Ich kenne das von der Rezeption:
"Ihren Beruf noch, bitte ..."
Mit "Trainer" oder "Lektor" bin ich gut gefahren.
"Lehrer?" Neee. Ich brauche weder ewiges Mitleid noch spontane Abneigung. Nur ein Hotelzimmer.
Diese Geschichte ist mir heute in der ersten Stunde eingefallen.
"Wo hast du dein Buch?", frage ich Tanja, die bei ihrer Nachbarin mitliest.
"Vergessen."
Eine große schwarz-gold-gestreifte Handtasche liegt auf der Schulbank.
"Ist das deine Tasche?"
"Ja."
Typische Damentasche. Ich sehe eine Geldbörse, ein Tuch ... und ein Ledergürtel guckt heraus. Ein einziges Heft. Tanja beantwortet meine ungestellte Frage:
"Wir haben heute nur vier Stunden, mehr brauche ich nicht."
Meine Interpretation des Trends zur Damentasche geht in die Tiefe: Meine Schülerinnen wollen nicht mehr als solche erkannt werden: "Keine Schultasche = Kein Schulmädchen."
Diese Plastik-Leder-Trümmer passen nicht zur Lady von heute, nicht zur Stieflette, nicht zur Garderobe, nicht zum Eyeliner. Schülersein, Lernen in Klassenstärke, Anordnungen von Autoritäten - das will man nicht haben, nicht akzeptieren und schon gar nicht öffentlich eingestehen. Deshalb tragen meine Mädchen keine Rucksäcke mehr, auch keine Umhängetaschen.
"Shopping bag. Cool."
Tanja lacht. Fühlt sich verstanden. Ich will auch nicht als Lehrer erkannt werden.
"Ihren Beruf noch, bitte ..."
Mit "Trainer" oder "Lektor" bin ich gut gefahren.
"Lehrer?" Neee. Ich brauche weder ewiges Mitleid noch spontane Abneigung. Nur ein Hotelzimmer.
Diese Geschichte ist mir heute in der ersten Stunde eingefallen.
"Wo hast du dein Buch?", frage ich Tanja, die bei ihrer Nachbarin mitliest.
"Vergessen."
Eine große schwarz-gold-gestreifte Handtasche liegt auf der Schulbank.
"Ist das deine Tasche?"
"Ja."
Typische Damentasche. Ich sehe eine Geldbörse, ein Tuch ... und ein Ledergürtel guckt heraus. Ein einziges Heft. Tanja beantwortet meine ungestellte Frage:
"Wir haben heute nur vier Stunden, mehr brauche ich nicht."
Meine Interpretation des Trends zur Damentasche geht in die Tiefe: Meine Schülerinnen wollen nicht mehr als solche erkannt werden: "Keine Schultasche = Kein Schulmädchen."
Diese Plastik-Leder-Trümmer passen nicht zur Lady von heute, nicht zur Stieflette, nicht zur Garderobe, nicht zum Eyeliner. Schülersein, Lernen in Klassenstärke, Anordnungen von Autoritäten - das will man nicht haben, nicht akzeptieren und schon gar nicht öffentlich eingestehen. Deshalb tragen meine Mädchen keine Rucksäcke mehr, auch keine Umhängetaschen.
"Shopping bag. Cool."
Tanja lacht. Fühlt sich verstanden. Ich will auch nicht als Lehrer erkannt werden.
teacher - am Montag, 15. Dezember 2008, 20:14
Der Alte war einfach: Deckel hoch, Papier hinein, ein Mal drücken - Kopie fertig.
Die Neue ist genial: Deckel unten und Papier einziehen lassen. Dann Kostenstelle eingeben (4 Ziffern), bestätigen, Codewort eingeben (4 Ziffern), bestätigen, Scannen, Fertig drücken, Zahl der Kopien auswählen, Start drücken, warten, Fertig drücken, aussteigen (2x drücken). Ergebnis: 1 Kopie und müde Finger.
Schönes Wort: Usability - gehört, aber nie gesehen.
Intuitive Bedienung wie eine italienische Operndiva im Klimakterium.
Aber: DIE Neue kann auch scannen, farbig drucken, klammern ... und tausend andere Dinge, die wir nie brauchen werden. Nie.
"Kann SIE mich auch ins Intranet beamen?"
"Möglich wär's."
"Ich habe die Folie gerade noch gerettet", blickt mich ein Kollege suchend an. "Sie war schon leicht angebrannt."
"Uiiiii, uiii, ui."
"Wo kriege ich eine kopierfähige Overheadfolie her?"
Wir wissen es alle nicht.
Wir haben irgendwo vage Vermutungen leise läuten gehört, dass auch die Neue irgendeine besondere Folienart möglicherweise bedrucken könnte.
"Diese Folien haben wir aber nicht." Und der Alte ist weg.
Der Sinn der Sache? Wir sollen bei den Kopien sparen, vermute ich. Das lässt sich technisch so einfach einrichten ...
Die Neue ist genial: Deckel unten und Papier einziehen lassen. Dann Kostenstelle eingeben (4 Ziffern), bestätigen, Codewort eingeben (4 Ziffern), bestätigen, Scannen, Fertig drücken, Zahl der Kopien auswählen, Start drücken, warten, Fertig drücken, aussteigen (2x drücken). Ergebnis: 1 Kopie und müde Finger.
Schönes Wort: Usability - gehört, aber nie gesehen.
Intuitive Bedienung wie eine italienische Operndiva im Klimakterium.
Aber: DIE Neue kann auch scannen, farbig drucken, klammern ... und tausend andere Dinge, die wir nie brauchen werden. Nie.
"Kann SIE mich auch ins Intranet beamen?"
"Möglich wär's."
"Ich habe die Folie gerade noch gerettet", blickt mich ein Kollege suchend an. "Sie war schon leicht angebrannt."
"Uiiiii, uiii, ui."
"Wo kriege ich eine kopierfähige Overheadfolie her?"
Wir wissen es alle nicht.
Wir haben irgendwo vage Vermutungen leise läuten gehört, dass auch die Neue irgendeine besondere Folienart möglicherweise bedrucken könnte.
"Diese Folien haben wir aber nicht." Und der Alte ist weg.
Der Sinn der Sache? Wir sollen bei den Kopien sparen, vermute ich. Das lässt sich technisch so einfach einrichten ...
teacher - am Freitag, 12. Dezember 2008, 21:23
Ein nettes Tool im Netz zeigt, welche Begriffe in einem Text am häufigsten vorkommen. Neat stuff. Viele (Sprach-)Lehrer lieben es, ich habe es sogar in meine Diplomarbeit eingebaut.
Und so schaut der Allgemeine Teil des AHS-Lehrplanes in Österreich aus:

Überrascht?
Und so schaut der Allgemeine Teil des AHS-Lehrplanes in Österreich aus:
Überrascht?
teacher - am Mittwoch, 10. Dezember 2008, 20:05
Immerhin 41.900 Treffer für "schule kussverbot" bei Google. Ein heißes Thema also.
Ich möchte nicht sagen, dass es mir am A... vorbei geht (das darf ich nicht als sprach- und verantwortungsbewusster Pädagoge). Aber hier, im pseudoanonymen Internet will ich es gerne schreiben: Wir haben wirklich Wichtigeres zu tun.
Die große Erregung hat mich im Kaffeehaus eingeholt:
"Stell' dir vor, was ich gestern bei den Turnsälen gesehen habe", bemüht sich eine befreundete Kollegin um spannende Einleitungsworte. Sofort habe ich den grauen Gang zwischen den stinkenden Garderoben und den kalten Turnsälen vor meinen Augen.
"Ein Geschmuse, dass alle den Kopf geschüttelt haben."
Ich darf wieder nicht sagen, dass wir Wichtigeres ...
"Und jetzt rate mal: Wer?"
Eigentlich geht mir das am A... vorbei.
"Der Kollege F.!"
"Neeee ...."
Kollege F. ist frisch geschieden und noch frischer verliebt. Seine Neue kommt gerne in die Schule um ihn abzuholen. Nicht mit einem freundlichen Küsschen, sondern mit allen Säften und Kräften der Jugend.
Das regt jetzt viele auf: "Der Lehrer hat ein Vorbild zu sein, der ist ja uralt (32), der soll sich benehmen, zuhause einsperren (naja, ich übertreibe), er kann ja dezent sein Glück genießen, aber das ..."
Mich erinnert das an eine ARTE-Dokumentation über den Pornokonsum Jugendlicher:
"Wie oft schaut ihr Pornos pro Woche?", möchte die Redakteurin wissen.
"14 Mal. Zwei pro Tag. Mindestens."
"Und ihr masturbiert dazu?", fragt sie die drei Fünfzehnjährigen.
"Klar", lachen sie, "Wer das mit Fünfzig macht, der ist pervers ... aber wir entdecken erst unsere Sexualität."
Ich kenne diese Einstellung, sie macht sich breit in meiner Umgebung: "Wir dürfen das, wir sind jung."
Ich möchte nicht sagen, dass es mir am A... vorbei geht (das darf ich nicht als sprach- und verantwortungsbewusster Pädagoge). Aber hier, im pseudoanonymen Internet will ich es gerne schreiben: Wir haben wirklich Wichtigeres zu tun.
Die große Erregung hat mich im Kaffeehaus eingeholt:
"Stell' dir vor, was ich gestern bei den Turnsälen gesehen habe", bemüht sich eine befreundete Kollegin um spannende Einleitungsworte. Sofort habe ich den grauen Gang zwischen den stinkenden Garderoben und den kalten Turnsälen vor meinen Augen.
"Ein Geschmuse, dass alle den Kopf geschüttelt haben."
Ich darf wieder nicht sagen, dass wir Wichtigeres ...
"Und jetzt rate mal: Wer?"
Eigentlich geht mir das am A... vorbei.
"Der Kollege F.!"
"Neeee ...."
Kollege F. ist frisch geschieden und noch frischer verliebt. Seine Neue kommt gerne in die Schule um ihn abzuholen. Nicht mit einem freundlichen Küsschen, sondern mit allen Säften und Kräften der Jugend.
Das regt jetzt viele auf: "Der Lehrer hat ein Vorbild zu sein, der ist ja uralt (32), der soll sich benehmen, zuhause einsperren (naja, ich übertreibe), er kann ja dezent sein Glück genießen, aber das ..."
Mich erinnert das an eine ARTE-Dokumentation über den Pornokonsum Jugendlicher:
"Wie oft schaut ihr Pornos pro Woche?", möchte die Redakteurin wissen.
"14 Mal. Zwei pro Tag. Mindestens."
"Und ihr masturbiert dazu?", fragt sie die drei Fünfzehnjährigen.
"Klar", lachen sie, "Wer das mit Fünfzig macht, der ist pervers ... aber wir entdecken erst unsere Sexualität."
Ich kenne diese Einstellung, sie macht sich breit in meiner Umgebung: "Wir dürfen das, wir sind jung."
teacher - am Samstag, 6. Dezember 2008, 20:22
Jasmin, Robert und Armin haben etwas gemeinsam: Eltern.
Eltern, die das Lernen ihrer Kinder übernehmen. Sie kommen gerne in die Sprechstunde und klären alles ab: Was zu lernen ist, Wie, Wann und Wo. Ich gebe kurze Hinweise, den Rest machen sie. Für Jasmin, Robert und Armin.
Jasmin, Robert und Armin zeigen keine auffallend gute Leistungen. Bessere Hausübungen als die anderen, das schon. Ich hätte passende Erklärungen dafür. Aber sie langweilen sich furchtbar. Sie verlassen sich ganz auf alle anderen, sie werden nur aktiv, wenn es nicht ums Lernen geht. Das machen bekanntlich Mama, Papa und Nachhilfelehrer.
Jasmins Mama ist eine chronisch unterbeschäftigte Hausfrau. Jasmin wird zum Lebensinhalt.
Roberts Mama ist Vollblut-Karrierefrau und checkt das berufliche Fortkommen der gesamten Familie.
Armins Eltern kommen immer im Duo und schreiben mit, was ich zu bemerken habe. Daraus entsteht ein Lernplan, der sich gewaschen hat.
Jasmin, Robert und Armin gehen gerne zur Schule. Sie brauchen die Erholung!
Eltern, die das Lernen ihrer Kinder übernehmen. Sie kommen gerne in die Sprechstunde und klären alles ab: Was zu lernen ist, Wie, Wann und Wo. Ich gebe kurze Hinweise, den Rest machen sie. Für Jasmin, Robert und Armin.
Jasmin, Robert und Armin zeigen keine auffallend gute Leistungen. Bessere Hausübungen als die anderen, das schon. Ich hätte passende Erklärungen dafür. Aber sie langweilen sich furchtbar. Sie verlassen sich ganz auf alle anderen, sie werden nur aktiv, wenn es nicht ums Lernen geht. Das machen bekanntlich Mama, Papa und Nachhilfelehrer.
Jasmins Mama ist eine chronisch unterbeschäftigte Hausfrau. Jasmin wird zum Lebensinhalt.
Roberts Mama ist Vollblut-Karrierefrau und checkt das berufliche Fortkommen der gesamten Familie.
Armins Eltern kommen immer im Duo und schreiben mit, was ich zu bemerken habe. Daraus entsteht ein Lernplan, der sich gewaschen hat.
Jasmin, Robert und Armin gehen gerne zur Schule. Sie brauchen die Erholung!
teacher - am Mittwoch, 3. Dezember 2008, 18:29
Kollege R. hat ein Haus gebaut: Er hat gelernt zu tapezieren, Fliesen zu legen und scheut auch vor Installationen nicht zurück.
Damals saß er im Sozialraum und grübelte laut:
"Wenn ich den Job in der Schule halbiere, dann bleiben mir netto 60 %."
"Hmm."
"Dann gehe ich ein bisserl pfuschen, da schaut mehr raus."
"Aha."
Jetzt macht er ernst: Ein akademisch geprüfter Germanist wird Fliesen legen. Auch Fußböden und Stromkabel. Falls Sie einen verlässlichen Professionisten brauchen!
"Warum?"
"Ich muss mir nicht mehr auf den Kopf schei... lassen. Am Bau verdienst du gut, die Leute schätzen deine Arbeit ... Und du?"
"Hmm. Ich?"
Ich sehe auch, dass der Lehrberuf ganz unten angekommen ist. Ausgebrannte Leute, frustrierte Fachkräfte, gedemütigte Lehrer auf der einen Seite. Geifernde Eltern, ungezogene Kinder, verständnislose Beobachter auf der anderen. Kein Mittelweg, aber ein Ausweg: Raus!
Ich fahre am Nachmittag zu einer Werbeagentur - eine frühere Schülerin bittet mich um Hilfe. Wir sitzen im Team am grünen Tisch, essen kleine Häppchen, trinken Orangensaft und diskutieren über Marktstrategien, repräsentative Umfragen und empirische Forschungsmethoden.
Entspannt, kreativ, engagiert.
Ruhig, ungestört, konzentriert.
Lustvoll, respektvoll, wertlos.
Binnen weniger Stunden realisiere ich, welch unglaublich harten Job Lehrer nicht nur völlig unbedankt, sondern mitleidig belächelt täglich verrichten. Man könnte denken: "Alles andere ist besser. Niemehrschule."
Damals saß er im Sozialraum und grübelte laut:
"Wenn ich den Job in der Schule halbiere, dann bleiben mir netto 60 %."
"Hmm."
"Dann gehe ich ein bisserl pfuschen, da schaut mehr raus."
"Aha."
Jetzt macht er ernst: Ein akademisch geprüfter Germanist wird Fliesen legen. Auch Fußböden und Stromkabel. Falls Sie einen verlässlichen Professionisten brauchen!
"Warum?"
"Ich muss mir nicht mehr auf den Kopf schei... lassen. Am Bau verdienst du gut, die Leute schätzen deine Arbeit ... Und du?"
"Hmm. Ich?"
Ich sehe auch, dass der Lehrberuf ganz unten angekommen ist. Ausgebrannte Leute, frustrierte Fachkräfte, gedemütigte Lehrer auf der einen Seite. Geifernde Eltern, ungezogene Kinder, verständnislose Beobachter auf der anderen. Kein Mittelweg, aber ein Ausweg: Raus!
Ich fahre am Nachmittag zu einer Werbeagentur - eine frühere Schülerin bittet mich um Hilfe. Wir sitzen im Team am grünen Tisch, essen kleine Häppchen, trinken Orangensaft und diskutieren über Marktstrategien, repräsentative Umfragen und empirische Forschungsmethoden.
Entspannt, kreativ, engagiert.
Ruhig, ungestört, konzentriert.
Lustvoll, respektvoll, wertlos.
Binnen weniger Stunden realisiere ich, welch unglaublich harten Job Lehrer nicht nur völlig unbedankt, sondern mitleidig belächelt täglich verrichten. Man könnte denken: "Alles andere ist besser. Niemehrschule."
teacher - am Donnerstag, 27. November 2008, 19:59
Warum ich nimandem das Harksal stellen soll
Ich darf das Harksal nimandem stellen weil es sonnst schlim enden könnte. Ich habe meinem Freund das Harksal gestehlt. Ich werde das also nie wieder tuen sonnst könnte ich oder jemand anderes erger bekommen. Es könnte zu sehr schlimen situatzionen kommen, z.B. Jemand könnte auf die Türschnale falen.
(Originalzitate aus einer Strafarbeit, 1.Klasse)
Das Gimnasium könte auch schlim änden.
Ich darf das Harksal nimandem stellen weil es sonnst schlim enden könnte. Ich habe meinem Freund das Harksal gestehlt. Ich werde das also nie wieder tuen sonnst könnte ich oder jemand anderes erger bekommen. Es könnte zu sehr schlimen situatzionen kommen, z.B. Jemand könnte auf die Türschnale falen.
(Originalzitate aus einer Strafarbeit, 1.Klasse)
Das Gimnasium könte auch schlim änden.
teacher - am Donnerstag, 20. November 2008, 20:19
Ich gehe durch die Reihen und beobachte die 12-jährigen bei der Arbeit. Ein Hinweis da, eine Korrektur dort, Lob, Motivation, auch Zurechtweisung.
In der zweiten Reihe ergreift Aisha ihre Chance und streckt mir ein dickes Buch entgegen. Anthrazitgrau schaut ein bärtiges Gesicht vom Umschlag: "Bushido". Neugierig greife ich zu, blättere herum ... und bin enttäuscht. Eine Hip-Hop-Biographie, gähn ...
"Das hat mir die Mama gekauft", erzählt mir Aisha aufgeregt, "20 Euro!"
"Kennt deine Mama den Bushido?"
"NEINNNN", lacht sie, "aber ich brauch das für ein Referat."
In der Zwischenzeit habe ich ein paar Zeilen gelesen:
"Fickt mich, bitte fickt mich!"
Mehrzahl, Befehlsform.
"Willst Du das ALLES erzählen?"
"NEINNNN, wirklich nicht."
Auf dem Weg zum Lehrerzimmer beginne ich zu überlegen. Soll ich - muss ich - ALLE aufklären?
Die türkische Mutter? Mit Kopftuch und muslimischen Moralvorstellungen.
Die brave Deutschkollegin, die mit Udo Jürgens aufgewachsen und mit Roy Black alt geworden ist?
Ich denke an Aisha: Was will sie? Mir mitteilen? Wo sie doch ALLE anderen gütig verschont.
In der zweiten Reihe ergreift Aisha ihre Chance und streckt mir ein dickes Buch entgegen. Anthrazitgrau schaut ein bärtiges Gesicht vom Umschlag: "Bushido". Neugierig greife ich zu, blättere herum ... und bin enttäuscht. Eine Hip-Hop-Biographie, gähn ...
"Das hat mir die Mama gekauft", erzählt mir Aisha aufgeregt, "20 Euro!"
"Kennt deine Mama den Bushido?"
"NEINNNN", lacht sie, "aber ich brauch das für ein Referat."
In der Zwischenzeit habe ich ein paar Zeilen gelesen:
"Fickt mich, bitte fickt mich!"
Mehrzahl, Befehlsform.
"Willst Du das ALLES erzählen?"
"NEINNNN, wirklich nicht."
Auf dem Weg zum Lehrerzimmer beginne ich zu überlegen. Soll ich - muss ich - ALLE aufklären?
Die türkische Mutter? Mit Kopftuch und muslimischen Moralvorstellungen.
Die brave Deutschkollegin, die mit Udo Jürgens aufgewachsen und mit Roy Black alt geworden ist?
Ich denke an Aisha: Was will sie? Mir mitteilen? Wo sie doch ALLE anderen gütig verschont.
teacher - am Samstag, 15. November 2008, 19:44
Vom Fenster des Musikzimmers sieht man auf die Straße. Gegenüber walten Bohrhämmer und Malermeister.
Gegen den Baulärm schließen wir die Fenster, aber eigentlich möchte ich dicke Vorhänge zuziehen.
Neun Uhr, die Bauarbeiter setzen sich auf Ziegeln und machen Pause. Meine Mädchen nicht. Sie hängen an den Fenstern und winken, sie lachen und gieren um Aufmerksamkeit.
(Nicht um meine)
"Der mit den langen Haaren, ist der nicht süß?"
"Geil!"
Nur zwei Mädchen ignorieren abgeklärt den Hühnerstall. Sie tragen Kopftücher und kennen das Gegacker der vierzehnjährigen Mitschülerinnen, die am liebsten hinüberhüpfen würden.
Die Burschen schauen demTreiben leicht überfordert zu.
Ich helfe ihnen achselzuckend, augenverdrehend, stirnfaltig.
Früher pfiffen die Bauarbeiter, das war echt schlimm. Sexistisch. Mädchenverachtend.
Gegen den Baulärm schließen wir die Fenster, aber eigentlich möchte ich dicke Vorhänge zuziehen.
Neun Uhr, die Bauarbeiter setzen sich auf Ziegeln und machen Pause. Meine Mädchen nicht. Sie hängen an den Fenstern und winken, sie lachen und gieren um Aufmerksamkeit.
(Nicht um meine)
"Der mit den langen Haaren, ist der nicht süß?"
"Geil!"
Nur zwei Mädchen ignorieren abgeklärt den Hühnerstall. Sie tragen Kopftücher und kennen das Gegacker der vierzehnjährigen Mitschülerinnen, die am liebsten hinüberhüpfen würden.
Die Burschen schauen demTreiben leicht überfordert zu.
Ich helfe ihnen achselzuckend, augenverdrehend, stirnfaltig.
Früher pfiffen die Bauarbeiter, das war echt schlimm. Sexistisch. Mädchenverachtend.
teacher - am Montag, 10. November 2008, 21:18
"Wo ist Armin?", frage ich in meiner zweiten Klasse.
"Weg!"
"Warum?"
"Andere Schule, egal. Hauptsache er ist weg."
"Ihr seid aber gar nicht nett ..."
"Der war ja sooo pervers!"
"Ahhh ... wie bitte?"
"Der hat so Videos auf sein Handy runtergeladen ... und herumgezeigt."
Das wusste ich nicht. Ich setze mich auf den frei gewordenen Tisch und überlege zufrieden: "Die sind so erfrischend unverdorben ..."
Was würden Erzieher, Pädagogen, Lehrer, Psychologen ... alles abwägen und vorbringen. Kinder sind direkt: "Er ist weg, weil er weg gehört." Punkt. Mehr weiß ich nicht, will ich gar nicht wissen.
"Weg!"
"Warum?"
"Andere Schule, egal. Hauptsache er ist weg."
"Ihr seid aber gar nicht nett ..."
"Der war ja sooo pervers!"
"Ahhh ... wie bitte?"
"Der hat so Videos auf sein Handy runtergeladen ... und herumgezeigt."
Das wusste ich nicht. Ich setze mich auf den frei gewordenen Tisch und überlege zufrieden: "Die sind so erfrischend unverdorben ..."
Was würden Erzieher, Pädagogen, Lehrer, Psychologen ... alles abwägen und vorbringen. Kinder sind direkt: "Er ist weg, weil er weg gehört." Punkt. Mehr weiß ich nicht, will ich gar nicht wissen.
teacher - am Donnerstag, 6. November 2008, 20:11