Matthias (Gast) meinte am 3. Okt, 15:50:
Wird immer schlimmer
Gab letztens ja Berichte dazu.http://wissen.spiegel.de/wissen/dokument/51/03/dokument.html?titel=Triumph+der+Schmetterlinge&id=59403015&top=SPIEGEL&suchbegriff=jungen+schule+benachteiligt&quellen=&vl=0&qcrubrik=artikel
http://www.wiedenroth-karikatur.de/02_PolitKari080827_Feminismus_Schule_Jungen_Diskriminierung.html
Matthias (Gast) antwortete am 3. Okt, 15:51:
Hoppla
Vielleicht kannst Du das ja in Klicklinks umwandeln?Auf meinen Monitor passt es noch, dürfte sonst aber schwierig werden.
docdee (Gast) antwortete am 3. Okt, 16:36:
Ist es nach ~150.000 Jahren Patriachart und ~150 Jahren Emanzipation auf einmal schlimm, dass Mädchen ausnahmsweise mal bevorzugt werden?
BIA (Gast) antwortete am 3. Okt, 17:07:
Jein.
Ich habe einen Sohn. Nach Jahren der teilnehmenden Beobachtung komme ich zu dem Schluss:Viel sitzen, viel reden, wenig Handfestes...das System Schule entspricht Mädchen eher mehr als Jungen. Bewußte Benachteiligung der Jungen habe ich aber nicht erlebt. Im Gegenteil - die Jungen bekommen tendenziell mehr Aufmerksamkeit. Warum? Weil sie sich in dem System unangepasst verhalten, "stören", etc. etc. Von meiner Unterrichtspraxis weiß ich: die "guten Mädels" lässt man werken, die schaffen's eh allein, weil sie geschickt und selbständig sind, aber den Jungs widmet man mehr Aufmerksamkeit, damit sie ordentlich arbeiten. D.h.: Das System Schule bevorzugt die Mädchen, aber die Jungen "kippen" den leichten Vorteil der Mädchen wieder durch ihr Verhalten. Die Tragik dabei: so wird keiner im System zum Gewinner. Langfristig steigen aber die Jungs besser aus, wie man weiß - solange sie bildungsinteressierte Eltern haben. Die anderen Jungs haben Pech, und das ist das eigentliche Drama.
BIA (Gast) antwortete am 3. Okt, 17:08:
Bericht?
Diese Karikatur ist ein "Bericht"??
Matthias (Gast) antwortete am 3. Okt, 20:44:
Wie jeder Gebildete weiß
...sind Karikaturen keine Berichte. Das sollte man wissen.Übrigens IST es auf einmal schlimm, dass Mädchen bevorzugt werden. Denn niemand sollte bevorzugt werden.
walküre antwortete am 3. Okt, 20:51:
"Die Zahl der Lehrerinnen ist gestiegen, an vielen Grundschulen sind Lehrer bereits Exoten."Seit meiner eigenen Volksschul(=Grundschul)zeit vor über dreißig Jahren bin ich genau zwei männlichen Lehrkräften begegnet, die an einer Grundschule unterrichtet haben. Beide waren alles andere als eine Zierde ihres Standes, weil ihnen genau das fehlte, was man im Umgang mit jüngeren Kinder am notwendigsten braucht: Einfühlungsvermögen und die Fähigkeit, in solche Konflikte, die Kinder diesen Alters überfordern, regulierend einzugreifen.
teacher antwortete am 3. Okt, 21:35:
@docdee: Ja! Für einen 12-jährigen Buben zählen nicht 1000 Jahre Patriachat, sondern 12 Jahre Benachteiligung. Mit 16 wird er sich rächen.
ALLE - auch die Frauen - haben größtes Interesse, dass Burschen ihre faire Chancen kriegen. Das sorgt für Zufriedenheit und Sicherheit.
@matthias:
Ich kenne viele der Argumente des Spiegelartikel aus meiner Praxis. Aber es ist halt nicht opportun, für Jungs einzutreten. Das wäre schon Grund genug, es doch zu tun.
teacher antwortete am 6. Okt, 19:55:
@walküre:Ich würde nie sagen, dass männliche Lehrer besser als weibliche sind. Ich fordere nicht mal mehr männliche Lehrer - ich will nur mehr Verständnis für Burschen. Das können Frauen auch aufbringen.
ChenLei (Gast) antwortete am 7. Okt, 21:30:
Eins vorweg: Ich bin Abiturient. Mir scheint, dass beide Seiten (Feministen und diejenigen die "Diskriminierung der Jungen!" schreien) den Begriff Gleichberechtigung nicht ganz verstanden haben. Nur aber meine Frage - wie stellen Sie sich Unterricht vor, der den Jungen entgegen kommt? Wäre der aus Ihrer Sicht auch noch angebracht, selbst wenn dabei wieder die Mädchen benachteiligt werden, weil genau das selbe Problem auftritt? Wäre ihr Job ohne Koedukation leichter? Was muss man denn an "den Burschen" verstehen können?
An meiner Schule gibt es jetzt in der Sek II einen klaren Jungenüberschuss, besonders, was naturwiss. Fächer betrifft. Im Informatikunterricht gibt es ein Mädel, in Physik in einem Kurs 2, i anderen Kurs 3. Und das trotz eines natwi-math. Profils, woraus man ja schließen müsste, dass die Mädchen hier mit Technik was anfangen könnten. Was sie auch können, die eben genannten "Einzelexemplare" auf jeden Fall. Warum wählen aber so viele ab? Mädchen sind ehrgeiziger und wenn sie merken, dass sie in manchen Fächern mehr schlecht als recht durchkämen, lassen sie es sein, im Gegensatz zu den meisten "weniger guten" männlichen Schülern. Daraus folgt die männliche Prägung des Fachunterrichts. An meiner Schule gibt es ca 60% Lehrer, die es aber nicht nötig haben, zu jammern oder auf Machosprüche zurückzugreifen. Die Grundschule habe ich nicht in Deutschland absolviert, aber meine kleine Schwester hat in etwa gleich viele Lehrerinnen wie Lehrer. Ich hatte mehr Lehrerinnen, aber mir hat das kein bisschen geschadet. Was ist das Problem bei solchen Werten wie "Kommunikation"? Wenn sie männlcihe Werte fordern, dürfen die auch Mädchen übernehmen, oder hätten sie Angst, dass das nun nicht ihrer Rolle entspricht? Es ist nicht Frage des Zeitgeist, ob sich Frauen eher für starke Typen entscheiden, sondern einfach, dass die Erziehung divergiert hat, nicht so, dass sich beide Geschlechter in der Mitte treffen, vielmehr sind die Entwicklungsgeraden "windschief".
Ich bitte sie mit dem größten Respekt, mir einen Überblick darüber zu geben, was in der heuten Bildungspolitik und im Schulalltag Diskriminierung gegenüber Jungen darstellt. Sie als Lehrer haben die größte Erfahrung und guten Einblick, sodass ich mir sicher bin, dass Sie nicht lediglich ihre Meinung zu wiederholen brauchen, sondern sie auch untermauern können.
Vielen Dank im Voraus!
teacher antwortete am 8. Okt, 20:21:
Danke für die Vorschusslorbeeren. .-)In unseren Schulen dominieren nicht einfach Frauen, sondern viele engagierte - auch feministisch engagierte Frauen. Viele Burschen, eigentlich alle, die ich frage, sagen offen: "Wir werden wie die zweite Qualität behandelt." Sie haben die schlechteren Noten, sie fallen häufiger durch, sie haben mehr Disziplinprobleme, sie verlassen früher das Bildungssystem, sie haben weniger Abschlüsse ... Sind sie dümmer?
Wenn man davon ausgeht, dass sie nicht dümmer sind (was nicht alle tun), muss man fragen, warum sie in allen Schul-Rankings die Verlierer sind. Schule und LehrerInnen belohnen weibliche Werte, fördern sie, verstärken sie. Männliche Werte werden abgéwertet, lächerlich gemacht, bestraft. Z.B. brauchen Burschen mehr körperliche, muskelbetonte, praktische Aktivitäten. Sie kommunizieren anders, z.B. körperbetont - das wird sofort eingestellt oder bestraft. Überprüfungen sind großteils mündlich oder schriftlich (also sprachbasierend) und darin sind Mädchen von vornherein besser. Praktische, computerbasierte, mathematische Überprüfungen würden einiges ändern. Etc usf
BIA (Gast) antwortete am 9. Okt, 17:11:
2. Qualität
Sorry, ganz oft verhalten sich Jungs einfach zweitklassig. Nicht alle und nicht immer...aber wann immer ich auf dem Gang darüber reden höre, wer wann wie wo mit "den Bullen" zusammengekracht ist, sind das Jungs. Wenn man sieht, wer mit den Füßen Stühle zusammentritt oder seine Schulbücher abfackelt - Jungs. Man kann natürlich sagen: "Schön, Pierre-Oliver, dass du so zu deinem männlichen Bedürfnis, deiner Stimmung mit Muskelkraft Ausdruck zu verleihen, stehst!" Aber nützt ihm das wirklich in einer Welt, die - abseits von Blackwater und australischen Spielfilmen - das nicht immer ganz so zu schätzen weiß? Damit täte man ihnen doch einen Bärendienst.Was die Jungs bräuchten sind 1) ernstzunehmende männliche role models - zuallererst VÄTER, die sich mit ihnen auseinandersetzen, dann 2) Anreiz nachmittags, sich körperlich zu betätigen und 3) Schulen, die nicht nur Stillsitz-und-Aufpassschule sind, sondern wirklich "learning by doing" bieten.
teacher antwortete am 9. Okt, 20:44:
Leider kann ich hier nur JA sagen.Wir könnten beim Punkt 3 viel für aggressionsreduzierte Jungs tun!
ChenLei (Gast) antwortete am 10. Okt, 16:47:
"Überprüfungen sind großteils mündlich oder schriftlich (also sprachbasierend) und darin sind Mädchen von vornherein besser." Da muss so nicht stimmen, als Generalisierung vielleicht, aber dann wissen wir immer noch nicht, was wir mit den 40% (20%?30?49?)der Mädchen machen, die sprachlich nicht ganz so gut sind. Zumal ja bei Jungen auch die Sprache gefördert werden sollte. Und ich habe mehrere Freunde, die linguistische Genies sind und kenne genügend Mädchen, die sich sprachlich nichtmal altersgerecht artikulieren können. Die Schule sollte nicht stärker auf Geschlechterunterschiede eingehen, sondern INDIVIDUELLER werden. Dann kann sich auch jeder selbst entscheiden, ob er z.B. computerbasiert arbeiten möchte. "3) Schulen, die nicht nur Stillsitz-und-Aufpassschule sind, sondern wirklich "learning by doing" bieten" Das wäre sicher besser, aber letztendlich liegt dort der Hase nicht im Gewürz. Ich kann hier nur von meiner Schulzeit in China berichten - ganz ehrlich ist da nichts "learning by doing" (von den Agrarausflügen und der militärischen Ausbildung abgesehen), sondern auswendig lernen, nicht mal dem Lehrer Fragen stellen, und dann schriftliche Tests. Es gibt aber zwischen dem Erfolg von jungen und von Mädchen keinen signifikanten Unterschied. Daher würde ich den Grund eher im gesellschaftlichen Klima und dem Lernwillen der Jungen im Allgemeinen sehen. So meine ich auch, dass Mädchen nicht WEGEN des Schulsystems besser klarkommen (falls das stimmt, an meiner Schule kann ich das nicht nachvollziehen) sondern TROTZDEM. Dass allgemein ein Umdenken stattfinden muss ist klar. Das darf aber nicht reaktionär sein!
Es ist bei Jungen ganz klar zu verzeichnen, dass sie zu vielen DIngen keine Lust haben, dafür gibt es zwei ineinanderübergreifende Ursachen: 1) keine Perspektiven 2) weiblich konnotierte Werte gelten als unpassend. Und deshalb wollen sie sprachlich, sozial etc. gar nicht gut sein. Ein Beispiel aus meiner Erfahrung: Ich gebe einer Gruppe interessierter Mitschüler Unterricht in meiner Muttersprache. Das sind immerhin 12 Leute. Jungen haben sich gar nicht erst gemeldet.
teacher antwortete am 10. Okt, 20:50:
Individualisierung ist ein großes Stichwort der heutigen Pädagogik. Aber aufwändig. Da sehe ich nur theoretische Chancen. Ich kann nicht auf 30 Individuen eingehen, ich sehe das, wenn ich versuche, die individuellen Leistungen in der Klasse anzusehen. Da gebe ich 4 - 5 Kindern eine Rückmeldung ... und 20 andere wollen natürlich auch bedient werden. Zack, die halbe Stunde ist vorbei.Dein Schlusssatz spricht doch Bände. Für manche Dinge kann man Jungs gar nicht mehr motivieren. Schulchor - nur Mädchen. Medienprojekte - fast nur Mädchen. Freiwillige Sprachen - Mädchen. Theater - Mädchen. Nur beim Sport und im Computerbereich kommen auch Burschen freiwillig. Wir müssen da kreativ werden.