Profil
Abmelden
Weblog abonnieren
cotopaxi

 
Mit der Diskussion über die Arbeitszeitverlängerung für Lehrer interessieren sich die Medien für unsere Arbeitsverhältnisse. Also kommen Journalisten, Fotografen und Kameraleute in die Klassen ... und suchen Bestätigung für ihre Annahmen.

Das Filmteam marschiert über den Gang und will die Schulatmosphäre festhalten. Die lustigen Kids schießen mit Staniolpapierln auf sie, sie schreien und wieseln herum und ... sind einfach Kids. Das gedrehte Material ist unbrauchbar, die Szene wird am Nachmittag nachgestellt, mit einer Lehrperson, die in Ruhe in die Klasse geht.

Das Filmteam macht Interviews mit SchülerInnen. Diese berichten aus ihrem Alltag, freuen sich über ihren Beitrag ... und werden rausgeschnitten. Ihre Meldungen passen nichts ins Vorurteil, sie erzählen von Spaß mit ihren Freunden, von netten Lehrerinnen und einer coolen Zeit. Wo bleibt da das "Feindbild Lehrer", verdammt! Mistkübel.

Das Filmteam zoomt ins überquellende Lehrerzimmer. Bücher und Hefte türmen sich auf viel zu engen Holztischen, die Gänge sind verstopft, die Hektik alles andere als telegen. Wieder muss am Nachmittag nachgedreht werden, weil die blöde Realität fürs Fernsehen nicht taugt.

Am Abend schauen wir uns die Sendung an: Alles gestellt, alles verstellt, alles aufbereitet. Wir sehen nicht das Leben einer Schule, sondern das bestätigte Vorurteil von Journalisten über eine Schule, die geändert gehört.

Meinungsmache statt Recherche. Entertainment statt Information.
Jeff (Gast) meinte am 24. Mär, 21:03:
Aber...
... wenn schon im Vorfeld alles danach aussieht als würde es diesen Verlauf nehmen, warum werden die Leute nicht einfach rausgeschmissen? :-) 
teacher antwortete am 24. Mär, 21:14:
Das war erst im geschnittenen und montierten Endprodukt wirklich zu erkennen. 
Aurisa antwortete am 25. Mär, 19:58:
Das ist leider normal, daß das Endergebnis dann mit dem was wirklich war oft nicht mal mehr eine entfernte Ähnlichkeit hat...
Das ist einer der Gründe, warum ich überhaupt kein Interesse daran habe mein Gesicht jemals in eine Fernsehkamera zu halten...
Ich denke ich hätte schon was sinnvolles zu sagen, aber hinterher gesendet würde wahrscheinlich doch nur sinnentstellender zusammengeschnittener Bockmist... 
teacher antwortete am 25. Mär, 20:12:
Genau. Man müsste beim Endprodukt mitsprechen können, sonst gibt man nur Material ab. Zu schade! 
Hoffende meinte am 24. Mär, 22:17:
Nun weißt du aus eigener Erfahrung, wie Reportagen gemacht werden... Und wer weiß, wieviel anderes noch. Einige Nachrichten z.B... :o((( 
teacher antwortete am 25. Mär, 17:21:
Theoretisch wusste ich es ja ... 
girl scout meinte am 24. Mär, 22:34:
That's journalism...
jedenfalls oft (auch dort gibt's weiße Schafe) und -
ein Grund (von anderen, wichtigeren), warum ich vom Journalisten- zum Lehrerdasein übergewechselt bin, trotz alledem. 
teacher antwortete am 25. Mär, 17:22:
Schon bereut? 
girl scout (Gast) antwortete am 25. Mär, 22:02:
Bereut? Hieße im Journalismus eine Option zu sehen. Das definitiv nicht. Aber...

Das wären längere Geschichten, manche lese ich auch hier. 
BIA (Gast) meinte am 24. Mär, 22:58:
Warum zur Hölle räumt Ihr für die Leute das Lehrerzimmer um? 
teacher antwortete am 25. Mär, 17:23:
Wir haben nicht umgeräumt, aber am Nachmittag war kein Lärm und keine Drängerei im Zimmer. 
BIA (Gast) antwortete am 25. Mär, 22:30:
Naja...
...dann.
Bei uns war vor zwei Jahren ein Regierungsvertreter, der uns erklärt hat, wir sollten ma nich so zimerplich sein wegen 25 Stunden Unterrichtsverpflichtung und so.
Schließlich habe er höchstselbst mal eine Handarbeitslehrerin einen Tag lang begleitet und wisse genau, dass wir alle faule Säcke...usw. usw. 
Daniel (Gast) meinte am 24. Mär, 23:21:
Auf der Schleimspur ausgerutscht? Kein Mitleid!
Mir fällt auf, dass es wohl in den meisten Schulen so zugeht:
Wenn der Ministerialbeauftragte oder ein anderer Mister Wichtig auftaucht - und am geilsten sind die mit den Kameras, gelle - dann werden alle plötzlich ganz angepasst und schleimen, was das Zeug hält.
Man will halt einen guten Eindruck machen und verfremdet die Realität in eine bizarre Kunstwelt.
Danach jammert man aber über die Vorurteile und über die Selbstherrlichkeit der Besucher. Pfui! Darüber kann ich gar nicht so viel kotzen wie ich kotzen möchte! 
teacher antwortete am 25. Mär, 17:24:
Wird wohl so sein müssen. Wer will schon das Nest beschmutzen? 
girl scout (Gast) antwortete am 25. Mär, 22:08:
Hinterher
und vor allem von außen ist es leicht, schlauer zu sein.

Erstens bist du vorsichtig, zweitens weißt du gar nicht so genau, was die Handlungen der (journalistischen oder anderer) Besucher in letzter Konsequenz bedeuten und drittens hoffst du natürlich, dass ein Stückchen vom eigenen Interesse rüberkommt. Das ist angemessen, nicht zum Kotzen. 
Jogurtbecher (Gast) meinte am 25. Mär, 10:56:
Abbrechen
Warum wurde nicht die ganze Aktion abgebrochen als das erste mal verlangt wurde die Szenen nachzustellen?
Wieso hat sich überhaupt jemand dafür gefunden. Kann dort die Lehrergemeinschaft nicht einfach sagen "Sorry ihr habt die Realität aufgenommen also sendet sie auch"

Natürlich werden sie sich dann ne andere Schule suchen oder zur Not einfach alles komplett im Studio drehen aber man wurde wenigstens nicht benutzt.

Habe so ne ähnliche Sendung gestern auch gesehen. War echt ne komische Schule. Gänge immer leer und in jeden Klassenzimmer saßen nur 6-8 Schüler. 
Lichterspiele (Gast) meinte am 25. Mär, 15:12:
Da hab ich jetzt auch recht wenig Mitleid. In dem Moment wo nachgestellt werden soll, ist doch zu erkennen, dass nicht die Realität abgebildet werden soll.
Da hätte man die Reissleine ziehen sollen/können.
Aber bei der Manipulation mitzumachen und sich hinterher drüber zu ärgern ist ein wenig schizophren ... 
teacher antwortete am 25. Mär, 17:26:
Neee, die Typen filmen stundenlang und legen fest, was zu passieren hat. Technisch, dramaturgisch etc. Du weißt einfach nicht, was sie aus ihrem Material machen - bzw. erst im Nachhinein. 
.peter (Gast) meinte am 25. Mär, 15:19:
Herzlich Willkommen bei ...
Frontal 21, Panorama, Hart aber Fair, Akte 09, Kulturzeit ... etc.

Es gibt einem schon zu denken, wenn die über ein einem selbst bekannten Thema drehen und machen und senden sieht, und man weiß einfach dass das rießen Müll ist. Und dann fragt man sich, ob das bei den Themen, die man nicht so gut kennt, vielleicht auch so ist.

Hm... tja, was soll man dazu sagen?! Fernsehen verbieten? 
teacher antwortete am 25. Mär, 19:51:
Was bringt mir diese Pressefreiheit, die Freiheit für Journalisten bedeutet, das zu zeigen, was ihnen gefällt?

Ich bin froh, dass sich im Web 2.0 eine Demokratisierung der Meinungsbildung abzeichnet. Das ist einfach notwendig. 
Aurisa antwortete am 25. Mär, 20:04:
Sehe ich genauso!
Wann hätte ich in den Medien schon jemals die Gelegenheit gehabt so viel über die Schule aus der Sicht eines Lehrers zu erfahren...?
Einfache Antwort: NIE!
Das Web 2.0 mag oft schrottig sein und fast immer subjektiv... aber die Vielfalt hier ist unschätzbar! 
.peter (Gast) antwortete am 27. Mär, 17:03:
Stimmt, so langsam auch hier ...
... wir hinken mal wieder den USA um 2 Jahre hinterher, aber ja, es stimmt, die traditionellen Massenmedien sind derzeit sowas am Relevanz-Verlieren.
Das auch, weil es Blogs gibt. Aber nicht nur deswegen, finde ich. 
timanfaya meinte am 25. Mär, 15:41:
die berühmten zufälligen "o-töne". da könnte ich schon immer kotzen, wenn ich nur dran denke ... 
zement (Gast) meinte am 25. Mär, 18:48:
Du beschreibst die autodynamische TV-Fliessband-Maschine. Das Tupfgleiche gilt für Abendnachrichten, Sozialstudien, Kriegsreportagen, Schicksalsberichte, Zukunftsprognosen, undundund. Unsere Jugend ist "gewaltbereit", "sexsüchtig", die Krise Schuld einiger "schwarzer Schafe" und der Welt Übel ausnahmslos adressierbar auf wenige Köpfe - Logik bildschirmglatt zum Schnellverzehr. Gratisverdummung rund um die Uhr. Für den hinter die Kulissen Blickenden bestenfalls ein müdes Lächeln. In jeder Sparte. Kurzweilige Geisteinschläferung. Nett für zwischendurch. Zum Abschalten. 
teacher antwortete am 25. Mär, 19:52:
Bloggen hat schon was! 
Aurisa antwortete am 25. Mär, 20:06:
Ja hat es definitiv ;). 
creature meinte am 25. Mär, 21:12:
medienmanipulation, theoretisch wissen wir es, aber vorm tv sitzend glauben wir die wirklichkeit zu sehen.
gut das du uns erinnerst wie das abläuft.
china berichtet über tibet,
tibet über china,
aber was ist wirklich? 
teacher antwortete am 26. Mär, 19:36:
So ist es. Ich habe viel daraus gelernt. 
Mathias (Gast) meinte am 26. Mär, 01:18:
Lass mich raten: Die Reportage lief am "unabhängigen" Staatssender ORF? 
teacher antwortete am 26. Mär, 19:35:
Völlig unabhängig! 
caretta caretta meinte am 26. Mär, 10:22:
magst du das nicht nochmal in einem leserbrief im standard oder so veröffentlichen?
fürs nächste mal oder alle anderen in einer ähnlichen situation:
grundsätzlich kann man schon verlangen, dass einem der beitrag gezeigt wird, bevor er gesendet wird. meistens wird aber von den orf-redakteuren argumentiert, dass das ein zeitproblem ist, weil der beitrag noch am gleichen abend gesendet werden soll. deshalb ist es gescheiter, gleich zu verlangen, dass man beim schnitt dabei ist. das ist möglich und wird auch praktiziert. 
teacher antwortete am 26. Mär, 19:33:
Bei Zeitungen wurde mir der Beitrag zum Autorisieren zugeschickt, bei TV und Radio kannte ich das nicht. Gut zu wissen. 
flashlink meinte am 26. Mär, 11:40:
Es ist tief befriedigend und befreiend, wenn mal jemand das Übel beim Namen nennt. Authentische und wertfreie Berichterstattung gibt es im Fernsehen und Radio nicht, in den Zeitungen natürlich auch nicht.

Aber die Verdrehung der Realität, die wirklich monströse Manipulation, die gelingt dem TV am besten. Es ist sooo haarsträubend, wie da mit x-beliebigem Filmmaterial einfach jede gewünschte Sicht der Dinge erzielt werden kann. Und immer, einfach immer werden dramaturgische Vorgaben gemacht, so daß schon da alle Alarmglocken bei den (im wahrsten Sinne des Wortes) Gefilmten läuten müßten.

Deine Erfahrung haben schon jede Menge Gruppen und Berichtsobjekte gemacht, Manipulation ist des Fernsehens täglich Brot.

Hier wäre eine lokale Retourkutsche das Mittel der Wahl, indem die gesamte Schule in allen Klassen den Bericht aufgreift und daran verdeutlicht, daß im Fernsehen nicht Wahrheit, sondern Lüge gesendet wird - und wie das funktioniert. 
teacher antwortete am 26. Mär, 19:34:
Diese Art von Medienpädagogik passiert natürlich gerade - die beste Art zu unterrichten, weil alle be/getroffen sind. 
 

twoday.net AGB

xml version of this page

powered by Antville powered by Helma