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cotopaxi

 
Diese Dritte hat es in sich - eine reine Bubenklasse, kaum zu bändigen. Testosteron, das man riechen kann, nennen sie "böckeln" (kommt von Bock, wie Ziegenbock). Also dort böckelt es gewaltig, besonders nach einer ungeduschten Turnstunde. Ich darf meine Mittagspause mit ihnen verbringen.

Wir kommen zum Thema "Hooligans", seit den jüngsten Ausschreitungen im Wiener Rapid-Stadion kennt die Straße neben den Fakten auch den Begriff.

"Da hat es eine englische Familie gegeben, die hat bei Fußballspielen immer Radau gemacht, die Hooligans!", behauptet einer in der zweiten Reihe, dem alle anderen bereitwillig Glauben schenken. Typ Internetfreak mit cooler Brille, langen Haaren, groß und selbstbewusst. Opinion leader, Alphatier. Klare Sache.

"Woher hast Du das?", frage ich nach.
"Hab ich mal in der Wikipedia gelesen ... weil's mich interessiert hat", hängt er seiner Erklärung eine Entschuldigung an. Für die Fans!

Schön, denke ich, dass der Lehrer auch was lernen kann. Diese Idealvorstellung geistert doch seit Jahren durch die Bildungslandschaft: "Die Lehrer sollen mal zuhören, die können so viel profitieren von ihren Kindern!"

Zu Hause werfe ich den alten Rechner an und starte die Wikipedia:

"Der Begriff Hooligan geht auf eine irische Familie namens O‘Hoolihan zurück, die sich im 19. Jahrhundert vor allem wegen heftiger Prügeleien einen derart üblen Ruf erworben hatte, dass sie später sogar in einem Trinklied besungen wurden."

Kontrolle ist besser.
caliente_in_berlin meinte am 5. Jun, 20:05:
Oh ja, Kontrolle ist besser. Mein Prof, der zu mir meinte: "Auch ich lese Eure Arbeiten immer mit dem Duden durch, da müssen wir eben durch seit der neuen Rechtschreibung", strich mir gestern einen Fehler an. Ich suchte sofort passende Seite im Duden und siehe da, ICH hatte recht ;-) 
Sternenstaub meinte am 5. Jun, 20:14:
ja, ja immer diese Kontrollfreaks ;) 
teacher antwortete am 6. Jun, 08:37:
Kontrolle bestätigt sich ja von selbst. Wer kontrolliert, findet (fast immer) einen Grund, das Richtige getan zu haben. Wer nicht kontrolliert, wird auch keinen Grund finden.
Damit haben beide subjektiv Recht. 
walküre meinte am 5. Jun, 23:40:
In diesem Alter
vermischen sich Fakten noch recht gerne mit üppig sprießender Fantasie, und zwar, ohne dass sich dahinter üble Absichten verbergen. Für den Buben musste Fußball zwangsläufig mit der Thematik verwoben sein (unter anderem, weil Kinder seiner Altersstufe nur sehr selten weiter zurückliegende geschichtliche Fakten in aktuellen Kontext einordnen können (200 Jahre - eine halbe Ewigkeit !)). Und falls jetzt wieder mal ein Kommentator auf die Idee kommt, ich sei im Lehramt tätig, so muss ich ihn enttäuschen, aber das nur am Rande bemerkt. 
teacher antwortete am 6. Jun, 15:45:
Man kann sich auf wenig gesprochene Information wirklich verlassen. Es wird so viel so schnell gesagt.
Manchen Kindern ist es gar nicht mehr bewusst, dass sie irgend eine Vermutung als Tatsache verkaufen. Das fällt mir immer mehr auf. Daher schwindet da mein Vertrauen rapide.
P.S.: Ausserdem sind das unwichtige Fakten, die jeder schnell wieder aus dem Gedächnis verdrängt. Englisch oder irisch, Fußball oder sonst wo, was solls. 
elfmeter meinte am 6. Jun, 00:07:
Halbwissen
Kontrolle ist besser, sagst Du?
Warum schaust Du dann im Wikipedia nach und nicht im Duden oder einem anderen Standardwerk nach?

Ich möchte mal auf diesen falschen Wikipediaeintrag verweisen, den ich seit fast einem Jahr beobachte:
Camaro BJ. 1969 mit 425,2 PS. Tatsächlich gibt es keine Komma 2 PS.

Im Duden findet man folgendes über Hooligans:
... In der 2. Hälfte des 20. Jh.s taucht das Wort im Zusammenhang mit Krawallen in Fußballstadien auf, zunächst in Bezug auf englische, später auch auf deutsche Fußballrowdys. Die Herkunft des Wortes Hooligan ist ungeklärt, möglicherweise geht es zurück auf eine gleichnamige irische Familie, deren Mitglieder notorische Raufbolde gewesen sein sollen.
Duden - Das Herkunftswörterbuch, 3. Aufl. Mannheim 2001


Ich finde sehe schon einen Unterschied, wenn eine Geschichte von dem Wort "MÖGLICHERWEISE" begleitet wird oder einfach als Tatsache hingestellt wird.

Klar, Wikipedia ist einfach und interessant. Aber es gibt auch Applikationen wie die OfficeBibliothek, die Standardwerke wie Duden, Brockhaus, ... in digitaler Form bietet. 
tyndra (Gast) antwortete am 6. Jun, 07:00:
da hast du recht,
wikipedia wird oft schon als bibel gebraucht, ohne sich bewusst zu machen, was es EIGENTLICH ist. trotzdem ein brauchbares nachschlagewerk - aber auch hier ist kontrolle besser :) 
teacher antwortete am 6. Jun, 08:35:
Ich freu mich über jeden, der die Wikipedia kritisch(!) einsetzt.
In dem Fall hat mir der Bursche die Quelle selbst genannt ... und daher habe ich dort nach gelesen. Dort finden sich auch noch alternative Erklärungen, die ich gar nicht angeführt habe.
In meinem (alten) Brockhaus habe ich gar nicht gesucht, weil ich dachte, dass das Wort damals noch keine nennenswerte Bedeutung hatte. Der große Vorteil von Wikipedia ist halt, dass sie sehr aktuell ist.
P.S. Der Duden, die EB, der Brockhaus etc. machen genau so viele Fehler wie die Wikipedia. 
tyndra (Gast) antwortete am 6. Jun, 08:41:
ehrlich?
ich dachte immer, die alt-ehrwürdigen wären wesentlich sorgfältiger im recherchieren dessen, was sie veröffentlichen. so kann frau sich täuschen! 
planeten.blogg.de (Gast) antwortete am 6. Jun, 11:31:
Wikipedia schlechter als Brockhaus?
Lieber elfmeter

Wenn Du meinst einen Fehler in Wikipedia gefunden zu haben. Dann verbesser den doch! Herrjeh, dafür ist doch Wikipedia da und so funktioniert dieses Nachschlagewerk überhaupt und macht es genau dadurch u. U. besser als Standardnachschlagewerke wie Brockhaus oder ähnliche Enzyklopdien.

Denn auch wenn es die Verlage nicht gerne zugeben. In jedem Brockhaus finden sich Fehler bzw. missverständliche und unvollständige Einträge. Es ist ja schließlich ein von Menschen gemachtes Werk. Irren ist menschlich und bei sovielen Einträgen übersieht man leicht etwas oder verschreibt sich. D.h. auch der Brockhaus ist keine Bibel.

Berühmt geworden ist z.B. der Fehler, dass Spinat viel Eisen enthält - was zur Traumatisierung ganzer Kindergenerationen führte ;-)

Diese Behauptung wurde in die Welt gesetzt, weil jemand den Eisengehalt von getrocknetem Spinat auf frischen Spinat übertrug, der aber dummerweise zu ca. 90% aus Wasser besteht. Der Fehler fand Eingang in ein Nachschlagewerk, wurde von anderen Lexika abgeschrieben und weiterverbreitet (und das über Jahrzehnte).

Mit Wikipedia wäre das (vielleicht) nicht passiert ;-) 
teacher antwortete am 6. Jun, 15:35:
@tyndra:
Eine natuwissenschaftliche Fachzeitschrift aus England (Name vergessen) hat einen Vergleich gemacht zw. EB und Wikipedia - sie hatten ungefähr gleich viele Fehler.
@planeten:
Genauso funktionierte es. Ich habe es mit einer Klasse auch im Unterricht gemacht - Innerhalb von 5 Minuten war der Artikel korrigiert. Welch ein Erfolgserlebnis! 
Seher (Gast) antwortete am 13. Jun, 01:57:
Brockhaus
ich habe den sogenannten Volksbrockhaus daheim - Ausgabe 1938. Abgesehen von der rein wissenschaftlichen Entwicklung seit dieser Zeit, willst wirklich wissen was da für ein Unsinn drinnen steht? Glaubst Du es gibt heute irgendeinen Grund warum ein Nachschlagewerk besser geworden ist? Nachschlagewerke sind immer zuerst auch Spiegel ihrer Zeit. Voila, Wikipedia kann man wenigstens auch als Leser verbessern. 
Seher (Gast) antwortete am 13. Jun, 02:04:
Wikipedia
Wer im Wiki einen Fehler findet möge diesen auch ausbessern. Geben und nehmen heißt die Devise, nicht schauen und blöd reden. Sorry, aber das scheint so ein Grundproblem zu ein.

Wer den Artikel zu den Hooligans aufmerksam gelesen hat, wird vielleicht gemrkt haben, dass sehr wohl unterschiedliche Thesen zur Entstehung des Begriffs aufgezeigt werden. Kontrolliert die Kontrolle, gell? 
teacher antwortete am 13. Jun, 08:20:
Das hab' ich nebenbei erwähnt. 
 

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