BIA (Gast) meinte am 16. Sep, 14:30:
Grausig ist auch: jemand wird von einem "lieben Freund" als Hauptperson eines Youtube-Videos "geoutet" und ein anderer "lieber Freund" postet Adresse und Telefonnummer der Hauptperson. Dreihundertfünfzig anonyme Telefonterroranrufe und eine Polizeiermittlung später ist zwar klar, dass die "geoutete" Person mit dem Video aber zwar überhaupt nix zu tun hatte - bloß sie kommt trotzdem mit Polizeischutz zur Schule und startet mit einem großen Malus vor dem Namen, für den sie überhaupt nichts kann. Ich weiß nicht, ob den Tätern die Tragweite überhaupt klar ist, wenn sie die Daten einer Person frei zugänglich machen.
teacher antwortete am 16. Sep, 17:37:
Ja, die neuen Medien machen viel Freude!
BIA (Gast) antwortete am 16. Sep, 18:50:
Ja, bloß ist nicht die Technik schuld, sondern das unreflektierte (bis bösartige) Verhalten der Technikuser. Hier wäre anzusetzen.
BIA (Gast) antwortete am 16. Sep, 20:55:
@hans
Wenn es die Pflicht der Schule ist, "auf das Leben vorzubereiten", dann kommt dem Themenblock "Wie verhalte ich mich so, dass es weder mir noch anderen schadet" (oder noch wichtiger und weiter gefasster, "Was kann ich wissen? Was soll ich tun? Was darf ich hoffen? Was ist der Mensch?") mindestens so viel Bedeutung zu wie der Fähigkeit, die österreichichischen Gebirge richtig auf einer Karte eintragen zu lassen. Ich glaube aber, im Ernstfall ist es viel leichter, 32 Leute auf das richtige Eintragen der Gebirge zu trimmen als of intensive Reflexion zu ethischen Themen. Das geht ja nicht auf Knopfdruck. Wir machen heuer mal einen Anfang mit einem Workshoptag zu Sicherheit im Netz etc. und haben auch schon Module dazu durchgeführt. Die Schüler hören sich das in der Regel an, nicken zustimmend - und der Prozentsatz der "Anfälligen" gesteht im privaten Gespräch, dass eh jeder wisse, was wir ihnen sagen, aber nachdem jeder illegal Zeugs downloaden würde/Fotos der Freunde hochladen/[insert illegal action of choice here], würden sie's auch tun. Da wäre ja nichts dabei.
Aber um zur Frage zurückzuommen: die wertorientierte Komponente der Bildung spielt eine viel zu geringe Rolle - die Gründe sind, glaube ich, systembedingt.
BIA (Gast) antwortete am 17. Sep, 21:41:
Ich kann nur von meiner Erfahrung hier sprechen.Es gibt ein Fach "Wirtschaft und Recht", in dem grundlegende Themen aus dem Bereich "Wie funktioniert die wunderbare Welt der Wirtschaft/des Rechts" behandelt werden. Mein Sohn musste z. B. lernen, wie man eine Überweisung macht u. einen Überweisungsschein ausfüllen - also streckenweise war das recht praxisnah.
Aber das ist eigentlich nicht ausreichend. Es gibt zumindest hier weder einen Konsens noch ein klares Konzept, wer welche Regeln (klagbar oder nicht) wie vermitteln soll. Ohne die passiert's halt je nach Gusto und Interesse der Lehrkräfte - oder auch nicht. Z. T. sind wir auch nicht informiert genug - und in vielen Fällen schlicht nicht klar zuständig. Mein Rezept wäre: zuerst von politischer Ebene genau klären, was die Schule zu vermitteln, notwendigerweise Mittel für Schulungen etc. bereitstellen, oder noch besser, um Profis zu bezahlen, die dann live und eindringlich aus ihrem Fach berichten. Dann an den Schulen das Ganze runterbrechen und klären, welches Fach in welcher Jahrgangsstufe was zu vermitteln hat. Und dann die Einhaltung kontrollieren, soweit möglich. Und gleichzeitig wissen: wenn sich einer vor dreißig Leute hinstellt und sagt: "xxx ist strafbar - tut das nicht!" - ist das nicht besonders effektiv. Da müsste ein anderes Umfeld her, eine andere Gruppengröße...sonst bleibt das alles an der Oberfläche und wird schnell wieder vergessen.
teacher antwortete am 18. Sep, 18:39:
@BIA: Ich würde das auch für die öst. Schule wünschen. Ganz genau klären, was Schule zu tun und zu vermitteln hat und was sie mit welchen Mitteln leisten kann. Was Schüler - und LehrerInnen zu tun haben. Daran haben sich alle Beteiligten zu halten.
BIA (Gast) antwortete am 19. Sep, 16:28:
@hans: ja, aber so viel Unterschied besteht dann doch nicht. Der große Unterschied, wie ich ihn erlebe, ist dass meine Kollegen hier tatsächlich versuchen (bis hin zur Selbstausbeutung), die Vorgaben des Unterrichtsministeriums umzusetzen - und die des Schulleiters. Nicht alle und nicht immer, aber im Gegensatz zu Österreich, wo ich oft den Eindruck hatte, dass sich viele Lehrer als Rebellen sehen, die sich lieber den linken Arm abhacken, als zu tun, was das Ministerium will (mal abgesehen dass das, was das Ministerium will, oft zutiefst schwachsinnig ist). Der Schulleiter hat's auch leichter, weil er alle 4 Jahre oder so seine Lehrer beurteilt. Dann muss der Lehrmensch lange Bögen ausfüllen, in denen er kundtut, wo er sich fortgebildet hat, wie er das Thema Sauberkeit und Dispzilin in den Klassen umsetzt, wie er Grundwissen (-> verpflichtender Stoff) im Unterricht abprüft und "in verantwortungsbewußter Weise das Schulleben mitgestaltet". Nach der Beruteilung richten sich dann weitere "Karrierechancen", soweit vorhanden, ist also ev. mit Geld verbunden. (Feuern kann er übrigens niemanden, weil wir bösen Lehrermangel haben.) Mein Vorschlag oben ist aber tatsächlich nicht die Realität - nur in sehr keinen Bereichen.@teacher: Ja, würde uns allen weiterhelfen. Heuer werden wir in einer Jahrgangsstufe unseren koordinierten Medienentwicklungsplan (der den Kompetenzen tatsächlich Module zuordnet und auch Bewertungsmöglichkeiten/verpflichtungen mitliefert) umsetzen und verlangen, dass gleich zu Beginn geklärt wird, welcher Lehrer was umsetzt - und es dann mit der guten alten Abhakliste probieren. Zusätzlich gibt's in jeder Klasse einen Lehrer als "Projektleiter", der ein Auge darauf hat, dass die Liste gefüllt wird. (Ja, ich weiß, wir sind privilegiert, da ein Lieblingssteckenpferd des Chefs) Mal sehen wie's klappt.
So Freunde, das war mein langer Sermon zum Thema Schulentwicklung für heute, jetzt geht's an die Vorbereitung für morgen. :-)
teacher antwortete am 20. Sep, 09:38:
Ja.