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cotopaxi

 
An der Stirnseite des Lehrerzimmers tauchen zwei dunkelhäutige Männer mit Plastiksäcken auf. Sie packen bunte Rollen Seidenpapier aus und suchen unsere geschätzte Aufmerksamkeit.

Die Lehrer kramen in ihren Sachen, laufen vom Arbeitsplatz zu den Postfächern zu den Kopierern zu den Computern zu den Unterlagen, zur Kaffemaschine ... Die beiden Herren erhaschen höchstens mitleidige Blicke, als sie beginnen aus dem Buntpapier lustige Blumen zu zaubern. Es läutet und wir hasten in die Klassen.

Nach zehn Minuten - die Wiederholung der letzten Stunden neigt sich zu Ende - klopft es schüchtern an der Tür. Einer der Herren, dessen Hautfarbe seinem Anzug gleicht, tritt unterwürfig ein:
"May I ..." und drückt mir ein Dokument, das angeblich von der indischen Botschaft stammt, in die Hand. Schon steht er an meinem Tisch und macht sich mit bloßen Händen und einer rostigen Schere an die Arbeit. Er stammelt zehn englische Worte dazu und im Nu hängen bunte Girlanden und Blumen in der Klasse. In meinen Händen landet eine Lotosblüte, in meinen Augen sein flehender Blick.

Die Kinder klatschen und staunen, wie er mit einfachsten Mitteln schöne Dinge bastlen kann.

Bevor wir zum Überlegen kommen, wie wir den Papierkünstler höflich verabschieden können, hält er bereits eine gedruckte Anleitung ins Publikum und streckt drei Finger in die Luft.
Ich übersetze den Kindern: "Für drei Euro könnt ihr die Broschüre kaufen."

Uninteressant.
Langweilig.
Fad.

Ich raffe mich auf.
"Wisst ihr was? Wir spenden ihm für jede gebastelte Blume einen Euro. Wer will meine haben?"
Plötzlich steht ein Dutzend Kinder neben mir.
"Ahh, Sir, could you make some more flowers?"
Wir schauen ihm neidvoll auf seine flinken Finger, die alle 30 Sekunden eine neue Blüte in zahlende Kinderhände entlassen.

Schlussendlich bleiben mir noch 5 Minuten Unterricht.
"Was haltet ihr von dem Mann? Warum macht er so einen Job?"
Darüber könnten wir noch Stunden reden.


Seidenbilder
Nachtblau meinte am 22. Mai, 22:05:
Sowas ist bei euch erlaubt? 
Simon Columbus (Gast) antwortete am 22. Mai, 22:21:
Das jemand unangekündigt kommt finde ich auch seltsam - aber ich erinnere mich, da war mal so ein Typ aus Indien da. Warum der so einen Job macht - ich glaube, das habe ich mich damals auch gefragt. Wahrscheinlich, weil er Geld braucht. 
teacher antwortete am 22. Mai, 22:35:
@ Nachtblau: Weder erlaubt, noch verboten. Die Leute haben gelernt, dass in Schulen sozial denkende Spender leben. Keiner will sie hochkant rausschmeißen. 
teacher antwortete am 22. Mai, 22:37:
@S.Columbus: Klar, die verdienen ganz nett. In meiner Klasse rund 20 Euro in 20 Minuten Umsatz, macht rund 15 Euro Gewinn. Stuerfrei. Mehr als ich. 
caretta caretta antwortete am 22. Mai, 23:14:
Damit wäre die Frage, warum sie so einen Job machen ja schon beantwortet...:-)
Ich hätte die Befürchtung, dass ihr sie früher oder später ziemlich deutlich und nicht konfliktfrei rauswerfen müsst, weil ihr sonst nicht mehr dazu kommt, normalen Unterricht zu halten. 
teacher antwortete am 23. Mai, 08:29:
Es passiert nur zwei Mal im Jahr. Aber ich fürchte, dass sich diese Geldquelle herumsprechen wird. 
gulogulo antwortete am 24. Mai, 08:25:
schau mal, ob es an der schultür oder in der nähe irgendwelche zeichen gibt. 
teacher antwortete am 24. Mai, 09:07:
Zumindest habe ich keine Blumen gesehen :-) 
Budenzauberin meinte am 23. Mai, 07:50:
Mich wundert es etwas, daß heutzutage scheinbar "einfach so" Männer mit Plastiktüten ins Lehrer- und Klassenzimmer spazieren können.
Unserer Schulleitung hätte die hochkant rausgeworfen hinauskomplimentiert, aber wahrscheinlich hätte sie nicht mal das gemacht, sondern ihrer Sekretärin überlassen.
Und meiner Meinung nach hat das auch nichts im Unterricht zu suchen, und schon mal gar nicht, wenn da was verkauft werden soll.
Der Wisch von der Botschaft (so er denn überhaupt echt sein sollte) wird wohl eine ganz normale Arbeitserlaubnis sein. Daß die Männer damit dann in Schulen spazieren dürfen, um größtmögliche Mengen von potenziellen Abnehmern zu finden, steht sicher nicht im Kleingedruckten.
Ich stehe solchen Dingen und Menschen sehr skeptisch gegenüber, ja. 
teacher antwortete am 23. Mai, 08:34:
Ich möchte es nicht dramatisieren, sondern pädagogisch nutzen.

Waum schmeißt sie niemand raus?
Weil sich niemand zuständig fühlt. Ins Sekretariat gehen sie gar nicht mehr, sondern direkt zu den Lehrern oder Schülern. Manche lehnen sofort ab, andere packt das Mitleid. Ich bespreche Armut, Arbeitswelt ... und den Kindern bringen sie eine angenehme Abwechslung. Die paar Euro können wir uns leisten, oder? 
alexius antwortete am 23. Mai, 08:51:
skeptisch
S.g. Budenzauberin. Und wie stehen Sie Sponsoraktionen großer Konzerne in Schulen/Kindergärten gegenüber? 
Budenzauberin antwortete am 23. Mai, 09:39:
@Alexius:
Was, bitte, hat das denn mit irgendwelchen papierblütenbastelnden Leuten zu tun, die anschließend ihre Bastelanleitung für überteuertes Geld an Kinder/ Jugendliche verkaufen wollen?

Haben Sie ein Beispiel für solche Sponsoraktionen? Ich würde nämlich behaupten, daß es an unserer Schule und Kindergarten (wohlbemerkt kann ich nur für die sprechen, die von meinen Kindern besucht werden und bei denen ich selber mitarbeite) nicht solche Aktionen gibt, wie Sie sie wahrscheinlich meinen.

@Teacher:
wenn ich wollen würde, daß meine Kinder im Unterricht lernen, wie man Papierblüten bastelt, würde ich Sie auf eine Waldorfschule schicken.
Und wenn ich wollte, daß meine Kinder in ihrer Freizeit Papierblüten basteln, dann melde ich sie in einem Kurs an, bei dem ich weiß, an wen ich und vor allem wofür ich Geld bezahle.
Aber ich erbitte mir, daß solch dubiose Geschäfte von meinen Kindern im Unterricht ferngehalten werden!
Ich finde, man kann sowas wie das von Ihnen beschriebene nicht nur auf "ein paar Euro, die uns nicht weh tun" reduzieren, sondern da spielen m.E. mehrere Dinge eine Rolle.
Und es fängt nun mal damit an, daß nicht jeder "Unbefugte" einfach so in Lehrerzimmer und Klassenräume zu spazieren hat, auch wenn er noch so höflich anklopft. 
alexius antwortete am 23. Mai, 10:49:
Beispiele
Also McDonalds hat in Österreich in Kindergärten Ernährungsaufklärung betrieben. Mit Unterstützung des Unterrichtsministeriums. In vielen Schulen hängen Werbeplakate von Pharmafirmen, u.ä.

Hier wird mit der Beeinflussung von Schülern Geld gemacht. Hier sehe ich auch die Parallele zu der Blumenfaltaktion.

Jetzt persönliche Präferenzen hintangestellt, wem man sein Geld lieber gibt, finde ich den Ansatz von *teacher* einfach gut, eine solche unerwartete Einmischung in seinen Unterricht nicht einfach abzudrehen, sondern etwas daraus zu machen. Die Kinder werden es ihm eines Tages danken!

Sie schreiben: "die anschließend ihre Bastelanleitung für überteuertes Geld an Kinder/ Jugendliche verkaufen wollen?"

Ich möchte Sie nur darauf aufmerksam machen, dass dabei kein Unterschied zu völlig überteuerten Zuckerwässern, Zuckerkugeln, usw. besteht, die Ihren Kindern jeden Tag vor die Nase gehalten werden. Sie akzeptieren das Eine weil es von Ihnen für Normal und OK gehalten wird, und lehnen das andere ab, weil es außerhalb dieser allgemein anerkannten Norm steht. Obwohl es das Selbe ist. So einer Einstellung stehe wiederum ich skeptisch gegenüber. 
Nachtblau antwortete am 23. Mai, 10:54:
Bei uns in Deutschland ist solche Einflussnahme in der Schule ich glaube sogar verboten, und das ist gut so. Schule muss neutral sein, da hat Productplacement nix zu suchen. Und ich würde es mir auch verbitten, dass sowohl in meiner Unterrichtsklasse als auch in der Klasse meiner Kinder auf Betteltour gegangen wird. 
Budenzauberin antwortete am 23. Mai, 12:38:
@alexius:
Wie Nachtblau bereits erwähnte, ist es in Deutschland verboten, und darüber bin ich auch froh! Jedoch verschieben sich da seit einigen Jahren die Grenzen zwischen Sponsoring und reiner Werbung. Sponsoring ist insoweit OK, als daß es der Unterrichtsentwicklung dient. Es unterliegt der Schulleitung, inwieweit sie Sponsor-Spenden annimmt und in den Unterricht/ die Schule einfließen lässt.
Sehr schöner Artikel dazu hier, vor allem folgende Aussprüche vom Schulleiter und Sponsoringexperten Schorlemmer:
"Alle Maßnahmen, bei denen Schülerinnen und Schüler als Zielgruppe missbraucht werden, sollte man nicht in die Schule lassen. Aus pädagogischen Gründen nicht und aus grundsätzlichen Erwägungen nicht." und
"Wenn man sich die zum Teil verheerenden Wirkungen ansieht, die heute Medien und Werbung bei Kindern haben, dann muss man das pädagogisch einbremsen. Das ist kein Input für Schulentwicklung und das ist für mich der Kernpunkt. Sponsoring muss den Unterricht, die Schulentwicklung, das soziale Lernen, die Fachqualifikation weiter bringen und wenn das Partner tun, dann ist das fruchtbar. Sonst ist es ein Ausnutzen von Schule und da bin ich strikt dagegen."

Dem ist nichts hinzuzufügen.

Erst recht nicht Ihrer Unterstellung, ich würde akzeptieren, was meinen Kindern tagtäglich an bewußter und unbewußter Werbung vor die Nase gehalten wird - Sie können weder wissen, was ich für normal und OK befinde, noch wissen Sie, wie ich meine Kinder "erziehe". Nur soviel: all meine 3 Kinder haben kein einziges Kleidungsstück eines sogenannten "Markenlabels", und mein mittlerweile fast 20-jähriger Sohn legt noch heute keinen Wert darauf, obwohl er es sich mittlerweile selbst finanzieren könnte.
Sie dürfen meiner Meinung gerne skeptisch gegenüberstehen.
Ich tue es Menschen gegenüber, die zu wissen glauben, was andere denken & tun, auch. :-)

@Nachtblau: Yep! 
teacher antwortete am 23. Mai, 13:50:
In Österreich ist Werbung in der Schule nicht nur erlaubt, sondern sogar erwünscht. Überall hängen z.T. dreist-dumme Plakate herum, werden Proben verteilt, sogar ein Videobeamer beim Schulbuffet erinnert uns daran, was wir kaufen und wo wir unser Geld ausgeben sollen.
Schulen, die es schaffen, Sponsorgelder aufzutreiben ("sich verkaufen können") werden uns als Vorbilder unter die Nase gerieben. Tolles Projekt powered by ....
Ich hab auch schon Schulfeste gesehen, wo eine Bierfirma ihren Saft als Hilfe gespendet hat!
Da bin ich schwer dagegen, aber der Direktor muss aufs Geld schauen.
Lieber lasse ich zwei Menschen Papierblumen in der Klasse basteln oder lade Straßenmusiker ein, ihre Lieder vor Schülern zu spielen. Ehrliche Arbeit, übrigens. 
lillybet antwortete am 23. Mai, 14:15:
das problem, das ich sehe...
wurde schon weiter oben besprochen. es wird sich herumsprechen....und mir wäre als elternteil unter umständen nicht wohl, wenn ich weiß dass da irgendwelche leut beim schultor reinspazieren und KEINER fühlt sich zuständig. ich hätt vielleicht ein mulmiges gefühl, weiß auch nicht...

aber schön sind sie, die papierblumen. 
Simon Columbus (Gast) antwortete am 23. Mai, 22:15:
Zum Thema dreist-dumme Werbung:

EIn Freund erzählte mir, an seiner Schule wolle die Brauerei Krombacher (die hier in der Nähe beheimatet ist) den Neubau der Mensa sponsorn - im Gegenzug solle dort ein (großformatiges) Plakat des Unternehmens aufgehängt werden.
Das so etwas verboten ist, versteht sich doch wohl von selbst. Wenn Konzerne Schulen und Kindergärten als Plattformen für ihre Propaganda nutzen können - in den USA ja noch weit extremer als hierzulande - dann darf man sich nicht wundern, wenn der Ernährungskundeunterricht unter dem großen "M" nicht die erwünschten Lehrerfolge bringt. 
Sternenstaub meinte am 23. Mai, 18:35:
ähhm was ich gestern schon fragen wollte - der Titel des Posts verwirrt mich ein bisschen - waren das jetzt Zigeuner oder Inder ??

@Budenzauberin, @Nachtblau:
Zu der Diskussion - von wegen Kinder und Betteln - was macht ihr mit euren Kindern in den öffentlichen Verkehrsmitteln wo einfach Leute singend eintreten und dann dafür Geld verlangen? Da werden sie ja damit auch konfrontiert und niemand kümmert sich um die ! Also warum nicht thematisieren wo Platz dafür ist und unter pädagogischer Aufsicht. Ich denk es schadet unseren Kindern nicht ein bissal sozial geschult zu werden und über Verschiedenes in dieser Gesellschaft nachzudenken. Und in Zeiten, wo Schüler einander niederschießen über Angst vor Fremden die in die Schule kommen und Blumen basteln zu reden - hhmmm - wenigstens gehn die nicht stehlen. 
Nachtblau antwortete am 23. Mai, 19:31:
Ich hab zwar noch keine Kinder, aber trotzdem eine Antwort:
Sicherlich kann man die Kinder nicht von jedem Elend/ Unfug, etc. fernhalten. Ich erachte es aber unverantwortlich, dass in der Schule, ohne meine direkte Aufsicht, die ich ja an Lehrer abgegeben habe, gebettelt wird und meinen Kindern das Geld aus der Tasche gezogen wird, und das auch noch für Dinge, die ich in keiner Weise unterstütze. Die Schule ist dafür da, dass man etwas lernt, fremde Personen haben da nichts zu suchen, schon gar nicht wenn sie auf soetwas aus sind, das geht dann nämlich auch in Richtung Ausbeutung der Kinder, Ausnutzen von schlechtem Gewissen und Gutmütigkeit der Kinder, etc.
Das Nachdenken über soziale Fragen ist natürlich sehr wichtig. Aber machen wir es uns nicht viel zu leicht, mit ein paar Euros unser schlechtes Gewissen diesen Verlierern (?) der Gesellschaft gegenüber zu berühigen? Die Lage dieser Menschen ändert sich so in keinster Weise, und der Staat wird weiterhin aus der Verantwortung genommen. Das find ich kein gutes Signal, sondern geht in Richtung Bewahrung der Besitzstände und gnädiges Brosamen verteilen. Nein danke. 
Sternenstaub antwortete am 23. Mai, 20:34:
also das ist jetzt so eine Sache, natürlich find ich's jetzt auch nicht ok wenn das Tag täglich passiert, aber die Auseinandersetzung mit dem Thema gibt es einfach überall denk ich und eben in der Schule kann das dann auch besprochen werden.

Dieses "Aus der Tasche" ziehen passiert leider Gottes in der Wirtschaft wunderbar und diese hält auch niemand auf. Natürlich soll es auch nicht auf ein "schlechtes Gewissen beruhigen" hinauslaufen aber genau das wär ja gut zu besprechen und dass der Staat sich da was einfallen lassen muss ist auch klar, tut er aber leider nicht. 
Budenzauberin antwortete am 23. Mai, 20:49:
@Sternenstaub:
Ich vermute, Du wohnst in einer sehr großen Stadt, denn bei uns ("nur" 120.000 EW plus Ortsteile) gibt es keine Leute, die in öffentlichen Verkehrsmittel betteln. Aber Bettler gibt es natürlich in der Stadt, jedoch sitzen sie meist am Rand mit aufgestelltem hut und Pappschild. Ich vermute, daß meine Kinder (im Übrigen 19 & 14 Jahre, die Kleinste mit ihren 4 Jahren lasse ich mal außen vor) ebenso an ihnen vorbeigeht wie ich. Sie müssen nichts von ihrem Taschengeld spenden, da machen wir andere (soziale) Dinge, die ihnen und auch anderen sicher mehr bringen als ein in einen Hut geworfener Euro.
Überdies hätten meine Kinder in einem Bus sehr wohl eine Wahl, nämlich die, an der nächsten Haltestelle auszusteigen, wenn ihnen ein bettler zu penetrant wäre, somit zieht das Argument der Konfrontation mit soetwas nicht.
Als ich meine Kinder an der Schule angemeldet habe, die sie jetzt besuchen, habe ich mich selbstredend über die Unterrichtsmethoden sowie Lehrplan etc. erkundigt. Sehr viel aktuelles Tagesgeschehen wird dort auch durchaus spontan in verschiedene Unterrichtsfächer eingeflochten. Aber einen Bettler - und nichts anderes ist der oben erwähnte Inder für mich - unangemeldet während der Unterrichtszeit Papierblüten basteln zu lassen und die Kinder dann noch zu animieren, pro Blüte Geld zu zahlen (Spende hört sich natürlich für das Gewissen sehr viel besser an), das hat meiner Meinung nach absolut nichts mit Thematisierung von sozialem Denken zu tun! Sozial schulen tue ich meine Kinder ganz alleine, da brauche ich noch nicht einmal Lehrer dafür!
Und von der Schule, wo solche Leute (und das meine ich jetzt nicht abfällig!) ungehindert bis in die Unterrichtsräume latschen dürfen und wo Pädagogen, denen ich meine Kinder anvertraut habe, sie hineinlassen, da würde ich meine Kinder ganz fix abmelden.

@Nachtblau: schön geschrieben! 
lülü (Gast) antwortete am 23. Mai, 21:48:
Oh herrje.
Das ist ist doch nichts Schlimmes.
Oder bin ich noch nicht erwachsen genug?

Als ich in der Grundschule war, vielleicht in der ersten, vielleicht auch in der zweiten Klasse, kam ein Mann zu uns und hat solche Blumen gebastelt.
Vielleicht war er Inder, vielleicht auch nicht, er hat mit der Lehrerin Englisch geredet, sich mit uns über Gesten verständigt und ich fand das alles ungeheuer faszinierend.
Und diese Blumen, das war so spannend, hat uns begeistert, wir wollten alle wissen, wie das geht.
Um Geld hat er nicht gebeten, oder wenn ja, so haben wir es ja nicht verstehen können. Wir haben aber einen bunten kopierten Zettel mit Blumenbastelanleitung bekommen.
Mir ist jetzt beinah zum Weinen zumute ob des schönen Erlebnisses. In jener Stunde lag ein Zauber. Denn wie ein Zauberer hat er gebastelt. Sogar Blumentürme, die stabil waren, trotz des dünnen Papiers
Das einzig Negative daran war für mich, dass ich die Anleitung nicht verstanden habe. Denn das, was ER gemacht hat, habe ich nie so hingekriegt.

Kinder von der Schule abmelden, weil ein Mensch kommt, der BLUMEN bastelt? Weil Lehrer jemanden hineinlassen, der, ich wiederhole das nocheinmal ganz langsam:... Blumen...bastelt?
Blumen. Aus Papier. Bunt.
Es macht mich froh, dass ich solcher Dinge nicht Sorge tragen muss.

Und ich muss mich bedanken. Dafür, dass etwas, das ich vergessen hatte, wieder in mein Bewusstsein getreten ist. Danke für die schöne Erinnerung. 
Nachtblau antwortete am 23. Mai, 22:10:
@Sternenstaub: Ist ja schön dass das in der Schule besprochen werden kann, aber wo bin dann ich? Kinder zu haben heißt unter anderem, meine Wert, Meinungen, Vorstellungen, Ideale weiterzugeben (ob sie übernommen werden ist etwas anderes, aber man hat ein Angebot gemacht). Ich will nicht dass die Schule alles erledigt, ich will dass mein Kind in der Schule was lernt, erziehen tu ich es selber. 
Budenzauberin antwortete am 23. Mai, 22:14:
@Lülü:
Es geht hier nicht um jemanden, der Blumen bastelt, sondern um jemanden, der sie bastelt, um Kindern anschließend seine (ich ahnte es, bevor Sie es schrieben: unnachbastelbaren) Anleitungen für 3 Euro verkaufen will.
Wenn Sie glauben, ich würde meine Kinder von einer Schule abmelden, weil dort jemand kommt, der mit den Kindern lediglich nur schöne, bunte und später tolle Kindheitserinnerungen hervorrufende Papierblumen basteln will, dann haben Sie meine Kommentare nicht verstanden und wohl auch nicht den von mir verlinkten Beitrag nicht gelesen. Sei's drum. 
lülü (Gast) antwortete am 24. Mai, 01:34:
Ui, siezen ist nicht nötig, so alt, so groß bin ich noch nicht.

Unnachbastelbar, weil die Anleitung, die zwar bebildert war, auf Englisch war. In der Grundschule konnte ich das nicht verstehen. Auch kann ich diesem Menschen nicht unterstellen, uns das Geld aus der Tasche nehmen zu wollen. (Das wäre auf der Straße vielleicht lukrativer, als in einer Schule, wo die Schüler nicht mehr Geld dabei hatten, als 20-50 Pfennig für den Süßwarenladen nebenan)
Die Blumen waren jedoch die gleichen wie auf dem Bild.

Mir ging es darum hervorzuheben, dass das für Kinder ein schönes Erlebnis sein kann, weil ich das eben nicht aus einer erwachsenen, analysieren Sicht miterlebt habe und letztndlich auch keinen Schaden davon trug. Vielleicht würde ich ansonsten anders urteilen, das weiß ich nicht.
(Dennoch lege auch ich keinen Wert darauf Markenkleidung und sehe Werbung in Schulen sehr kritisch)

Ich finde aber weiterhin, dass Blumenbasteln nichts Dubioses ist, wie ich das weiter oben gelesen hatte. Egal ob dafür Geld erbeten wird oder nicht.
Vorallem finde ich es nicht gefährlich. Natürlich ist es zweifelhaft wenn einfach so schulfremde Personen auftauchen, natürlich kann man sich da Gedanken machen, aber diese Aktionen gingen doch unter den Augen der Lehrer von statten, weshalb ich mir eine Bedrohung durch die Bastler nicht erklären kann. 
teacher antwortete am 24. Mai, 08:50:
@Sternenstaub: Zigeuner oder Inder?
Dem vorgelegten Dokument zufolge waren es Inder. Aber "Zigeuner" stammen (historisch betrachtet) aus Indien, vor allem erinnert mich dieses Hausieren an die Scherenschleífer, die den Ruf "Die Zigeuner kommen" durch die Dörfer erschallen ließ. Ausserdem ist es ein provokanter Titel, politisch so wenig korrekt, wie das angeprangerte Verhalten. 
testsiegerin meinte am 23. Mai, 22:21:
ich finde, sie haben das gut gelöst, teacher.
und ich schließe mich der budenzauberin nicht an. ich finde es mitunter sinnvoller, dass kinder lernen, wie man papierblumen bastelt als dass sie lernen, dass jemand, der eine dunklere hautfarbe als andere haben, einfach rausgeschmissen werden.

ich denke, aus der situation hätte man noch ziemlich viel material für den unterricht finden können. (arbeitsbedingungen in indien, geographie über indien, vorurteile, ...) 
Nachtblau antwortete am 23. Mai, 22:33:
Ja genau, und gleich wieder auf die Rassismusschiene schieben das Ganze. Egal welche Hautfarbe, welcher anderen diskriminierten Minder- oder Mehrheit so ein Mensch angehört, er hat in der Schule nix verloren. 
Budenzauberin antwortete am 23. Mai, 22:38:
@Testsiegerin:
Sie brauchen sich mir auch gar nicht anschließen.
Reicht, wenn meine Kinder das tun. :-)

@Nachtblau: auf diese dämlackige Rassismus-Provo steige ich erst gar nicht ein. ;-) 
teacher antwortete am 24. Mai, 09:03:
Danke
Ein abschließendes Danke für eure offenen Wortmeldungen.
Mein Resumee:
Egal, was wir an der Schule tun, und seien es ganz einfache Dinge, wir stehen ständig im Kreuzfeuer unterschiedlichster Ansprüche. Wir können sie unmöglich alle erfüllen, wir haben eine "mission impossible".
Schlussfolgerung:
Gebt den Lehrern so viel Rückgrat, dass sie selbst entscheiden können, was sie für richtig halten und so viel Freiheit, diese Entscheidung durchzuziehen. 
Budenzauberin antwortete am 26. Mai, 07:21:
Ohne die obrige Diskussion weiterführen zu wollen, ist mir an dieser Stelle wichtig, folgendes zu schreiben:
Ich bin an unserer Gesamtschule Schulpflegschaftsvorsitzende - ich nehme an, es gibt Vergleichbares an österreichischen Schulen - und arbeite somit eng mit der Schulleitung und Lehrern zusammen. Diesen ehrenamtlichen Posten könnte ich nicht ausführen, wenn ich mit der Arbeit, die die Schule für unsere Kinder leistet, nicht zufrieden wäre. Gleichsam freut man sich aber auch über die Unterstützung der Eltern, die weit über das Kuchen backen für Schulfeste hinausgeht. Wir haben Stimmrecht auf den Schulkonferenzen und dadurch schon so manches Gute für unsere Kinder bewirken können, denn natürlich gibt es auch hier Lehrer, die ihren Beruf leider nicht sehr engagiert ausüben und den bequemsten Weg zu gehen versuchen. Jedoch gibt es sogenannte "Erziehungsvereinbarungen", die unter anderen dafür da sind, daß Aktivitäten wie die oben von Ihnen erwähnte vorher mit den Eltern abgesprochen werden müssen - darauf können wir Eltern uns verlassen. Wir müssen im Grunde für alles, was außerhalb des Lehrplans stattfindet, unterschreiben, und das ist auch gut so. Ich möchte schließlich selber entscheiden können, wofür mein Kind oder ich Geld bezahlen muß.
Das hat nichts damit zu tun, daß wir euch kein Rückgrat und/ oder Freiheit geben, sondern mit den Rechten der Eltern, und die werden an unserer Schule zum Glück gewahrt.
Daher meine natürlich bewußt überspitzte Reaktion, ich würde mein Kind von der Schule nehmen, wenn so etwas ohne meine Einwilligung geschehen würde. Natürlich würden dann zunächst Gespräche mit den Lehrern etc. stattfinden, aber ich kann behaupten, daß es so einen Fall bzw. ähnlichen wie den Ihrigen bisher bei uns noch nicht gegeben hat und ganz sicher auch nicht in den nächsten Jahren geben wird.
Sicher gibt es auch bei uns spontane Aktionen, aber eben nicht in solcher Form.
Ich arbeite sehr gern mit den Lehrern und achte Ihren Beruf enorm! Ich weiß, daß ich ihn nicht ausüben könnte!

Da ich in meiner Position auch mit vielen anderen Eltern arbeite, weiß ich deren Meinung über unsere Schule & Lehrer, und nicht alle sehen das so positiv wie ich, meist jedoch unbegründet, weil sie von den Lehrern erwarten, daß die ihre Kinder so erziehen, wie es selber nicht hinbekommen. Und da das nicht gut gehen kann, wird eben (unberechtigte) Kritik an den Lehrern geübt. Eine Mutter, die ich kenne, schaffte es, aber auch wirklich jeden Vorfall dermaßen zu dramatisieren und an den Lehrern herumzumeckern, daß ich sie ernsthaft gefragt habe, warum sie ihre Kinder eigentlich noch an dieser Schule lässt. Antwort: weil sie hier bis Nachmittags Unterricht haben, in die Mensa gehen können und sie daheim nicht kochen brauche.
Aber das würde zu weit führen jetzt.
Im Grunde wollte ich nur mal ein DANKE an Sie, stellvertretend für die meisten Ihrer Kollegen, aussprechen. :-) 
Indianerin (Gast) antwortete am 29. Mai, 17:10:
Ich schliesse mich Lülü und Testsiegerin an. Sie haben sehr flexibel und kreativ reagiert. Diese Flexibilität fehlt im deutschsprachigen Raum. Flexibät ist m.E. ein Aspekt (unter anderen) der sozialen Kompetenz. 
teacher antwortete am 29. Mai, 18:36:
@ Budenzauberin:
1. In Österreich gibt es die Institution des Schulgemeinschaftsausschusses, in dem je drei Vertreter der Eltern, Schüler und Lehrer gemeinsam über Veranstaltungen (etc.) der Schule beraten (Vorsitz: Direktor).
Die Papierkünstler kamen unangemeldet, überraschend, in die Klassen, und ich habe in Sekundenschnelle zu reagieren.
2. Wir kennen auch viele solche Eltern: Selbst von der schwierigen Aufgabe des Erziehens und Vorlebens überfordert, verlangen sie Unmögliches von den Lehrern. Ich muss dann offen bekennen: Wir sind auch nur Menschen, keine Superwuzzis.
3. Ich lese das DANKE gerne, ich brauche es auch immer wieder. Bitte stärkt die guten Lehrer damit, mündlich, schriftlich, wo immer. Das ist eine tolle Chance, die Guten hervorzuheben.

@ Indianerin: Ja, ich reagiere öfter flexibel und kreativ als viele meiner Kolleginnen - das zähle ich zu meinen Stärken. Aber gleichzeitig beneide ich andere um ihr robusteres Rückgrat. 
 

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