stabi (Gast) meinte am 17. Okt, 23:52:
Ich kann den Frust gut verstehen. Kinder (und übrigens auch Erwachsene) lernen gern mehr darüber, was interessant und/oder sofort brauchbar ist (oder erscheint).
Interessant und sofort brauchbar ist Latein/Physik nur, wenn die Lehrerin sexy ist und man einen Kick kriegt aus dem Lob. Sonst eher nicht. Pädagogen hin oder her, Lernen ist toll, aber was wir lernen wollen ist nicht identisch mit dem Lehrplan (der später zum Seminarplan wird).
Richtig ist, dass gerade junge Menschen nach Lernen dürsten wie der Wüstenwanderer. Falsch ist, dass sie sich nicht aussuchen, womit sie diesen Durst stillen. Falsch ist ausserdem, dass die Schule der einzige Anbieter von Lernbarem im Leben eines Teenagers ist.
Und da ist meines Erachtens der Haken: Würden alle Schüler in den Nicht-Schul-Zeiten in einem reizarmen Kellerverliess gehalten, einzeln natürlich, dann, ja nur dann würde ALLES was der Lehrer an Neuem vermittelt aufgesogen wie ein trockener Schwamm Wasser saugt. Leider gibt es da diese Gesetze und dieses Menschenrechtsgeschwurbel, das uns verbietet, Kinder ordentlich wissensdurstig werden zu lassen bevor die Schule diesen Durst stillt.
Lösung der Misere? Daran arbeite ich noch. In der Zwischenzeit: Augen zu und durch, diese Strategie ist nicht nur unter Lehrern oft die einzige Alternative ;-)
teacher antwortete am 18. Okt, 09:16:
Wir machen die Augen zu - aber wir müssen diese Defizite offen legen, damit wir Verständnis bekommen für unsere Misere. Es ist doch völlig sinnlos, auf die Lehrer und Schüler hinzuhauen, wenn man diese Bedingungen kennt.
ataru (Gast) antwortete am 27. Okt, 02:18:
oh, das kommt mir bekannt vor.ich behaupte mal, dass ich meine bildung dem umstand verdanke, dass meine eltern mich tatsächlich quasi in ein kellerloch eingesperrt haben. ich habe nach der schule sonst keine aktivitäten gehabt und meine eltern wollten mich immer zum lernen zwingen (von 5. bis zur 9. klasse). irgendwann habe ich aus langeweile bücher gelesen. das hat sich als ein spannenderer zeitvertrieb erwiesen als hausaufgaben zu machen oder mit den Transformers zu spielen.
das resultat: ich bin mit meiner einstellung 2 mal sitzen geblieben und studiere jetzt unter großer anstrengung im 5. semester informatik.
das gymnasium sah ich als eine alternative zu allen anderen mir verfügbaren institutionen (also arbeit oder berufsschule). ich habe das gymnasium primär als einen gesellschaftlichen treffpunkt betrachtet, danach erst als lehrinstitution (es tut mir kein bisschen leid, 2 mal sitzen geblieben zu sein, es war schön in der schule!).
heute fühle ich mich analysetechnisch meinen komilitonen unterlegen. vielleicht habe ich damals was verpasst?
andererseits bin ich glücklich, so viel literarische werke zu kennen und noch immer eine nicht versiegende neugier gegenüber allem in mir zu haben (außer augenscheinlich verdümmendem zeug, wie soaps, talkshows, youtube und gesellschaftsnetzwerken wie facebook).
aber ja, ich konnte in meinem alter bald nicht viel mit meinen mitschülern (außer zocken am pc) anfangen. zum glück gibt es ja smaltalk. ich muss dazu nicht wie andere 6 stunden vorm facebook um es zu können. da reicht auch mal ein kurzweiliger abend mit freunden.
warum erzähle ich das alles? weil ich, obwohl ich nerd bin mich nicht als outsider fühle. ich hatte noch nie probleme mich in jeder, beliebigen gesellschaft einzufügen.
was lerne ich drauß? sollte ich später kinder haben, so werde ich sie wenigsten zu ihrer pubertät wegsperren. sie werden schon nichts verpassen.
was den untergang des abendlandes angeht, der ist unvermeindlich.
es wird immer irgendwo armenländer geben, in denen kinder alles tun würden um zu überleben und wenn das lernen einen solchen ausweg bietet, hat unsere verwöhnte gesellschaft keine chance.
ABER: wenn ihr lebensstandard steigt, sinkt unser. ergo sind wir von unserem luxus befreit ^_^.
teacher antwortete am 27. Okt, 10:19:
"Es war schön in der Schule" - das höre ich von vielen Seiten, auch von Leuten, die nicht auf der Erfolgswelle surfen. Für viele ältere Beobachter ist diese Aussage unverständlich, weil sie glauben, dass Schule Unterdrückung, Zwang und harte Arbeit ist. Das sehen heute nur mehr wenige SchülerInnen so, das ist vorbei.