Christoph (Gast) meinte am 24. Mai, 19:50:
Ich denke jeder weiß, dass gerade Kinder mehr oder weniger stark jeden Anschein von Angreifbarkeit, inkonsequentem Handeln oder Schwäche ausnutzen, gerade gegenüber Autoritätspersonen, um Grenzen auszuloten. In gewissen Rahmen ist sowas sicher normal und sicher auch kein Problem, so lange auch eine entsprechend souveräne Reaktion auf sowas erfolgt. Sonst passiert nämlich genau sowas wie im achten Punkt.Nur frage ich mich hier doch öfter, wie man als Lehrer bei dem Stimmungspegel, wie er hier rüberkommt, überhaupt noch souverän reagieren kann?
Meine Tante ist Grundschullehrerin und ihr macht der Job Spaß, das merkt man wenn man sich mit ihr über die Schule unterhält. Klar hat sie auch ihre Probeme, beispielsweise Kinder, deren Eltern sich absolut nicht kümmern oder die schlechten Möglichkeiten, die Kindern mit ADS, Diskalkulie, Legasthenie bestehen. Aber es gleicht sich aus, auch wenn der Job anstrengend ist.
Was aber solche Situationen wie in Punkt 8 betrifft, lässt sie sich nicht die Butter vom Brot nehmen. Sie ist nicht zimperlich, wenn es darum geht bestimmte Regeln durchzusetzen (bspw. Lautstärke in der Bahn), aber veralbern und vorführen lässt sie sich von ihren Schülern nicht, wenn dann ist es eher andersherum, wobei sie aber natürlich nie gewisse Grenzen überschreitet.
Ich bin kein Erziehungswissenschaftler, Psychologe oder ähnliches, aber ich kann mir schon vorstellen, dass man mit einer anderen, mehr schlagfertigen Reaktion, die das Kind vielleicht auch ein bisschen bloß stellt, es aber eher vorgeführt hätte, mehr hätte erreichen können.
Bitte nehmen Sie es nicht persönlich, aber ich halte es für falsch, immer alles (also wirklich _alles_) auf die Kinder und ihre Eltern zu schieben. Als Lehrer muss man irgendwann Wege finden, auch mit schwierigen Kindern umgehen zu können, die wirklich harten Brocken mal ausgenommen.
käthe (Gast) antwortete am 24. Mai, 21:19:
@christoph
lieber christoph, was genau wäre denn in diesem fall ihr vorschlag für ein erfolgreiches handeln teachers? da ich meinen schüler durchaus ein ebensolches "entgleisen" zutraue, bin ich für möglichst viele vorschläge (für solche oder ähnliche situationen, in denen schüler nicht so wollen, wie man das in gewissenhafter planung vorgesehen hat ) wirklich dankbar.liebe grüße von
käthe
(, die denkt, das es oftmals ein fieses konglomerat von eigentümlicher erziehung, peergroup und nicht zu unterschätzender hormonflut ist, die die lieben "kleinen" zu den unmöglichsten dingen treibt!)
freilerner (Gast) antwortete am 25. Mai, 23:44:
erfolgreiches Handeln
schwierig, einen gescheiten Ratschlag zu geben.Vielleicht wäre es im Voraus sinnvoll, gemeinsam mit der Klasse die Konsequenzen für ein unangemessenes VErhalten zur vereinbaren. Wohlgemerkt: Vereinbaren.
Konkret:
Welche Verhaltensweisen haltet Ihr für unangemessen?
Diese Verhaltensweisen halte ich für unangemessen: ....
Auf welche Punkte können wir uns einigen? (also wo ist die Lehrerin vielleicht zu extrem und wo sind es die Schüler)
weiter: Seid Ihr reif genug, dass wir dass unter uns ausmachen können oder ist die Unterschrift Eurer Eltern nötig?
nächster Schritt:
Welche Konsequenzen für unangemessenes Verhalten schlagt Ihr vor?
Diese Konsequenzen schlage ich vor:...
Auf welche Konsequenzen könne wir uns einigen? Auf diesen Konsequenzen bestehe ich, als Eure Aufsichtsperson, unbedingt:...
Dann noch ein konkretes Beispiel durchspielen: "Nehmen wir an X macht Y am Stephansdom. Ich werde dann so reagierien:..." Kommentare abwarten, eventuell kleinere Änderungen aufnehmen, aber in jedem Fall in der gleichen "Gewichtsklasse" der Konsequenz bleiben.
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Wenn sich dann während der FAhrt eine entsprechende Situation ergibt, entsprechend konsequent handeln und sich nicht zum Affen machen lassen! Notfalls lernen die Kinder zwar nix vom Ort kennen, weil die REise schon bei der Hinfahrt abgebrochen wurde, aber sie lernen, dass sie den Worten ihrer Lehrerin vertrauen können, indem sie ernst macht mit den besprochenen Konsequenzen.
teacher antwortete am 26. Mai, 08:32:
Ja, das ist der pädagogische Mainstream: Macht mit den Schülern aus, welche Regeln einzuhalten sind. Das machen wir auch, das klären wir (stundenlang). Aber in der Realität passieren dann (nicht bösartig, sondern aus Unachtsamkeit, aus Spaß ...) Dinge, die keiner einplanen kann. Und wir wissen nicht, was wir tun sollen, wenn sich die Schülerinnen nicht an die Regeln halten. Abbrechen, umkehren, die ganze Klasse strafen? Geht nicht.Viele Regeln, die früher völlig klar waren, hören die Kinder bei uns zum ersten Mal. Z.B. "Haltet euch im Zug an", "Bitte in der Öffentlichkeit leise sein" ... Das funktioniert aber nur, wenn das über Jahre automatisiert wird, sonst ist es nach 2 Minuten wieder vergessen.
hans1962 (Gast) antwortete am 26. Mai, 10:15:
Abbrechen, umkehren, die ganze Klasse strafen? Geht nicht.Doch, das geht - sobald "Sicherheit" zum obersten Kriterium erhoben wird. Da hat der Strafgedanke keinen Platz. Niemand nimmt Anstoß daran, wenn z.B. ein öffentliches Verkehrsmittel aus Sicherheitsgründen den Betrieb vorübergehend einstellt. Ein abgebrochenes schulisches Unternehmen wäre dem gleichzusetzen.
Die Vereinbarungsarbeit beginnt nicht im Klassenzimmer, sondern im Lehrerkollegium gemeinsam mit der Schulleitung. Am Chaos zu verzweifeln ist eine geradezu notwendige Konsequenz aus der gelebten "Desolidarisierung" - auch das ist Mainstream.
Eagal (Gast) antwortete am 26. Mai, 11:43:
Christoph,
aus mehreren Gründen kann man die Situation einer Grundschullehrerin nicht mit der hier beschriebenen vergleichen.1. Das Alter der Kinder / Jugendlichen. Ich glaube, das muss ich nicht weiter ausführen.
2. In der Grundschule hat man ein von Grund auf anderes Verhältnis zur Klasse überhaupt: man sieht sie sehr viel, unterrichtet sie täglich mehrere Stunden, kann die Kinder völlig auf sich und seinen Stil einstimmen. In der Oberschule/ Gymnsium etc. sieht man diese eine Klasse unter Umständen nur zwei Unterrichtsstunden pro Woche, wenn's besser läuft vier. Viele Lehrer, die weitgehend unabhängig voneinander agieren, von denen jeder seinen eigenen Stil, seine eigenen Werte und Toleranzen hat, mischen in dieser Klasse mit - dadurch werden die Schüler-Lehrer-Verhältnisse stärker anonymisiert als in der Grundschule.
Als letztes Jahr unsere 11er nach Berlin fahren sollten, gab es doch tatsächlich im Vorfeld eine Schlägerei zwischen zwei 16-jährigen Jungs mit viel Aufregung und hochschlagenden Emotionen. Die Kollegin, die die Schüler begleiten sollte, stellte eine ultimative Bedingung auf, um Schüler überhaupt mitfahren zu lassen: "Sie müssen mir aus der Hand fressen." Eine andere Voraussetzung ist wohl nicht tragfähig.
Es gibt schon zu denken, dass man 16-Jährige noch domptieren muss.
teacher antwortete am 26. Mai, 20:50:
Kann ich nur zustimmen.
Christoph (Gast) antwortete am 29. Mai, 16:46:
Vielen Dank für Ihre aufklärenden Worte, ich habe wohl einiges falsch eingeschätzt.