"Wie hat es dir in Amerika gefallen?"
Ich treffe Melanie bei einer kleinen Geburtstagsfeier am Wiener Rathausplatz. Sie hat im vorigen Jahr die Schule mit gutem Erfolg beendet und wollte in den Ferien New York erkunden und ihr Englisch aufpolieren.
Erwartet habe ich mir: Grenzenlose Begeisterung. Ich erinnere mich an meine ersten Eindrücke in den Schluchten von Manhatten, das war die große weite Welt, das waren Stars and Stripes, das war Glamour und Fifth Avenue, das waren Deli-Shops und Jazzclubs.
"Amerika? Naja. Ich habe nach einer Woche abgebrochen ..."
"Was?"
Ich bin fassungslos.
"Ich bin wahrscheinlich nicht so der Amerika-Typ."
"Ich war begeistert. Big Apple, Boston, Washington, die Städte, die Leute, einfach super ... "
"Nein, absolut nicht. Nur Stress, Hektik ... und schlechte Erfahrungen."
"Zum Beispiel?"
"Na, ich fahre mit dem Taxi in die Innenstadt. Da bildet sich ein Riesenstau. Ich schau auf die Uhr und sage gedankenlos: OH, SHIT!"
"Da dreht sich der Fahrer, so ein Typ mit Turban, wie heißen die schnell ...?"
"Ein Sikh?"
"Ja, so einer, der dreht sich um und schreit: GET OUT OF MY CAB!"
"Was war los?"
"Das habe ich mich auch gefragt! Aber der war wegen meines "OH, SHIT" so bös, der hat mich mitten in der Bronx aus dem Taxi geworfen!"
"Shit", "fuck", "pussy" oder "bitch", das zählt in unseren Klassen zum normalen Umgangston. Daran haben wir uns gewöhnt, das kostet uns höchstens einen mitleidigen Blick.
Melanie hat dazugelernt. Jetzt hasst sie Amerika.
Ich treffe Melanie bei einer kleinen Geburtstagsfeier am Wiener Rathausplatz. Sie hat im vorigen Jahr die Schule mit gutem Erfolg beendet und wollte in den Ferien New York erkunden und ihr Englisch aufpolieren.
Erwartet habe ich mir: Grenzenlose Begeisterung. Ich erinnere mich an meine ersten Eindrücke in den Schluchten von Manhatten, das war die große weite Welt, das waren Stars and Stripes, das war Glamour und Fifth Avenue, das waren Deli-Shops und Jazzclubs.
"Amerika? Naja. Ich habe nach einer Woche abgebrochen ..."
"Was?"
Ich bin fassungslos.
"Ich bin wahrscheinlich nicht so der Amerika-Typ."
"Ich war begeistert. Big Apple, Boston, Washington, die Städte, die Leute, einfach super ... "
"Nein, absolut nicht. Nur Stress, Hektik ... und schlechte Erfahrungen."
"Zum Beispiel?"
"Na, ich fahre mit dem Taxi in die Innenstadt. Da bildet sich ein Riesenstau. Ich schau auf die Uhr und sage gedankenlos: OH, SHIT!"
"Da dreht sich der Fahrer, so ein Typ mit Turban, wie heißen die schnell ...?"
"Ein Sikh?"
"Ja, so einer, der dreht sich um und schreit: GET OUT OF MY CAB!"
"Was war los?"
"Das habe ich mich auch gefragt! Aber der war wegen meines "OH, SHIT" so bös, der hat mich mitten in der Bronx aus dem Taxi geworfen!"
"Shit", "fuck", "pussy" oder "bitch", das zählt in unseren Klassen zum normalen Umgangston. Daran haben wir uns gewöhnt, das kostet uns höchstens einen mitleidigen Blick.
Melanie hat dazugelernt. Jetzt hasst sie Amerika.
teacher - am Sonntag, 5. September 2010, 15:16
Moritz (Gast) meinte am 5. Sep, 16:10:
Dabei ist das so schade. Ich habe 18 Monate in NYC gelebt. Die beste Zeit meines Lebens. Jetzt bin ich zurück wieder mal für drei Monate. Ich liebe NY und würde am liebsten für immer dableiben.Das Problem ist glaube ich ein anderes. Die amerikaner sagen auch oft genug shit, fuck, und dergleichen. Melanie hatte nicht den Mut sich erst richtig drauf einzulassen. Sonst hätte sie so schnell nicht abgebrochen. Und ein Taxi in der Stadt zu kriegen ist jetzt auch nicht sooo schwer. Mann muss nur wissen welche frei sind und welche nicht.
teacher antwortete am 7. Sep, 08:03:
Möglich. Aber mit 18 alleine in der großen, fremden Stadt ... und dann so böse Erfahrungen - da wollte sie nicht mehr weitermachen.
Frau K (Gast) meinte am 5. Sep, 16:58:
?
Das faellt mir jetzt echt schwer zu glauben, dass der Taxifahrer sie deshalb rausgeworfen hat.Ich hab erst in NY so richtig das Fluchen gelernt ;)
Wahrscheinlich haette sie "Fuck" sagen sollen. ;)
teacher antwortete am 7. Sep, 08:01:
Ich war auch überrascht, allerdings kenne ich einige US-Bürger, die in diesen Dingen sehr penibel sind.
Tim (Gast) meinte am 5. Sep, 20:08:
Musste Sie das Taxi denn bezahlen? :-)
Anja-Pia meinte am 6. Sep, 09:12:
"Schön sprechen", lautet die Devise.Fluchen in einer fremden Sprache kommt einem wahrscheinlich nur deswegen so harmlos vor, weil die dazugehörenden Emotionen fehlen.
teacher antwortete am 7. Sep, 08:06:
Genau. Als Fremdsprachler kann man nicht genau abschätzen, wie beleidigend ein Wort wirken kann. Z.B. hat eine Französischkollegin in einer Klasse in Toulouse gesagt: "Mais vous etes vraiment degueulasse ...". Das sagen die Jungen dort oft, aber eine Lehreri zu einer Klasse: Tabu. Horror. No-go.
Mathias (Gast) meinte am 6. Sep, 17:04:
Die Gute ist aber auch ziemlich zimperlich. Ansonsten sind die meisten Amerikaner doch sehr höflich, erst recht im Dienstleistungsbetrieb. Und dass man sich ein ganzes Land durch einen unfreundlichen Taxifahrer (der durch den Stau wahrscheinlich selbst gestresst war) verderben lässt, wirkt ziemlich kleinlich. New York ist doch einfach großartig!
Fedor (Gast) meinte am 6. Sep, 19:04:
Tut mir leid,teacher,aber der American way of live ist heute wie vor 30 Jahren schwer zu ertragen.Heuchelei,uebertriebenes Sendungsbewusstsein und Selbstgerechtigkeit sind keine gute Mischung.Bin gerade an der Westkueste-und das Essen ist schlecht wie immer!
Thomas (Gast) antwortete am 6. Sep, 19:22:
Ich empfehle, mal den deutschen Studienrat im Hotelzimmer zu lassen und statt zu McDonalds zu gehen weil das ja "typisch amerikanisch" ist, mal einen Taxifahrer zu fragen, wo man richtig lecker essen kann. Dann klappt das auch. Wenn man nur Vorurteile bedient haben will, ist's da nicht leichter, einfach in Deutschland zu bleiben und eine der üblichen Tageszeitungen zu lesen?
Min (Gast) antwortete am 6. Sep, 23:34:
Gerade an der Westküste kann man richtig gut essen! Zum einen die hohe Dichte an asiatischen Migranten gepaart mit Zugang zu frischen Zutaten ist doch unschlagbar. Von Korean BBQ über Pho bis zu Sushi ist man dort doch fast im Paradies. Dann der neue Trend der qualitätsreichen Foodtrucks in LA, all die kleinen Restaraunts, die ihre Zutaten vom Farmer's Market ziehen, LudoBites etc. pp. Aber wie Thomas schon geschrieben hat, wer lieber (seit 30 Jahren) seine Vorurteile pflegt...
Fedor (Gast) antwortete am 7. Sep, 01:00:
Bin weder Studienrat noch aus Deutschland-kann aber die unterwuerfige Art nicht ertragen,dass dort alles so super sei.Wir reisen am liebsten auf eigene Faust,da lernt man besser die Leute kennen.Sicher kann man gut essen,aber um welchen Preis!Empfehle,einmal mit den wirklich freundlichen Leuten in down under zu reden,die koennen den grossen Bruder auch nicht ausstehen.
teacher antwortete am 7. Sep, 08:12:
Über US-Kultur kann man herrlich streiten. Es ist ein ganzer "Kontinent" mit allen möglichen Schattierungen. Ich mag z.B. die "oberflächliche" Freundlichkeit und Offenheit der Amis, aber insgesamt lebe ich lieber in good old Europe.
Kathrin (Gast) antwortete am 12. Sep, 00:21:
Es ist schade, solche Vorurteile auf ein ganzes Land auszuweiten. Ich habe erst neulich viele Stunden im Gespräch mit einer Amerikanerin verbracht, die wegen solcher Verallgemeinerungen ganz schön zu leiden hat. Sie reist Studienbedingt durch die ganze Welt und stößt eigentlich überall auf das gleiche Problem: Kaum merken Leute, dass sie Amerikanerin ist, wird sie komisch angeguckt und die Leute glauben von ihr, sie sei eine von diesen oberflächlichen, besserwisserischen, lauten Amerikanern, die sich nicht anpassen wollen und erwarten, dass überall auf der Welt Englisch gesprochen wird. Die Ära G.W. Bush hat den Ruf der Amis weltweit in den Dreck gezogen und ich glaube, das haben sie nicht verdient. Genauso blöd würde ich mich doch fühlen, wenn ich in ein anderes Land reise und dort den ganzen Nazi-Vorurteilen gegenüberstehe.Im Übrigen könnte man sagen, dass die freundlichen Leute in Down Under der Oberflächlichkeit der Amerikaner in nichts nachstehen. Die wissen das allerdings ganz gut hinter eine Fassade aus Teetrinken und Rugbyspielen zu verstecken...würde ich sagen, wenn ich meine Erfahrungen mit ein paar Leuten auf eine ganze Nation ausweiten würde.
Marie (Gast) meinte am 6. Sep, 21:09:
Man sollte aus solchen Erfahrungen lernen, um das andere Land besser kennenzulernen und nicht gleich das Handtuch schmeißen.Ich habe einen Austausch nach "drüben" gemacht - einen kurzen - und ich fand es klasse. Und von Manhattan war ich nicht nur bei meinem ersten Besuch fasziniert. Das Staunen ist auch beim dritten Mal immernoch vorhanden ;)
Hätte ich die Chance, meinen Traumberuf dort auszuüben, würde ich glatt auswandern. Aber den Beruf hier zu ergreifen ist ungefähr 1000000x einfacher :D Wobei ich mich auch in anderen Bundesländern bewerbe...Chancen erhöhen, genommen zu werden :)
teacher antwortete am 7. Sep, 08:16:
Ich fürchte, Melanie wurde mangelhaft auf die harte Realität vorbereitet. Sie war eine gute brave Schülerin, hat niemals (Rück-)Schläge einstecken oder parieren gelernt.
Moritz (Gast) antwortete am 8. Sep, 03:10:
Danke, dass ist es. Ich war nie ein guter Schüler. Also nicht schlecht aber ich passte nicht ins System. Schule habe ich vor dem Abitur abgebrochen. Musste mich immer durchkämpfen. Vielleicht gefällt es mir deshalb so gut in NY? Ich weiß es nicht.Ich finde es aber super schade das so viele so schnell aufgeben und dem ganzen keine richtige Chance geben. Das Leben hat so viel zu bieten und doch bleiben viele einfach gerne in ihrer Seifenblase weil sie dort am beschütztesten sind. Schade.
teacher antwortete am 8. Sep, 15:55:
Danke für diese Bestätigung - das Durchhalten und Kämpfenlernen wird ja heute den Lehrern als Quälerei angelastet, davon traut sich heute niemand mehr reden.
errorking antwortete am 11. Sep, 22:41:
durchhalten
ist die dauernde unterschwellige message der mächtigen an ihre untergebenen.wenn etwas shit ist, dann darf, kann und soll ichs lassen.
diese schülerin hat weit mehr vernunft als so mancher professor , der seinen beruf durchhaltet, obwohl ihm der bezirksschulinspektor , die schüler ,die eltern und die kollegen nerven.
gib auf teacher, wenns dir danach ist. das ist mein tip für heute.
wird dich (und vielleicht auch andere) glücklich machen. obwohl ich denke, dass du ein gar nicht so schlechter lehrer bist.
teacher meinte am 23. Sep, 08:45:
Ich lese in der Presse: Lehrer, denen in New York das Wörtchen "fuck" entkommt, werden vom Unterricht suspendiert!