In der letzten Reihe sitzt ein Zehnjähriger, freundlich und ruhig. Der Geographielehrer zeichnet eine Uhr auf die Tafel: Kleiner Zeiger auf acht, großer auf 12. Der kleine Zehnjährige zuckt mit den Achseln.
Er ist wieder zu spät gekommen, er kommt immer zu spät. Dieses Phänomen kannten wir bisher nur von den aufmüpfigen "Cool-ist-Pflicht"-Postpubertären. Sein Vater wird vorgeladen: "Nix verstehen."
Die Deutschlehrerin will sich darum kümmern.
Sie wird in der Volksschule nachfragen, wie dieser Junge ein "Gut" im Unterrichtsfach Deutsch - und damit die Berechtigung, aufs Gymnasium zu gehen - bekommen hat. Sogar seine türkischen KlassenkameradInnen lachen über ihn. Sie schreiben auf ihr Selbstporträt : "Ich froh - ich Leila haben."
Der Tschetschene zeichnet nicht mal. Er kann gar nicht zeichnen, weil er seine Schultasche nur zum Überleben packt: Essen, Trinken. Kein Buch - vom Staat geschenkt, kein Heft - vom Geographielehrer gesponsert, kein Schreibzeug. Wieder nur freundliches Achselzucken.
Wann wird er unfreundlich werden?
Wir würden gerne mit ihm reden, wir würden gerne erklären, was im Gymnasium von ihm erwartet wird. Es fehlt die gemeinsame Kommunikationsbasis, die Sprache.
Demnächst wird es erste Noten hageln. Negative Noten. Geht gar nicht anders, als "ordentlichen Schüler" (ohne Sonderstatus) müssen wir ihn wie seine Mitschüler behandeln.
Ich glaube, wir nennen das "Integration" und "Chancengleichheit". Aber das kann er nicht verstehen, der kleine Tschetschene.
Er ist wieder zu spät gekommen, er kommt immer zu spät. Dieses Phänomen kannten wir bisher nur von den aufmüpfigen "Cool-ist-Pflicht"-Postpubertären. Sein Vater wird vorgeladen: "Nix verstehen."
Die Deutschlehrerin will sich darum kümmern.
Sie wird in der Volksschule nachfragen, wie dieser Junge ein "Gut" im Unterrichtsfach Deutsch - und damit die Berechtigung, aufs Gymnasium zu gehen - bekommen hat. Sogar seine türkischen KlassenkameradInnen lachen über ihn. Sie schreiben auf ihr Selbstporträt : "Ich froh - ich Leila haben."
Der Tschetschene zeichnet nicht mal. Er kann gar nicht zeichnen, weil er seine Schultasche nur zum Überleben packt: Essen, Trinken. Kein Buch - vom Staat geschenkt, kein Heft - vom Geographielehrer gesponsert, kein Schreibzeug. Wieder nur freundliches Achselzucken.
Wann wird er unfreundlich werden?
Wir würden gerne mit ihm reden, wir würden gerne erklären, was im Gymnasium von ihm erwartet wird. Es fehlt die gemeinsame Kommunikationsbasis, die Sprache.
Demnächst wird es erste Noten hageln. Negative Noten. Geht gar nicht anders, als "ordentlichen Schüler" (ohne Sonderstatus) müssen wir ihn wie seine Mitschüler behandeln.
Ich glaube, wir nennen das "Integration" und "Chancengleichheit". Aber das kann er nicht verstehen, der kleine Tschetschene.
teacher - am Dienstag, 23. September 2008, 08:42
Im Ausweichraum hängt ein Beamer wie ein Stück Honigkuchen über mir, lechz.
Beim Thema Lebensqualität kommen wir auf "Vancouver" zu sprechen und ich falle um. Während die SchülerInnen an ihren Texten arbeiten starte ich das Notebook, hänge den Beamer dran und möchte ein paar Urlaubserinnerungen an die lebenswerteste Stadt in Westkanada an die Wand strahlen.
Ich finde die Fotos nicht auf dem USB-Stick, also gehe ich ins Internet. Dort liegen die schönsten Bilder auf meinem Studi-VZ-Account. Es könnte auch Facebook oder Myspace sein.
Am Abend sichte ich die Emails und finde eine neue Freundschafts-Einladung: "Patrizia möchte Dich als Freund hinzufügen".
Ich schreibe ihr zurück: "He, du bist mutig. Ich hätte meinem Lehrer keine Freundschaftseinladung geschickt. Liegrü ..."
Heute die Antwort: "Kein Problem. So bin ich." Ich sehe ihre Fotos vom Urlaub am Strand, ihre Fotos vom Allerliebsten im Arm, ihre Fotos von den letzten Parties. So sind sie eben: Viel bunter als ich sie hinter ihren Holzbänken erlebe.
Mutig oder übermutig. Sie oder ich?
Beim Thema Lebensqualität kommen wir auf "Vancouver" zu sprechen und ich falle um. Während die SchülerInnen an ihren Texten arbeiten starte ich das Notebook, hänge den Beamer dran und möchte ein paar Urlaubserinnerungen an die lebenswerteste Stadt in Westkanada an die Wand strahlen.
Ich finde die Fotos nicht auf dem USB-Stick, also gehe ich ins Internet. Dort liegen die schönsten Bilder auf meinem Studi-VZ-Account. Es könnte auch Facebook oder Myspace sein.
Am Abend sichte ich die Emails und finde eine neue Freundschafts-Einladung: "Patrizia möchte Dich als Freund hinzufügen".
Ich schreibe ihr zurück: "He, du bist mutig. Ich hätte meinem Lehrer keine Freundschaftseinladung geschickt. Liegrü ..."
Heute die Antwort: "Kein Problem. So bin ich." Ich sehe ihre Fotos vom Urlaub am Strand, ihre Fotos vom Allerliebsten im Arm, ihre Fotos von den letzten Parties. So sind sie eben: Viel bunter als ich sie hinter ihren Holzbänken erlebe.
Mutig oder übermutig. Sie oder ich?
teacher - am Donnerstag, 18. September 2008, 20:54
Stöckchen, Auszeichnungen, Kettenbriefe - sie haben irgendwas gemeinsam, lasst mich nicht nachdenken, was. Ich kann damit nicht stressfrei umgehen. Holt einen Psychiater, er soll euch das erklären. (Eine Psychiaterin über 40 wär mir noch lieber, da hätte ich mehr Vertrauen, liebe hexamore :-)

Ehrlich, ich freue mich über diese - persönlich überbrachte - Bestätigung. Trotzdem suche ich keine 7 BloggerInnen, um die Pyramide wachsen zu lassen, ich klinke mich hier aus. Spielverderber? Eigenbrötler? Asozialer.
Erklärt es mir, bitte.
liegrü teacher

Ehrlich, ich freue mich über diese - persönlich überbrachte - Bestätigung. Trotzdem suche ich keine 7 BloggerInnen, um die Pyramide wachsen zu lassen, ich klinke mich hier aus. Spielverderber? Eigenbrötler? Asozialer.
Erklärt es mir, bitte.
liegrü teacher
teacher - am Mittwoch, 17. September 2008, 21:56
Weil man für 1000 Kinder Verantwortung trägt, gehört die "angekündigte Räumung" am Schulanfang zum notwendigen Ritual.
Pünktlich um 10.20 Uhr heult die Sirene und die Kinder wissen, was zu tun ist. Fenster zu. Ruhe bewahren. Stiegenhaus. Ausgang. Treffpunkt. Der Lehrer kümmert sich ... ums Klassenbuch.
Unterwegs drängt sich eine Dreizehnjährige in mein Gesichtfeld und grinst mich freundlich an. Ich grinse genauso zurück, schließlich scheint die Sonne und "Räumung macht frei."
Das nette Lächeln war nicht angebracht.
Als meine Frau zuletzt vom Friseur nach Hause kam, ist mir das gleiche passiert.
Das Lachen war schnell eingefroren, die Schülerin enttäuscht.
"Gestern habe ich eineinhalb Stunden beim Zahnarzt geschwitzt."
"Warum?"
"Ich hab die Zahnspange heraus bekommen. SEHEN SIE DAS NICHT?"
Das ist der Unterschied. Ich betreue rund 150 Schülerinnen. Circa zwei Stunden pro Woche. Nicht weniger und nicht mehr.
Ich sage nicht: "ICH WUSSTE GAR NICHT, dass du eine Zahnspange hattest!" Es wäre aber eine ehrliche Antwort gewesen.
Bei meiner Frau hätte ich auf Anhieb erkennen müssen, dass die Haarspitzen jetzt viel toller fallen. Schließlich habe ich nur eine Ehefrau, da gibt es keine Ausrede.
Pünktlich um 10.20 Uhr heult die Sirene und die Kinder wissen, was zu tun ist. Fenster zu. Ruhe bewahren. Stiegenhaus. Ausgang. Treffpunkt. Der Lehrer kümmert sich ... ums Klassenbuch.
Unterwegs drängt sich eine Dreizehnjährige in mein Gesichtfeld und grinst mich freundlich an. Ich grinse genauso zurück, schließlich scheint die Sonne und "Räumung macht frei."
Das nette Lächeln war nicht angebracht.
Als meine Frau zuletzt vom Friseur nach Hause kam, ist mir das gleiche passiert.
Das Lachen war schnell eingefroren, die Schülerin enttäuscht.
"Gestern habe ich eineinhalb Stunden beim Zahnarzt geschwitzt."
"Warum?"
"Ich hab die Zahnspange heraus bekommen. SEHEN SIE DAS NICHT?"
Das ist der Unterschied. Ich betreue rund 150 Schülerinnen. Circa zwei Stunden pro Woche. Nicht weniger und nicht mehr.
Ich sage nicht: "ICH WUSSTE GAR NICHT, dass du eine Zahnspange hattest!" Es wäre aber eine ehrliche Antwort gewesen.
Bei meiner Frau hätte ich auf Anhieb erkennen müssen, dass die Haarspitzen jetzt viel toller fallen. Schließlich habe ich nur eine Ehefrau, da gibt es keine Ausrede.
teacher - am Montag, 15. September 2008, 08:47
Überraschungen aus der Kommunikationspsychologie:
1.
Die zunehmende Medienfragmentierung entwertet unser Gedächtnis:
Immer mehr Informationen, immer neuere Medien, immer mehr Pubklikationen werben immer platter um unser begrenztes Aufmerksamkeitsbudget, unser Gehirn reagiert mit schnellerer Wahrnehmung und schnellerer Auswahl (durch stärkere Stereotypisierung) - diese Aufgaben gehen auf Kosten der Speicherfunktion, die angesichts der sinkenden Halbwertszeit des Wissens zusätzlich an Bedeutung verliert.
Wir merken uns weniger, weil das notwendig ist. Aber wir reagieren schneller und urteilen oberflächlicher. Muss so sein.
2.
Jede Art von Kommunikation schafft neuronale Veränderungen. Je stärker die externen Reize und je häufiger die Wiederholungen, desto umfangreicher die Eingriffe in die Neuromorphologie und Epigenetik.
Werbung, Fernsehen, Computerspiele wirken phänomenal und verändern unser Gehirn bis tief in den genetischen Bereich. Damit unsere Nachfahren auch davon profitieren.
3.
Nonverbale Kommunikation, von der Körperhaltung bis zur bildhaften Darstellung, wirkt direkter, emotioneller und authentischer, ist weniger fehleranfällig und leichter verständlich, auch besser zu manipulieren.
"Reden wir darüber" - ist sinnlos. Ist aufwendig, braucht Zeit und verlangt Vorwissen und Aufmerksamkeit. Woher das alles?
... und am PISA-Debakel sind die Lehrer schuld.
1.
Die zunehmende Medienfragmentierung entwertet unser Gedächtnis:
Immer mehr Informationen, immer neuere Medien, immer mehr Pubklikationen werben immer platter um unser begrenztes Aufmerksamkeitsbudget, unser Gehirn reagiert mit schnellerer Wahrnehmung und schnellerer Auswahl (durch stärkere Stereotypisierung) - diese Aufgaben gehen auf Kosten der Speicherfunktion, die angesichts der sinkenden Halbwertszeit des Wissens zusätzlich an Bedeutung verliert.
Wir merken uns weniger, weil das notwendig ist. Aber wir reagieren schneller und urteilen oberflächlicher. Muss so sein.
2.
Jede Art von Kommunikation schafft neuronale Veränderungen. Je stärker die externen Reize und je häufiger die Wiederholungen, desto umfangreicher die Eingriffe in die Neuromorphologie und Epigenetik.
Werbung, Fernsehen, Computerspiele wirken phänomenal und verändern unser Gehirn bis tief in den genetischen Bereich. Damit unsere Nachfahren auch davon profitieren.
3.
Nonverbale Kommunikation, von der Körperhaltung bis zur bildhaften Darstellung, wirkt direkter, emotioneller und authentischer, ist weniger fehleranfällig und leichter verständlich, auch besser zu manipulieren.
"Reden wir darüber" - ist sinnlos. Ist aufwendig, braucht Zeit und verlangt Vorwissen und Aufmerksamkeit. Woher das alles?
... und am PISA-Debakel sind die Lehrer schuld.
teacher - am Montag, 8. September 2008, 07:40
Eric, 21-jähriger Jusstudent schildert eine Szene aus der Wiener U-Bahn.
Hauptdarsteller: Zwei "bemalte Kinder" und ein Hund.
ER, ganz in schwarz, auch um die Augen: "Wer war der Scheiß-Typ gestern?"
SIE, kongenial in Outlook und Inhalt: "Irgendwer halt."
HUND: "Wuff", wie immer.
Das alles könnte in eine ganz normale Eifersuchtsszene zwischen jungen Liebenden münden. SIE ist mit einem anderen rumgezogen, ER drückt seine Enttäuschung aus ...
ER: "I bring eahm um."
SIE: Fades Auge. Diese Platte kennt sie.
ER dreht auf: "I schlacht ihn o."
Das Wienerische kennt keinen Dialektausdruck für "abschlachten", der Junge muss es im Brockhaus gelesen haben. Oder so.
ER mag ihre ganze Familie: "I putz euch alle weg."
Und damit niemand verschont bleibt: "Mit dem Hund fang I an. Der liegt praktisch schon im Bluat."
Zur Enttäuschung der esoterischen U-Bahnfahrer beginnt der Köter nicht traurig zu winseln, sondern schaut weiter drollig in die Runde. Als einziger - während sich die anderen Passagiere verstört zurückziehen, sich schlafen stellen, in einer Gratiszeitung verschwinden.
"Sauproletenkinder", resumiert der Student, der mit dieser "heutigen Jugend" nicht in einen Topf geworfen werden will.
Niemand hat so wenig Verständnis für die Jungen wie die Jungen selbst. Ein naiver Lehrer stellt sich die letzten 16 Jahre dieser "bemalten Kinder" vor.
Hauptdarsteller: Zwei "bemalte Kinder" und ein Hund.
ER, ganz in schwarz, auch um die Augen: "Wer war der Scheiß-Typ gestern?"
SIE, kongenial in Outlook und Inhalt: "Irgendwer halt."
HUND: "Wuff", wie immer.
Das alles könnte in eine ganz normale Eifersuchtsszene zwischen jungen Liebenden münden. SIE ist mit einem anderen rumgezogen, ER drückt seine Enttäuschung aus ...
ER: "I bring eahm um."
SIE: Fades Auge. Diese Platte kennt sie.
ER dreht auf: "I schlacht ihn o."
Das Wienerische kennt keinen Dialektausdruck für "abschlachten", der Junge muss es im Brockhaus gelesen haben. Oder so.
ER mag ihre ganze Familie: "I putz euch alle weg."
Und damit niemand verschont bleibt: "Mit dem Hund fang I an. Der liegt praktisch schon im Bluat."
Zur Enttäuschung der esoterischen U-Bahnfahrer beginnt der Köter nicht traurig zu winseln, sondern schaut weiter drollig in die Runde. Als einziger - während sich die anderen Passagiere verstört zurückziehen, sich schlafen stellen, in einer Gratiszeitung verschwinden.
"Sauproletenkinder", resumiert der Student, der mit dieser "heutigen Jugend" nicht in einen Topf geworfen werden will.
Niemand hat so wenig Verständnis für die Jungen wie die Jungen selbst. Ein naiver Lehrer stellt sich die letzten 16 Jahre dieser "bemalten Kinder" vor.
teacher - am Mittwoch, 3. September 2008, 08:29
Helga schreibt an einer Dissertation.
"Sonst hab' ich an der Uni keine Chance weiterzukommen."
Renate denkt über ihre Zukunft in der Entwicklungshilfe nach.
"Mein Vertrag ist auf fünf Jahre beschränkt."
Christina hat einen Fuß in die Privatwirtschaft gewagt.
"Da herrschen ganz andere Gesetze."
Christina, Renate und Helga haben vieles gemeinsam. Alle drei unterrichten seit Jahren engagiert und ... wollen abspringen. Sie haben vorsichtig Chancen außerhalb der Schule aufgebaut und fürchten nichts mehr als dorthin zurückzufallen.
Das macht mir Sorgen. Die besten Kräfte versuchen den Absprung. Was stimmt da nicht?
Übrigens: Ich würd gern Kabarett machen. :-)
(Darum bleib ich in der Schule :-))
"Sonst hab' ich an der Uni keine Chance weiterzukommen."
Renate denkt über ihre Zukunft in der Entwicklungshilfe nach.
"Mein Vertrag ist auf fünf Jahre beschränkt."
Christina hat einen Fuß in die Privatwirtschaft gewagt.
"Da herrschen ganz andere Gesetze."
Christina, Renate und Helga haben vieles gemeinsam. Alle drei unterrichten seit Jahren engagiert und ... wollen abspringen. Sie haben vorsichtig Chancen außerhalb der Schule aufgebaut und fürchten nichts mehr als dorthin zurückzufallen.
Das macht mir Sorgen. Die besten Kräfte versuchen den Absprung. Was stimmt da nicht?
Übrigens: Ich würd gern Kabarett machen. :-)
(Darum bleib ich in der Schule :-))
teacher - am Samstag, 23. August 2008, 19:47
Was haben sich die Kinder gefürchtet! Vor dem Ernst des Lebens, der so gerne mit dem Schulbeginn verknüpft wird. Angst hatten sie vor Prüfungen, vor Lehrern, vor Versagen. Vor strengen Eltern, vor Strafen, vor schlechten Noten. Begründete Angst.
Schulangst.
Heute sehe ich so viele LehrerInnen zittern wie SchülerInnen. Wenn ein unfähiger Pädagoge eine negative Note gegeben hat - vor den Ferien - dann hat er alles riskiert: Schüler, die sich vor und hinter seinem Rücken "echauffieren", Eltern, die alle Hebel und Beziehungen in Gang setzen, Vorgesetzte, die Berichte und Begründungen einfordern und Rechtsanwälte, die Verfahrensmängel im pädagogischen Prozess wittern.
Jetzt - nach den Ferien - rollt die ganze Lawine wieder hoch.
Prüfungsangst. Auf beiden Seiten.
"Hoffentlich hat er was gelernt!"
"Hoffentlich ist er gut aufgelegt!"
Ich kenne Kollegen, die halbe Tage aufwenden, um passende Wiederholungsprüfungen zusammenstellen. Für Schüler, die keine einzige Minute dafür gelernt haben. Oder in letzter Sekunde nicht antreten.
Jetzt betreten sie das Feld, der Tormann, der Schütze.
Ich bin schlauer geworden, ich habe heuer - zum ersten Mal in meiner Karriere - alle Wiederholungsprüfungen vermeiden können. Vermieden.
Alle meine Schüler hatten Ferien, die ganzen Ferien ... und ich hatte auch Ferien, die ganzen Ferien. Ich bin ein Guter!
Trotzdem fühle ich Nervosität aufsteigen. Ich bekomme eine neue Klasse. Werden wir zusammenpassen? Werden wir miteinander auskommen? Welche Kinder werden mit welchen Problemen kommen, welche Probleme machen, welche ...
Ich bin der Tormann, dreißig werden auf mich schießen.
Aus kurzer Distanz, stundenlang. 30:1
Treffen sie, tuts weh.
Treffen sie nicht, holen sie Verstärkung, dann schießen sechzig oder neunzig.
Wenn ich alle Bälle halte, hab ich meinen Job erledigt. Geht einer rein, bin ich ein Loser. Jeder Tormann kennt dieses Gefühl: Nicht die 100 gehaltenen, der einzig vergurkte Ball prägt das Spiel.
Vielleicht hätte ich weniger Fußball schauen sollen, in diesen EM-Ferien. Ich könnte sicher besser schlafen.
Schulangst.
Heute sehe ich so viele LehrerInnen zittern wie SchülerInnen. Wenn ein unfähiger Pädagoge eine negative Note gegeben hat - vor den Ferien - dann hat er alles riskiert: Schüler, die sich vor und hinter seinem Rücken "echauffieren", Eltern, die alle Hebel und Beziehungen in Gang setzen, Vorgesetzte, die Berichte und Begründungen einfordern und Rechtsanwälte, die Verfahrensmängel im pädagogischen Prozess wittern.
Jetzt - nach den Ferien - rollt die ganze Lawine wieder hoch.
Prüfungsangst. Auf beiden Seiten.
"Hoffentlich hat er was gelernt!"
"Hoffentlich ist er gut aufgelegt!"
Ich kenne Kollegen, die halbe Tage aufwenden, um passende Wiederholungsprüfungen zusammenstellen. Für Schüler, die keine einzige Minute dafür gelernt haben. Oder in letzter Sekunde nicht antreten.
Jetzt betreten sie das Feld, der Tormann, der Schütze.
Ich bin schlauer geworden, ich habe heuer - zum ersten Mal in meiner Karriere - alle Wiederholungsprüfungen vermeiden können. Vermieden.
Alle meine Schüler hatten Ferien, die ganzen Ferien ... und ich hatte auch Ferien, die ganzen Ferien. Ich bin ein Guter!
Trotzdem fühle ich Nervosität aufsteigen. Ich bekomme eine neue Klasse. Werden wir zusammenpassen? Werden wir miteinander auskommen? Welche Kinder werden mit welchen Problemen kommen, welche Probleme machen, welche ...
Ich bin der Tormann, dreißig werden auf mich schießen.
Aus kurzer Distanz, stundenlang. 30:1
Treffen sie, tuts weh.
Treffen sie nicht, holen sie Verstärkung, dann schießen sechzig oder neunzig.
Wenn ich alle Bälle halte, hab ich meinen Job erledigt. Geht einer rein, bin ich ein Loser. Jeder Tormann kennt dieses Gefühl: Nicht die 100 gehaltenen, der einzig vergurkte Ball prägt das Spiel.
Vielleicht hätte ich weniger Fußball schauen sollen, in diesen EM-Ferien. Ich könnte sicher besser schlafen.
teacher - am Donnerstag, 21. August 2008, 20:02
"Herr Professor, dürfen wir morgen Fenster putzen?"
"Wie bitte?"
"Na ja, wir haben doch morgen schon um 12 Uhr aus - und schauen Sie 'mal unsere Fenster an."
"Haaahhhh? Ich sehe keinen Zusammenhang?"
"Wir wollen endlich wieder die Sonne sehen!"
"Ihr wollt FREIWILLIG die Klassenfenster putzen? Morgen? Und da fragt ihr mich noch?"
"Ja, weil wir ja keinen Schlüssel haben."
"Ich auch nicht."
Erklärend sei hier erwähnt, dass seit der Renovierung unseres Schulgebäudes manche Fenster fix eingemauert sind ... und die anderen so versperrt, dass sie nur einen Lüftungsspalt weit zu öffnen sind. Entweder, um die SchülerInnen vor Flucht und Selbstmord zu schützen oder die vorbeigehenden Passsanten vor herunterfallenden Milchpackungen und Klopapierrollen. Vielleicht stimmen auch beide Erklärungen, vielleicht auch keine.
"Deswegen komme ich ja zu Ihnen. Können Sie uns den Schlüssel besorgen?"
"Wird sich machen lassen. Sonst noch was?"
"Ja. Dürfen wir mit einer Stehleiter vom Gehsteig her die fixen Fensterscheiben auch putzen?"
"Da kann sich doch die Schule nur freuen ..."
"Können Sie einfach ja oder nein sagen. Ob wir DÜRFEN!"
"Wenn ich den Herrn Direktor frage ... wird er mir nicht glauben, dass das euer Ernst ist: Fenster putzen in der Freizeit!"
"Wir wollen einfach wieder hinaussehen können, die Sonne, den Himmel, die Bäume ... und zu Hause ist uns eh fad."
P.S.: Ein Mal im Jahr soll eine Profi-Reinigungstruppe diese Glasfassaden säubern, aber mindestens vier Mal im Jahr wäre es notwendig. Von der Innenräumung unserer verstaubten und verdreckten Lehrsäle wage ich hier nur Andeutungen zu machen.
P.P.S.: Im vorigen Jahr musste die Fensterreinigung aus finanziellen Gründen abgesagt werden, erfahre ich, als ich den Schlüssel aus der Direktion hole.
"Wie bitte?"
"Na ja, wir haben doch morgen schon um 12 Uhr aus - und schauen Sie 'mal unsere Fenster an."
"Haaahhhh? Ich sehe keinen Zusammenhang?"
"Wir wollen endlich wieder die Sonne sehen!"
"Ihr wollt FREIWILLIG die Klassenfenster putzen? Morgen? Und da fragt ihr mich noch?"
"Ja, weil wir ja keinen Schlüssel haben."
"Ich auch nicht."
Erklärend sei hier erwähnt, dass seit der Renovierung unseres Schulgebäudes manche Fenster fix eingemauert sind ... und die anderen so versperrt, dass sie nur einen Lüftungsspalt weit zu öffnen sind. Entweder, um die SchülerInnen vor Flucht und Selbstmord zu schützen oder die vorbeigehenden Passsanten vor herunterfallenden Milchpackungen und Klopapierrollen. Vielleicht stimmen auch beide Erklärungen, vielleicht auch keine.
"Deswegen komme ich ja zu Ihnen. Können Sie uns den Schlüssel besorgen?"
"Wird sich machen lassen. Sonst noch was?"
"Ja. Dürfen wir mit einer Stehleiter vom Gehsteig her die fixen Fensterscheiben auch putzen?"
"Da kann sich doch die Schule nur freuen ..."
"Können Sie einfach ja oder nein sagen. Ob wir DÜRFEN!"
"Wenn ich den Herrn Direktor frage ... wird er mir nicht glauben, dass das euer Ernst ist: Fenster putzen in der Freizeit!"
"Wir wollen einfach wieder hinaussehen können, die Sonne, den Himmel, die Bäume ... und zu Hause ist uns eh fad."
P.S.: Ein Mal im Jahr soll eine Profi-Reinigungstruppe diese Glasfassaden säubern, aber mindestens vier Mal im Jahr wäre es notwendig. Von der Innenräumung unserer verstaubten und verdreckten Lehrsäle wage ich hier nur Andeutungen zu machen.
P.P.S.: Im vorigen Jahr musste die Fensterreinigung aus finanziellen Gründen abgesagt werden, erfahre ich, als ich den Schlüssel aus der Direktion hole.
teacher - am Freitag, 6. Juni 2008, 21:21
Das Lehrbuch muss geändert werden.
"Können wir dem Autor eine Mail schreiben?"
Ich mag Kinder, die sich engagieren. Aber in diesem Fall würde ich lieber auszucken.
Die Kinder haben im Buch gelesen, dass die Jungrinder tagelang auf der Alm bleiben.
"Alleine?"
"Ja."
"Bei jedem Wetter?"
"Ja."
"Der Bauer kümmert sich gar nicht um sie?"
"Nein."
"Das ist gar nicht lieb!"
"Ahhh ... das sind Tiere. Die leben in der Natur, haben zu fressen, zu trinken, finden alles, was sie brauchen."
"Trotzdem."
Unsere Stadtkinder wollen Rinder, Schafe oder Schweine so umsorgt sehen wie ihre Katzen, Hasen und Meerschweinchen. Die werden gestreichelt, gekuschelt, gebürstet. Aber der Bauer ist böse, misshandelt Gottes Schöpfung.
Deswegen sollte das Lehrbuch umgeschrieben werden!
Vielleicht sollte ich die Kinder demokratisch darüber abstimmen lassen, was der Landwirt zu tun und zu lassen hat. Was in einem guten Lehrbuch stehen darf und was nicht. Ob die Weidetiere unter freiem Himmel lieber leben als ihre Hündchen am Balkon.
"Können wir dem Autor eine Mail schreiben?"
Ich mag Kinder, die sich engagieren. Aber in diesem Fall würde ich lieber auszucken.
Die Kinder haben im Buch gelesen, dass die Jungrinder tagelang auf der Alm bleiben.
"Alleine?"
"Ja."
"Bei jedem Wetter?"
"Ja."
"Der Bauer kümmert sich gar nicht um sie?"
"Nein."
"Das ist gar nicht lieb!"
"Ahhh ... das sind Tiere. Die leben in der Natur, haben zu fressen, zu trinken, finden alles, was sie brauchen."
"Trotzdem."
Unsere Stadtkinder wollen Rinder, Schafe oder Schweine so umsorgt sehen wie ihre Katzen, Hasen und Meerschweinchen. Die werden gestreichelt, gekuschelt, gebürstet. Aber der Bauer ist böse, misshandelt Gottes Schöpfung.
Deswegen sollte das Lehrbuch umgeschrieben werden!
Vielleicht sollte ich die Kinder demokratisch darüber abstimmen lassen, was der Landwirt zu tun und zu lassen hat. Was in einem guten Lehrbuch stehen darf und was nicht. Ob die Weidetiere unter freiem Himmel lieber leben als ihre Hündchen am Balkon.
teacher - am Sonntag, 1. Juni 2008, 10:43