Alphager (Gast) meinte am 9. Feb, 12:51:
"Ganztagsschulen" gibt es nicht
Die Frage ist bescheuert, weil sie einen sehr wichtigen Aspekt außer Acht lässt: Was soll zusätzlich zum Vormittagsunterricht an der Schule passieren?Ich bin in den Genuss von zwei verschiedenen Ganztagsschulkonzepten gekommen, die ungleicher nicht sein könnten:
An einer katholischen Privatschule in Deutschland war Vormittags normaler Schulbetrieb, danach eine Stunde Mittagspause inklusive Essen, 2 Stunden Freizeitgestaltung in Wahlpflichtfächern (Sport, Werken, Kunst, Musik), danach zwei Hausaufgabenstunden (selbstständige Bearbeitung der Hausaufgaben; ein Lehrer ist fest im Raum für Fragen da, andere Lehrer können in ihren jeweiligen Klassen besucht und um Rat gefragt werden. Bei Beendigung der Hausaufgaben ist es Möglich an verschiedenen AGs teilzunehmen bzw. individuelle Förderung zu bekommen).
Ergebniss ist, dass man als Kind gegen 16:30 Schulaus hat, alle Hausaufgaben bereits gemacht hat, individuelle Schwächen frühzeitig erkannt und behoben werden und man einen Großteil der üblichen Freizeitaktivitäten bereits abgefrühstückt hat.
Das Französische Model dagegen ist Alcatraz: Vormittags und Nachmittags ganz normaler Schulunterricht, Feierabend um 17:00 und danach och Hausaufgaben für ein bis zwei Stunden.
Diana Loos (Gast) antwortete am 9. Feb, 13:14:
In England geboren, fühlte ich mich dort auf der Ganztagsschule sehr gut aufgehoben, da ich es nicht anders kannte. Wie alle anderen SchülerInnen ging ich von 9 bis 15.45 Uhr in die Schule, einschließlich Aktivitäten wie Chor, Orchester, Theater, Sport usw. in der Mittagspause oder nach Schulschluss, danach bis zu 3 Stunden Hausaufgaben. Jetzt bin ich seit 12 Jahren im deutschen Schuldienst und stelle fest, dass die deutschen Schulen immer längere Schultage planen (müssen), während die englischen Schultage immer kürzer werden. Im Gegensatz kürzen die deutschen Schulen die Gesamtschulzeit (Stichwort G8), während englische SchülerInnen immer länger auf die Schule gehen müssen. Was schließen wir daraus? Egal, was man macht, kann es nie allen passen ...
teacher antwortete am 10. Feb, 10:35:
Zwei Schüler aus der Befragungskohorte haben bereits Erfahrung mit Ganztagsschulen gemacht - beide waren relativ positiv eingestellt: "mit Freunden getroffen", "keine Hausübungen mehr", "Hilfe von Erziehern" ...Vieles ist einfach Gewohnheitssache. Unsere Kinder sind es gewohnt, am Nachmittag beim Ferseher/Comuter herumzuhängen - weil ihnen sonst fad ist. Wenn sie in einer guten (!)Ganztagsschule sinnvolle Freizeitaktivitäten betreiben könnten (Sport, Spiele ...), wären sie damit sicher auch zufrieden. In unseren momentanen Schulgebäuden können wir allerdings keine Freizeitaktivitäten anbieten, weil wir keine Einrichtungen dafür haben. Das wäre Alcatraz. Oder schlimmer.
BIA (Gast) antwortete am 11. Feb, 12:47:
dieses "fad"
find ich bedenkenswert.Warum ist ihnen fad, wenn sie nicht fernsehen? Was ist da schiefgegangen? Meine Schwester und ich haben pro Tag 30 min ferngesehen - bei guter Führung, lol. Computer gab's nicht. Der Rest war selbstgemachter Zeitvertreib, Basteln, Lesen, Playmobil, Hausbauen im Wald, whatever. Und war nicht mal an trübsten Regentagen im November fad.
Was ist denn da verloren gegangen?
teacher antwortete am 12. Feb, 09:07:
Was verloren gegangen ist?Vor allem eines: Eigeninitiative. Wir haben uns organisiert, um gemeinsam Fußball spielen zu gehen. Das muss jetzt ein Animateur übernehmen (wie im Urlaub) - sonst passiert nix. Aber beim Fernsehen und am Computer läuft immer was, ziemlich bequem.
El Loco antwortete am 17. Feb, 13:33:
Das französische Alcatraz...
... ist noch dazu das perfekte Beispiel dafür, daß "Ganztagsschule" KEIN Wettbewerbsvorteil für die Absolventen ist. Das staatliche französische Schulsystem produziert nämlich einen Analphabeten-Anteil unter den Abiturinhabern (!) von 10%, das ist höher als in meiner Schulzeit der Anteil unter der deutschen Gesamtbevölkerung (die allesamt nur Halbtagsschule hatte).
Ganztagsschulen werden propagiert v.a., um den schädlichen Einfluß der Elternhäuser von den Kindern fernzuhalten... da gehts nicht um bessere Ausildung, sondern um bessere Eingliederung ins vorgegebene Schema. Schönen Gruß von Aldous Huxley...
Der_Eisenschmyd antwortete am 17. Feb, 13:39:
Man will nicht selber spielen man will bespielt werden.Man will nicht selber lernen, man will bele(h)r-nt werden...