Das Lehrerzimmer ist tabu. Das steht zwar nirgends geschrieben, das wissen aber alle, die vor dessen Schwelle erzittern.
Im Lehrerzimmer werden Lehrer zu normalen Menschen, die Frust abladen, herumschimpfen, streiten und ... manchmal sogar ... lieben. Im Lehrerzimmer wird über den Direktor hergezogen (falls er nicht anwesend ist), über depperte Schüler und auch so manches Elternteil wird nicht verschont. Kollegen werden auch verwurstet. Im Lehrerzimmer liegen Dokumente herum, die nicht für die Öffentlichkeit gedacht sind, Prüfungsfragen und Zeugnisformulare etwa.
Für Aussenstehende, besonders für Schüler, strahlt das Lehrerzimmer den Charme eines unzugänglichen Hochsicherheitsbüros aus, das hat seine Gründe.
Manche Journalisten riechen fette Beute und versuchen sie zu ergattern. Zwei davon haben in der Direktion angerufen, ob sie wohl "ein bisserl hinter die Kulissen schnuppern dürfen."
Klar doch.
Der Direktor ist auch nicht auf der Nudelsuppe dahergeschwommen und alarmiert die Kollegenschaft. Die neugierigen Pressemenschen werden höflich empfangen und an zwei überlegte Kollegen weitergereicht.
"Gibt es auch interne Machtkämpfe, Streitereien unter den Lehrern?"
"Wie in jedem anderen Beruf ..."
"Fallen dann und wann auch unbedachte Äußerungen über Schüler oder Eltern?"
"Sie können sich ja vorstellen, dass es auch im Lehrkörper menschelt."
Nona-Fragen werden diplomatisch mit Nona-Antworten erledigt.
Die schreibende Zunft schreibt erst gar nicht mit. Sie ist an Sensationen interessiert, nicht am menschlichen Alltag. Da kommt ihnen der Zufall entgegen, es läutet zur Pause und eine Hundertschaft an Lehrern drängt in den engen Saal. Getratsche und Gequatsche und die Zeitungsleute spitzen ihre Ohren. Nach wenigen Sekunden haben sie ihr Opfer ausgemacht, eine vorlaute Kollegin, die hoch geladen aus der Klasse kommt und ihren Frust abladen will. Sie wird zum Interview gebeten, Balsam auf ihre gequälte Seele.
Die Fragen wiederholen sich, die Antworten ganz und gar nicht.
"Ach, was glauben Sie, was bei uns gestritten wird. Wegen jeder Kleinigkeit! Die Kollegin S. hat den Schlüssel für den Videorekorder verloren, der M. hat sie dann zur Rede gestellt ..."
Jetzt schreiben sie ganz wild mit!
"Sie können sich ja gar nicht vorstellen, wie bei uns über die Eltern hergezogen wird. Da fallen die schlimmsten Ausdrücke. Oder wie die Kinder als letzte Trottel abgekanzelt werden ..."
Der umsichtige Direktor, die dezenten Kollegen, die halbe Mannschaft geniert sich für die Gift speiende Lehrerin. Die Journalisten schreiben wie von Sinnen gepackt: "Die ganze Wahrheit. Bericht aus dem Lehrerzimmer."
Ich geniere mich.
"Lest doch einfach meinen Blog!", kann ich nicht sagen. Aber denken darf ich.
Im Lehrerzimmer werden Lehrer zu normalen Menschen, die Frust abladen, herumschimpfen, streiten und ... manchmal sogar ... lieben. Im Lehrerzimmer wird über den Direktor hergezogen (falls er nicht anwesend ist), über depperte Schüler und auch so manches Elternteil wird nicht verschont. Kollegen werden auch verwurstet. Im Lehrerzimmer liegen Dokumente herum, die nicht für die Öffentlichkeit gedacht sind, Prüfungsfragen und Zeugnisformulare etwa.
Für Aussenstehende, besonders für Schüler, strahlt das Lehrerzimmer den Charme eines unzugänglichen Hochsicherheitsbüros aus, das hat seine Gründe.
Manche Journalisten riechen fette Beute und versuchen sie zu ergattern. Zwei davon haben in der Direktion angerufen, ob sie wohl "ein bisserl hinter die Kulissen schnuppern dürfen."
Klar doch.
Der Direktor ist auch nicht auf der Nudelsuppe dahergeschwommen und alarmiert die Kollegenschaft. Die neugierigen Pressemenschen werden höflich empfangen und an zwei überlegte Kollegen weitergereicht.
"Gibt es auch interne Machtkämpfe, Streitereien unter den Lehrern?"
"Wie in jedem anderen Beruf ..."
"Fallen dann und wann auch unbedachte Äußerungen über Schüler oder Eltern?"
"Sie können sich ja vorstellen, dass es auch im Lehrkörper menschelt."
Nona-Fragen werden diplomatisch mit Nona-Antworten erledigt.
Die schreibende Zunft schreibt erst gar nicht mit. Sie ist an Sensationen interessiert, nicht am menschlichen Alltag. Da kommt ihnen der Zufall entgegen, es läutet zur Pause und eine Hundertschaft an Lehrern drängt in den engen Saal. Getratsche und Gequatsche und die Zeitungsleute spitzen ihre Ohren. Nach wenigen Sekunden haben sie ihr Opfer ausgemacht, eine vorlaute Kollegin, die hoch geladen aus der Klasse kommt und ihren Frust abladen will. Sie wird zum Interview gebeten, Balsam auf ihre gequälte Seele.
Die Fragen wiederholen sich, die Antworten ganz und gar nicht.
"Ach, was glauben Sie, was bei uns gestritten wird. Wegen jeder Kleinigkeit! Die Kollegin S. hat den Schlüssel für den Videorekorder verloren, der M. hat sie dann zur Rede gestellt ..."
Jetzt schreiben sie ganz wild mit!
"Sie können sich ja gar nicht vorstellen, wie bei uns über die Eltern hergezogen wird. Da fallen die schlimmsten Ausdrücke. Oder wie die Kinder als letzte Trottel abgekanzelt werden ..."
Der umsichtige Direktor, die dezenten Kollegen, die halbe Mannschaft geniert sich für die Gift speiende Lehrerin. Die Journalisten schreiben wie von Sinnen gepackt: "Die ganze Wahrheit. Bericht aus dem Lehrerzimmer."
Ich geniere mich.
"Lest doch einfach meinen Blog!", kann ich nicht sagen. Aber denken darf ich.
teacher - am Freitag, 30. November 2007, 20:37
stichi meinte am 2. Dez, 15:20:
Tja, was sagt man dazu? Am besten deinen einleitenden Satz: DAS LEHRERZIMMER IST TABU!
Und das sollte es auch bleiben. Was hat ein Journalist dort verloren? NIENTE!!!
teacher antwortete am 3. Dez, 10:46:
Stimmt schon, es ist der intimste Raum in der Schule. Nicht für die Öffentlichkeit bestimmt.So gesehen begehe ich hier auch Verrat. Schande über mich.
Nina (Gast) meinte am 2. Dez, 17:50:
Ah, das Lehrerzimmer. Ja, großes Tabu, ich habe es schrecklich gefunden, wenn ich über die Schwelle treten *musste* (selbst in Begleitung eines Lehrers), um etwas zu holen. Es hat ja doch etwas Mystisches. Ich habe nie den Drang gehabt, mich so weit vorzuwagen.Manchmal musste ich's dennoch, und sobald ein Schüler dort war, schwieg jeder. Ausnahmslos.
Jonas (Gast) antwortete am 2. Dez, 21:03:
Als Lehrerkind kam ich früher manchmal in den "Genuß" im Lehrerzimmer eine Weile warten zu müssen. Dadurch verliert es viel seines Glanzes ;) Aber ist das nicht was wert, genau zu wissen, dass Lehrer außerhalb ihrer Klasse ein Mensch wie jeder andere auch ist und nur die Notenvergabe ihm Macht verleiht? *g*Zumindest gab es einem etwas mehr Selbstbewußtsein in Diskussionen... ob das jetzt immer gut war lasse ich mal dahingestellt. :P
teacher antwortete am 3. Dez, 10:48:
Ich merke eher die Neugier in den Augen der Schüler. Und wenn sie einmal ins Lehrerzimmer vorgedrungen sind, dann entgeht ihnen nichts!
PeZwo meinte am 3. Dez, 15:36:
ich kann mir vorstellen, dass diese Kollegin mit diesem Interview in irgendeiner Form zur Aussenseiterin mutiert ist... oder war sie es vorher schon?
teacher antwortete am 3. Dez, 20:10:
Man hat ihr zu verstehen gegeben, dass sie zu "naiv" für die heutigen Medien sei und dass sie das Hirn einschalten soll, bevor sie den Mund aufmacht. Sie war entsprechend bedrückt.
a.m. (Gast) antwortete am 5. Dez, 14:18:
"Menscheln"
Naivität hin oder her. So wie ein Lehrer vorher dem Journalisten berichtete: Lehrer sind ja auch nur Menschen, und es menschelt genauso wie in jedem anderen Beruf. Und mehr hat der Journalist ja auch nicht durch diese quasi zur Sensation gemachte Story erfahren. Herumgeschimpfe hinter dem Rücken anderer gibt es überall. Na und? Soll man sich dafür schämen? Das ist menschlich, zu nörgeln (vor allem von Wienern ;-)Die Schüler machen das gleiche über die Lehrer, den Direktor und manchmal auch über die Eltern. Dann mutiert das Klassenzimmer zu einem Taburaum, wenn der Lehrer aus der Klasse gegangen ist.
Und hätte der Journalist überhaupt über die Schule etwas geschrieben in seiner Zeitung, wenn es KEINE Sensationstory gegeben hätte? Ich glaube kaum. Wenn man Zeitung liest, dann liest man eigentlich (fast ausschließlich) über eher ungewöhnliche im Alltag aber eher gewöhnliche Dinge. Ist in der Politik, in der Wirtschaft (z.B. das Lästern zwischen Unternehmen, oder Ausplaudern von sogenannten firmeninternen Geheimnissen) auch nicht anders. Es menschelt überall in jedem Bereich einer Zeitung.
teacher antwortete am 5. Dez, 19:52:
Professionell würde man aber solche negative Meldungen verhindern, was wir auch versucht haben. Nur kann man den Lehrern den Mund nicht verbieten, in anderen Unternehmern ist das kein Problem.
maschi meinte am 4. Dez, 12:08:
Andere Frage.
Hat die "Gift speiende" Kollegin mit ihren Beobachtungen recht gehabt? Hat sich diese Frage auch jemand gestellt? Und wenn sie zumindest teilweise nachvollziehbare Aussagen gemacht hat... muss man sich für die Wahrheit denn unbedingt genieren?
teacher antwortete am 4. Dez, 18:13:
Darüber können wir intern diskutieren. Natürlich wird geschimpft und gestritten, wie überall, wo 100 Leute ihren Frust abladen. Aber das macht vielleicht 5 % unserer Gespräche aus und daraus stricken dann Zeitungen ihre Enthüllungen. Wen interessieren dann die hunderten seriösen Themen, die auch besprochen werden?
maschi antwortete am 4. Dez, 18:22:
Medienkompetenz?
Ich hätte da mehr Vertrauen in die Leser und deren Medienkompetenz. Es ist sowohl amüsant zu lesen, dass solche Dinge (natürlich) auch im Allerheiligsten besprochen werden und gleichzeitig vermutet wohl auch jeder, dass das sicher nicht die einzigen Themen unter Lehrern sein werden. Relax! ;)
teacher antwortete am 4. Dez, 19:54:
Warum leisten sich große Unternehmen, Parteien, Vereine ... Mediensprecher? Damit solche "Katastrophen-Meldungen" verhindert werden. Gerade Schule braucht wieder positive Berichterstattung, um aus ihrem Image-Tief rauszufinden. Wir bräuchten eine gute Werbekampagne, um unsere Bedeutung und Leistung darzustellen, wir bekommen das genaue Gegenteil, weil unsere Mitarbeiter einfach zu wenig darüber nachdenken.
amadea (Gast) meinte am 5. Dez, 13:07:
War das wirklich so oder übertreibst du? Schlimm ist das - Und was für eine Kollegin ist das? Und wie reagiert ihr nun darauf? Einfach so hinnehmen? Das kann's doch nicht sein!das Wort "vorlaut" scheint mir sehr unpassend.
teacher antwortete am 5. Dez, 19:49:
Ich spitze die Dinge ein bisserl zu, aber im Grunde ist es so gelaufen. Wir können das nicht mehr rückgängig machen, wir warten jetzt gespannt den Zeitungsartikel ab.Die gute Frau war unbedacht laut, passt da "vorlaut" nicht?
Pauker (Gast) antwortete am 6. Dez, 09:41:
Hallo amadea,ich denke auch, das eine solche Kollegin intern abgestraft wird. Ein solch unprofessionelles Verhalten in der Öffentlichkeit bzw. vor der Presse ist eine nicht zu entschuldigende Unverantwortlichkeit
.peter meinte am 6. Dez, 15:53:
was denn, deine Kollegen kennen deinen Blog nicht?
walküre meinte am 6. Dez, 18:32:
Vielleicht
sollte man der Kollegin gelegentlich erklären, was der Begriff "Loyalität" bedeutet ?