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cotopaxi

 
Fahren wir, wenn alle fahren: Einkaufen am Samstag.
Ich rolle mit dem Auto auf den Parkplatz des Supermarktes, mitten auf der Straße stolzieren provokant zwei junge Herren ganz in schwarz. Ich fahre links vorbei auf den nächsten freien Platz und steige aus.
"Sie hätten uns bald umgeführt!", geht mich einer der beiden Jünglinge vorwurfsvoll an.
"Ah geh, da waren noch Kilometer Platz", will ich die Affäre kurzerhand abdrehen und gehe weiter.
"Du kannst Kilometer meine Faust kennenlernen", kommt da vom 100-Kilo-Typ mit dem Babyface entgegen.

Da breche ich spontan in Lachen aus, ich kann nicht anders.

Für einige Zehntelsekunden stehen wir Aug in Aug auf dem Asphalt wie Duellanten im Morgengrauen. Ich sehe seine kurz geschorenen dunklen Haare, seine südländisch gebräunte Haut, seine kindlichen Äuglein im übergewichtigen Antlitz. Er fühlt sich durch mein Lachen provoziert, er muss seinem Begleiter Stolz und Mut beweisen und er checkt seinen mittelalterlichen Gegner ab.

Ich fühle mich herausgefordert, ich bin versucht, den starken Mann heraushängen zu lassen ... aber gehe gelassen weiter, werfe das leere Bierfass in den passenden Müllcontainer. Erst beim Umdrehen stelle ich dankbar fest, dass mir die beiden nicht gefolgt sind.

Jetzt verstehe ich meine Schüler besser, die von bedrohlichen Situationen in Parks, vor Pubs und in den Discos erzählen: "Hey, Arschloch, Zigarette?"
Es reicht nicht zu sagen: "Ist doch nichts passiert." Oder: "Geht doch zur Polizei."
Anpöbeln, eine Bedrohung ist ein unangenehmes Gefühl, eines, das tiefe Kerben ins Gemüt schlägt. Sie verändert die Einstellung zu einer ganzen Bevölkerungsgruppe, verstärkt latent vorhande Vorurteile. Ich spürte den politischen Rechtsruck der Jugendlichen am eigenen Leib.

Sicherheit im öffentlichen Raum ist ein hoher Wert und selbst unbedeutende negative Erfahrungen zeitigen massive Konsequenzen - Meine soziale Chaostheorie.
SvenK (Gast) meinte am 11. Okt, 15:49:
Bierfass?
Ist das wieder son Bergwort, oder trinken Sie beim Autofahren? Und wenn Sie schon kräftig genug sind, ein Fass (und sei es ein leeres) lässig irgendwo hineinzuwerfen, wieso machen Sie sich dann Sorgen?

Gruß aus Köln,

Sven 
emu (Gast) antwortete am 11. Okt, 16:15:
Ich nehme an, es sind 5-Liter-Partyfässer aus Weißblech gemeint, die Teacher vorbildlich in den dafür vorgesehenen Container entsorgt hat. 
SvenK (Gast) antwortete am 11. Okt, 16:58:
Das sind keine Fässer, sondern Dosen "für den großen Durst". ;) Trotzdem danke für die Aufklärung. 
teacher antwortete am 11. Okt, 19:56:
Dosen mit 5 Liter?
Deshalb sind die Deutschen Weltmeister (im Biertrinken). 
Mandros (Gast) meinte am 11. Okt, 16:54:
reaktion = egal
Das Problem:

Egal was man macht in so einer Situation, es ist sowieso erstmal falsch und zweitens wahrscheinlich auch noch beleidigend. Ist jedenfalls auch teilweise meine Erfahrung. Oder andersherum gesagt : "Wenn XY dir auf die Fresse hauen will findet er nen Grund" Kurze "Lunte"(sprich blanke nerven und ähnliches) verschlimmern solche Situationen noch genauso wie "Kulture"die Gewalt als probates Argument nicht verstößen.

Man sollte in solchen Situationen überlegen: Gibt es Zeugen(wenn ja, nicht zuschlagen aber auch nciht zusehr getroffen werden, wenn nein aufpassen)? Kampf oder Flucht effizienter(z.b. in der Menschenmenge untertauchen bzw. Geschäft)

Is scho schitt wie meine Tante sagen würde 
teacher antwortete am 11. Okt, 20:07:
Richtige Reaktion = Flucht.
Aber da lässt man/n seinen Stolz im Straßengraben liegen und überlässt die Straße dem Pöbel. 
gulogulo antwortete am 11. Okt, 20:32:
vergiss den stolz. nach dem vorfall von münchen vor einem monat könnte man es auch so sehen: lieber eine sekunde lang feig als ein leben lang tot. 
teacher antwortete am 11. Okt, 20:58:
Feigheit ist keine große Tugend, sie schmerzt von innen mehr als ein paar blaue Flecken von außen. 
mandros (Gast) antwortete am 13. Okt, 20:16:
ach Feigheit ist schon eine Option ..
schließlich soll man die Gewalt nicht in die eigene Hand nehmen, doch das Problem ist das es auch Situationen geben mag in denen man nicht abhauen kann, aus welchen Gründen auch immer. Was dann ? Selbstverteidigung denke ich mal ... trotzdem scheiß entscheidung 
teacher antwortete am 13. Okt, 21:18:
... und ich musste in Zehntelsekunden entscheiden (eigentlich war es eine unbewusste Spontanreaktion). 
Gregor (Gast) meinte am 11. Okt, 18:41:
wozu das?
Diese Erlebniserzählung mit anschließender individueller PseudoSozialAnalyse scheint mir ungeeignet, das Problem der Verrohung der Gesellschaft zu besprechen. Dass besonders Jugendliche, die ihre Stellung in der globalisierten Welt der Erwachsenen nicht finden können, weil die globalisierte Welt ihnen keinen Ort bereitstellt, an dem diese sich einzurichten beginnen können, ist doch ein Problem, dass sich in der ganzen Welt beobachten lässt. Dabei gibt es doch bereits viele eindrucksvolle Vorschläge aus der Sozial- und Erziehungswissenschaft, wie man hoffnungsvoll diesen jungen Menschen (und zwar möglichst allen!) einen Weg zeigt, ihren Frust "sozialverträglich" abzubauen.
Erst wenn Politik bzw. Gesellschaft richtig Geld in die Hand nimmt und damit Schulen, Ausbildungsplätze u. Ä. so ausstattet, dass (Aus-)Bildung nach modernen Erkenntnissen möglich ist) und den Jungen danach auch Arbeitsplätze in ausreichender Zahl zur Verfügung stellt, kann dieser Bedrohung durch Verrohung erfolgreich begegnet werden. (siehe dazu auch die engagierte Kommentation des "Bäcker-Brötchen-Themas" neulich.) Wenn das nicht geschieht, dann befürchte ich (und viele meiner Kollegen) auch hier bald amerikanische Verhältnisse. Mit "Chaos" hat das m.A. nach nichts zu tun. 
Mathias Baumgart (Gast) antwortete am 11. Okt, 19:13:
Was soll die "globalisierte Welt" mit dem unguten Verhalten von Jugendlichen zu tun haben?

Und glauben Sie wirklich, noch mehr Staatskohle ins öffentliche Schulsystem zu stecken, bei dem es an allen Ecken und Enden krankt, ist eine Allzwecklösung? 
teacher antwortete am 11. Okt, 20:03:
Ich war plötzlich und völlig überraschend mit Gewaltprovokation konfrontiert und der gesellschaftliche Hintergrund war mir völlig wurscht - so geht es täglich tausenden Mitbürgern, jungen mehr als älteren. Wenn mich jemand fragt, warum Rechtspolitik, die auf Sicherheit und Ausländerfrage setzt, so erfolgreich ist, erzähle ich diese Geschichte. Soziologische Studien prallen dann völlig ab. 
Gregor (Gast) antwortete am 11. Okt, 22:26:
wozu das?
als ich die ersten Reaktionen auf den Beitrag von teacher las hatte ich ein doofes Gefühl, als wenn gleich die Glatzen kommen und "genauuuu!" rufen. Warum sich nicht dafür engagieren, die beste Politik für Bildung und Arbeit zu fordern. Dass das Geld kostet, ist doch keine Frage?! Wenn man mal ins Ruhrgebiet guckt und sich dort den Zustand von Bildungseinrichtungen ansieht, dann kann man sicher nachvollziehen, dass sich die Jugendlichen nicht wirklich ernstgenommen fühlen. Aber der Landtag ist neu und wird ständig umgebaut, die Bez._Reg. arbeitet in schicken Glasgebäuden und der Ministerpräsident hat im Stadttor ein tolles Ambiente. Ich glaube, dass ein "nettes" Umfeld für Lernen und Ausbildung ganz brauchbar für die Motivation ist. Dass es ein Allheilmittel sei, habe ich nicht behauptet. 
Peter (Gast) antwortete am 11. Okt, 22:43:
Träume
Liebe Träumer,

hier und auch beim "Brötchen"-Thema:

Euren Traum finde ich schön und teile ihn, dass für einen Umbau des Bildungssystemes einiges an Geld in die Hand genommen werden sollte.

Ich möchte euch aber bitten, euch dessen bewusst zu werden, dass das ein Traum bleiben wird, zumindest auf absehbare Zeit. Also gilt es eher, den Bildungsministern zu folgen (nicht weil's gut ist sondern weil man keine andere Wahl hat), und ausschliesslich über kosteneutrale Lösungen nachzudenken.

Traurig, aber wahr!

LG 
ich (Gast) antwortete am 12. Okt, 16:06:
@Mathias Baumgart:

Wie lautet denn Ihr Vorschlag? Gar keine "Staatskohle" mehr für die Schulen? 
fedor (Gast) meinte am 12. Okt, 09:51:
Dieses Gesindel ist feig-der unbedingte Wille,sich zu verteidigen,zeigt immer Wirkung.Allerdings muß man selbst auch etwas tun.Ich habe mein Selbstverteidigungstraining auch nach dem 60er immer noch fortgesetzt.Der Fall in München ist tragisch,handelten aber mehr Leute so,käme es nicht zu diesen Vorfällen,denn siehe oben! 
teacher antwortete am 13. Okt, 21:17:
Ich will mich nicht körperlich verteidigen müssen - aber für gute Worte waren die Umstände nicht geeignet. Ich war auch zu überrascht, von einem fast Minderjährigen bedroht zu werden ... 
Mandros (Gast) antwortete am 14. Okt, 01:57:
-.-
nicht nur du,

ich auch wobei es damals bei mir ausserhalb der Disco zwei Glatzen waren.

Und ja man erwartet immer noch von "minderjährigen" Respekt, doch (wie man so liest und hört --> Medien) sehen sich viele "Minderjährige" als Erwachsene. Nur wie bringt man den Unterschied zwischen sein und schein lehren... 
ek1780 (Gast) meinte am 14. Okt, 08:37:
Ich lese nachdenklich... kann es sein, dass du deine Authorität als Lehrer schon als so normal empfindest, dasss du so eine Situation als bedrohlich erlebst? Wir wohnen im selben Land, sind vermutlich in einem ähnlichen Alter. Ich bin in den 70iger Jahren in der Bundeshauptstadt in eine öffentliche Schule gegangen. Anpöbelungen gab es damals schon. Von Ausländern wie von Inländern. Allerdings hatten wir bei weitem mehr Inländer in der Klasse/Schule.
Die Worte waren andere, die Aktionen, wie du sie beschrieben hast, gleich. Als Betroffener hat man immer nur 1/100 Zeit, sich zu entscheiden. Auch daran hat sich nichts geändert. Warum also der Hinweis auf den rechtspolitische Druck?
Es hätte vermutlich völlig gereicht, zu sagen "Entschuldigung, hab ich falsch eingeschätzt" - die beiden haben dich wohl nicht ganz ohne Grund angesprochen. Ihren Eindruck aber mit den Worten "aber geh" abzutun, kann durchaus als Provokation gewertet werden. Wie würdest du dich fühlen? 
Jogurtbecher (Gast) antwortete am 14. Okt, 10:23:
Versteh ich richtig?
Völlig unprovoziertes anpöplen ist also eigentlich schuld des Opfers?
Tut mir leid aber das hört für mich nach einen ziemlich naiven Menschenbild an.
Wieso muss ich mich als völlig unschuldiger anpöpeln und bedrohen lassen? Und dann soll ich auch noch selbst daran schuld sein?
Genau diese Einstellung hat doch dazu geführt das Jugendliche keinen Respekt mehr haben und gerade solche meinen das sie sich dann alles erlauben können.
Wieso sollte sich Teacher für nichts! entschuldigen? Was kommt als nächstes? Gib deine Brieftasche weil du hast uns angesehen? 
ek1780 (Gast) antwortete am 15. Okt, 01:19:
:-)
ich geb dir recht, wenn teacher tatsächlich völlig unschuldig angepöbelt worden ist. Aber weder du noch ich waren dabei. Möglich wäre es, dass die beiden sich von teacher und seiner Fahrweise angepöbelt fühlten - who knows?
Und ganz ehrlich - woher sollen Jugendliche Respekt lernen? Geh einfach nur mal im Straßenverkehr mit offenen Augen durchs Leben. Ich wette, du und ich haben uns häufig genug respektlos verhalten, auch wenn Kinder und Jugendliche dabei waren.
Ich mag nur weder populistische Verallgemeinerungen noch ständig den Wink mit den Rechten. Wo Menschen sind, menschelt es. Ein bisschen mehr aufeinander zugehen schadet uns allen nicht. 
Jogurtbecher (Gast) antwortete am 15. Okt, 10:36:
;-)
Ich versteh schon was du meinst, aber man kann sich auch unbedingt angepöpelt fühlen. Habe selber ein paar Jahre in Frankfurt gelebt und hautnah mitbekommen das bloße Anwesenheit für manchen Jugendliche schon ein Grund zum Pöpeln ist.
Respektvolles Verhalten lernt man im Elternhaus und aus seinen Peergroups. Natürlich hat die Gesellschaft dort mit Anteil, aber muss ich mich deswegen anpöpeln lassen?
Und solange bin ich noch gar nicht aus den Alter von Jugendlichen raus so dass ich weiß das man auch anständig werden kann selbst wenn die Gesellschaft einen ein anderes Bild vorlebt. 
teacher antwortete am 16. Okt, 16:35:
Ich habe mich provoziert gefühlt - nicht im Entferntesten hätte ich mich auch noch entschuldigt.
Dann habe ich meine Gefühle reflektiert und siehe da, ich habe meine SchülerInnen, die zu 50 % rechts wählen (vor 10 Jahren haben 50 % hier grün gewählt), verstehen können: Kleine, persönliche Erlebnisse zählen viel mehr als große politische Ideale. 
ek1780 (Gast) antwortete am 16. Okt, 21:57:
dein subjektives Empfinden...
... ist dein subjektives Empfinden. Du hast dich provoziert gefühlt und klarerweise keinen Drang verspürt, denen durch eine Entschuldigung den Wind aus den Segeln zu nehmen. Aber dem Schluß daraus, rechts zu wählen bzw. das verstehen zu können, konnte ich noch immer nicht folgen.

Ich fühlte mich heute - sehr eilig zwischen Terminen - in der Wiener City bei eisigem Wind und Regen durch einen Busfahrer, der cool lächelnd die Tür, die vor meiner Nase zuging, eben nicht mehr öffnete, noch 5 Sekunden stehenblieb, mich dabei "anlächelte" und dann erst los fuhr, durchaus provoziert. Ich war zornig und wütend, komme aber nicht auf die Idee, rechts zu wählen. Und ganz ehrlich, seine Herkunft bzw. die politische Richtung seines Arbeitgebers war mir völlig egal, er hat sich einfach unnötigerweise besch*** verhalten. Ein kleines, persönliches Erlebnis. 
teacher antwortete am 17. Okt, 12:26:
Fein.
Ich habe in meinem Artikel gestanden, dass ich nicht so über den Dingen stehen konnte und vermute, dass es so vielen (meiner SchülerInnen) geht. Ich versuche, deren Rechtsruck intelektuell nachzuvollziehen ... und plötzlich hatte ich ein emotionales Aha-Erlebnis. 
amadea (Gast) meinte am 16. Okt, 15:06:
zeig ihnen auch den faust
Na, das nächste Mal zückst du deinen Faust und rufst: Der Worte sind genug gewechselt, lasst mich auch endlich Taten seh'n. 
teacher antwortete am 16. Okt, 16:40:
Ich habs nicht so mit den Artikeln: die Faust, der Faust - mir graust. 
tonja (Gast) meinte am 16. Okt, 16:02:
ich freue mich auf..
.. deinen bald folgenden eintrag zu http://orf.at/091016-43711/index.html
teacher antwortete am 16. Okt, 16:50:
Ich weiß nicht, wer wo abschreibt (APA?), der Artikel liegt auch auf krone bereit:
http://www.krone.at/krone/S32/object_id__166555/hxcms/index.html

Wer die Schulverhältnisse kennt (Arbeitsplatz, Lärm, Respektlosigkeit etc.) wird diesem Gewerkschaftsvorstoß zustimmen können. Was dabei untergeht: Es sind vor allem die Kinder (90 % sind nett, gut erzogen und leistungswillig), die zu schützen sind (Lärm!, Gewalt! Mobbing! etc.) und von den geforderten Konsequenzen profitieren würden. 
.peter (Gast) meinte am 19. Okt, 00:42:
Naja, naja ... Rechtsruck gerechtfertigt?
Pöbeleien von Jugendlichen gegen Erwachsene, insbesondere von Unterschichtenkindern und -jugendlichen, dass ist doch super alt.

Da kann man Gefahr laufen, dieses Verhalten fälschlicherweise auf bestimmte Bevölkerungsgruppen zu projezieren.

Immer locker bleiben, ist meine Devise. Ein Wortduell zu verlieren ist mir weniger schmerzhaft als eine trainierte Faust ins Gesicht zu bekommen. 
lehrerin (Gast) antwortete am 26. Okt, 16:41:
bedrohliche chaostheorie
ich bin auch lehrerin. wenn man in der situation ist, muss man ziemlich schnell versuchen, deeskalierend zu reagieren. natürlich kann man jetzt so gemütlich im Zimmer sagen: Ja, da hätte man,.....

ich denke, du hast in der situation offenbar genau richtig reagiert, sonst hätten die burschen ja zugeschlagen. Ein Lachen wirkt offensichtlich immer noch befreiend und nicht immer provozierend. 
 

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