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Vier Studierende übernehmen für drei Wochen den Biologieunterricht der Praxisschule. Sie bereiten sich wochenlang darauf vor, sammeln Materialien, kaufen Unterlagen, verfassen Konzepte. Sie sprechen alle Sinne der Kinder an (riechen, schmecken, hören, fühlen, sehen), sie wechseln die Methoden und Sozialformen, sie gehen auf individuelle Wünsche und Fortschritte ein und probieren alternative Bewertungssysteme.

Zum Abschluss setzen sich alle Beteiligten zu einer Feedback-Runde zusammen und ich kann mit großer Freude von einer gelungenen Praxiszeit berichten. Der leitende Univ.-Prof. wendet sich vertrauensvoll an die betroffenen Kinder:
"Welche Erinnerungen habt ihr denn an den Unterricht?"

1. "Die haben einen das/s-Fehler an die Tafel geschrieben!"
2. "Wir haben zu wenig ferngeschaut."
3. "Wir haben viel schreiben müssen."
4. "Unser Lehrer hat was Falsches von der Tafel löschen müssen."

Die Studierenden verfallen, ich sehe an ihren roten Köpfen, wie sie sich blamiert fühlen.

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In der Lehrerausbildung werden Videosequenzen von Schulunterricht gezeigt: Junge KollegInnen beim Prüfen, bei der Gruppenarbeit, bei Simulationen. Die Frage an die Studierenden lautet offen: "Was ist Ihnen dabei aufgefallen?"

Alles wird kritisiert, von der Kleidung bis zur Wortwahl, von der Bewegung im Raum bis zur Schülerbeteiligung. Ich bin richtig froh, wenn unter dreißig Wortmeldungen drei sind, die halbwegs positiv ausfallen. Alle machen alles immer falsch, bis ich erkläre, dass hier lange vorbereitete Modellstunden gezeigt wurden.

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Schauen Sie in die Medien, fragen Sie die Eltern oder lesen Sie einfach Beiträge bei diversen Lehrerblogs: Kritik, Kritik, nur negative Kritik.

Ich bin zufrieden mit den Leistungen unserer JunglehrerInnen, weil sie viel Engagement, freundliche Zuneigung zu den SchülerInnen und kurzweilige Abwechslung in die Klasse bringen. Aus dem Feedback lernen sie auch schnell für die Wirklichkeit:
"Sie können machen was sie wollen, sie sind Lehrer, d.h. schlecht!"

Negative Kritik - unser täglich Brot. Sie demotiviert. Sie frustriert. Sie ruiniert. Nicht nur SchülerInnen.
testsiegerin meinte am 19. Mai, 23:03:
das glaub ich sofort. ich find das auch nicht schön. wir alle sind konditioniert darauf, auf schwächen und fehler zu achten. in wahrheit hilft das den leuten nicht wirklich weiter, sie fangen nur zu zweifeln an und fühlen sich schlecht.
aber das fängt ja tatsächlich schon in der schule an, wo es vorwiegend darum geht, fehler auszubessern, und nicht das positive hervorgestrichen wird. dann noch mit rotstift, damit wir gleich drauf aufmerksam werden.

aber als feedback-leiter kann man die richtung der feedbacks sehr wohl steuern. indem man die frage zum beispiel nicht offen stellt, sondern fragt: was hat gut funktioniert? und dann kann man nach einer (!) sache fragen, wo noch entwicklungspotential besteht.
oder wenn jemand nur negatives sagt, frag ich immer nach: und was hat dir gut gefallen?

ich glaub, wir alle brauchen viel mehr lob und zuwendung. die kinder, die lehrerInnen, die arbeiterInnen, die chefInnen, alle eigentlich. 
teacher antwortete am 20. Mai, 20:33:
Ja. Zuerst lasse ich die Studierenden erleben, dass sie diesem Reflex zur negativen Kritik unterliegen - dann müssen sie auf positive Merkmale achten. Funktioniert gut - aber Eltern, Medien etc. kontrolliere ich nicht.
Es war für mich eine Einstellungsänderung, auch den SchülerInnen mit möglichst viel pos. Verstärkung zu begegnen. Ist nicht leicht, aber wirksam. Dabei gehöre ích nicht zu den positiv thinking freaks. 
flyhigher meinte am 20. Mai, 07:24:
Das ist in keinem Job anders. Machst du deinen Job gut, ist das selbstverständlich und fällt nicht auf. Machst du einen Fehler, und seien die Auswirkungen des Fehlers noch so klein, wirst du quasi an den Pranger gestellt. Damit leben wir jeden Tag. Alle. Natürlich wäre es schön, wenn es mehr (angebrachte) positive Kritik und weniger negative Kritik geben würde. Jeder möchte schließlich etwas gelten, in der Gesellschaft, vor seinem Chef, sogar vor seinem Kind. Selbst die Kritiker möchten was gelten - und genau das verschaffen sie sich mit der Kritik. 
teacher antwortete am 20. Mai, 20:34:
Ich kann das nicht überprüfen - für soziale Berufe ist das jedenfalls ein Drama. 
virtualmono meinte am 20. Mai, 09:18:
Meine Arbeit bemerkt man sowieso nur, wenn ich sie nicht mache... zur negativen Kritik pflegte meine Großmutter immer zu sagen "Den Splitter beim Anderen siehst Du, aber den eigenen Balken nicht"... 
teacher antwortete am 20. Mai, 20:35:
Das tut weh. 
virtualmono antwortete am 21. Mai, 09:02:
Ich kann damit ganz gut leben ;-) 
Marie (Gast) meinte am 20. Mai, 09:51:
Nach der Stunde bei unserem Referendar:
Schülerin: "Was war überhaupt Thema der Stunde?"
Unser eigentlicher Lehrer: "Ja. DAS haben wir uns auch gefragt."
Schülerin: "Ich hab ihn gar nicht verstanden."
Unser eigentlicher Lehrer: "Und was noch hinzukommt: Bei der Zeit, die ihr für die Aufgaben bekommen habt, ist es kein Wunder, dass sowas rauskommt."

Manchmal sind sich also Lehrer und Schüler aber doch einig... ;-) 
teacher antwortete am 20. Mai, 20:36:
Alle gegen den Referendar - das tut gut :-) 
BIA (Gast) antwortete am 20. Mai, 21:58:
Schwache Leistung. Als Lehrer würde ich nie vor der Klasse einen Referendar runtermachen. Referendare sind sowieso gestresst bis dorthinaus, denen braucht wirklich kein Lehrer vor den Schülern in den Rücken fallen.

Ich kenne es aber eher umgekehrt: die Schüler machen sich Sorgen, ob der Referendar im Schaulaufen gut abschneidet, hängen sich voll ins Zeug und schreiben vorher kleine "Alles Gute"-Karten mit Glückskleeblatt drauf...:-) 
teacher antwortete am 21. Mai, 08:18:
(Jung)KollegInnen vor der Klasse runterzumachen, das geht gar nicht. Danach ehrliches Feedback, das ist schwer genug.

Bei den "Vorführstunden" sind die SchülerInnen meistens wirklich sehr menschlich. 
Shannon (Gast) antwortete am 22. Mai, 10:58:
Ich erlebe die Schülerinnen und Schüler in Lehrproben und ähnlichem auch sehr umgänglich und bemüht.
Was das Runtermachen von Seiten des Mentoren angeht, haben wir an unserer Schule vor ein paar Monaten einen ziemlich heftigen Fall gehabt.
Der Kollege hatte schon des Öfteren sehr unpassende Anmerkungen gemacht und unterbrach ihre Stunde dann, weil er sich privat (!) mit einem Schüler unterhielt. Als sich die Referendarin beschwerte, schüttelte er den Kopf und meinte nur: "Ist ja gut, dann machen Sie mal weiter mit dem, was auch immer das sein soll."
"Unterricht." sagte sie daraufhin, weshalb er lachte.
"Na wenn Sie das so nennen wollen."

Es ist noch einiges mehr vorgefallen, die Referendarin wollte dann durch den zweiten Mentoren keine Unterrichtsbesuche und als die Sprüche des Kollegen so heftig wurden, dass die Referendarin vor einer Klasse in Tränen ausbrach, reichte es einer Klasse und sie sprachen mit dem Direktor darüber.

Mittlereweile ist diese Kollegin seit ein paar Wochen Lehrerin und hat sogar eine Anstellung bei uns an der Schule angenommen. Geschafft hat sie es durch die Unterstützung ihrer Mitreferendaren und Freunden, aber es gab Zeiten, in denen sie kurz davor war alles hinzuwerfen.
Da frage ich mich doch, ist das wirklich nötig? Müssen wir unsere Referendare wirklich so leiden lassen? Wer hat denn gesagt, dass sie dies zu besseren Lehrern macht? 
Marie (Gast) antwortete am 23. Mai, 01:09:
Sicher. Es ist falsch, den Referendaren herunterzumachen.
Allerdings bin ich mir sehr sicher, dass dieser den falschen Beruf gewählt hat. Spricht so leise, dass ich hinten kein Wort verstehe (und unser Kurs ist leise!), gibt zu wenig Bearbeitungszeit, wiederholt Themen, nur damit auch Wortmeldungen kommen, wenn er seine Vorführstunde hat.
Menschlich waren wir während seinen Vorführstunden jedoch immer. Haben mitgemacht, obwohl das einmal fast unmöglich schien. Ist aber auch für einen Schüler schwer mit ca. 6 Zuschauern im Nacken. Ob er bestanden hat wissen wir noch nicht. Ich bin gespannt. 
teacher antwortete am 27. Mai, 22:41:
Es ist schon wichtig, den JungkollegInnen eine ehrliche Rückmeldung zu geben, auch wenn sie schmerzt. Noch wichtiger ist aber, die positiven Seiten zu stärken - die ersten Unterrichtsjahre sind kein Honiglecken. 
Jogurtbecher (Gast) meinte am 20. Mai, 10:26:
Lehrer
dieses extreme kritisieren ist aber auch typisch Lehramtsstudenten. Jeder Kreidestrich, jede Lidschlag wird analysiert und irgendwie negativ einordnet. Bloß nix positives sagen, weil so etwas gibt es gar nicht.
Die armen Kinder die mal von diesen bewertet werden sollen. 
teacher antwortete am 20. Mai, 20:37:
Das wollen wir grundlegend ändern. 
BIA (Gast) antwortete am 20. Mai, 22:00:
Stimmt schon, ist eine Berufskrankheit.
Das lernen sie auch. Ein Referendar erzählte mir, sie hätten an der Uni haarklein auseinandergesetzt bekommen, in welchen Winkel sie zum Schüler stehen sollen, um eine bestimmte Message bzw. Stimmung rüberzubringen. Und dann wurde auseinandergenommen, wer von ihnen wann im Unterricht im falschen Winkel stand. Sehr obskur. 
teacher antwortete am 27. Mai, 22:44:
Die Sache mit dem Winkel kenne ich auch. Komischerweise sind es oft so kleine Details, die große Wirkungen haben ... und die man schnell ändern kann. Die wirklich großen pädagogischen Einstellungen sind viel schwerer auszumachen und zu trainieren. 
walküre meinte am 20. Mai, 11:24:
Aus meinem familiären Umfeld habe ich Ähnliches von Lehramtsanwärtern gehört, allerdings mit der Einschränkung, dass die jeweilige Reaktion stark vom Alter der Kinder in einer Klasse abhängt. Irgendwann in der 3./4. Klasse Unterstufe (7./8. Schulstufe) können weder Eltern noch Lehrer etwas wirklich richtig machen, weil die Kids bocken und mauern, was das Zeug hält. In der Oberstufe schaut es dann schon wieder anders aus, weil dankenswerterweise die Fähigkeit zu tendenziell objektiver Reflexion Einzug ins pubertäre Gehirn hält.

Ansonsten stimme ich vollkommen zu, was die negative gesellschaftliche Orientierung angeht. Alleine schon die Medien leben nach dem Prinzip "Only bad news are good news".

edit: Die Idee mit dem Unterrichtsfach "Glück" finde ich übrigens wunderbar. 
teacher antwortete am 20. Mai, 20:38:
Es geht in die richtige Richtung. 
Anja-Pia meinte am 20. Mai, 11:55:
Von den Kommentatoren wurde schon alles gesagt, was zur Motivation im österreichischen Schulwesen zu sagen ist. In dieser Hinsicht sollte man sich das amerikanischen System zum Vorbild nehmen. Wenn dort ein Schüler während des Turnunterrichts den Ball nicht ins Tor trifft, heißt es nicht "das war schlecht", sondern: "Das war schon ganz gut. Versuch es noch einmal." 
teacher antwortete am 20. Mai, 20:39:
Stimmt, die Yankees finden immer noch was Positives ... das ist mir manchmal zu weit gegangen. Aber es wirkt. 
virtualmono antwortete am 21. Mai, 09:06:
Es ist aber irgendwie das andere Extrem - wenn man sich nicht mehr sicher sein kann, ob ein Lob jetzt ernst gemeint ist, dann kann man als Beurteilter auch wieder nichts damit anfangen. 
teacher antwortete am 27. Mai, 22:45:
Ja, das wirkt dann (zumindest für sozialisierte Europäer) unauthentisch bis verlogen. 
LehramtsstudentStudent (Gast) meinte am 20. Mai, 13:27:
Ich glaub, dass negative Kritik einfach tradiert ist.
Ich war ganz verwundert, als ein Lehrer in der Oberstufe von uns forderte Vorträge zu bewerten und wir auch sagen sollten, was gut war. Das war bis dahin in unserem Begriff von Kritik nicht drin. Für Viele, denke ich, ist Kritik per se negativ und mit diesem Begriff gehen sie in die Welt, erziehen Kinder ihre Kinder so usw.usf,

Andersrum ist Loben auch ungleich schwieriger.
Bsp: Ein Lehrer wird dafür bezahlt, den Schülern etwas beizubringen.
Soll ich ihn jetzt dafür loben, dass er seinen Job macht? (Meine Antwort darauf wäre "Ja, selbstverständlich." aber ich kann auch nachvollziehen, wenn einige das anders sehen)
Dann müsste ich auch dem Kassierer jeden Tag (oder zumindest regelmäßig) sagen, dass es mich freut, dass er richtiges Wechselgeld gibt (das könnte man auf jede Berufsgruppe übertragen, und würde zu einer freundlicheren aber irgendwie auch absurderen Gesellschaft führen, find ich.)

Irgendwie gehört Lob für mich nur zu dem, was besonders ist und eher nicht zu dem, was das Selbstverständliche ist.

Wir (damit meine ich mich als Lehramtsstudent und die aktiven Lehrer) haben da eine gewisse Pflicht allen folgenden Generationen einen neuen Kritik-Begriff näherzubringen, der das, was schon gut ist, lobt, und das, was noch (!) nicht gut ist, benennt und Verbesserungsvorschläge gibt. 
testsiegerin antwortete am 20. Mai, 13:45:
da stimme ich zu.
und ich glaube tatsächlich, dass unsere gesellschaft als ganzes mehr positive orientierung und lob braucht. ich für mich versuche das einerseits beruflich umzusetzen, indem ich klientInnen stärke, ehrenamtlichen mitarbeiterInnen verbal auf die schulter klopfe, heimhilfen lobe, mich bei bankbeamten bedanke, und sehr wohl oft erwähne, dass ich mit der zusammenarbeit zufrieden bin.
aber auch privat gebe ich mir mühe, den menschen wertschätzung entgegenzubringen. ich muss mich ja nicht für das korrekte wechselgeld bedanken, ich kann auch die schnelligkeit oder die freundilchkeit oder die professionalität loben. sicher, alles selbstverständlichkeiten, meint man, aber wenn diese selbstverständlichkeiten wegfallen, sieht man, dass sie gar nicht so selbstverständlich sind.

wir alle brauchen zuwendung und wertschätzung. und seien wir uns ehrlich, uns allen, wie professionell wir auch sind, tut ehrlich gemeintes lob gut.

man glaubt gar nicht, wie viel positive rückmeldungen bewirken. leuten das gefühl geben, dass sie einerseits gehört werden und dass man ihr bemühen sieht und auch anerkennt. das ist für sie oft mehr anreiz für gute leistung als geld (wobei ich das auch nicht schmälern will).

im trainingsbereich wird das wort kritik ja durch das wort "feedback" ersetzt, das find ich wesentilch neutraler. und wie gesagt, auch da muss ich die teilnehmerinnen oft auffordern, auch das positive zu erwähnen. 
Maik Riecken (Gast) antwortete am 20. Mai, 16:39:
Ich hoffe, dass du in meinem (Lehrer-)Blog nur wenig mit negativem Blick finden wirst - hier sehe ich weitaus mehr davon. Ausschließliche(!) negative Kritik deutet nach meiner Erfahrung immer auch ein desolates Selbstbild des Kritisierenden hin: Durch meine negative Kritik dem anderen gegenüber mache ich mich selbst ein wenig größer.

Ich kann Schule aber auch verstehen: Lange hat man Schule eingeredet, dass sie nichts leiste. Und jetzt beginnt Schule das allmählich zu glauben. Widerstand. Solidarität. Handeln. Jetzt. Im Kleinen wie im Großen.

Gruß,

Maik 
teacher antwortete am 20. Mai, 20:45:
@LehramstStudent: Genau im Studium müssen wir damit anfangen - dort höre ich noch wenig pos. Bestärkung. Und nie mehr aufhören ...

@testsiegerin: Ich freue mich ehrlich, dass wir doch ein gemeinsames Ziel haben :-)

@ Maik: Ich gebe zu, dass ich in meinem Blog ziemlich negativ (geworden) bin. Das macht mir auch Sorgen, aber in diesem System ist der Wurm drinnen! 
Niwi meinte am 20. Mai, 17:21:
Das erste Beispiel finde ich heftig.
Da werden enthusiastische Junglehrer demotiviert.
Schade ist das. 
abschluss antwortete am 20. Mai, 17:40:
Aber wenn man wirklich aus Überzeugung Lehramt studiert, dann wird man auch einen Rückschlag (den es zweifellos in jedem Studium gibt) wegstecken und ein guter Lerher werden können. 
teacher antwortete am 20. Mai, 20:49:
Ich war ziemlich konsterniert, dass selbst die Kinder so stark auf die Fehler geschaut ... und die wirklich schönen Stunden damit massiv abgewertet haben. Offensichtlich sind sie bereits in dieser Richtung sozialisiert, ich nehme an, dass sie von verschiedensten Seiten (z.B. Eltern, Mitschülern) über LehrerInnen nichts Positives gehört haben. 
Die dicke Elfe (Gast) meinte am 20. Mai, 18:33:
Ist vielleicht eine späte Abrechnung... Ich habe die Erfahrung gemacht, dass insbesondere Eltern bildungsferner Schichten in LehrerInnen Feindbilder sehen (gebe selber Nachhilfestunden und konnte schon einiges miterleben). Vermutlich wird diese Antipathie über die Erziehung einfach weiter gegeben. Es ist sicher nicht einfach, solche Dinge 'in der Schule' zu lassen... ich möchte den Beruf nicht machen. 
teacher antwortete am 20. Mai, 20:52:
Immer häufiger müssen wir diese Ablehnung zunächst überwinden, bevor wir menschliche Zugänge finden. Wir sind halt diejenigen, die Zensuren geben, die disziplinieren, die korrigieren ... das stößt auf Abwehr. 
twoedgedword (Gast) meinte am 20. Mai, 20:04:
Und aus dieser Tradition...
schreiben wir unter eine perfekte Arbeit nicht "Alles Richtig" sondern "0 Fehler". (Kommt nicht von mir, finde aber das Original nicht mehr) 
teacher antwortete am 20. Mai, 20:52:
Gutes Beispiel.
Ich mache aber :-) darunter. 
BIA (Gast) meinte am 20. Mai, 21:55:
Ja, ABER, das hat mit Lehrerbashing wenig zu tun, denn
...was tun denn wir Lehrer, bitte? In meiner Interaktion mit Schülern (ob schriftlich oder mündlich) überwiegt sicherlich nicht das freundliche Lob, meine Korrekturen sind in erster Linie Fehler ausbessern. Und dabei bin ich nicht allein, habe im Gegenteil den Ruf, die Schüler aufzubauen statt sie nur runterzumachen.
Und dann wundern wir uns, wenn Schüler Unterricht genauso bewerten, wie sie die Bewertung ihrer Beiträge oder ihres Verhaltens so oft erleben? 
Ann (Gast) meinte am 20. Mai, 23:02:
..
Da bin ich froh, dass ich Grundschullehramt studiere, da sind die Schüler meistens von allem so begeistert und finden ihre Lehrerin soooooooo supitoll und uns Praktikanten ja sowieso und ein Stationentraining löst schon höchste Gefühle aus ;-)

Naja, vielleicht nicht ganz so, aber im Generellen überwiegt da die positive Rückmeldugn bei weitem. Die Eltern sehen das dafür öfter anders... 
Trithemius meinte am 20. Mai, 23:09:
Zur Zeit lese ich Ivan Illich: "Entschulung der Gesellschaft" und kann danach gar nichts Tröstliches sagen, denn der Fehler steckt im System. Die Pflichtschule kann man kaum besser machen, allenfalls ein bisschen daran herumdoktern. Ich bin Lehrer am Gymnasium gewesen, mit vielen Idealen in den Beruf gegangen und rechtzeitig wieder raus, bevor ich zum zynischen Unterrichtsbeamten degeneriert bin. Man muss sich doch wundern, wie es die Schule schafft, aus neugierigen jungen Menschen, die lernen wollen, stumpfe Leistungsverweigerer zu machen oder solche, die geschickt nachbeten, was der Lehrer von ihnen hören will. Jedenfalls ist Schule für die meisten Schüler etwas, was gar nicht viel mit dem Leben zu tu hat, und das Lernen auf Vorrat empfinden viele zu Recht als vertane Zeit, denn es geht ja eigentlich nur darum, junge Menschen für eine gewisse Zeit zu kasernieren mit dem Ziel, Lebenschancen zu verteilen. Schülerinen und Schüler spüren das. Wenn Referendare mit viel Enthusiasmus an die Schule kommen, dann können sie sich noch so mühen, der Heimliche Lehrplan der Schule macht es zunichte. Es ist schon bedrückend, wie Schule Kritikaster hervorbringt, aber was anders sollen denn Kinder lernen, wenn sie auch ständig nur gemessen und kritisiert, über Noten abgeurteilt werden. 
Maik Riecken (Gast) antwortete am 21. Mai, 07:12:
"denn der Fehler steckt im System"

Wenn du Pech hast, besteht genau dieses System nicht nur aus "Schule", sondern aus mehreren Komponenten. Schule wird als Lernort in meinen Augen auch überschätzt.
Wenn da was dran ist und der Rest des Systems auch mit für das Problem verantwortlich ist - und als Lehrer bekomme ich da schon hin und wieder den Eindruck - dann ändert auch die Abschaffung von Schule ("Entschulung der Gesellschaft") allein nichts.
Mit einer Gesellschaft, die auf breiter Basis die Abschaffung von Schule initiiert und ihre Gesamtverantwortung wahrnimmt, hätte ich kein Problem. Ich komme auch so irgendwie klar. Bis wir diese Gesellschaft haben, wird es schwer, den "Systemfehler Schule" zu korrigieren - wahrscheinlich hätten wir dann auch ganz andere Schulen. 
teacher antwortete am 21. Mai, 08:22:
Tatsächlich findet bereits eine Art "Entschulung" statt - immer weniger nehmen das System ernst. Die Schule existiert zwar von der Organisation her, aber deren ursprüngliche Aufgabe (Bildung etc.) übernimmt sie immer weniger. 
Maik Riecken (Gast) antwortete am 22. Mai, 12:33:
Aus welchen Motiven heraus nehmen "viele" Schule nicht ernst? Dass es so ist, vermag ich nachzuvollziehen.

Ich bezweifle entschieden, dass die meisten, die Schule nicht ernst nehmen, das aus einer reflektierten Haltung gegenüber den bestehenden gesellschaftlichen Problemen - Schule ist eines davon - heraus tun - so wie es z.B. im Unschoolingbereich als Haltung anzutreffen ist.

Gruß,

Maik 
teacher antwortete am 22. Mai, 16:39:
Die Motive würden mich auch interessieren. Sie finden sich in europäischen Staaten viel stärker als in den USA oder Australien, wo eine lustbetonte Schulkultur entwickelt wurde. 
Maik Riecken (Gast) antwortete am 22. Mai, 18:13:
Ähm - also die Kollegin, die gerade aus den USA (Ausstauschprogramm - Highschool) zurückgekehrt ist, hat relativ wenig von "Lustbetonung" erzählt - eher was von Formularen und Dokumentationspflichten.

Auch dort gibt es natürlich Inseln (z.B. im ohnehin für die USA sehr untypischen Washington D.C), aber die Regel scheint mir das auch dort nicht zu sein - und schon gar nicht in der gesellschaftlichen Breite. Darüber redet natürlich niemand gerne, hier in den Medien ist lediglich etwas von den pädagogischen Ansätzen und den Kreationisten zu lesen. Ist nicht unser Hauptproblem in Deutschland, dass die Herkunft über den schulischen Erfolg entscheidet?

Schulen, die "lustbetont" arbeiten machen auch die Erfahrung, dass sie nicht mehr funktionieren, wenn sie eine Schülerschaft in der prozentualen Zusammensetzung der Gesellschaft zu betreuen haben - da gab es neulich ein nettes GEO-Spezial zu.

"Lustbetonte Schulen" dürfen in meinen Augen kein Luxusartikel von Leuten werden, die über das monetäre bzw. intellektuelle Kapital verfügen - das - genau das - würde z.B. die Befürworter der Schulpflicht nämlich - dann auch zu Recht - in ihrer Position weiter stärken.

Diese Schulen werden uns nicht geschenkt werden. Damit meine ich: Der Staat wird es nicht richten. Und so lange wir lustbetont Kredite für Autos und iPhone-Verträge aufnehmen, und unsere Kinder dafür in nicht "lustbetonte Schulen" schicken (ein Aufbrechen dieser Struktur wäre erforderlich), wird sich hier gar nichts ändern. 
hajo (Gast) meinte am 21. Mai, 08:38:
Kritik?
Also, ich finde in Deinen Beispielen keinen Fall von Kritik. Ich denke, man muss schon unterscheiden zwischen einer Rückmeldung (feedback), die lediglich aufzeigt, was angekommen ist und einer Kritik, die sich mit den Inhalten - wegen mir auch der Art, Inhalte zu vermitteln - auseinandersetzt.
Es wird heutzutage viel zu viel in die Kategorie Kritik verlegt, das führt zu Missverständnissen und dadurch zu Frust.
Nach meiner Meinung gibt es keine negative Kritik, denn Kritik setzt immer voraus, dass sich der Kritisierende (m/w) mit dem "Thema" beschäftigt hat - und wer sich mit etwas beschäftigt, zeigt gleichzeitig Interesse an der "Sache". Dass er/sie eine andere Auffassung zum Thema vertritt, kann doch nicht negativ ausgelegt werden, oder?
Also liebe Lehrer (m/w), etwas weniger das Sensibelchen spielen und aus der Kritik (s.o.) Positives herausfiltern, dann klappt's auch mit dem Ego ,-). 
teacher antwortete am 21. Mai, 08:52:
Nee, so leicht schüttelt man die Rückmeldung der anderen nicht ab. 
L-Roy (Gast) meinte am 21. Mai, 17:53:
Ich glaube, dass diese Negativität inzwischen ein Grundpfeiler unserer Gesellschaft ist. Alles ist grundsätzlich erst einmal schlecht und fehlerbehaftet, dieses Verhalten muss sich zwangsweise auch auf die Beurteilung von Berufsfängern auswirken. 
teacher antwortete am 21. Mai, 20:24:
Dann kennen wir einen Grund für Depressionen und Burnouts. 
errorking antwortete am 25. Mai, 21:17:
teacher
für kinder braucht man liebe, das wort fehlt bei dir und den kommentaren vielen deiner kollegen. liebe heisst: vollste aufmerksamkeit ohne an depressionen und kritik zu denken.
shame on u, denn ihr ruiniert unsere wertvollsten juwelen der welt.

gottseidank gibts noch ein paar weisse schafe....aber selten. 
teacher antwortete am 26. Mai, 08:12:
Ja, Kinder brauchen Liebe - von ihren Eltern, ihrer Familie, ihren Freunden. Lehrer sind wie Ärzte, Therapeuten etc. professionelle Betreuer. 
errorking antwortete am 26. Mai, 15:51:
lehrer sind psychiater der kinder?
eher ists umgekehrt, denn es ist manisch, kinder als PSYCHIATRISCHE FÄLLE zu betrachten.
ich kenne eigentlich fast nur normale kinder doch die lehrer die ich kenne sind zum großteil explorierwürdig.(siehe dein eig. kommentar: depressionen, burnouts..) 
Alfred (Gast) antwortete am 26. Mai, 17:50:
"lehrer sind psychiater der kinder?"

Wo bitte steht das denn?
Der Herr Teacher hat geschrieben "Lehrer sind wie Ärzte, Therapeuten etc. professionelle Betreuer. "

Dieses soll bedeuten, das Lehrer eben wie Ärzte oder Therapeuten, die man auch als professionelle Betreuer bezeichnen kann, einzustufen sind.

Der Lehrer als professioneller Betreuer....Punkt. Als psychatrische Fälle betrachtet ein Lehrer die Kinder sicher nicht, keine Ahnung wie Sie darauf kommen.... 
errorking antwortete am 26. Mai, 19:32:
ärzte
sind für die kranken da, therapeuten für sonstige geschädigte. professionelle betreuer klingt wie streetworker für drogensüchtige....
kann man nicht einfach sagen lehrer lehren?
ausserdem vermisse ich in all den bezeichnungsversuchen und berufsbezeichnungen den ansatz der liebe. professionell muss ein computerspezialist arbeiten, ein lehrer soll von liebe erfüllt sein, empathisch, klug und kreativ, in sich ruhend, sich selber natürlich aber auch fehler zugestehend....sonst soll er sofort seinen job hinwerfen, denn er kann vielzuviel schaden anrichten. arbeitslose liebevolle lehrer gibts ja mehr als arbeitende, denn mit beziehungen hat man oft leichter einen job, aber am liebesvermögen haperts dann oft.

es geht im übrigen hier überhaupt nicht darum, jemanden fertigzumachen, zu korrigiern usw. es geht nur um die kinder. und wenn ich lese, die kinder sind schwierigwegen diesem oder jenem hau ich mal schon im interesse eben dieser kinder auf die teacher drauf ( hauen durften ja früher nur die lehrer und pfarrer, heutzutage dürfen das die errorkings). heute gibts für kinder kein hauen mehr, ohhhjeeee jetzt haben die armen lehrer plötzlich depressionen , weil ihnen der rohrstock aus der hand genommen wurde. jaja früher war das viel einfacher: einmal hinhauen und ruhe war.
heute landen die lehrer alle erst in einem bemitleidungsblog und dann wegen depressionen in der frühpension.
so jetzt hau ich nochmal hin: is jetzt endlich ruhe? 
 

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