Die neue Frau Ministerin hat sich ein publikumswirksames Einstandsgeschenk gemacht. Sie hat für Kyrill "sturmfrei" gegeben. Eigentlich hat sie "gut" gemeint, dass Kinder, die wegen des Orkans nicht zur Schule kommen können, entschuldigt sind. Die Boulevardpresse titelte aber bekannt seriös: Schulfrei.
Der Wind hat sich lehrreich niedergeschlagen.
1. Dieser Sturm wurde von A1 gesponsert. Kaum hatten die Nachrichtensprecher das Wort "schulfrei" in den Äther gehaucht, liefen die Handys heiß. Ein befragter Schüler erhielt 7 SMS, ein anderer 5 mit dem gleichen Inhalt: "Wegen Sturm morgen schulfrei." Innerhalb von fünf Minuten hatte sich die Neuigkeit redundant, aber gewinnbringend herumgesimst. Das nenne ich Effizienz.
2. Je kleiner die Kinder sind, desto sturmresistenter gelangen sie zur Schule.
In meiner ersten Klasse fehlten 3 Schüler, in der dritten 4 , in der siebten 13. In einer achten Klasse - Maturajahrgang - kam niemand an. Trauerminute.
Physikalisch (oder psychologisch?) muss das mit dem Lebendgewicht erklärt werden: Je schwerer (älter) ein Schulgänger, desto windgefährdeter!
Ich denke weiter: Universitäten sollten beim nächsten Sturm vorsorglich verbarrikadiert werden, Altersheime grundsätzlich subparterre einbetoniert.
Entsprechende Schreiben ergehen an die zuständigen Ministerien.
Der Wind hat sich lehrreich niedergeschlagen.
1. Dieser Sturm wurde von A1 gesponsert. Kaum hatten die Nachrichtensprecher das Wort "schulfrei" in den Äther gehaucht, liefen die Handys heiß. Ein befragter Schüler erhielt 7 SMS, ein anderer 5 mit dem gleichen Inhalt: "Wegen Sturm morgen schulfrei." Innerhalb von fünf Minuten hatte sich die Neuigkeit redundant, aber gewinnbringend herumgesimst. Das nenne ich Effizienz.
2. Je kleiner die Kinder sind, desto sturmresistenter gelangen sie zur Schule.
In meiner ersten Klasse fehlten 3 Schüler, in der dritten 4 , in der siebten 13. In einer achten Klasse - Maturajahrgang - kam niemand an. Trauerminute.
Physikalisch (oder psychologisch?) muss das mit dem Lebendgewicht erklärt werden: Je schwerer (älter) ein Schulgänger, desto windgefährdeter!
Ich denke weiter: Universitäten sollten beim nächsten Sturm vorsorglich verbarrikadiert werden, Altersheime grundsätzlich subparterre einbetoniert.
Entsprechende Schreiben ergehen an die zuständigen Ministerien.
teacher - am Samstag, 20. Januar 2007, 21:46
Hohe, leise, schüchterne Mädchentöne erreichen mich zur Stundenwiederholung.
"Prima Heinrich ..."
Ich unterbreche vorsorglich: "Wer?"
"Prima Heinrich."
Ich greife helfend ein: "Wie heißt der Sohn eines Königs?"
"Prinz."
"Na also. Weiter, bitte."
"Prima Heinrich högerte ..."
"Prinz Heinrich machte was?"
"Högerte!"
"Was heißt "högern"?"
"Weiß ich nicht. Aber das steht so im Heft!"
"Vielleicht in deinem Heft!"
"Nein, in Lisas Heft."
"Lisa, was steht in deinem Heft?"
"Prinz Heinrich förderte ..."
Bevor die Wiederholung zum Kabarett verkam, ging ich der Sache auf den Grund. Das kleine Mädchen hatte in dieser Stunde gefehlt und deswegen die Mitschrift ihrer Nachbarin Lisa kopiert.
Sie konnte zwar einiges nicht lesen, hat vieles nicht verstanden, aber alles auswendig gelernt.
Zwei Randbemerkungen:
1. Vergessen ist eine Gnade! Aber "Prima Heinrich högert" in meinem Kopf munter weiter und etliche Familienmitglieder högern lustig mit mir mit.
(Und Sie, werte Leser, können Sie hinter diese Information zurück und das kindliche "högern" einfach wegknipsen?)
2. Blödsinn vergessen wir schwerer - deswegen baue ich solche Szenen bewusst in meinen Unterricht ein. Wir högern prima dahin.
"Prima Heinrich ..."
Ich unterbreche vorsorglich: "Wer?"
"Prima Heinrich."
Ich greife helfend ein: "Wie heißt der Sohn eines Königs?"
"Prinz."
"Na also. Weiter, bitte."
"Prima Heinrich högerte ..."
"Prinz Heinrich machte was?"
"Högerte!"
"Was heißt "högern"?"
"Weiß ich nicht. Aber das steht so im Heft!"
"Vielleicht in deinem Heft!"
"Nein, in Lisas Heft."
"Lisa, was steht in deinem Heft?"
"Prinz Heinrich förderte ..."
Bevor die Wiederholung zum Kabarett verkam, ging ich der Sache auf den Grund. Das kleine Mädchen hatte in dieser Stunde gefehlt und deswegen die Mitschrift ihrer Nachbarin Lisa kopiert.
Sie konnte zwar einiges nicht lesen, hat vieles nicht verstanden, aber alles auswendig gelernt.
Zwei Randbemerkungen:
1. Vergessen ist eine Gnade! Aber "Prima Heinrich högert" in meinem Kopf munter weiter und etliche Familienmitglieder högern lustig mit mir mit.
(Und Sie, werte Leser, können Sie hinter diese Information zurück und das kindliche "högern" einfach wegknipsen?)
2. Blödsinn vergessen wir schwerer - deswegen baue ich solche Szenen bewusst in meinen Unterricht ein. Wir högern prima dahin.
teacher - am Freitag, 19. Januar 2007, 20:59
"Wie macht sich die Sarah bei dir?" fragt mich der Klassenvorstand einer Dritten.
"Die Sarah? Na ja, unauffällig, ruhig, mittelmäßig."
"Sie wird die Schule wechseln."
"Warum? So schlecht geht's ihr doch nicht."
(So tickt das Lehrerhirn: Keiner verlässt uns freiwillig.)
"Im Gegenteil. Angeblich sucht sie einen Hochbegabten-Platz?"
"Was?"
"Zuerst hat sie einen psychologischen Test gemacht. Mit sehr guten Ergebnissen. Daraufhin haben die Eltern ein anderes Gymnasium gesucht."
"Ich vermute eher, dass sie sich in der Klasse nicht wohl fühlt."
"Gut möglich. Sie hat sich wenig integriert. Sie zieht sich zurück, sie liest sehr viel, das irritiert bzw. blendet die Umgebung. Ausserdem kommt ihre Mutter aus Irland und sie spricht fließend Englisch."
"Ja gut, aber sonst?"
"Ihr Problem ist Französisch! Sie hat nie eine Fremdsprache von der Pieke auf lernen müssen. Vokabel, Verbformen ... da ist sie überfordert."
"Ist sie gefährdet?"
"Zwei Schularbeiten, eine auf Genügend, eine Nicht genügend, da schwimmt sie ganz ordentlich."
"Und deswegen braucht sie Begabtenförderung?"
Zwei Zweifler zweifeln.
"Die Sarah? Na ja, unauffällig, ruhig, mittelmäßig."
"Sie wird die Schule wechseln."
"Warum? So schlecht geht's ihr doch nicht."
(So tickt das Lehrerhirn: Keiner verlässt uns freiwillig.)
"Im Gegenteil. Angeblich sucht sie einen Hochbegabten-Platz?"
"Was?"
"Zuerst hat sie einen psychologischen Test gemacht. Mit sehr guten Ergebnissen. Daraufhin haben die Eltern ein anderes Gymnasium gesucht."
"Ich vermute eher, dass sie sich in der Klasse nicht wohl fühlt."
"Gut möglich. Sie hat sich wenig integriert. Sie zieht sich zurück, sie liest sehr viel, das irritiert bzw. blendet die Umgebung. Ausserdem kommt ihre Mutter aus Irland und sie spricht fließend Englisch."
"Ja gut, aber sonst?"
"Ihr Problem ist Französisch! Sie hat nie eine Fremdsprache von der Pieke auf lernen müssen. Vokabel, Verbformen ... da ist sie überfordert."
"Ist sie gefährdet?"
"Zwei Schularbeiten, eine auf Genügend, eine Nicht genügend, da schwimmt sie ganz ordentlich."
"Und deswegen braucht sie Begabtenförderung?"
Zwei Zweifler zweifeln.
teacher - am Donnerstag, 18. Januar 2007, 19:32
Moritz kehrt seine unbeholfene Seite hervor.
Sein Hintermann fragt trocken:
"Darf ich ein Foto von dir machen?"
Moritz: "Warum?"
"Ich sammle Naturkatastrophen."
Der war gut, aber ich durfte erst in der Pause brüllen.
Sein Hintermann fragt trocken:
"Darf ich ein Foto von dir machen?"
Moritz: "Warum?"
"Ich sammle Naturkatastrophen."
Der war gut, aber ich durfte erst in der Pause brüllen.
teacher - am Donnerstag, 18. Januar 2007, 13:59
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Endlich eine positive Meldung: "Die Dummheit wurde gesetzlich abgeschafft."
Sollten Sie dennoch dumme Sprüche hören, dumme Sachen sehen oder gar dumme Menschen kennen, dann handelt es sich um Relikte der Vergangenheit.
(Eh schon seit vielen Jahren gibt es keine dummen Kinder und schon gar keine dummen Schüler.)
In der dritten Klasse feilen wir am Projekt "Wohnen" und wählen zwischen einer Altbauwohnung in Innenstadtlage und einer Neubauwohnung am Stadtrand.
"Wofür sollen wir uns entscheiden? Es geht um viel Geld! Sammeln wir zunächst die Nachteile der Altbauwohnungen."
Nachdem wir entdeckt haben, dass alte Wohnungen oft weit höher gebaut wurden, über höhere Fenster und größere Türen verfügen, fragen wir uns, ob wir das so lieber haben wollen. 80 % zeigen auf.
"Warum gefallen euch hohe Räume besser?"
Jetzt kommt ins Spiel, was wir prähistorisch Dummheit genannt hätten.
"Also, wenn ich da ein Loch in der Wand habe und ich kriege eine Überschwemmung, dann ertrinke ich nicht so schnell."
Lernende Mitmenschen verdrehen die Augen, andere lachen oder schlagen sich mit der flachen Hand auf die Stirn.
"Naja", schwäche ich ab "das wird für uns keine große Rolle spielen."
Ist nicht gelogen.
Schließlich finden wir weit stichhaltigere Begründungen und vergessen den Rohrbruch in der Altstadt.
Beim Verlassen der Klasse drängt sich der dreizehnjährige Urheber der Titanic-Theorie noch einmal zu mir und behauptet: "Das werden Sie noch bereuen."
"Was?" muss ich fragen, weil ich den Gedanken längst geschnupft habe.
"Das Hochwasser! Wenn der erste ertrinkt, dann werden Sie noch an mich denken."
Er geht ab.
Ich hoffe, dass er mich bloß erheitern wollte und bin froh, dass die Dummheit verboten wurde und die Hoffnung zuletzt stirbt.
Sollten Sie dennoch dumme Sprüche hören, dumme Sachen sehen oder gar dumme Menschen kennen, dann handelt es sich um Relikte der Vergangenheit.
(Eh schon seit vielen Jahren gibt es keine dummen Kinder und schon gar keine dummen Schüler.)
In der dritten Klasse feilen wir am Projekt "Wohnen" und wählen zwischen einer Altbauwohnung in Innenstadtlage und einer Neubauwohnung am Stadtrand.
"Wofür sollen wir uns entscheiden? Es geht um viel Geld! Sammeln wir zunächst die Nachteile der Altbauwohnungen."
Nachdem wir entdeckt haben, dass alte Wohnungen oft weit höher gebaut wurden, über höhere Fenster und größere Türen verfügen, fragen wir uns, ob wir das so lieber haben wollen. 80 % zeigen auf.
"Warum gefallen euch hohe Räume besser?"
Jetzt kommt ins Spiel, was wir prähistorisch Dummheit genannt hätten.
"Also, wenn ich da ein Loch in der Wand habe und ich kriege eine Überschwemmung, dann ertrinke ich nicht so schnell."
Lernende Mitmenschen verdrehen die Augen, andere lachen oder schlagen sich mit der flachen Hand auf die Stirn.
"Naja", schwäche ich ab "das wird für uns keine große Rolle spielen."
Ist nicht gelogen.
Schließlich finden wir weit stichhaltigere Begründungen und vergessen den Rohrbruch in der Altstadt.
Beim Verlassen der Klasse drängt sich der dreizehnjährige Urheber der Titanic-Theorie noch einmal zu mir und behauptet: "Das werden Sie noch bereuen."
"Was?" muss ich fragen, weil ich den Gedanken längst geschnupft habe.
"Das Hochwasser! Wenn der erste ertrinkt, dann werden Sie noch an mich denken."
Er geht ab.
Ich hoffe, dass er mich bloß erheitern wollte und bin froh, dass die Dummheit verboten wurde und die Hoffnung zuletzt stirbt.
teacher - am Mittwoch, 17. Januar 2007, 15:44
Das Telefon läutet, ein zufällig daneben stehender Kollege hebt beherzt ab, hört kurz zu und sagt dann: "Sicher nicht."
Legt wieder auf.
Da staunen die KollegInnen, die in unserem Großraum-Lehrerzimmer (Plätzchen für über 100 Leute) gezwungenermaßen immer mithören. Mieser Rahmen für Privatgespräche.
Eine wagt es, von Neugier überschwemmt: "Wer war das?"
"Firma Quelle."
"Der Versand?"
"Ja. Die wollten den Dr. F. sprechen, der hätte irgendwas bestellt. Ob sie das wirklich auf die Schuladresse schicken sollen."
Dann kam das "Sicher nicht."
"Warum weißt du das?", hakt eine Kollegin nach.
"Kennst Du den Schmäh nicht?"
"Welchen Schmäh?"
"Da bestellen irgendwelche Freunde von uns - unter Anführungszeichen - allerhand Zeug und lassen es in die Schule zustellen. Auf unsere Namen! Und unsere Rechnung."
"Ehrlich? Das gibts?"
"Hmm. Da sind einmal zwei Waschmaschinen vor der Tür gestanden. Habt ihr das nicht mitbekommen?"
"Nein! Das hab' ich noch nie gehört."
"Und Post von der Beate Uhse bekommen wir auch immer wieder."
Vielsagendes Gelächter. Und das Telefon läutet wieder.
Legt wieder auf.
Da staunen die KollegInnen, die in unserem Großraum-Lehrerzimmer (Plätzchen für über 100 Leute) gezwungenermaßen immer mithören. Mieser Rahmen für Privatgespräche.
Eine wagt es, von Neugier überschwemmt: "Wer war das?"
"Firma Quelle."
"Der Versand?"
"Ja. Die wollten den Dr. F. sprechen, der hätte irgendwas bestellt. Ob sie das wirklich auf die Schuladresse schicken sollen."
Dann kam das "Sicher nicht."
"Warum weißt du das?", hakt eine Kollegin nach.
"Kennst Du den Schmäh nicht?"
"Welchen Schmäh?"
"Da bestellen irgendwelche Freunde von uns - unter Anführungszeichen - allerhand Zeug und lassen es in die Schule zustellen. Auf unsere Namen! Und unsere Rechnung."
"Ehrlich? Das gibts?"
"Hmm. Da sind einmal zwei Waschmaschinen vor der Tür gestanden. Habt ihr das nicht mitbekommen?"
"Nein! Das hab' ich noch nie gehört."
"Und Post von der Beate Uhse bekommen wir auch immer wieder."
Vielsagendes Gelächter. Und das Telefon läutet wieder.
teacher - am Dienstag, 16. Januar 2007, 18:01
"Mensch, hast Du heute geschnarcht!" klingt weniger freundlich als "Guten Morgen, Schatz".
Ich schlucke und spüre einen rauen Kloß in meinen Innenwänden hin und her wandern.
"Uhhh, das brennt!"
Im Badezimmer lenke ich direkt zum Roten Kreuz, jenem Kästchen, das von Globuli bis Antibiotika die halbe westliche Medizin repräsentiert. Dieses grüne Zeug zum Gurgeln schmeckt wie es aussieht.
Beim heißen Tee mit Honig überlege ich das Ansinnen meiner Frau:
"Du musst dich krank melden."
"Ach was! Ich hab' doch kein Fieber!"
Sie kennt mich und resigniert.
Halsschmerzen, Verkühlung, Stimmprobleme - das sind keine Krankheiten, das gehört zum täglichen Brot des Lehrers. Wenn ich jedes Mal im Bett bleibe, wenn das Schlucken schmerzt, dann bin ich den halben Winter außer Gefecht. Dann komme ich mit meinen Terminen, Schularbeiten, Prüfungen, Stoff, Lernzielen nicht mehr zu Rande.
Mein berufliches Credo: Krank ist, wer Fieber hat. Mindestens.
Der verrückte Grundgedanke: "Jeder Lehrer ist unersetzlich."
"Wo sind diese Salztabletten zum Lutschen?"
"In der Apotheke, Schatz!"
Aus dem Frauendeutsch übersetzt heißt das wohl: "Dir kann frau nicht helfen. Und tschüss."
Ich schlucke und spüre einen rauen Kloß in meinen Innenwänden hin und her wandern.
"Uhhh, das brennt!"
Im Badezimmer lenke ich direkt zum Roten Kreuz, jenem Kästchen, das von Globuli bis Antibiotika die halbe westliche Medizin repräsentiert. Dieses grüne Zeug zum Gurgeln schmeckt wie es aussieht.
Beim heißen Tee mit Honig überlege ich das Ansinnen meiner Frau:
"Du musst dich krank melden."
"Ach was! Ich hab' doch kein Fieber!"
Sie kennt mich und resigniert.
Halsschmerzen, Verkühlung, Stimmprobleme - das sind keine Krankheiten, das gehört zum täglichen Brot des Lehrers. Wenn ich jedes Mal im Bett bleibe, wenn das Schlucken schmerzt, dann bin ich den halben Winter außer Gefecht. Dann komme ich mit meinen Terminen, Schularbeiten, Prüfungen, Stoff, Lernzielen nicht mehr zu Rande.
Mein berufliches Credo: Krank ist, wer Fieber hat. Mindestens.
Der verrückte Grundgedanke: "Jeder Lehrer ist unersetzlich."
"Wo sind diese Salztabletten zum Lutschen?"
"In der Apotheke, Schatz!"
Aus dem Frauendeutsch übersetzt heißt das wohl: "Dir kann frau nicht helfen. Und tschüss."
teacher - am Montag, 15. Januar 2007, 22:35
Das Fernsehen ist da, es geht rund im Haus.
Das Thema muss am Köcheln bleiben: "Gewalt an der Schule."
Ich garantiere: Nirgends geht es so zivilisiert zu wie an der Schule. Gewalt herrscht auf der Straße, im Park, in und vor den Lokalen. Besonders in den Familien, besonders in der Nacht. Aber die Medien zeigen das Thema am liebsten zwischen Tafel und Turnsaal, zwischen Frühstück und Mittagessen. Totaler Schwachsinn.
Ein paar ziemlich abgefuckte Typen bauen Kamera, Ton und vor allem sich selbst in der Aula auf. Und machen ihr Ding. Sie fragen nicht lange, wie das Projekt "Konfliktlotse" funktioniert. Sie vermuten die Antworten und und lassen sie von jungen Gesichtern aufsagen: "Noch einmal! Aber ein bisserl kürzer. TON AB!"
"Nächste Einstellung. Jetzt ein Mädchen ..."
Am Abend sitzt die abgefilmte Schulbesatzung vor den Schirmen und begafft sich: "Hurra, wir sind im Fernsehen!" Man ist zufrieden, sogar die heilige Glotze interessiert sich für unser Projekt. Als unbeteiligter Zuseher gewinnt man den Eindruck, die Schule hätte den Stein der Weisen gefunden: "Ein paar Schüler als Konfliktlotsen ausbilden lassen - und schon ist die Gewalt abgeschafft!"
Ich frage eine involvierte Kollegin: "Wie funktioniert das wirklich?"
"Eigentlich haben wir noch keine Erfahrungen gemacht ... also bisher sind die Lotsen noch nicht eingesetzt worden."
"Aber im Fernsehen ..."
"Du kennst ja die Medien!"
"Und ihr macht da mit?"
"'s gut fürs Image. Und wir wollen das Projekt ja weiterführen. Die Ausbildung kostet ein Heidengeld ... und die Lotsen sind wirklich sehr sensibilisert... "
Sie sehen hier den projektmäßigen Normalfall, ein Kartenhaus aus Lügen, Beschönigungen und Begehrlichkeiten, ein Schulprojekt.
Das Thema muss am Köcheln bleiben: "Gewalt an der Schule."
Ich garantiere: Nirgends geht es so zivilisiert zu wie an der Schule. Gewalt herrscht auf der Straße, im Park, in und vor den Lokalen. Besonders in den Familien, besonders in der Nacht. Aber die Medien zeigen das Thema am liebsten zwischen Tafel und Turnsaal, zwischen Frühstück und Mittagessen. Totaler Schwachsinn.
Ein paar ziemlich abgefuckte Typen bauen Kamera, Ton und vor allem sich selbst in der Aula auf. Und machen ihr Ding. Sie fragen nicht lange, wie das Projekt "Konfliktlotse" funktioniert. Sie vermuten die Antworten und und lassen sie von jungen Gesichtern aufsagen: "Noch einmal! Aber ein bisserl kürzer. TON AB!"
"Nächste Einstellung. Jetzt ein Mädchen ..."
Am Abend sitzt die abgefilmte Schulbesatzung vor den Schirmen und begafft sich: "Hurra, wir sind im Fernsehen!" Man ist zufrieden, sogar die heilige Glotze interessiert sich für unser Projekt. Als unbeteiligter Zuseher gewinnt man den Eindruck, die Schule hätte den Stein der Weisen gefunden: "Ein paar Schüler als Konfliktlotsen ausbilden lassen - und schon ist die Gewalt abgeschafft!"
Ich frage eine involvierte Kollegin: "Wie funktioniert das wirklich?"
"Eigentlich haben wir noch keine Erfahrungen gemacht ... also bisher sind die Lotsen noch nicht eingesetzt worden."
"Aber im Fernsehen ..."
"Du kennst ja die Medien!"
"Und ihr macht da mit?"
"'s gut fürs Image. Und wir wollen das Projekt ja weiterführen. Die Ausbildung kostet ein Heidengeld ... und die Lotsen sind wirklich sehr sensibilisert... "
Sie sehen hier den projektmäßigen Normalfall, ein Kartenhaus aus Lügen, Beschönigungen und Begehrlichkeiten, ein Schulprojekt.
teacher - am Samstag, 13. Januar 2007, 20:16
Er hat den Gipfel des Olymp erreicht und stöhnt in Verzweiflung. Er hat einen bedeutenden Lehrauftrag am Psychologischen Institut der Uni erhalten und versinkt in Studentenmassen.
"Es ist schrecklich, was ihr zu uns schickt."
Ich könnte zum hundertsten Male erklären, dass wir niemanden studieren schicken und dass wir auch für die Qualität der Studierenden nur peripher verantwortlich zu machen sind.
Ich stimme einfacherhalber in die Jammerei ein:
"Jaja, sie können keine Mathematik für eure Statistik, kein Englisch für eure Sekundärliteratur und das Deutsch ihrer Referate strotzt vor Fehlern."
"Davon rede ich gar nicht ... das ist gar kein Thema mehr. Aber die Einstellung, die Haltung ... !"
Er lässt mir Zeit zum Nachdenken.
"Die Leute, die bei uns Psychologie studieren, die haben es alle notwendig."
Starker Tobak, aber ich atme erleichtert auf: Dafür kann er mich nicht verantwortlich machen.
"Schau, die Psychologen finden ja keine Jobs. Warum beginnen trotzdem tausende so ein Studium?"
Eine rhetorische Frage, ich warte auf die offensichtliche Antwort.
"Weil sie mit ihren eigenen Problemen nicht fertig werden. Weil sie hoffen, bei uns eine Art Selbstheilung erwirken zu können. Sie wollen sich selbst analysieren, sie wollen in ihre Seele hineinschauen ..."
"Verstehe."
"Schon, aber erstens funktioniert das nicht im Hörsaal mit siebenhundert Studenten und zweitens werden diese Absolventen den wirklich Kranken nicht helfen können."
"Die brauchen selber Hilfe!"
"Genau ... aber in meiner Vorlesung kriegen sie das nicht."
"Das muss man ihnen sagen, reinen Wein einschenken."
"Glaub' mir, das hilft auch niemanden."
Übrigens. Wenn wir mit unseren SchülerInnen nicht mehr fertig werden, wo schicken wir sie hin?
Richtig. Zur Schul-Psychologin.
Von der ich persönlich weiß, dass sie an den einfachsten Herausforderungen des Lebens scheitert. Pssst, hat mir ihre Hauswartin erzählt.
"Es ist schrecklich, was ihr zu uns schickt."
Ich könnte zum hundertsten Male erklären, dass wir niemanden studieren schicken und dass wir auch für die Qualität der Studierenden nur peripher verantwortlich zu machen sind.
Ich stimme einfacherhalber in die Jammerei ein:
"Jaja, sie können keine Mathematik für eure Statistik, kein Englisch für eure Sekundärliteratur und das Deutsch ihrer Referate strotzt vor Fehlern."
"Davon rede ich gar nicht ... das ist gar kein Thema mehr. Aber die Einstellung, die Haltung ... !"
Er lässt mir Zeit zum Nachdenken.
"Die Leute, die bei uns Psychologie studieren, die haben es alle notwendig."
Starker Tobak, aber ich atme erleichtert auf: Dafür kann er mich nicht verantwortlich machen.
"Schau, die Psychologen finden ja keine Jobs. Warum beginnen trotzdem tausende so ein Studium?"
Eine rhetorische Frage, ich warte auf die offensichtliche Antwort.
"Weil sie mit ihren eigenen Problemen nicht fertig werden. Weil sie hoffen, bei uns eine Art Selbstheilung erwirken zu können. Sie wollen sich selbst analysieren, sie wollen in ihre Seele hineinschauen ..."
"Verstehe."
"Schon, aber erstens funktioniert das nicht im Hörsaal mit siebenhundert Studenten und zweitens werden diese Absolventen den wirklich Kranken nicht helfen können."
"Die brauchen selber Hilfe!"
"Genau ... aber in meiner Vorlesung kriegen sie das nicht."
"Das muss man ihnen sagen, reinen Wein einschenken."
"Glaub' mir, das hilft auch niemanden."
Übrigens. Wenn wir mit unseren SchülerInnen nicht mehr fertig werden, wo schicken wir sie hin?
Richtig. Zur Schul-Psychologin.
Von der ich persönlich weiß, dass sie an den einfachsten Herausforderungen des Lebens scheitert. Pssst, hat mir ihre Hauswartin erzählt.
teacher - am Freitag, 12. Januar 2007, 21:15
"Deutsch und Mathe müssen alle", hören die Kandidaten zur Reifprüfung.
"Plus einer Fremdsprache!"
Da kommen schon erste Fragen auf: "Geht Latein?"
Dann fallen die Erklärungen komplizierter aus: "Ja und nein. Weil jeder muss irgendwie eine lebende Fremdsprache belegen. Wenn du also schriftlich Latein wählst, dann musst du mündlich Englisch oder Französisch nehmen."
"Dann wäre es aber schlauer, eine der Sprachen schriftlich und mündlich zu wählen, da muss ich nicht doppelt lernen."
"Im Prinzip stimmt das. Aber manche Schüler reden nicht gerne "ausländisch", schreiben aber gut. Also das muss jeder für sich entscheiden."
Schon die richtige Wahl der Fächer ist ein Teil der Reifeprüfung!
Deutsch- und Mathelehrer kommen um die mühselige Korrektur von seitenlangen Maturarbeiten nicht herum. Sie fügen sich ihrem Schicksal: Eine Woche Kopfweh.
Englischlehrer rechnen mit großen Andrang und überlegen individuelle Strategien:
Die Asozialen meiden Abschlussklassen, wünschen sich stets kleine Anfänger: "Bitte, Herr Direktor." Manchen ist nichts zu peinlich, sie drücken sich kriechend um die Maturaarbeit.
Die Aufrechten organisieren Assistentin oder kollegiale Hilfe für die Korrektur und verprassen die paar hundert hart verdienten Euros in den Ferien.
Die Harten wimmeln die Kandidaten ab, wo es geht: Eine Leseliste mit 25 Werken, 300 Seiten das Stück, zu fordern, das vertreibt wie Beulenpest und Lepra. Beinharte Schularbeiten und zahlose negative Noten tun das übrige.
Fragen Sie mich nicht, woher die vielen schlechten Noten in unseren achten Klassen stammen - sonst muss ich diese ungustiöse Geschichte noch einmal erklären. Will nicht.
"Plus einer Fremdsprache!"
Da kommen schon erste Fragen auf: "Geht Latein?"
Dann fallen die Erklärungen komplizierter aus: "Ja und nein. Weil jeder muss irgendwie eine lebende Fremdsprache belegen. Wenn du also schriftlich Latein wählst, dann musst du mündlich Englisch oder Französisch nehmen."
"Dann wäre es aber schlauer, eine der Sprachen schriftlich und mündlich zu wählen, da muss ich nicht doppelt lernen."
"Im Prinzip stimmt das. Aber manche Schüler reden nicht gerne "ausländisch", schreiben aber gut. Also das muss jeder für sich entscheiden."
Schon die richtige Wahl der Fächer ist ein Teil der Reifeprüfung!
Deutsch- und Mathelehrer kommen um die mühselige Korrektur von seitenlangen Maturarbeiten nicht herum. Sie fügen sich ihrem Schicksal: Eine Woche Kopfweh.
Englischlehrer rechnen mit großen Andrang und überlegen individuelle Strategien:
Die Asozialen meiden Abschlussklassen, wünschen sich stets kleine Anfänger: "Bitte, Herr Direktor." Manchen ist nichts zu peinlich, sie drücken sich kriechend um die Maturaarbeit.
Die Aufrechten organisieren Assistentin oder kollegiale Hilfe für die Korrektur und verprassen die paar hundert hart verdienten Euros in den Ferien.
Die Harten wimmeln die Kandidaten ab, wo es geht: Eine Leseliste mit 25 Werken, 300 Seiten das Stück, zu fordern, das vertreibt wie Beulenpest und Lepra. Beinharte Schularbeiten und zahlose negative Noten tun das übrige.
Fragen Sie mich nicht, woher die vielen schlechten Noten in unseren achten Klassen stammen - sonst muss ich diese ungustiöse Geschichte noch einmal erklären. Will nicht.
teacher - am Donnerstag, 11. Januar 2007, 09:57
Eine fortbildungswillige Kollegin streckt ihre Zeitung weg und wendet sich an mein Camembert-Brot:
"Was heißt das eigentlich: Parolen affichiert?"
Ich fühle mich in meiner Sprachkompetenz herausgefordert und entscheide falsch:
"Parolen, das sind Sprüche, Slogans ..."
"Das weiß ich auch! Aber affischieren? Ich habe kein Französisch gelernt, ich war in einem humanistischen Gymnasium mit Latein und Griechisch."
"Da kann ich dir helfen. Bei uns am Klo hängt nämlich eine Affiche."
"Was?"
"Ja. Da steht das übliche Zeug drauf: Bitte so verlassen, wie sie es angetroffen haben etc."
"Das hängt ja im Damen-WC auch."
"Aber darunter hat ein feiner Herr etwas dazu gekritzelt: Danke für diese Affiche."
"Ja super!! Und was heißt das jetzt?"
"Aushang"
Eigentlich heißt es einfach, dass auch Lehrer Wissenslücken haben. Und am Klo unverständlich kritzeln.
"Was heißt das eigentlich: Parolen affichiert?"
Ich fühle mich in meiner Sprachkompetenz herausgefordert und entscheide falsch:
"Parolen, das sind Sprüche, Slogans ..."
"Das weiß ich auch! Aber affischieren? Ich habe kein Französisch gelernt, ich war in einem humanistischen Gymnasium mit Latein und Griechisch."
"Da kann ich dir helfen. Bei uns am Klo hängt nämlich eine Affiche."
"Was?"
"Ja. Da steht das übliche Zeug drauf: Bitte so verlassen, wie sie es angetroffen haben etc."
"Das hängt ja im Damen-WC auch."
"Aber darunter hat ein feiner Herr etwas dazu gekritzelt: Danke für diese Affiche."
"Ja super!! Und was heißt das jetzt?"
"Aushang"
Eigentlich heißt es einfach, dass auch Lehrer Wissenslücken haben. Und am Klo unverständlich kritzeln.
teacher - am Donnerstag, 11. Januar 2007, 08:09
"Herr Professor, Herr Professor!"
Die letzte Reihe meldet sich wortgewaltig. Ich gehe nach hinten, um die anderen bei der Partnerarbeit nicht zu stören.
"Ja?"
"Wie heißt der Kitzler ... da hinten ... im Mund?"
Sie reißt den Mund auf und zeigt tief hinein.
Er fügt hinzu: "Wenn man da ankommt, muss man kotzen."
Die halbe Klasse dreht sich gespannt nach hinten. Der Kitzler?!
Trotzdem kein Gekicher oder Gekreische, gespanntes Interesse der Vierzehnjährigen.
Ein Mädchen klärt auf: "Geh! Dann ist man erregt!"
Offensichtlich hat sie nur die (erste) Hälfte der Frage wahrgenommen.
Ihre Nachbarin fällt ihr mit großer Gestik ins Wort:
"Der heißt Gaumenzäpfchen."
Genau. Übrigens, wir erforschen das Thema Kapitalismus. Wie man dabei auf solche Fragen stößt, können nur Vierzehnjährige verstehen. Ich nicht.
Die letzte Reihe meldet sich wortgewaltig. Ich gehe nach hinten, um die anderen bei der Partnerarbeit nicht zu stören.
"Ja?"
"Wie heißt der Kitzler ... da hinten ... im Mund?"
Sie reißt den Mund auf und zeigt tief hinein.
Er fügt hinzu: "Wenn man da ankommt, muss man kotzen."
Die halbe Klasse dreht sich gespannt nach hinten. Der Kitzler?!
Trotzdem kein Gekicher oder Gekreische, gespanntes Interesse der Vierzehnjährigen.
Ein Mädchen klärt auf: "Geh! Dann ist man erregt!"
Offensichtlich hat sie nur die (erste) Hälfte der Frage wahrgenommen.
Ihre Nachbarin fällt ihr mit großer Gestik ins Wort:
"Der heißt Gaumenzäpfchen."
Genau. Übrigens, wir erforschen das Thema Kapitalismus. Wie man dabei auf solche Fragen stößt, können nur Vierzehnjährige verstehen. Ich nicht.
teacher - am Mittwoch, 10. Januar 2007, 09:13