"Kannst Du im Festsaal den Beamer checken?
"Was ist los?"
"Man sieht nur einen blauen Schirm ..."
Ich begleite den Kollegen und hänge zum Testen ein Notebook an das VGA-Kabel.
Bluescreen.
Wir probieren verschiedene Einstellungen, weit über die Pause hinaus, aber SchülerInnen in den Klassen warten gerne auf verspätete Lehrer. Rauf auf den Tisch, Steckverbindungen prüfen, das wars.
"Brauchst Du den Beamer für eine Aufführung?" frage ich den Kollegen.
"Nein, das Theater ist zusammengebrochen."
"Warum das?"
"Ach, weißt Du. Zuerst haben wir das Stück ausgesucht, dann die Schauspieler, und zur ersten Probe sind ganze ZWEI Schüler gekommen."
"Ich kenne das, da muss man motivieren, Druck machen, jedes Mal alle ansprechen ..."
"Ja. Schon. Aber wenn sie nicht wollen! Ich zwinge niemanden, das muss ja Freude machen."
Der Beamer geht wieder, unser Schultheater nicht mehr. Und zum Schaden kommt der Spott:
"Du hättest halt einen Model-Contest organisieren sollen. Laufsteg statt Bühne, das kommt cool."
"Oder individualisieren - jedem seine eigene Hauptrolle ..."
"Was ist los?"
"Man sieht nur einen blauen Schirm ..."
Ich begleite den Kollegen und hänge zum Testen ein Notebook an das VGA-Kabel.
Bluescreen.
Wir probieren verschiedene Einstellungen, weit über die Pause hinaus, aber SchülerInnen in den Klassen warten gerne auf verspätete Lehrer. Rauf auf den Tisch, Steckverbindungen prüfen, das wars.
"Brauchst Du den Beamer für eine Aufführung?" frage ich den Kollegen.
"Nein, das Theater ist zusammengebrochen."
"Warum das?"
"Ach, weißt Du. Zuerst haben wir das Stück ausgesucht, dann die Schauspieler, und zur ersten Probe sind ganze ZWEI Schüler gekommen."
"Ich kenne das, da muss man motivieren, Druck machen, jedes Mal alle ansprechen ..."
"Ja. Schon. Aber wenn sie nicht wollen! Ich zwinge niemanden, das muss ja Freude machen."
Der Beamer geht wieder, unser Schultheater nicht mehr. Und zum Schaden kommt der Spott:
"Du hättest halt einen Model-Contest organisieren sollen. Laufsteg statt Bühne, das kommt cool."
"Oder individualisieren - jedem seine eigene Hauptrolle ..."
teacher - am Donnerstag, 28. Januar 2010, 19:50
Christine ist 49+, geschieden und auf Partnersuche. Schlank, hübsch, sympathisch. Kinder aus dem Haus, Wohnung im Schuss. Alfa in der Garage, Romeo fehlt.
Ein bisschen zu ruhig, eine Spur zu konservativ, aber ihr größtes Handicap ist ihr Beruf.
Ein Mann meldet sich per mail:
"Und was machst Du so im Leben?"
"Ich bin Lehrerin."
"Lehrerin? Mag ich nicht. Tschüss."
Christine wird zu einer Geburtstagsfeier eingeladen, die Gäste kommen ins Gespräch:
"Und was machst Du so?"
"Ich bin Lehrerin."
"Muss ich mich jetzt wegsetzen?"
Christine hat nicht Cholera. Sie ist Lehrerin.
Ein bisschen zu ruhig, eine Spur zu konservativ, aber ihr größtes Handicap ist ihr Beruf.
Ein Mann meldet sich per mail:
"Und was machst Du so im Leben?"
"Ich bin Lehrerin."
"Lehrerin? Mag ich nicht. Tschüss."
Christine wird zu einer Geburtstagsfeier eingeladen, die Gäste kommen ins Gespräch:
"Und was machst Du so?"
"Ich bin Lehrerin."
"Muss ich mich jetzt wegsetzen?"
Christine hat nicht Cholera. Sie ist Lehrerin.
teacher - am Sonntag, 24. Januar 2010, 20:38
"Diese Woche werde ich aus meinem Kalender streichen", sagt die Praktikantin, die zum ersten Mal an Prüfungen, Noten und Zeugnissen (zum Semesterschluss) arbeitet.
"Ich habe letzte Woche noch zwei Förderstunden gehalten, aber alles umsonst."
"Wieso?"
"Die Ergebnisse sind echt enttäuschend."
"Bereiten wir noch die morgigen Prüfungen vor?"
"Ja, unbedingt. Ich bin mir so unsicher - wir haben an der Uni nie gelernt zu prüfen und zu beurteilen."
"Ich auch nicht. Ich habe von Kollegen abgeschaut, herumgefragt, verschiedenes ausprobiert. Ich kann nur meine Erfahrung weitergeben ..."
"Passen die Fragen so?"
"Die erste Frage ist zu eng gestellt. Die lässt sich mit drei Worten beantworten. Die müssen wir weiter fassen ... oder eine dritte Frage dazunehmen."
"Und die zweite?"
"Ja, die passt. Schreiben Sie noch zusammen, was sie alles erwarten. Damit können Sie vergleichen, wie viel der Schüler gewusst hat. Das gibt Sicherheit beim Benoten."
"Können Sie in die Stunde mitkommen ... ich hätte gerne Ihre Meinung gehört. Und falls was schiefgeht ..."
"Ja, machen wir."
Prüfen ist verantwortungsvolle und unangenehme Arbeit, kein Spaß.
"Ich habe letzte Woche noch zwei Förderstunden gehalten, aber alles umsonst."
"Wieso?"
"Die Ergebnisse sind echt enttäuschend."
"Bereiten wir noch die morgigen Prüfungen vor?"
"Ja, unbedingt. Ich bin mir so unsicher - wir haben an der Uni nie gelernt zu prüfen und zu beurteilen."
"Ich auch nicht. Ich habe von Kollegen abgeschaut, herumgefragt, verschiedenes ausprobiert. Ich kann nur meine Erfahrung weitergeben ..."
"Passen die Fragen so?"
"Die erste Frage ist zu eng gestellt. Die lässt sich mit drei Worten beantworten. Die müssen wir weiter fassen ... oder eine dritte Frage dazunehmen."
"Und die zweite?"
"Ja, die passt. Schreiben Sie noch zusammen, was sie alles erwarten. Damit können Sie vergleichen, wie viel der Schüler gewusst hat. Das gibt Sicherheit beim Benoten."
"Können Sie in die Stunde mitkommen ... ich hätte gerne Ihre Meinung gehört. Und falls was schiefgeht ..."
"Ja, machen wir."
Prüfen ist verantwortungsvolle und unangenehme Arbeit, kein Spaß.
teacher - am Mittwoch, 20. Januar 2010, 21:12
Franz K. berichtet aus seiner grauen Anstalt, einer bürokratischen und politisierten Mühle, die alle und alles verschlingt. Zerbricht.
Kennt man von wo.
In einer modernen Version steckt Franz K. geduldig gängige Vorwürfe ein:
- "Ist doch Blödsinn, was Du erzählst."
- "Du hast doch keine Ahnung vom wirklichen Leben."
- "Dumm, faul und vorgestrig seid ihr."
Ist zu ertragen, wenn man die Ursachen des Unmuts versteht. Was ihn regelmäßig aus der Bahn wirft, ist ein ebenso simples wie verständliches Ansinnen seiner Leser(m/w):
"Schreib doch von den schönen Seiten deines Berufes."
Wollt ihr Witze aus dem GULAG?
Kennt man von wo.
In einer modernen Version steckt Franz K. geduldig gängige Vorwürfe ein:
- "Ist doch Blödsinn, was Du erzählst."
- "Du hast doch keine Ahnung vom wirklichen Leben."
- "Dumm, faul und vorgestrig seid ihr."
Ist zu ertragen, wenn man die Ursachen des Unmuts versteht. Was ihn regelmäßig aus der Bahn wirft, ist ein ebenso simples wie verständliches Ansinnen seiner Leser(m/w):
"Schreib doch von den schönen Seiten deines Berufes."
Wollt ihr Witze aus dem GULAG?
teacher - am Samstag, 16. Januar 2010, 11:23
Ich werde ihn nicht vergessen, meinen Medienpädagogen an der Uni:
"Macht euch keine Sorgen, wenn sie die dümmsten Serien anschauen."
Wir machten uns Sorgen.
"Gerade die dümmsten Serien sind unglaublich komplex. Da taucht in der 68. Folge die Schwester vom Ex-Gatten der neuen Schulfreundin auf und tritt deren Schwager in den Hintern. Wer? Wo? Warum? Diese Handlungsstränge zu verfolgen, das ist eine intellektuelle Herausforderung."
Der Pädagoge zitierte die "Sleeper Curve" und wir machten uns immer noch Sorgen.
Ich habe die 3.Klasse abstimmen lassen, wie sie ihre "Weihnachststunde" gestalten will. Eine wilde Streiterei. Spiele? Bäckereien? Chillen? Heraus kam ein Video: "Marley und ich", eine seicht-romantische Hundekomödie. OK.
Wenn ich meine SchülerInnen beim Videoschauen beobachte, muss ich feststellen: Viele wollen nebenbei tratschen und spielen, sie wollen den Film bloß im Hintergrund plätschern sehen, als Begleitmedium nutzen. So wie wir das vom Radio beim Frühstücken gewohnt sind.
Meine erste Reaktion: "Wenn ihr tratscht, Leute, dann können wir nichts verstehen, dann brauchen wir nicht schauen."
Hat früher abschreckend gewirkt. Ist heute sinnlos. Nach wenigen Minuten fallen sie in ihre Gewohnheit zurück, kommentieren, imitieren, kritisieren, fragen, erzählen, vergleichen ... stören.
Dann habe ich angeboten: "Wir tratschen will, der muss hinaus, auf den Gang."
Niemand ist gegangen, aber beim Videoschauen wird weiter getratscht. Mir geht das auf den Keks, ich möchte zuhören und ich möchte das auch anderen Interessierten ermöglichen.
Geht nicht, ich müsste schreien, strafen ... damit wir in Ruhe (!) Video schauen und hören können. Das kann es wohl nicht sein.
Meine Hypothese:
Wir Alten wollen einen Film ganz sehen und ganz verstehen: Bilder, Texte, Inhalte. Zusammenhänge erkennen, Hintergründe erahnen, Überraschungen erleben.
Die Jungen poltern lieber von einem Gag zum anderen. Die Story ist Nebensache, "Action" muss sein. Sie fragen nicht nach dem Sinn eines Filmes, nach den Absichten des Regisseurs, sie fordern bunte, schnelle, krasse Bilder ohne Wenn und Aber.
Deswegen mache ich mir Sorgen, Herr Univ.-Prof.!
Stimmt schon, auch die dümmsten Fernsehserien können komplexe Zusammenhänge haben. Aber meine SchülerInnen warten bloß auf die nächste Actionszene, den nächsten Gag, den geilsten Coup aller Zeiten. Dazwischen, vor allem bei gesprächslastigen Szenen, wird getratscht.
Nach der Pause kommt eine Abordnung der 3.Klasse zu mir:
"Wir würden lieber Sky High anschauen?"
Marley war zu fad - zu viele Dialoge. Zu wenig Explosionen. Abbruch.
Es ist Weihnachten ... und bei den Actionszenen von "Sky High" ist es wirklich ruhig geworden in der Klasse: Bumm.
Ich mache mir weiter Sorgen.
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SCHÖNE WEIHNACHTEN, liebe Leute. Ich mag euch.
"Macht euch keine Sorgen, wenn sie die dümmsten Serien anschauen."
Wir machten uns Sorgen.
"Gerade die dümmsten Serien sind unglaublich komplex. Da taucht in der 68. Folge die Schwester vom Ex-Gatten der neuen Schulfreundin auf und tritt deren Schwager in den Hintern. Wer? Wo? Warum? Diese Handlungsstränge zu verfolgen, das ist eine intellektuelle Herausforderung."
Der Pädagoge zitierte die "Sleeper Curve" und wir machten uns immer noch Sorgen.
Ich habe die 3.Klasse abstimmen lassen, wie sie ihre "Weihnachststunde" gestalten will. Eine wilde Streiterei. Spiele? Bäckereien? Chillen? Heraus kam ein Video: "Marley und ich", eine seicht-romantische Hundekomödie. OK.
Wenn ich meine SchülerInnen beim Videoschauen beobachte, muss ich feststellen: Viele wollen nebenbei tratschen und spielen, sie wollen den Film bloß im Hintergrund plätschern sehen, als Begleitmedium nutzen. So wie wir das vom Radio beim Frühstücken gewohnt sind.
Meine erste Reaktion: "Wenn ihr tratscht, Leute, dann können wir nichts verstehen, dann brauchen wir nicht schauen."
Hat früher abschreckend gewirkt. Ist heute sinnlos. Nach wenigen Minuten fallen sie in ihre Gewohnheit zurück, kommentieren, imitieren, kritisieren, fragen, erzählen, vergleichen ... stören.
Dann habe ich angeboten: "Wir tratschen will, der muss hinaus, auf den Gang."
Niemand ist gegangen, aber beim Videoschauen wird weiter getratscht. Mir geht das auf den Keks, ich möchte zuhören und ich möchte das auch anderen Interessierten ermöglichen.
Geht nicht, ich müsste schreien, strafen ... damit wir in Ruhe (!) Video schauen und hören können. Das kann es wohl nicht sein.
Meine Hypothese:
Wir Alten wollen einen Film ganz sehen und ganz verstehen: Bilder, Texte, Inhalte. Zusammenhänge erkennen, Hintergründe erahnen, Überraschungen erleben.
Die Jungen poltern lieber von einem Gag zum anderen. Die Story ist Nebensache, "Action" muss sein. Sie fragen nicht nach dem Sinn eines Filmes, nach den Absichten des Regisseurs, sie fordern bunte, schnelle, krasse Bilder ohne Wenn und Aber.
Deswegen mache ich mir Sorgen, Herr Univ.-Prof.!
Stimmt schon, auch die dümmsten Fernsehserien können komplexe Zusammenhänge haben. Aber meine SchülerInnen warten bloß auf die nächste Actionszene, den nächsten Gag, den geilsten Coup aller Zeiten. Dazwischen, vor allem bei gesprächslastigen Szenen, wird getratscht.
Nach der Pause kommt eine Abordnung der 3.Klasse zu mir:
"Wir würden lieber Sky High anschauen?"
Marley war zu fad - zu viele Dialoge. Zu wenig Explosionen. Abbruch.
Es ist Weihnachten ... und bei den Actionszenen von "Sky High" ist es wirklich ruhig geworden in der Klasse: Bumm.
Ich mache mir weiter Sorgen.
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SCHÖNE WEIHNACHTEN, liebe Leute. Ich mag euch.
teacher - am Mittwoch, 23. Dezember 2009, 10:12
Ehrlich, wir freuen uns ganz ehrlich. Obwohl anderes behauptet wird.
"Berufliche Quereinsteiger als Lehrer", titelt die Wiener Zeitung am Wochenende.
Wir freuen uns, weil wir ...
1. weniger Überstunden halten müssen
2. frische Ideen in die Schule kommen
3. viel zum Grinsen haben
Die Quereinsteiger sind längst da, ihre Erfahrungen sehr unterschiedlich.
"Nein, das dürfen Sie nicht machen", lasse ich keinen Zweifel zu.
Die Versicherungsmathematikerin hatte einen vorlauten Schüler vor die Klassentür gestellt, "rausgeschmissen", würden wir sagen. Der Junge hat sich erfolgreich gewehrt.
"Wie soll ich sonst für Ruhe sorgen?" fragt sie Mitleid erregend.
Bloß fühlt sich kein Kollege berufen, das in einer Fünf-Minuten-Pause zu klären. Oft wissen wir es selber nicht.
Besser ergeht es der Psychologin mit eigener Praxis, die sich in der Schule ein paar sichere Euros dazuverdienen will:
"Ich bin ausschließlich mit Problemen konfrontiert, da wundert mich in den Klassen nichts mehr."
Gute Voraussetzungen.
Der gelernten Historikerin kann man hingegen beim Verwelken zusehen. Völlig überraschend hat sie gleich sechs Klassen zum Unterrichten bekommen und läuft verstört im Haus herum. Von Pädagogik hat sie keine Ahnung, Kinder kennt sie nur aus dem Fernsehen, Schule wird ihr zur Qual.
Sie weiß nicht, wer ihr helfen kann. Wir auch nicht.
Wir freuen uns zu sehen, wie die Fachkräfte aus der freien Wirtschaft reelle Einblicke in die Schule bekommen: Knallhart, persönlich, dauerhaft. Unser Image wird nicht leiden.
"Berufliche Quereinsteiger als Lehrer", titelt die Wiener Zeitung am Wochenende.
Wir freuen uns, weil wir ...
1. weniger Überstunden halten müssen
2. frische Ideen in die Schule kommen
3. viel zum Grinsen haben
Die Quereinsteiger sind längst da, ihre Erfahrungen sehr unterschiedlich.
"Nein, das dürfen Sie nicht machen", lasse ich keinen Zweifel zu.
Die Versicherungsmathematikerin hatte einen vorlauten Schüler vor die Klassentür gestellt, "rausgeschmissen", würden wir sagen. Der Junge hat sich erfolgreich gewehrt.
"Wie soll ich sonst für Ruhe sorgen?" fragt sie Mitleid erregend.
Bloß fühlt sich kein Kollege berufen, das in einer Fünf-Minuten-Pause zu klären. Oft wissen wir es selber nicht.
Besser ergeht es der Psychologin mit eigener Praxis, die sich in der Schule ein paar sichere Euros dazuverdienen will:
"Ich bin ausschließlich mit Problemen konfrontiert, da wundert mich in den Klassen nichts mehr."
Gute Voraussetzungen.
Der gelernten Historikerin kann man hingegen beim Verwelken zusehen. Völlig überraschend hat sie gleich sechs Klassen zum Unterrichten bekommen und läuft verstört im Haus herum. Von Pädagogik hat sie keine Ahnung, Kinder kennt sie nur aus dem Fernsehen, Schule wird ihr zur Qual.
Sie weiß nicht, wer ihr helfen kann. Wir auch nicht.
Wir freuen uns zu sehen, wie die Fachkräfte aus der freien Wirtschaft reelle Einblicke in die Schule bekommen: Knallhart, persönlich, dauerhaft. Unser Image wird nicht leiden.
teacher - am Samstag, 19. Dezember 2009, 15:30
"Versuch's mit paradoxer Intervention."
"Geh! Das funktioniert in der Einzeltherapie, aber nicht mit ganzen Klassen."
Kollegin Z. ist am Ende ihrer Motivationskraft, sie prallt in ihrer Klasse an eine stumme Wand und schildert im Besprechungszimmer den Frust, an dem sie leidet. Ein erfahrener Kollege schlägt ihr vor, wie sie damit umgehen könnte - "paradoxe Intervention" - aber meine Interpretation fällt anders aus:
"Schau, die Z. will sich ihren Frust abreden. Dein männlicher Reflex, gleich Lösungen vorzuschlagen, muss ins Leere gehen."
"Wenn Du das sagst!"
"Ja. Aber mich würde dein Vorschlag interessieren."
"Du musst paradox reagieren, um Bewusstsein zu schaffen. Also wenn die Klasse kollektiv die Mitarbeit verweigert, dann musst du dieses Verhalten spiegeln. Du gehst in die Klasse ... aber verweigerst selbst die Arbeit. Probier's einmal."
Der Pausengong unterbricht unsere Besprechung, wir müssen an die Arbeit. Aber mein Gehirn strickt an dem Vorschlag weiter, bis ich den Kollegen in der nächsten Pause erwischen kann.
"Paradoxe Intervention? Das ist eine überhebliche, nutzlose Übung", werfe ich ihm provokant ins Gesicht.
"Gar nicht. Die Kinder werden erkennen, was wir hier an der Schule gemeinsam tun sollen."
"Du gehst davon aus, dass wir Lehrer Recht haben, dass wir in der Schule Sinn schaffen. Aber mir kommt es vor wie in den 68ern. Da haben auch die Alten geglaubt, die richtige Einstellung verteidigen zu müssen - und die Jungen haben rebelliert. Zu Recht rebelliert."
"Lieber teacher. Dann geht es hier um deine eigene Motivation, nicht um die Motivation der Schüler."
"Genau so ist. Wenn ich hier entscheiden könnte, was und wie zu unterrichten ist, dann würde ich völlig anders agieren."
"Tu's doch!"
"Geht nicht. Und die meisten Kollegen sind noch lange nicht so weit. Sie tun einfach, was sie immer getan haben, was sie glauben, tun zu müssen, was in den Büchern und Gesetzen steht."
Wer ist hier der Überhebliche?
"Geh! Das funktioniert in der Einzeltherapie, aber nicht mit ganzen Klassen."
Kollegin Z. ist am Ende ihrer Motivationskraft, sie prallt in ihrer Klasse an eine stumme Wand und schildert im Besprechungszimmer den Frust, an dem sie leidet. Ein erfahrener Kollege schlägt ihr vor, wie sie damit umgehen könnte - "paradoxe Intervention" - aber meine Interpretation fällt anders aus:
"Schau, die Z. will sich ihren Frust abreden. Dein männlicher Reflex, gleich Lösungen vorzuschlagen, muss ins Leere gehen."
"Wenn Du das sagst!"
"Ja. Aber mich würde dein Vorschlag interessieren."
"Du musst paradox reagieren, um Bewusstsein zu schaffen. Also wenn die Klasse kollektiv die Mitarbeit verweigert, dann musst du dieses Verhalten spiegeln. Du gehst in die Klasse ... aber verweigerst selbst die Arbeit. Probier's einmal."
Der Pausengong unterbricht unsere Besprechung, wir müssen an die Arbeit. Aber mein Gehirn strickt an dem Vorschlag weiter, bis ich den Kollegen in der nächsten Pause erwischen kann.
"Paradoxe Intervention? Das ist eine überhebliche, nutzlose Übung", werfe ich ihm provokant ins Gesicht.
"Gar nicht. Die Kinder werden erkennen, was wir hier an der Schule gemeinsam tun sollen."
"Du gehst davon aus, dass wir Lehrer Recht haben, dass wir in der Schule Sinn schaffen. Aber mir kommt es vor wie in den 68ern. Da haben auch die Alten geglaubt, die richtige Einstellung verteidigen zu müssen - und die Jungen haben rebelliert. Zu Recht rebelliert."
"Lieber teacher. Dann geht es hier um deine eigene Motivation, nicht um die Motivation der Schüler."
"Genau so ist. Wenn ich hier entscheiden könnte, was und wie zu unterrichten ist, dann würde ich völlig anders agieren."
"Tu's doch!"
"Geht nicht. Und die meisten Kollegen sind noch lange nicht so weit. Sie tun einfach, was sie immer getan haben, was sie glauben, tun zu müssen, was in den Büchern und Gesetzen steht."
Wer ist hier der Überhebliche?
teacher - am Dienstag, 15. Dezember 2009, 20:22
Unterricht.
Lehrer: hust, hust
Schüler: "Mit diesem Husten können Sie in Holland um Sterbehilfe ansuchen!"
Klasse: brüll
Winter. Unterricht.
Lehrer: hust, hust
Schüler: "Mit diesem Husten können Sie in Holland um Sterbehilfe ansuchen!"
Klasse: brüll
Winter. Unterricht.
teacher - am Samstag, 12. Dezember 2009, 16:17
Der österreichische Philosoph Konrad Paul Liessmann sagt in einem Interview zu den Studentenprotesten ganz offen: "In Wirklichkeit interessiert Bildung niemanden." Das interessiert mich.
Wer sind die so genannten Stakeholder im System? Wen sollte Bildung interessieren?
Eltern, Kinder, Lehrer, Wirtschaft, Politik.
Eltern haben Wichtigeres zu tun: Sie müssen Geld verdienen, Karriere machen, sich verwirklichen. Sie wollen ihre Kinder einfach abgeben und sind froh, wenn sie ihre Ruhe haben. Daher kommt der Trend zur Ganztagsschule, zu den Nachhilfeinstituten, zum schulfreien Wochenende. Zum ganztägigen Fernsehen auch.
Übrigens: Ihre Pension bekommen sie von der Sozialversicherung. Völlig egal, was ihre Kinder einmal tun.
Kinder wollen Spaß. Es überfordert Kinder vollkommen, wenn man ihnen die langfristige Entscheidung aufbürdert, ob sie fürs spätere Leben Fremdsprachen oder Mathematik lernen wollen. Oder nicht. Sie wollen jetzt maximale Unterhaltung, sie bekommen dafür von ihren Eltern Computer, Fernseher, Handy, Taschengeld für Kino, McDonalds und Skateboards. Sie interessieren sich für Mode, Musik und alles, was - laut MTV, Hollywood und Bravo - cool und spannend ist. Latein? Chemie? Makroökonomie?
Übrigens: Das Geld kommt vom Papa, dafür ist er da.
Lehrer wollen ... aaahhhh, was wollen eigentlich Lehrer? Schule ist ihr Beruf, damit verdienen sie ihr Geld. Wie andere mit Haare schneiden, Wurst verkaufen oder Zähne reparieren. Nicht vergessen! Die idealistischen Engel, die Kinder lieben und die Welt retten, welken in den grauen Hallen schnell dahin. Lehrer haben den Drang, ihre Fächer zu verkünden, ihre Meinung zu predigen, ihre Werte zu verteilen. Bildung? Ja, besonders ihre eigene.
Übrigens: Mein Gehalt ist völlig leistungsunabhängig.
Die Wirtschaft verlangt bestenfalls Ausbildung, ökonomisch verwertbares Können. Marktwirtschaftliche Unternehmen wollen schnell schöne Gewinne erzielen, da wird nicht in langfristige und grundsätzliche Werte wie Bildung investiert. Diese steht auf der Ausgabenseite der Bilanzen, da muss man kürzen, besonders in der Krise.
Übrigens: Lernen und Bilden behindern Konsum und Arbeit.
Politiker müssen Wahlen gewinnen, alle vier Jahre. Sie machen Versprechen für das breite Volk und denken in engen Horizonten. Sie vertreten die Interessen von Parteien, Mitgliedern und Unterstützern. Kinder gehen nicht wählen, Jugendliche interessieren sich nicht für Politik, aber es gibt Millionen Pensionisten, die zur Urne drängen (makaber :-). Die Politik müsste in Jahrzehnten denken, handelt aber in Legislaturperioden. Sie müsste für die Zukunft planen, schielt aber auf die Vergangenheit, sie müsste unpopuläre Maßnahmen setzen, schmeichelt aber den Wählermassen. Bildung konzentriert sich auf schöne Sonntagsreden und bunte Zeitungsinserate.
Übrigens: Populismus funktioniert am besten bei Ungebildeten.
Bildung geht uns alle an, interessiert aber niemanden.
So schauen unsere Unis aus.
So werden unsere Schulen finanziert.
So rebellieren unsere Kinder.
Wer sind die so genannten Stakeholder im System? Wen sollte Bildung interessieren?
Eltern, Kinder, Lehrer, Wirtschaft, Politik.
Eltern haben Wichtigeres zu tun: Sie müssen Geld verdienen, Karriere machen, sich verwirklichen. Sie wollen ihre Kinder einfach abgeben und sind froh, wenn sie ihre Ruhe haben. Daher kommt der Trend zur Ganztagsschule, zu den Nachhilfeinstituten, zum schulfreien Wochenende. Zum ganztägigen Fernsehen auch.
Übrigens: Ihre Pension bekommen sie von der Sozialversicherung. Völlig egal, was ihre Kinder einmal tun.
Kinder wollen Spaß. Es überfordert Kinder vollkommen, wenn man ihnen die langfristige Entscheidung aufbürdert, ob sie fürs spätere Leben Fremdsprachen oder Mathematik lernen wollen. Oder nicht. Sie wollen jetzt maximale Unterhaltung, sie bekommen dafür von ihren Eltern Computer, Fernseher, Handy, Taschengeld für Kino, McDonalds und Skateboards. Sie interessieren sich für Mode, Musik und alles, was - laut MTV, Hollywood und Bravo - cool und spannend ist. Latein? Chemie? Makroökonomie?
Übrigens: Das Geld kommt vom Papa, dafür ist er da.
Lehrer wollen ... aaahhhh, was wollen eigentlich Lehrer? Schule ist ihr Beruf, damit verdienen sie ihr Geld. Wie andere mit Haare schneiden, Wurst verkaufen oder Zähne reparieren. Nicht vergessen! Die idealistischen Engel, die Kinder lieben und die Welt retten, welken in den grauen Hallen schnell dahin. Lehrer haben den Drang, ihre Fächer zu verkünden, ihre Meinung zu predigen, ihre Werte zu verteilen. Bildung? Ja, besonders ihre eigene.
Übrigens: Mein Gehalt ist völlig leistungsunabhängig.
Die Wirtschaft verlangt bestenfalls Ausbildung, ökonomisch verwertbares Können. Marktwirtschaftliche Unternehmen wollen schnell schöne Gewinne erzielen, da wird nicht in langfristige und grundsätzliche Werte wie Bildung investiert. Diese steht auf der Ausgabenseite der Bilanzen, da muss man kürzen, besonders in der Krise.
Übrigens: Lernen und Bilden behindern Konsum und Arbeit.
Politiker müssen Wahlen gewinnen, alle vier Jahre. Sie machen Versprechen für das breite Volk und denken in engen Horizonten. Sie vertreten die Interessen von Parteien, Mitgliedern und Unterstützern. Kinder gehen nicht wählen, Jugendliche interessieren sich nicht für Politik, aber es gibt Millionen Pensionisten, die zur Urne drängen (makaber :-). Die Politik müsste in Jahrzehnten denken, handelt aber in Legislaturperioden. Sie müsste für die Zukunft planen, schielt aber auf die Vergangenheit, sie müsste unpopuläre Maßnahmen setzen, schmeichelt aber den Wählermassen. Bildung konzentriert sich auf schöne Sonntagsreden und bunte Zeitungsinserate.
Übrigens: Populismus funktioniert am besten bei Ungebildeten.
Bildung geht uns alle an, interessiert aber niemanden.
So schauen unsere Unis aus.
So werden unsere Schulen finanziert.
So rebellieren unsere Kinder.
teacher - am Dienstag, 8. Dezember 2009, 20:29
"Ich bin fünf Minuten vor der Schularbeit in die Klasse gegangen und habe die Bücher durchsucht."
So hat Prävention vor Jahren ausgesehen. SchülerInnen haben immer versucht, zwischen den Zeilen, am Rand oder auf unscheinbaren Freiplätzen "unerlaubte Hilfsmittel" zu platzieren.
Diese Kontrolle ist überflüssig. Unsere Schüler sind viel ehrlicher geworden. Oder zu faul, Lösungen für eventuelle Prüfungsfragen vorzubereiten.
"Manche Bücher haben ihre Jungfräulichkeit bewahrt", kommentiert die betroffene Kollegin süffisant.
"Sie nehmen lieber negative Noten hin, bevor sie Schummler schreiben. Eh egal."
"Stell dir vor", hängt der Geographielehrer an,"ich habe in meiner ersten Klasse den Regenwald besprochen. Bilder gezeigt, Skizzen gemacht. Und am Ende der Stunde dürfen die Kleinen einen eigenen Urwald zeichnen. Das mache ich seit zwanzig Jahren so - und die Kinder haben immer begeistert gezeichnet: Bäume, Lianen, Orchideen ..."
"Und jetzt?"
"Heute sagen viele Kinder: Müssen wir das? Oder: Ich kann das nicht. Oder: Das will ich nicht. MALEN! Sie sind zu bequem zum Malen ..."
Liebe Weihnachtsfrau: Wir würden uns sehr über Schummler (=Spickzettel) und Zeichnungen freuen. Eure bescheidenen LehrerInnen.
So hat Prävention vor Jahren ausgesehen. SchülerInnen haben immer versucht, zwischen den Zeilen, am Rand oder auf unscheinbaren Freiplätzen "unerlaubte Hilfsmittel" zu platzieren.
Diese Kontrolle ist überflüssig. Unsere Schüler sind viel ehrlicher geworden. Oder zu faul, Lösungen für eventuelle Prüfungsfragen vorzubereiten.
"Manche Bücher haben ihre Jungfräulichkeit bewahrt", kommentiert die betroffene Kollegin süffisant.
"Sie nehmen lieber negative Noten hin, bevor sie Schummler schreiben. Eh egal."
"Stell dir vor", hängt der Geographielehrer an,"ich habe in meiner ersten Klasse den Regenwald besprochen. Bilder gezeigt, Skizzen gemacht. Und am Ende der Stunde dürfen die Kleinen einen eigenen Urwald zeichnen. Das mache ich seit zwanzig Jahren so - und die Kinder haben immer begeistert gezeichnet: Bäume, Lianen, Orchideen ..."
"Und jetzt?"
"Heute sagen viele Kinder: Müssen wir das? Oder: Ich kann das nicht. Oder: Das will ich nicht. MALEN! Sie sind zu bequem zum Malen ..."
Liebe Weihnachtsfrau: Wir würden uns sehr über Schummler (=Spickzettel) und Zeichnungen freuen. Eure bescheidenen LehrerInnen.
teacher - am Donnerstag, 3. Dezember 2009, 12:46