Hier geht es nicht um Fußball, gar nicht um Sport.
Hier geht es um Lehrpersonen, die von Schule zu Schule wandern und überall großen Eindruck hinterlassen.
"Jede Schule muss zwei, drei Wanderpokale vertragen", hat der zuständige Landeschulinspektor off records gesagt, als die wandernde Kunsterzieherin bei uns vorgestellt wurde.
Wir lernten das winterliche Schneechaos lieben: Wir sprachen von Glück, wenn sie zu spät kam und von göttlicher Gnade, wenn sie in Krankenstand ging: Jeden Montag. Von Dienstag bis Donnerstag schimpfte sie wie die tiefste Proletin und schrie ungehalten herum, wenn Kinder nicht wie Rembrandt sondern wie Kinder malten. Allmählich entwickelte sie eine emotionale Nahbeziehung zu Müll und passte sich diesem optisch und olfaktorisch weitgehend an. Ihre künstlerische Freiheit nützte sie besonders beim Notengeben - entweder sie vergaß darauf (der Klassenvorstand übernahm wohlwollend diese Rolle) oder sie verteilte Noten nach Sympathiewerten.
Direktor, Inspektor, Schularzt, Psychologin - alle natürlichen Feinde des Wanderpokals wurden in rüdem Ton dem Erdboden gleich gemacht, Lehrer bestenfalls als Klagemauer angepinkelt.
Die Kollegenschaft arbeitete freitags immer länger, weil die Probleme der Woche ausgeräumt werden mussten: Eltern beruhigen, Kinder aufbauen, Hefte und Bücher ordnen, gegenseitiges Beileid bekunden, ein bisserl Lachen hinter ihrem Rücken ...
Wir waren ihre letzte Station, in mindestens sieben anderen Schulen hat sie mit ihrem Wahnsinn so viele Kinder, Eltern und Kollegen genervt, dass die vorgesetzte Behörde regelmäßig zur schärfstes Waffe gegen das Glanzstück griff, die ihr offen steht: Versetzung.
Mit fünfzig Jahren kam sie ins potentielle Pensionsalter, seither hält sie esoterisch angehauchte Selbstfindungsseminare und frustrierte Erwachsene akzeptieren sie als gebildete Künstlerin.
Kein Kinderlärm, kein Verwaltungskram, keine Pubertärscherze und viel, viel Anerkennung machten es möglich: Eine gesunde Frau mit einer respektierten Aufgabe ward geboren. Der Wanderpokal wurde seßhaft. Applaus.
Hier geht es um Lehrpersonen, die von Schule zu Schule wandern und überall großen Eindruck hinterlassen.
"Jede Schule muss zwei, drei Wanderpokale vertragen", hat der zuständige Landeschulinspektor off records gesagt, als die wandernde Kunsterzieherin bei uns vorgestellt wurde.
Wir lernten das winterliche Schneechaos lieben: Wir sprachen von Glück, wenn sie zu spät kam und von göttlicher Gnade, wenn sie in Krankenstand ging: Jeden Montag. Von Dienstag bis Donnerstag schimpfte sie wie die tiefste Proletin und schrie ungehalten herum, wenn Kinder nicht wie Rembrandt sondern wie Kinder malten. Allmählich entwickelte sie eine emotionale Nahbeziehung zu Müll und passte sich diesem optisch und olfaktorisch weitgehend an. Ihre künstlerische Freiheit nützte sie besonders beim Notengeben - entweder sie vergaß darauf (der Klassenvorstand übernahm wohlwollend diese Rolle) oder sie verteilte Noten nach Sympathiewerten.
Direktor, Inspektor, Schularzt, Psychologin - alle natürlichen Feinde des Wanderpokals wurden in rüdem Ton dem Erdboden gleich gemacht, Lehrer bestenfalls als Klagemauer angepinkelt.
Die Kollegenschaft arbeitete freitags immer länger, weil die Probleme der Woche ausgeräumt werden mussten: Eltern beruhigen, Kinder aufbauen, Hefte und Bücher ordnen, gegenseitiges Beileid bekunden, ein bisserl Lachen hinter ihrem Rücken ...
Wir waren ihre letzte Station, in mindestens sieben anderen Schulen hat sie mit ihrem Wahnsinn so viele Kinder, Eltern und Kollegen genervt, dass die vorgesetzte Behörde regelmäßig zur schärfstes Waffe gegen das Glanzstück griff, die ihr offen steht: Versetzung.
Mit fünfzig Jahren kam sie ins potentielle Pensionsalter, seither hält sie esoterisch angehauchte Selbstfindungsseminare und frustrierte Erwachsene akzeptieren sie als gebildete Künstlerin.
Kein Kinderlärm, kein Verwaltungskram, keine Pubertärscherze und viel, viel Anerkennung machten es möglich: Eine gesunde Frau mit einer respektierten Aufgabe ward geboren. Der Wanderpokal wurde seßhaft. Applaus.
teacher - am Mittwoch, 22. Februar 2006, 16:49
morast meinte am 23. Feb, 10:15:
Ich habe mal gelesen, daß die Berufsgruppe, in der Selbstmord am häufigsten ist, die der Zahnärzte ist. Auf Platz 2 folgten die Kunstlehrer. Als Begründung gab man an, weil diese ihr Dasein als erfolglose Künstler zu fristen haben, ihre vermeintlich für Größeres berufenen Fähigkeiten für Kleines und Kleinstes opfern müssen, nur um überhaupt noch aktiven Kontakt mit der Kunst haben zu können. Vielleicht rührt daher die innere Unausgeglichenheit obigen "Wanderpokals".
Warum allerdings Zahnärzte auf Platz 1 sind, weiß ich auch nicht.
teacher antwortete am 23. Feb, 13:51:
Trotzdem beneide ich die Kunsterzieher: Keine Korrekturarbeiten, relativ interessante Freiarbeit, kein Notendruck, keine negativen Noten, keine Wiederholungsprüfungen, wenig Stress ...Ich genieße unsere Workshops, wo wir versuchen Kunst mit anderen Fächern zu verbinden: z.B. Machtbauten von den Römern bis zur Gegenwart (Kunst und Geschichte), Kleidung in verschiedenen Kulturen (Kunst, Religion, Geographie ...). An diesen Tagen sehe ich, wie verkrampft Mathe-, Englisch- etc. Unterricht im Vergleich zur Bildnerischen Erziehung ist.
Nachtblau antwortete am 23. Feb, 14:10:
Dafür wird ihr Fach aber weder von Kollegen, Eltern noch Schülern richtig ernst genommen, auch nicht unbedingt erstrebenswert.
teacher antwortete am 23. Feb, 14:27:
Genau das bringt die Freiheit, sich entwickeln zu können. Kunst mit Zwang funktioniert nicht. Wer nicht will, der hat schon. Wir kommen in ein Zeitalter, wo Lehrer nur anbieten. Was die Schüler draus machen, können wir nicht steuern.
Nachtblau antwortete am 24. Feb, 00:40:
Der Lehrer entwickelt sich dadurch bestimmt nicht, sondern verkümmert. Im günstigsten Fall kriegt er Depressionen, im schlimmsten Fall lädt er den Scheiß, den er sich aufbürden durfte wieder am Ursprungsort, dem Schüler ab, und dann ist das Geschrei groß, wie man an eurem Wanderpokal ja schön sieht.
teacher antwortete am 2. Mär, 13:04:
Das Kernproblem: Viele Lehrer wollten und sollten keine Lehrer werden. Eine Künstlerin wird Kunsterzieherin, weil sie sozial abgesichert künstlerisch tätig sein will. Kinder stören dabei. Diese Kollegen kann man weder abhalten ("sieben"), noch los werden ("kündigen"). Im Interesse der Schüler müssen da neue Wege gefunden werden.