Ein junger Kollege holt sich gerne Rat beim Doyen seines Faches und wird selten enttäuscht. Auf diesem Substrat ist die große Frage gewachsen:
"Warum bist DU eigentlich Lehrer geworden?"
"Ach, weißt Du. Ich bin in einem Dorf aufgewachsen, wo es drei Autoritäten gab, den Doktor, den Pfarrer und den Lehrer. Das wollte ich auch werden."
Der junge Kollege nickt verständnisvoll.
"Am Anfang hat das wirklich gut funktioniert. Mein Vater hat ganz stolz gesagt: 'Aus Dir ist was geworden, Du bist ja wer, ein Professor.' Ich war stolz."
Der junge Kollege lächelt. Verständnisvoll und mitleidig.
"Und in den Klassen hat das alte Lehrermodell funktioniert. Ich habe mein Wissen weitergegeben. Begeistert ... und erfolgreich. Die Schüler sind alle was geworden, die sitzen in den Ministerien, sind Anwälte und Ärzte geworden. Manche treffe ich noch, dann sehe ich jemanden im Fernsehen, sie klagen nicht. Aber in der Öffentlichkeit stehen wir als Versager dar. Wenn irgendwo ein gesellschaftliches Problem auftaucht, findet sich sofort jemand, der die Schuld der Schule gibt."
"Wie ist es soweit gekommen?"
"Das frage ich mich auch die ganze Zeit. Sind die Erwartungen zu hoch? Was haben wir falsch gemacht, wenn unsere Absolventen solche Karrieren machen konnten? Warum hauen die Medien so auf uns hin? Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht ..."
"Und wie gehst Du damit um?"
"Hm. Du musst Schule wie Theater oder Zirkus sehen. Ich kann das System nicht mehr ernst nehmen. Niemand nimmt es ernst. Es ist ein Spiel, wir bekommen Rollen, bessere und schlechtere ... und solange sie lachen, denken sie nicht."
"Ja, das ist wahr", wiederholt der Kollege besinnlich, "solange sie lachen, denken sie nicht."
"Ich war eine Respektsperson, jetzt bin ich ein Kasperl."
Das sitzt.
"Warum bist DU eigentlich Lehrer geworden?"
"Ach, weißt Du. Ich bin in einem Dorf aufgewachsen, wo es drei Autoritäten gab, den Doktor, den Pfarrer und den Lehrer. Das wollte ich auch werden."
Der junge Kollege nickt verständnisvoll.
"Am Anfang hat das wirklich gut funktioniert. Mein Vater hat ganz stolz gesagt: 'Aus Dir ist was geworden, Du bist ja wer, ein Professor.' Ich war stolz."
Der junge Kollege lächelt. Verständnisvoll und mitleidig.
"Und in den Klassen hat das alte Lehrermodell funktioniert. Ich habe mein Wissen weitergegeben. Begeistert ... und erfolgreich. Die Schüler sind alle was geworden, die sitzen in den Ministerien, sind Anwälte und Ärzte geworden. Manche treffe ich noch, dann sehe ich jemanden im Fernsehen, sie klagen nicht. Aber in der Öffentlichkeit stehen wir als Versager dar. Wenn irgendwo ein gesellschaftliches Problem auftaucht, findet sich sofort jemand, der die Schuld der Schule gibt."
"Wie ist es soweit gekommen?"
"Das frage ich mich auch die ganze Zeit. Sind die Erwartungen zu hoch? Was haben wir falsch gemacht, wenn unsere Absolventen solche Karrieren machen konnten? Warum hauen die Medien so auf uns hin? Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht ..."
"Und wie gehst Du damit um?"
"Hm. Du musst Schule wie Theater oder Zirkus sehen. Ich kann das System nicht mehr ernst nehmen. Niemand nimmt es ernst. Es ist ein Spiel, wir bekommen Rollen, bessere und schlechtere ... und solange sie lachen, denken sie nicht."
"Ja, das ist wahr", wiederholt der Kollege besinnlich, "solange sie lachen, denken sie nicht."
"Ich war eine Respektsperson, jetzt bin ich ein Kasperl."
Das sitzt.
teacher - am Donnerstag, 4. November 2010, 07:58
fedor (Gast) meinte am 4. Nov, 09:18:
Wie ich schon einmal erwähnte,40 Jahre unter dem Einfluß der "68er",da braucht man sich nicht wundern,welches Ergebnis man bekommt.Können Sie sich noch an das "kleine rote Schülerbuch" erinnern?Dieses und ähnliche Machwerke haben den Boden für die heutige Situation aufbereitet.
fedor (Gast) meinte am 4. Nov, 16:06:
Was die Regelschule(ASO) betrifft,leider ja.
Eieiei (Gast) antwortete am 6. Nov, 12:27:
Da sitzt der Frust aber tief...
...wenn man die Schuld für alles wieder mal bei den 68ern gefunden hat. Ich lach mich schlapp! :-D Die 68er sind ja für die jede "Fehlentwicklung" gut, sie sind ja sogar für den sexuellen Missbrauch von Priestern an Kindern schuldig, weil sie sexuell so freigiebig waren, sagte vor ein paar Monaten der gute Wi..., ähm, nee, Mixa hieß er doch.
creature antwortete am 7. Nov, 12:40:
die schuld, ja, die wird immer mit eifer gesucht.einmal wars die französische revolution, dann die zeit der aufklärung wo einmal ein papst meinte diese wäre schuld an der fehlenden moral und religionsmangel und dann wieder die 68er.
es gibt zeitgeistentwicklungen denen wir uns nicht entziehen können, sie sind wichtig für änderungen, ob nun gut oder schlecht in manchen augen, es ist so und ich hoffe es kommen wieder zeiten großer veränderung, die zeit ist schon überreif dafür!
und welches "schulsystem" war schuld an den verbrechen der nationalsozialisten im 3ten reich?
war es gar die obrigkeitshörigheit?
Svenja-and-the-City (Gast) meinte am 6. Nov, 08:21:
Ich gehöre zu einer weiteren Gruppe solcher Autoritäten, ich bin Polizistin. Für meinen Berufsstand gilt dasselbe, wir sollen die Probleme der Gesellschaft ausbügeln, aber das können wir gar nicht. Ihr Lehrer bügelt die Probleme der Elternhäuser aus, was ihr natürlich ebenfalls nicht könnt, und danach reicht ihr eure Patienten ans Leben und einige von ihnen, damit auch an uns weiter.Wir brauchen nicht bessere, oder andere, Lehrer und Polizisten, nein, das muss schon vorher einstetzen. Leider habe ich nicht die geringste hilfreiche gute Idee dazu.
teacher antwortete am 7. Nov, 10:33:
Von der Polizei bekommen wir oft "Mitleid". Wir haben ein ähnliches Bild: Wir sollen Aufgaben übernehmen, die für uns unlösbar sind. Da kann nur Frust entstehen - auf allen Seiten. Wir sollen z.B. gute Ausbildung liefern, kommen aber wegen der vielen Erziehungsprobleme nur mehr sehr eingeschränkt dazu.
Pensionist (Gast) meinte am 6. Nov, 10:04:
Die Presse immer dabei!
Die Nürnberger Nachrichten hatten am 1. November eine Seite EXTRA SCHÜLER. Darin ein langer Artikel mit Tipps für einen gelungenen Abiturscherz.Überschrift:
Rache auf dem Techno-Truck
Darunter:
Heute lest ihr: Wie kann man sich mit einem gelungenen Abi-Scherz an seinen Lehrern rächen?
Vorgeschlagen wird ein Techno-Event mit Lastwagen und Musikanlage. Am Ende des Artikels heißt es:
Kurz vor Beginn des Abi-Scherzes haben die Waldorfschüler schnell alle Ausgänge blockiert! Denn keiner der Lehrer sollte sich davor drücken können, sich auf dem Loveparade-Wagen als DJ, Raver oder Tänzer zu beweisen!
Karl Eduard (Gast) antwortete am 6. Nov, 11:54:
Woran liegt das?
Es liegt an der Presse. Was früher schlecht war, wird heute als vorbildlich hingestellt und was gesellschaftlich geächtet war, wird milde belächelt. Es liegt an Presse und Medien, die solch ein gesellschaftliches Klima schaffen, in dem Polizist und Lehrer zum Kasper verkommen sind. Und zum Teil liegt es an Lehrern und Polizisten selbst.
teacher antwortete am 7. Nov, 10:38:
Die Medien sind sich ihrer Verantwortung nicht bewusst, oder sie verkaufen sie (und die Moral), weil es um Reichweiten und Gewinne geht. Die Lehrer und die Schule kommen in den Medien furchtbar schlecht weg, sie sind zu einem Feindbild (gemacht) geworden. Die Kinder selber (und deren Eltern) haben ein viel positiveres Bild von den Lehrern, aber das kommt in der Öffentlichkeit nicht durch. Seufz.
Karl Eduard (Gast) antwortete am 7. Nov, 11:03:
Hört sich an, als wäre dieser besondere Spiegel geborsten
"Seht, nun fangen wir an. Wenn wir am Ende der Geschichte sind, wissen wir mehr als jetzt, denn es war ein böser Kobold! Es war einer der allerärgsten, es war der Teufel! Eines Tages war er recht bei Laune, denn er hatte einen Spiegel gemacht, welcher die Eigenschaft besaß, daß alles Gute und Schöne, was sich darin spiegelte, fast zu Nichts zusammenschwand, aber das, was nichts taugte und sich schlecht ausnahm, hervortrat und noch ärger wurde. Die herrlichsten Landschaften sahen wie gekochter Spinat darin aus, und die besten Menschen wurden widerlich und standen auf dem Kopfe ohne Rumpf, die Gesichter wurden so verdreht, daß sie nicht zu erkennen waren, und hatte man einen Sonnenfleck, so konnte man überzeugt sein, daß er sich über Nase und Mund verbreitete. Das sei äußerst belustigend, sagte der Teufel. Fuhr nun ein guter frommer Gedanke durch einen Menschen, dann zeigte sich ein Grinsen im Spiegel, so daß der Teufel über seine künstliche Erfindung lachen mußte. Alle, welche die Koboldschule besuchten, denn er hielt Koboldschule, erzählten überall, daß ein Wunder geschehen sei; nun könne man erst sehen, meinten sie, wie die Welt und die Menschen wirklich aussähen. Sie liefen mit dem Spiegel umher, und zuletzt gab es kein Land oder keinen Menschen mehr, welcher nicht verdreht darin erschienen wäre. Nun wollten sie auch zum Himmel auffliegen, um sich über die Engel und den lieben Gott lustig zu machen. Je höher sie mit dem Spiegel flogen, um so mehr grinste er; sie konnten ihn kaum festhalten. Sie flogen höher und höher, Gott und den Engeln näher; da erzitterte der Spiegel so fürchterlich in seinem Grinsen, daß er ihren Händen entfiel und zur Erde stürzte, wo er in hundert Millionen, Billionen und noch mehr Stücke zersprang. Und nun grade verursachte er weit größeres Unglück als zuvor; denn einige Stücke waren kaum so groß wie ein Sandkorn, und diese flogen ringsumher in der weiten Welt, und wo jemand sie in das Auge bekam, da blieben sie sitzen, und da sahen die Menschen alles verkehrt oder hatten nur Augen für das Verkehrte bei einer Sache; denn jede kleine Spiegelscherbe hatte dieselben Kräfte behalten, welche der ganze Spiegel besaß. Einige Menschen bekamen sogar eine Spiegelscherbe in das Herz,m und dann war es ganz greulich; das Herz wurde einem Klumpen Eis gleich. Einige Spiegelscherben waren so groß, daß sie zu Fensterscheiben verbraucht wurden; aber durch diese Scheiben taugte es nicht, seine Freunde zu betrachten. Andere Stücke kamen in Brillen, und dann ging es schlecht, wenn die Leute diese Brillen aufsetzten, um recht zu sehen und gerecht zu sein; der Böse lachte, daß ihm der Bauch wackelte, und das kitzelte ihn so angenehm. Aber draußen flogen noch kleine Glasscherben in der Luft umher. Nun werden wir's hören! ... "
steppenhund antwortete am 7. Nov, 19:07:
Da gehört es sich aber schon, die Quelle zu nennen:Cornelia Funke: Reckless - Steinernes Fleisch.
BIA (Gast) antwortete am 7. Nov, 19:27:
Geh bitte, das ist der Anfang der "SChneekönigin" von Andersen.Denn ein Stück Glas fliegt dem kleinen Kai ins Herz und ins Auge, worauf Gerda zur Rettung schreitet...
steppenhund antwortete am 7. Nov, 19:50:
Ja mein Fehler
Ich lese nicht so viel derartige Bücher. Und in der letzten Zeit war da nur die Funke im Spiel.Aber jetzt erinnere ich mich, dass ich mich ja gewundert habe, dass die Geschichte von Andersen ist. Die hatte ich aus anderen Gründen kürzlich gelesen.
Danke für die Korrektur!
-
Aber von meinen Worten vor dem Doppelpunkt nehme ich nichts zurück:)
(Obwohl ich zugeben, dass ich da vielleicht einfach vergessen habe, dass man die Kenntnis als Allgemeinbildung voraussetzung darf.)
BIA (Gast) antwortete am 7. Nov, 20:27:
:-)Die Schneekönigin ist mein absolutes Lieblingsmärchen, ich finde, die darf man Andersen nicht aberkennen.
Sonst spiel ich hoffentlich nicht so den Besserwisser.
steppenhund antwortete am 7. Nov, 20:37:
Nein, absolut nicht. Ich bin sehr froh darüber, dass Siew mich ausgebessert haben.Normalerweise schaue ich nämlich immer noch nach, bevor ich etwas schriftlich behaupte, doch die Funke hatte ich für meine Tochter gekauft. Es gibt da allerdings ein ähnliches Konzept, wenn ich mich richtig erinnere, was den Irrtum erst hervorgerufen hat.
Andersen und Oscar Wilde habe ich immer wieder begeistert verschlungen, selbst noch in den Studententagen:)
testsiegerin meinte am 7. Nov, 18:30:
Mir wird ganz schlecht, wenn ich manche Kommentare hier lese.Ich habe als gesetzliche Vertreterin ja auch einen Beruf, in dem ich sozusagen eine Autorität bin, viel Macht habe. Trotzdem. Ich will nicht, dass die Menschen - egal ob KlientInnen, Angehörige, RichterInnen, ... - mir allein aufgrund meiner Profession Respekt zollen und meine Autorität anerkennen. Ich will, dass sie das aufgrund meiner Menschlichkeit, meines Einsatzes für die Schwächeren, meiner Intelligenz, meines Humors, ... was auch immer tun. Weil ich sie nämlich auch respektiere und wertschätze.
Und ich mag, wenn ich hinterfragt und kritisiert werde in meinem Tun, auch wenn das manchmal weh tut. Ich finde das nämlich wichtig, wenn man so viel gesetzlich zugeschriebene Macht hat.
Über die Sache mit den 68ern musste ich einfach lachen. Das kann doch nicht im Ernst so gemeint sein, wie es geschrieben wurde, oder?
Manchmal frag ich mich schon: Was ist los in dieser Gesellschaft, wo ständig gejammert wird, wie schlecht alles geworden ist. Wie schlimm die Kinder, die Autofahrer, die KlientInnen. Sehnt ihr euch wirklich wieder nach der "guten alten Zeit", in der Autoritäten noch etwas galten, in der sie diese Autorität mit Gewalt durchgesetzt haben und so weiter zurück?
Ich habe Angst vor der, ich will nämlich, dass unsere Gesellschaft sich nach vorne entwickelt und nicht zurück.
Und ich will mehr Lehrer, die weniger jammern und mehr Leidenschaft haben.
BIA (Gast) meinte am 7. Nov, 18:45:
Jemand, der einen Beruf wählt, um als Respektsperson zu gelten, sollte seine Berufswahl sowieso überdenken.
BIA (Gast) antwortete am 7. Nov, 19:00:
Einen Beruf wie LEHRER überhaupt! In dem man mit einer Altersgruppe zu tun hat, die in der Regel nichts lieber tut, als Autoritäten zu hinterfragen und anzugreifen!
Ketzerkatze (Gast) antwortete am 7. Nov, 22:52:
So angriffig sind die gar nicht in dem Alter
Sie WOLLEN ja Autorität, sie HASSEN aber autoritäres Gehabe, die Anmaßung also daran.Das Problem allerdings in der Schule weiß ich auch nicht aufzulösen. Ich denke, es ist so ein Kuddelmuddel aus Medien, Vorurteil, self-fulfilling-prophecy, Elternfaulheit, schlechter Ausstattung, Profilierungsgehabe, schlechten Vorbildern - dass man da mal wirklich wissenschaftlich UND praktisch dran müsste.
Mir fällt echt nur "Laborschule" dazu ein - und dann mal gucken, was sich politisch-gesellschaftlich entwickeln lässt. Mit zusätzlicher vernünftiger finanzieller Ausstattung der Schulen, selbstverständlich. Ohne gehts einfach nicht mehr weiter, da schreibt sich das Elend nur fort.
BIA (Gast) antwortete am 8. Nov, 09:38:
Ja, eben, sie wollen die Autoritäten, aber sie wollen selbst testen und herausfinden, wer eine Autorität ist (und wer autoritär ist) und wen sie respektieren können. Da ist niemand per se und von vornherein eine Autorität (anders als der Pfarrer und der Bankdirektor auf dem Land), sondern er wird sich darum bemühen müssen, als Autorität wahrgenommen zu werden.
teacher antwortete am 8. Nov, 15:09:
Diese Generation geht in den nächsten Jahren in Pension, wir müssen nicht länger darüber diskutieren. Aber es war durchaus normal, als Lehrer eine angesehen Position (nicht nur in der Klasse, sondern in der Gesellschaft) innezuhaben ... und auch ich habe das in den Anfängen als positive Grundhaltung den Lehrern gegenüber sehr zu schätzen gewusst. Das ist weg.