Profil
Abmelden
Weblog abonnieren
cotopaxi

 
cc meinte am 21. Apr, 18:05:
lieber teacher
ich bin ein grosser Fan Deines blog, lese ihn regelmässig und schätze ungemein Deine scharfe Beobachtungsgabe, Deine Formulierkunst, Dein Aufzeigen der Skurillitäten des Schulalltags,...Ich könnte das ehrlich gemeinte Loblied noch lange weitersingen. Vielen hab ich Deinen blog schon empfohlen, und meine, dass er auch all jenen nützen könnte, die Schulpolitik machen.
Trotzdem heute eine Beobachtung, eine kritische Anmerkung, eine, die ich schon öfters machen wollte, bitte betrachte sie als Rückmeldung eines ausgesprochenen Fans.
Teacher, woran liegt es, dass so viele Deiner Beiträge eine für mich so grosse Larmoyanz, eine Duktus aufweisen,"wir sind so arm, alle sind gegen uns," darf ich Deine letzten Worte oben zitieren : "Burnout. Depression. Frust. Demotivation"
He teacher, grad zum obigen Beispiel fallen mir viele Idee ein, wie man das von Dir beschriebene Problem, ja es ist ein Problem, lösen könnte.
Warum les ich so selten bei dir etwas Begeisterndes, einen Erfolg, etwas, das gelungen ist; wer offenherzig mit jungen Menschen arbeitet, wird, nein muss das auch erleben.
Du weisst wahrscheinlich, dass ich auch bei einer Schule engagiert bin, der w@lz (http://www.walz.at), dort auch öfters unterrichte, und ebenso wie Du mit sehr schwierigen Schülern zu tun habe.
Aber es gibt immer Auswege, neue Ideen, Kollegen, die unterstützen, jedenfalls Versuche, etwas zu ändern.
Mein Eindruck ist, und nochmals teacher, hier schreibt ein grossen Fan von Dir (zumindest soweit Fan, als man vom bloss Geschriebenen auf eine Person schliessen kann) dass Klagen immens im Vordergrund steht?
Klagen über Schüler, Klagen über die Eltern, Klagen über Kollegen, die Politik, die Medien, irgendwie vermittelst Du mir den Eindruck, Du hättest das Gefühl, die ganze Welt hätte sich gegen Euch, die armen Lehrer verschworen.
Und das betrifft nicht nur Dich als Person.
Viele Lehrer vermitteln mir diesen Eindruck.
Ja, ich weiss, das Image der Lehrer in der Öffentlichkeit.
Das ist in der Tat ein grosses Problem, ich hab öfters darüber geschrieben.
Aber liegts nicht auch ein wenig an Euch?
Ja, der Lehrerjob ist hart, sehr aufreibend, die Umstände häufig ziemlich widrig, aber doch auch ermunternd, sinnerfüllend und man bekommt auch viel zurück. Oder nicht?
Und wie schon einmal kurz angemerkt:
Wenn man wirklich ausgelaugt ist, sollte man dann einfach für ein oder ein paar Jahre mal was anderes machen.
Tapeten-Rollenwechsel; nicht immer, wie Du schreibst "im 50 min Takt lärmende Jugendliche bändigen".
Ja, ich kann mir vorstellen, manchmal hat man genug davon.
Then change it, try something new.
Sehr viele Menschen tun das, müssen das tun.
Also bitte, wenn ich mir etwas wünschen darf: Nicht immer über "Burnout. Depression. Frust. Demotivation" sondern auch Geschichten, was man dagegegn tun kann.
Und einmal die Geschichte, warum Du Lehrer geworden bist.
Denn ich glaube Du bist ein sehr guter teacher.

hoffe dir damit nicht zu nahe getreten zu sein
ein immer dankbar lesender
c.c. 
teacher antwortete am 21. Apr, 22:16:
Lieber cc,
Danke für die anerkennenden und konstruktiv-kritischen Worte. Ich bemerke diese Larmoyanz gar nicht mehr, weil sie zum selbstverständlichen Spiegelbild der Medienhetze der letzten Wochen geworden ist. Die miese Stimmung durchdringt nicht nur den Blog, sie beherrscht den Schulalltag. Wenn alle Frustrierten aussteigen würden, wären viele Klassen leer ...

Ich haben mit diesem Blog begonnen, um meinen Frust hinauszuschreien, nicht um Freude bei etwaigen Lesern zu erzeugen; um Missstände aufzuzeigen, nicht um Unterhaltung zu garantieren. Inzwischen bin ich aber froh, dass Leute wie du mein dunkelgraues Schulbild hinterfragen und relativieren.

Wir haben - wie viele andere Schulen - eigene Schwerpunkte (EDV, Medien, Kreativität ...) gesetzt und ich habe jenseits der Schule neue Herausforderungen angenommen, um dem heutigen Schul/Lehr/Lern-Dilemma zu entkommen. Umso mehr bin ich überzeugt: Die alte Schule hat ausgedient, wir brauchen grundlegende Neuorientierungen für unsere Jugend. Klare Visionen. Radikale Schnitte. Dafür müssen die heutigen Schwachstellen schonungslos angeprangert werden, nicht lächelnd zugedeckt.

P.S.: In den Klassen und im Lehrerzimmer falle ich durch mein lautes Lachen und einen ziemlich unbekümmerten Schmäh auf. 
christoph chorherr (Gast) antwortete am 22. Apr, 12:51:
lieber teacher,
noch einmal kurz.
Du schreibst "Die alte Schule halt ausgedient, wir brauchen grundlegende Neuorientierungen für unsere Jugend. Klare Visionen. Radikale Schnitte."
Ja, ja, und nocjmal ja.
Und ganz neugierig frage ich Dich:
Wie sieht Deine klare Vision aus?
Sie tät mich wirklich interessieren.
Denn dass es "so" nicht weitergehen sollte, da sind sich beinahe schon alle einig.
Zu Deinem PS:
"In den Klassen und im Lehrerzimmer falle ich durch mein lautes Lachen und einen ziemlich unbekümmerten Schmäh auf. "
Das hab ich mir gedacht. 
teacher antwortete am 22. Apr, 15:51:
Lieber cc,
Ich freue mich, dass ich ehrliches Interesse hinter deínen Fragen spüre. Das geht mir in der Politik (auch bei meinen eigenen Standesvertretern) ab, da wird oft nur mehr Taktik und Kalkül spürbar. Die letzten Verhandlungsergebnisse zeigen das - NULL Fortschritt.

Wie schaut meine klare Vision aus?
Heftige Frage.
Offen gesagt, ich habe noch kein rundes, fertiges Bild von einer guten Schule der Zukunft zusammenstellen können. Und wenn ich klare Eckpunkte formuliere, dann höre ich schnell Gegenargumente, die auch nicht vom Tisch zu wischen sind. Ich fürchte: Die eine gute Schule gibt es nicht. So wie es nicht das gute Lebensmittel oder das gute Auto gibt.
Schlussfolgerung: Es sollte eine große Vielfalt von Schulen geben. (Daher auch meine Skepsis gegenüber der Gesamtschule)

Ich könnte hier ein paar wesentliche Punkte aufzählen, die unsere jetzigen Dilemmata verringern würden. Z.B. dürfen Lehrer nicht gleichzeitig Prüfer sein. Z.B. dürfen wir nicht Kompetenzen und Fähigkeiten trainieren aber letztlich Stoff (z.B. bei der Matura) abprüfen. Z.B. müssen Lehrer und Schüler, die mehr leisten wollen, Anerkennung finden. Z.B. müssen alte Fächertrennungen aufgehoben werden. Z.B. müssen Schulbücher für jeden einzelnen durch Arbeitsmaterial für alle (Klassen) ersetzt werden. Z.B. muss eigene Zeit für Kommunikation, Soziales und Erziehung eingeplant werden. Z.B. sollten Medienwerkstätten so selbstverständlich sein wie Physiksäle. Z.B. sollte jeder Lehrer lebenslang an der Uni immatrikuliert bleiben und fortgebildet werden etc.

Aber eine Vision sollte ja per definitionem in einem "Slogan" zusammenfassbar sein: Schulen sollten vielfältige Lerngelegenheiten fürs Leben bieten, also Trainingsplätze fürs Leben sein (wo sportliche Leistungen und Regeln akzeptiert werden).

An meiner Schule gibt es nur wenige KollegInnen, die sich an solche Änderungen herantrauen - das wären Exkursionen in unbekannte Länder, manche mögen das, andere fürchten sich. Verständlich.

Bildungsreformen müssten daher bei den Lehrern anfangen. Investiert in die Aus- und Weiterbildung der Lehrer, gebt Ihnen Karrieremöglichkeiten, deckt sie mit allen möglichen Lernmedien zu. Es ist eine Schande, wenn wir um Materialien fürs Offene Lernen betteln müssen (vergeblich), wenn Lehrausgänge daran scheitern, dass keine Fahrkarten für die Öffis vorhanden sind, dass wir kein Druckpapier oder keinen Toner bezahlen können ...
Lagert die Verwaltung aus (dafür sind wir zu teuer und nicht kompetent) und durchforstet die Gesetze. Ich möchte einfach mit Kindern die Welt entdecken, gerne auch 8 Stunden pro Tag. 
Eagel (Gast) antwortete am 22. Apr, 18:08:
Boah.
Ein großer Traum.
Ehrlich, Teacher, da stecken so viele Ansätze drin, die danach schreien, gehört zu werden. 
BIA (Gast) antwortete am 22. Apr, 18:59:
@teacher
Hallo teacher,

ich finde mich (und mein Team) ganz stark in Deinen Ansätzen wieder. Wenn's Dich interessiert, kann ich Dir unseren Erfahrungsbericht aus dem Wunderland der Schulinnovation schicken - ein Jahr lang Pleiten, Pech und Wunder und was wir daraus gelernt haben.

Ich finde, Lehrer, die was bewegen wollen, müssen sich viel stärker vernetzen und voneinander hören; sonst zieht einen das ewige Gegrantle ("Warum haben die Sozialpädagogen einen Teppich und wir Lehrer nicht?" - I kid you not.) wirklich runter.

Lg,
Birgit 
teacher antwortete am 23. Apr, 08:51:
@BIA: Bin ich schwer interessiert dran, wie kann ich Kontakt aufnehmen?
@Eagel: Ja, ein Traum, aber nicht ohne Realisierungschancen. Scheitert z.B. nicht an den Kosten. 
BIA (Gast) antwortete am 23. Apr, 11:03:
@teacher:

Magst Du mir ein mail schicken? Ist wohl das Einfachste...

ablinger@hotmail.com

Ich freu mich -

Birgit 
cc antwortete am 26. Apr, 09:02:
lieber teacher,
danke für Deine Antwort.
Das, was Du als "Ansätze einer Vision" geschrieben hast, kann ich nur ausnahmslos unterstützen.
Und ich glaube, das ist nicht "bloss ein Traum", sondern es ist möglich.
Nein nicht möglich, dringend notwendig.
Bleibt die klitzekleine Frage, wie wir dort hinkommen.
Heut dazu nur eine Frage:
Was hältst Du davon?
http://derstandard.at/?id=1240549814066 

Name

Url

Meine Eingaben merken?

Titel:

Text:


JCaptcha - du musst dieses Bild lesen können, um das Formular abschicken zu können
Neues Bild

 

 

twoday.net AGB

xml version of this page

powered by Antville powered by Helma