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cotopaxi

 
Sind gar die Chinesen schuld?

Wir sind es gewohnt, T-Shirts um 2,99 und Bohrmaschinen um 19,99 zu kaufen. Bauarbeiter aus der Ukraine und Putzfrauen aus Polen erledigen die Drecksarbeit, Inder machen die Buchhaltung, pakistanische Kinder nähen die Jeans. Heimische Banken haben auf Automaten umgestellt, wir bedienen uns an Tankstellen selbst und gekocht wird bei Unilever im Tiefkühlschrank.

Billig, billiger, am billigsten. Masse. Industrie. Anonymität.

Nur die Bildung wird nicht billiger, im Gegenteil: Keine Zulieferer aus Taiwan, keine Lehrer aus Cuba, kein Self Service im Klassenzimmer, keine Schwarzarbeiter aus Tschechien. Hier arbeiten nur akademisch gebildete, legale, sauteure, heimische Fachkräfte. Sie haben keine Bankkonten auf den Cayman-Inseln, sie zahlen Steuern in ihrem Heimatland. Wenn sie mit neuen Medien arbeiten und mit aktuellem Können aufwarten sollen, dann müssen sie noch geschult und vorbereitet werden. Teuer, teurer, am teuersten.

Können nicht ersetzt werden.
Können nicht automatisiert werden.
Können nur erpresst werden.

Deshalb müssen wir sparen. Damit wir weiter den Billigramsch aus Bangladesh importieren können, Autos aus Indien, Handys aus Shenzhen ...

Wollt ihr die Diskont-Schule?
Ja.
tobi (Gast) meinte am 13. Mai, 17:08:
Ich bin jetzt schon leider etwas länger aus der Schule raus, aber ich hab mir nur gedacht, dass en Gros meiner Lehrer nicht ihr Geld wert waren. Sicher nicht. 
teacher antwortete am 13. Mai, 20:05:
Schlimmes Resümee. ICH war mit meinen Lehrern sehr zufrieden. 
stichi antwortete am 13. Mai, 21:58:
Nicht immer sind die Lehrer unfähig, wenn die Schüler nichts können!!! Nur mal so nebenbei! 
Werner (Gast) antwortete am 14. Mai, 13:31:
Ich habe an Lehrern eine breite Bandbreite erlebt und dabei selbst erfahren, was ein guter Lehrer bewirken und ein schlechter Lehrer verwirken kann. Das Problem aus meiner Sicht war, daß die guten Lehrer, also die, bei denen ich am meisten gelernt habe, oft nicht die beliebteren waren - die anderen haben eher einmal ein Auge zugedrückt, die Beherrschung des Stoffs war bei ihnen weniger ausgeprägt bzw. war's ihnen eher wurscht, wie gut dieser von uns beherrscht wurde usw. Meine besten Lehrer waren aber nicht die "Kumpeltypen", sondern diejenigen, die Interesse für den Stoff wecken konnten, diesen von vorn bis hinten perfekt beherrschten und es nicht nötig hatten, irgendwelche Unsicherheiten durch Pseudowitze oder besondere Strenge zu kompensieren. Wenn Du solche Lehrer in Deiner Schulzeit nicht gehabt hast, hast Du leider Pech gehabt. 
teacher antwortete am 14. Mai, 17:05:
Das sehe ich so ähnlich: Die beliebtesten Lehrer sind nicht die nachhaltig besten.
Aber ich bin halt lieber beliebt als gut :-) 
sowai (Gast) antwortete am 14. Mai, 18:48:
Es geht auch beides. Selten aber doch. Und meiner aus deinen blogposts resultierenden Meinung nach gehörst du dazu. Habe übrigens einen längeren Kommentar verfasst, ihn aber nicht gepostet, weil er evtl. zu mißverständlich und auch radikal ist. Wollte ihn dir eigentlich persönlich zukommen lassen, finde aber keine Kontaktadresse. Interessiert? http://xx-mail.com/sowai 
teacher antwortete am 14. Mai, 21:00:
Muss ich dafür zuerst ein xx-mail-Konto eröffnen?

Ja, es gelingt in manchen Fällen, aber oft passt es nicht zusammen. 
sowai (Gast) antwortete am 14. Mai, 21:42:
Ja, Registrierung ist bei xx-mail nötig. Absolut anonym (nur Wunschname und Wunschkennwort) und kostenlos. 
tobi (Gast) antwortete am 15. Mai, 10:24:
Es klingt jetzt ziemlich arrogant (was es ja auch ist) - aber an meiner Seite sehe ich keine Fehler. Ich habe schon als kleines Kind Sachbücher gelesen, und war immer wissbegierig. Ich ging am Anfang gerne in die Schule. Ich bin mit 5 eingeschult worden, habe mit 17 maturiert und mit 23 meinen Dipl.-Ing. bekommen.
Ich war in meiner Klasse immer recht unglücklich, da die meisten Lehrer es sich viel zu einfach gemacht haben. In Geo haben wir zwei Jahre lang nichts anderes gemacht als Referate auszuarbeiten. In Geschichte hatten wir einen Lehrer, der sich hinstellte, eine Stunde lang seine Zettel vorlas, sodass jeder der wollte mit abschreiben konnte, und dann ging. In Physik hatten wir eine psychisch labile Professorin, die nach der Verurteilung und Gefängnisstrafe ihres Mannes nicht mehr unterrichten konnte. Sie wurde aber nie abgelöst/ gekündigt.
Mir ist das schon bewusst, dass einige Fälle hier aus Resignation zu schlechten Lehrern wurden - aber ich bin eigentlich in die Schule gegangen um etwas zu lernen. Und ja: Damals schon.

Irgendwann kam dann der Moment, dass ich selber gelernt habe. Ich habe mehr über Geographie, Politik und Wirtschaft durch Zeitungen erfahren als in der Schule - zum Glück haben das meine Eltern bemerkt und mir eine "Presse" und ein "Standard"-Abo in der Oberstufe geschenkt.
Es gibt durchaus aber auch Lichtblicke, manche Lehrer haben sich wirklich bemüht. Mein letzter Mathelehrer hätte es fast geschafft, mich zum Mathestudium zu bewegen. Aber dennoch: Ein Großteil meiner Lehrer war entweder unfähig oder unmotiviert. 
Werner (Gast) antwortete am 15. Mai, 15:29:
Hallo Tobi,

schön, daß Du geantwortest hast.

Ich war ein ziemlich fauler Hund und habe immer versucht, mit möglichst wenig Aufwand durchzukommen. Einige Lehrer haben das halt ermöglicht, andere nicht. Von letzteren habe ich mehr gelernt.

Ich bin dann einmal durchgefallen und hatte Glück: Eine im Schnitt eine Klasse bessere Lehrerschar und eine Klasse, die in den letzten Jahren wirklich zusammengewachsen ist - mit einigen bin ich heute noch eng befreundet, 15 Jahre nach der Matura. Auf der Uni war's so-la-la, von der Lehrerseite sehr ähnlich zur Schule: Eine Normalverteilung halt (bloß daß Durchfallen nichts nützt, weil man dann beim nächsten Prüfungstermin demselben Professor gegenübersitzt).

Waren die nicht so guten Lehrer unfähig? Einige sicher. Ich kann aus dem Stehgreif mindestens sechs Lehrer aufzählen, die nicht in der Lage waren, Stoff systematisch zu präsentieren bzw. verständlich zu erklären. Waren sie unmotiviert? Vielleicht verklärt die Erinnerung die Vergangenheit, aber ich kann mich mit zwei Ausnahmen an keine Lehrer erinnern, die jemals einen wirklich unmotivierten Eindruck oder entsprechende Aussagen gemacht haben - und selbst diese beiden haben die meiste Zeit "funktioniert".

Ich kann mich auch an eine Lehrerin erinnern, die in einem Fach eine sehr gute Unterrichtsleistung gezeigt hat - interessant dargebrachter, sehr umfangreicher Stoff - und in einem anderen Fach, das sie halt auch unterrichtet hat, bestenfalls Mittelmaß war. War sie jetzt gut oder schlecht?

Irgendwann bin ich zu der Erkenntnis gelangt, daß ich mich über die guten Lehrer gefreut und sie aktiv gesucht habe und die schlechten gemieden oder, wo das nicht möglich war, mich "durchgebissen" habe.

Was mich mehr geärgert hat, waren Lehrer, die der Meinung waren, daß sie uns Schülern in irgendeiner Weise moralisch oder geistig überlegen wären. Die haben meiner Meinung nach den Beruf verfehlt - die hätten Priester werden sollen. 
teacher antwortete am 15. Mai, 21:17:
Selbst wenn Tobi und Werner die gleichen LehrerInnen gehabt hätten, hätten total konträre Urteile entstehen können. Auch der beste Lehrer kann in einer Klasse niemals allen Ansprüchen entsprechen. 
Eagel (Gast) meinte am 13. Mai, 20:55:
Brillianter Bezug, teacher ;)
Tobi, wo siehst du denn deine eigenen Anteile?

Schule ist ein soziales System, in dem sich alles oder nichts aus der Interaktion ergibt. 
tobi (Gast) antwortete am 28. Mai, 08:47:
Wo ich meine eigenen Anteile sehe? Nun, ich habe mich in den Fächern, in denen ich wirklich interessiert war, Freifächer belegt. Ich habe einmal pro Woche im Geographieunterricht (6. bis 8. Klasse) ein Kurzreferat von 15 Minuten gehalten, was daher kam, dass ich oft Zeitung las und meine Geographielehrerin mir das in den Stunden erlaubte sofern ich den anderen vortragen würde, was denn in einer Woche alles in der Welt passiert sei.
Nun, ich habe mich genauso wie andere in die Schulgemeinschaft eingebracht. Würde ich zumindest von meiner Seite behaupten. 
walküre meinte am 14. Mai, 18:46:
Nein.
"Die Billig-Lüge" ist eigentlich ein Buchtitel (eines übrigens sehr lesenswerten Buches von Franz Kotteder, in dem recht gut beschrieben ist, wer wirklich den Preis für Billigware zahlt), spiegelt jedoch auch als Kommentar meine Meinung zu diesem Thema. Wer an der Bildung der Kinder spart, hat nichts verstanden. 
teacher antwortete am 14. Mai, 20:45:
Ich kannte das Buch nicht, aber schon die Rezension bei amazon (http://www.amazon.de/Die-Billig-L%C3%BCge-Tricks-Machenschaften-Discounter/dp/3426273713) klingt viel versprechend.
Ja. Es gibt eine billigere Schule.
Ja. Die Konsumenten verlangen sie.
Ja. Wir gehen in diese Richtung.
Ja. Wir wollen und werden das nicht zugeben. 
Flash (Gast) meinte am 15. Mai, 10:32:
Bildung ist nie vorwiegend eine Frage des investierten Geldes. Wer dies so propagiert, verbreitet doch ein Wertesystem, was finanzielle Anreize über alles andere stellt.

Chinesische Artikel mögen tw. billig sein, aber die teure Markenware existiert ja auch, wird hergestellt und verkauft. Und außerdem: auch die Bohrmaschine für 19,99 bohrt Löcher.

Was nun die Kosten des Bildungssystems betrifft: wenn man jetzt hergeht und daran sparen will, hat man ja zumindest im Vorfeld (auf lange Sicht betrachtet) auch gewaltig die Ausgaben gesteigert.

Das jetzige Schulsystem ist ja nicht mehr auf dem Stand von 1950 oder gar 1910, sondern wurde stetig kostenintensiver. Man läßt es sich also durchaus überproportional viel kosten, den Nachwuchs zu fördern. (In Deutschland sind Schulen und Kitas beinahe flächendeckend top-saniert und mit Unterrichts- und Lernmaterial vollgepropft).

"Weiche" Faktoren sind sowieso viel schwerwiegender als Geld. Kaputte Familien, bildungsuntaugliche Schüler, fehlender Nachtschlaf, absolut inhomogene Klassen, fehlende Sprachkenntnisse, null Respekt ggüber Lehrern u. Mitschülern, keine Ruhe im Unterricht - das wiegt alles viel schwerer als der Faktor Geld.

Nun könntest du sagen: deshalb muß mehr Geld ins System, um all das zu reparieren. Das tuts aber nicht. Geld kauft keine "weichen" Faktoren, entwickelt keine Tugenden. Und umgekehrt hindert Armut niemandem an der Tugendsamkeit (wie es sozialpädagogische Mainstream-Ansicht ist).

Und falls du fragst, was dann wirksamer wäre: nun, früher übernahm diese Rolle die Religion, der Glaube der Massen. Der ist leider heute weg - und nicht ersetzbar, auch nicht durch hohe finanzielle Mittel. 
undiszipliniert (Gast) antwortete am 15. Mai, 23:11:
Ich kann nur zustimmen, dass Bildung nicht vorwiegend eine Frage des investierten Geldes ist, aber es wäre doch ganz nett, wenn man den Schulen zumindest soviel Geld zur Verfügung stellt, um Bücher von 1970 auszutauschen, damit Rechtschreibung und Länderhoheiten auf dem neuesten Stand sind.

Das deutsche Schulen vor aktuellem Lernmaterial strotzen, halte ich für ein Gerücht ... wir lesen immer noch "Ben liebt Anna" in der Ausgabe von 1995 ... abgesehen von der differenten Rechtschreibung fallen die Bücher langsam, aber sicher auseinander ...Neuanschaffungen von Lektüren sind fast ausschließlich durch den Förderverein möglich, das Geld von der LMF (Lehrmittel-Freiheit = Land) und dem Schulträger fällt den normalen Anschaffungen, wie abgenutzten Lehrbüchern, Material fürs 1. Schuljahr, Kopierkosten usw. zum Opfer.

Da hilft auch keine Religion.

Ich behaupte nicht, dass wir mit aktuellem Lernmaterial mehr erreichen können, aber zumindest hätten wir dann aktuelles Lernmaterial .. danach könnten wir alle mal wieder zu Inhalten zurückkommen ... derzeit stecke ich mehr Zeit und Kraft in das "Basteln" von aktuellem Material, in das" Kämpfen" mit nicht unterrichtgerechten Medien und in Verwaltungsarbeit, aber nicht, weil ich es will, sondern weil es derzeit keinen anderen Weg für uns Lehrer(innen) gibt. 
stichi antwortete am 15. Mai, 23:18:
"(In Deutschland sind Schulen und Kitas beinahe flächendeckend top-saniert und mit Unterrichts- und Lernmaterial vollgepropft)."

Woher hast du denn diese Erkenntnis. Ich habe davon nichts bemerkt. 
teacher antwortete am 16. Mai, 19:55:
Auch die Schulen in Österreich hätte eine ordentliche materielle Auffrischung nötig. Jedes Kinderzimmer ist besser ausgestattet.

In meinem Posting geht es aber primär um die Personalkosten (Lehrerinnenlöhne): Dort setzt man beim Sparen an, weil die Globalisierungstricks (outsourcen etc.) nicht möglich sind.

Ich denke, dass wir intelligenter sparen könnten, z.B. bei Verwaltung, Organisation etc. Aber da stehen z.B. politisch geschützte Versorgungsposten zur Disposition! 
Stefan (Gast) antwortete am 17. Mai, 10:40:
Wenn sich unsere...
...Schule von allen Mitbringseln der LehrerInnen und Spenden der Eltern/Unterstützer entledigen würde, bliebe nicht viel mehr als eine kahle Klasse mit Tischen, Stühlen, einer Tafel, einem Waschbecken und vielleicht wenigen Lernspielen + Frontalmaterial.

Computer, ansprechendes Lernmaterial (gute Verarbeitung), Beamer, Ablagen, Regale, Stellwände, Klassenbücherei, etc. ist "privat" subventioniert. Klar, wir hätten mit reinen Staatsgeldern immer noch eine ordentliche Schule, aber längst nicht das, was Blicke in heutige Klassenzimmer vermuten.

Beispiel unserer kleine Grundschule: Würden wir nur mit den Gelder des Schulträgers auskommen müssen, könnten wir gerademal die Verwaltungs plus Leasing- und Papierkosten unseres Kopierers finanzieren - ungelogen! 
teacher antwortete am 17. Mai, 12:52:
... was nicht nur Abhängigkeit und Anbiederung bedeutet, sondern auch in der Krise spürbar wird. 
1000Sunny (Gast) meinte am 21. Mai, 21:27:
Kennst Du Unschooling?
Ist eine Bildung von Unten - läuft komplett anders, als man sich das als Lehrer vorstellen kann. Könnte Dich aber interessieren - eine Art Open-Source-Bildung.
In Amerika ist es zur Zeit das am stärksten wachsende "Schulsystem" 
 

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