in der praxis vor überlastung, stress und demotivation nervenkrank wird oder den büttel hinwirft. 
teacher antwortete am 27. Apr, 19:04:
Ich glaube, dass höhere Qualität nicht wirklich erwartet wird, sie wird nur herbeigeredet. Der Schein, mit dem man Wahlen und Image gewinnen kann, zählt mehr als das Sein. Deshalb spielen die mangelnden Ressourcen keine wirkliche Rolle. 
BIA (Gast) antwortete am 28. Apr, 15:28:
@bonanzaMARGOT
Ja, und als zusätzliches Problem sehe ich, dass die guten engagierten Leutchen - oft Frauen - in Erziehung, Bildung und besonders der Pflege selbstausbeuterisch versuchen, noch das Letzte aus sich herauszuholen, um eine gewisse Mindestqualität zu erhalten. Klasse, denken sich dann die Verantwortlichen und der weniger abgeklärte Teil der Bevölkerung, passt ja eh, funktioniert ja alles, brauchen wir nicht weiter Geld hineinstecken oder uns weiter damit auseinandersetzen.
Und die Pflegekraft kriegt später das Burnout. 
bonanzaMARGOT antwortete am 28. Apr, 16:41:
ich komme mir manchmal vor wie das frontschwein in einem schmutzigen krieg. im hintergrund diskutieren die hohen damen und herren, die kapitalisten und offiziere über taktik, effizienz etc., und wir werden an der front verheizt, kriegen vielleicht einen orden für besondere tapferkeit ...
ehrlich, ich könnte kotzen. 
teacher antwortete am 28. Apr, 16:53:
Wir wissen hier wovon die Rede ist, aber warum glauben so viele unbeteiligte Menschen, dass wir nur raunzende Minderleister sind??? 
bonanzaMARGOT antwortete am 28. Apr, 17:08:
ja, auch ich kenne diese sorte menschen, die glauben, dass wir in der pflege nur kaffeetrinken. sie kommen wohl immer dann ihre alten besuchen, wenn wir pause haben ...
im ernst: vielleicht haben sie ein schlechtes gewissen, weil sie ihre eltern ins heim steckten. dummerweise passiert aufgrund des personalmangels, der ausbeutung und der permanenten überforderung wirklich manchmal gefährliche pflege ...
bei euch lehrern ist es ähnlich. ihr könnt den pädagogischen anforderungen oft gar nicht mehr gerecht werden. und schon schimpfen wieder einige über die faulen lehrer ...
ebenso kann eine unterbesetzte polizei ihren aufgaben kaum noch gerecht werden etc. etc.
man presst die menschen an der front so lange aus, bis sie nicht mehr können. und dummerweise haben gerade diese berufsstände keine große lobby in gesellschaft und politik. für viele menschen bin ich als altenpfleger doch nur ein arschputzer. wie oft höre ich den satz: "das könnte ich nicht machen ..."
tja, nur jammern hilft nichts. es müsste in den medien viel mehr offen über die mißstände berichtet werden und auch über die hintergründe. es werden teilweise übermenschliche leistungen erwartet. und dieser druck führt dann in meinem beruf dazu, dass die mitarbeiter(innen) in der dokumentation lügen. auf dem papier sieht dann alles schön und richtig aus. 
teacher antwortete am 28. Apr, 17:10:
Ich sehe immer mehr Parallelen zwischen unseren Berufen! 
bonanzaMARGOT antwortete am 28. Apr, 17:20:
hm. erst kürzlich war die heimaufsicht bei uns. die machten druck auf die pdl (pflegedienstleitung), und die gibt es an uns weiter. meist geht es um die ordnungsgemäße dokumentation. wer gut lügen kann, kann sich in diesem beruf ganz gut durchmogeln. man darf halt kein gewissen haben. es geht um die erfüllung der qualitätsstandards auf dem papier.
wenn all die, die sich diese ganze bürokratie einfallen lassen und umher fahren, um diese zu überwachen, direkt in der pflege am menschen mitarbeiten würden, wäre wirklich etwas geholfen ...
wir reden doch nur noch über qualitätssicherung und über die pflegeeinstufung der alten aber nicht mehr wirklich über die menschlichen erfahrungen mit ihnen. am liebsten wäre es diesen pflegetechnokraten, wenn ein mensch wie ein objekt zu pflegen wäre. es findet seit jahren eine schleichende entmenschlichung statt. 
teacher antwortete am 28. Apr, 17:49:
... dann kommen demnächst PISA-Standards für Pflegebedürftige auf euch zu. :-) 
bonanzaMARGOT antwortete am 28. Apr, 18:32:
früher oder später ist der wasserkopf so schwer, dass die füße nachgeben. und was dann passiert ... bildlich rollt dann alles in den abgrund. 
steppenhund meinte am 27. Apr, 09:27:
Schock
Gestern habe ich den Aufnahmetest für Anwärter auf das pädagogische Studium gesehen. Allerdings gibt es keine Konsequenzen beim Versagen. Weil es so wenige Anwärter gibt, werden trotzdem alle genommen. Beim Abschluss gibt es dann keinen neuerlichen Test. Und es gibt auch keine fördernden Massnahmen.
Allerdings sind die Personen mit Abschluss dann auch berechtigt, Deutsch zu unterrichten. (an der Hauptschule oder an der NMZ, wenn ich das richtig verstanden habe)
Der Aufnahmetest beinhaltet das Schreiben von 100 Worten und das Lesen eines Textes, um 15 Fehler ausfindig zu machen.
(Keine Fallen, wie man sie früher einmal eingebaut hat)
50% der Anwärter versagen bei dem Test. Das ist erschütternd.
-
Und in Zusammenhang mit dem Blogkontext möchte ich behaupten, dass keiner meiner Professoren mit dem Text Schwierigkeiten gehabt hätte. Also hat sich schon etwas geändert. Die Flachbildschirme scheinen auch unsere geistige Potenz zu verflachen! 
teacher antwortete am 27. Apr, 16:02:
Schock2
Das würde mich brennend interessieren - ist dieser Test öffentlich einzusehen?

P.S.: Leider muss wegen des Lehrermangels jede/r Bewerber/in tatsächlich aufgenommen werden - diese Absolventen werden unsere Kinder auf das Leben vorbereiten. Ich fürchte, die richtige Lehrerkatastrophe wird auf uns erst zukommen: Eine negative Selektion die kurz ausgebildet und schnell auf die Kinder losgelassen wird?! Huch, mich schüttelt's. Aber die Akademikerquote wird höher sein als je davor. Schock! 
steppenhund antwortete am 27. Apr, 16:48:
Ich glaube, im Juli darf ich ihn offiziell einsehen. Ein Kollege von mir unterrichtet an der Boku und ist irgendwie sehr stark auch mit Lehrerausbildung beschäftigt.
Der ist gestern total verfallen, wie er mir die ganze Sache geschildert hat.
Ich habe den Test gesehen. Aber ehrlich: nichts Hochgestochenes.
Es wird ein Drama. Du hast vollkommen recht. 
deprifrei-leben antwortete am 27. Apr, 18:21:
Zu SvenK
In Deutschland gibt es schon Diskussionen die Ausbildung zum Erzieher an einer Fachhochschule anzubieten. In den meisten Bundesländern wird mittlerweile für die Ausbildung zum Erzieher Fachabitur oder eine vorherige Ausbildung als Kinderpfleger oder Sozialhelfer verlangt. Das Niveau ist gestiegen. Kindergärtner trinken längt nicht nur Kaffee, sondern sollen bei der frühkindlichen Förderung wichtige Vorarbeit für Grundschullehrer bieten.
Das Einzige was wohl die Regierung davon abhält die Ausbildung zum Erzieher an einer Hochschule ausschliesslich anzubieten, ist das Kindergärtner weniger bezahlt werden müssen. 
teacher antwortete am 28. Apr, 08:28:
Kindergarten
Je jünger die Kinder, desto heikler die Unterrichtsarbeit. Wer z.B. eine Fremdsprache vor 7 Jahren lernt, der behält diesen Akzent bei. Deshalb sollten die besten Englischlehrer im Kindergarten sein!!! 
tina (Gast) antwortete am 28. Apr, 09:19:
Wirklich Englisch*LEHRER*? MMn fangen 3-4jährige mit jemand, der ihnen erklären kann was die past perfect tense ist, wann man sie anwendet und über englischsprachige Literatur wiss. Arbeiten schreiben kann - und das alles auch noch in Britisch-Englisch (auf der Welt eher irrelevant) - nicht viel an. In dem Alter lernt man eine Sprache doch nicht so theoretisch, sondern durch nachplappern.

Da wäre jede native-amerikanische Person ohne Ausbildung, die einfach halbwegs mit Kindern umgehen kann die bessere Wahl.

Zum Thema zitieren: mein begrenztes Sample ergibt folgenden Eindruck: all meine Kollegen in MINT-Fächern haben zwar große Literaturlisten in ihren Diplomarbeiten und Dissertationen, aber zwischen den Zitaten überwiegt doch *bei weitem* der eigene Text. Liegt vllt. auch daran, daß die Leute (va. bei der Diplomarbeit) noch selbst ein "Werk" erstellen mussten, zb. einen Prototypen bauen/programmieren, einen neuen math. Beweis führen etc.

Über den Sportverein kenne ich auch Leute aus anderen Disziplinen (BWL, GeWi) und als mich die später um Hilfe bei ihren Arbeiten gefragt haben (weil ich meine schon hatte) konnte ich ihnen kaum eine sein - es wurde wirklich hauptsächlich eine Aneinanderreihung von Zitaten mit Textkrümeln dazwischen erwartet. Fand ich auch bescheuert - da schreibt wer eine DA und es ist kein Platz für eigene Gedanken. Bei den MINT-Studis ist dagegen eher der Kritikpunkt, daß man aufpassen muß, daß es nicht zu sehr in Richtung "Meisterstück" geht und die Leute sich genug Literatur ansehen (zumindest bei den DAs, weniger bei der Diss). 
teacher antwortete am 28. Apr, 13:01:
Das Optimum: ein native teacher.

Es reicht aber nicht, fremdsprachig zu sein, man muss die Strukturen der Mutter- und der Fremdsprache explizit verstanden haben, um das richtige Niveau, das richtige Register etc. zu finden und die richtigen und wichtigen Korrekturen einzuleiten. 
Hagenberg FH (Gast) meinte am 28. Apr, 19:44:
Volle Zustimmung
QUOT
"Das war der Wunsch meiner Betreuerin", höre ich. "Ich soll nicht selbst denken, ich soll nur die Gedanken der anderen sammeln und zur gestellten Forschungsfrage korrekt widergeben."
QUOT

Ich kann nur sagen, dass an der FH Hagenberg derzeit ein Autor mehrerer Fachbuecher, dutzender Fachartikel und kommerziell erfolgreicher Software nach diesem Schema arbeiten muss und in einem brandneuen Thema erst eigene Erkenntnisse einbringen darf, wenn er sie vorher in einer Zeitung (print, natuerlich) veroeffentlicht.

Unser Schul- und Universitaetssystem ist ein Stall. Ich sage immer, dass die ersten Worte, die mein Sohn lernen wird Ni Men Hao sein wird - denn dort sitzen unsere zukuenftigen Herren... 
Ich kann schon Malen! ;) (Gast) meinte am 17. Jul, 13:09:
Wer bespricht eigentlich soziale Brüche zwischen...
Kindergarten, Volksschule und Gymnasium/Hauptschule. Vielleicht sind diese mit zum Teil verantwortlich für die absurde Wahrnehmung der Lehrer durch ihre Schüler. Ev. wäre das mal zu thematisieren. 
 

twoday.net AGB

xml version of this page

powered by Antville powered by Helma