steppenhund meinte am 26. Okt, 00:04:
Die Beispiele sind gut gewählt. Sie erklären mir aber auch etwas über mich selbst. Ich verdiene meine Brötchen in einem kleinen, aber feinen Unternehmen. Jedes Jahr verbringe ich 5 Urlaubstage damit, eine Blockvorlesung zu halten, die nächstes Jahr dem Master Studium zugerechnet wird. Geld bekomme ich dafür 18 Euro in der Stunde. Das deckt in etwas die Kosten des Lebens im Ausland.Ich würde es vermutlich auch gratis machen. Eitelkeit und eine gewisse Steigerung des Ansehens in der professionellen Welt mögen mich vielleicht entschädigen. Das ich es aber nach den ersten fünf Jahren weiter mache, liegt an der Reaktion der Studenten, die sogar am Samstag von 9:00 bis 17:00 ausharren und sehr gutes feedback geben.
Heuer werde ich auch große Teile der Vorlesung überarbeiten müssen, was relativ viel Arbeit bedeutet. Aber es hält mich auf dem technischen Stand und irgendwie auch jung.
Der Hauptantrieb ist aber die technische Begeisterung und das Gefühl, den Studenten etwas zu vermitteln, was sie sonst nicht bekommen, den Zusammenhang zwischen Theorie und Realität.
Dass Begeisterung motivieren kann, brauche ich wohl nicht extra zu erwähnen.
Ich kann mir vorstellen, dass es auf jedem Gebiet, auch in der Mittelschule, Neues gibt, dass man in den konventionellen Unterricht einbauen kann. Es bedeutet Arbeit, doch letztlich profitiert der Lehrer als Mensch ja auch davon, wenn er lebendig bleibt.
Ich gebe zu, dass ich aufgrund der speziellen Situation kein Problem mit der Disziplin habe. Die Prüfungsaufgaben sind teilweise sehr leicht und gleichzeitig auch sehr schwer.
Die Arbeiten werden von den Assistenten ausgewertet, sodass ich für jede Frage auch die richtige Antwort bereitstellen muss. Und so gibt es auch ein spezielles Beispiel, bei dem die Antworten ja, nein und ich weiß nicht alle richtig sein können, vorausgesetzt, es wird die richtige Begründung beigesteuert.Vielleicht erhellt dies eine Vortragsmethode, die weniger auf die Sachverhalte, sondern mehr auf die darunter liegenden Strukturen Wert legt.
teacher antwortete am 26. Okt, 15:33:
Gratuliere - das ist die Idealsituation: Ein motivierter Dozent trifft auf freiwillige Lernende. Ich kenne das auch, erlebe es nicht (mehr) in der Schule: Unser Image wird durchs Unterrichten ruiniert (mein Können wird überall mehr geschätzt als in der Klasse) und die Kinder wollen alles andere als mein Wissen und Können, selbst wenn es am neuesten Stand ist (und in Fachzeitschriften abgedruckt wird).
BIA (Gast) antwortete am 26. Okt, 16:49:
Teacher, da siehst Du jetzt aber schon ziemlich schwarz oder Deutschland ist schon durch das tiefe Tal der Tränen durch.Die lethargischen Abituriernten, abgelenkten Pubertierlinge, die verhaltensoriginellen Sprösslinge sind zumindest bei uns nur ein kleiner Teil der Schülerschaft. Der Rest will etwas lernen und schätzt auch gute - und beileibe nicht nur "spaßige" Lehrer.
Da gibt's auch viele leistungsbereite Schüler: ich habe gerade von 2 Klassen Portfolios in Korrektur; was die Schüler da zum Teil an Zusatzarbeit erbracht haben, ist einfach schön und stimmt mich wesentlich optimistischer.
@steppenhund: Bitte vergleichen Sie nicht die Situation eines Lehrenden, der EINMAL im Jahr EINE Veranstaltung hält und die dann für's nächste Jahr optimieren kann mit der Situation eines Lehrers, der diesen Luxus schlicht nicht hat! Das sind doch zwei paar Schuhe!
steppenhund antwortete am 27. Okt, 10:42:
@teacher
Mein Naturgeschichte-Professor vor 40 Jahren hat schon genau das Gleiche bemängelt. Er hielt Vorträge in der Urania und hatte wirklich einen guten Vortragsstil. Trotzdem passten wir nicht auf.
steppenhund antwortete am 27. Okt, 10:50:
@BIA
Das ist mir schon klar, dass es zwei Paar Schuhe sind. Ich wollte auch nicht mit dem Finger zeigen, sondern wie teacher richtig bemerkt hat, eine Idealsituation darstellen.Doch meine Schwägerin, die nächstes Jahr in Pension geht und an einer nicht geraden leichten Hauptschule in Hamburg/Willhelmsburg unterrichtet, habe ich auch immer so erlebt, dass sie sich mit Rekapitulation und Optimierung beschäftigt hat, wenn ich einmal in Hamburg zu Besuch war.
Natürlich kann man auch Studenten auf der Uni nicht mit Pflichtschülern vergleichen. Genauso wenig lässt sich eine Waldorfpädagogik flächendeckend umsetzen, weil dazu auch bestimmte Bereitschaften gehören.
Von meinen KollegInnen, die Kinder im Vorschulalter und Volksschulalter, sowie Mittelschulalter haben, erfahre ich aber etwas anderes. In den Volksschulen wird aber heute schon recht häufig Montessori-ähnlich vorgegangen und die betroffenen Eltern haben sich sehr positiv geäußert. Was ein Problem zu sein scheint, ist dann der Übergang in die Haupt- bzw. Mittelschule.
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Da glaube ich, dass es zu meiner Zeit einen großen Unterschied gab. Wenn man in der Mittelschule oder Realschule, weniger in der Hauptschule, war, hatte man a) einen Heidenrespekt vor den Lehrern und war b) sehr stolz, dass man jetzt in einer "richtigen" Schule ist.
Lustigerweise habe ich aber von der Volksschule doch einiges behalten. Das ist mir gestern wieder aufgefallen, als im Radio von Hymnen, speziell von der österreichischen Nationalhymne, gesprochen wurde. Ich habe Frau Columbo immer einen Satz vorher gesagt, was jetzt vermutlich als nächstes kommen wird.
Und das waren die Inhalte, die in der Volksschule beigebracht wurden:)