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cotopaxi

 
Meine Schule sehe ich als soziales Viereck, in dessen Mitte Leere gähnt.

Frau Hirsak zieht an einer der Ecken, meine Frau hält am anderen Ende schwach dagegen. Der kleine Hirsak trifft mich zwei Mal die Woche im Klassenraum, damit die Geometrie zur Perfektion gerät: Vier menschliche Ecken.

Zwischenfrage: Treffen Sie auch manchmal die Frau des Lehrers Ihres Lieblingskindes im Supermarkt? Fragen Sie dann nach den letzten Mitarbeitsnoten und nebstbei die werte Gattin ihres Zahnarztes nach dem Kostenvoranschlag?

Frau Hirsak nicht. Sie fragt nicht, sie erwähnt. Horchend. Aus.
„Da gibt's bei euch eine Truppe, die in der Garderobe die Kästen aufbricht.“
Davon wusste meine liebe Gattin nichts, ich beichte nicht alles. Frau Hirsak hilft.
„Die stehlen aber nicht, die wollen nur ruinieren. Aufgebrachte Eltern waren schon beim Direktor. Der unternimmt aber nichts! „
Was soll man da antworten? Sowas gibts bei uns? Nicht.
„Die haben die Kleider von oben bis unten angespuckt.“
Den Schaden regelt die Waschmaschine, aber die Schmach schmerzt weiter. Polizei einschalten? Lehrer auf die Lauer legen? Inquisition?
Bei uns nicht.

Die Klage setzt sich fort. Meine Frau als Mauer.
„Im Hallenbad geht ein Virus um. Muss sich irgendwie im Sprühnebel verteilen, aber die Kinder müssen trotzdem schwimmen gehen.“
Das Gerücht ist mir nicht zu Ohren gekommen.
Die halbe Stadt geht dort ins Wasser, in die Sauna, zum Solarium – da könnten auch die Kinder überleben. Oder?

Meine Frau berichtet abends Frau Hirsaks Berichte, ich klappe die Ohren zu, drehe den Fernseher lauter: Nachrichten aus dem Tschad.

Das Quadrat fordert seine Leere.
Stef (Gast) meinte am 3. Mär, 17:14:
... das ist der Grund, warum ich niemals dort wohne, wo ich unterrichte. 
teacher antwortete am 3. Mär, 17:16:
Ich auch nicht.
Meine Frau fährt in die Stadt zur Arbeit und Frau Hirsak auch. 
BIA (Gast) antwortete am 4. Mär, 17:46:
Genau...
meine Kollegin begegnete in der Sauna einem Schüler mit Eltern. Muss ein Moment seltener Peinlichkeit gewesen sein - Seitdem meidet sie beharrlich die heimatliche Sauna.

Übrigens, teacher, bei uns heißt das beschriebene Phänomen: "Tengelmannkonferenz". :-) 
teacher antwortete am 4. Mär, 21:08:
In der Sauna hab ich meinen Bankdirektor getroffen, auch fein.
"Tengelmannkonferenz" gefällt mir, bei uns müsst man wohl "Billakonferenz" daraus machen. 
.peter meinte am 3. Mär, 21:43:
jo, das kenne ich. wenn ich 8 stunden arbeiten musste, dann abendbrot gekocht habe und die obligatorische folge Star Trek geguckt wurde, dann ... und SPÄTESTENS dann ... sind bei mir die Türen sperrangelweit auf Durchzug geschaltet.
Und da das automatisch geschieht, behalte ich auch nichts von dem, was mir dann so von meiner Frau erzählt wird, was sie wiederum doch ganz schon ärgert. 
Elena (Gast) meinte am 4. Mär, 08:03:
Ja, ja,
meine lieben Herren, daß Sie Ihren Frauen nicht zuhören (mögen), ist das eine; das andere ist die absolut ärgerliche Tatsache, daß manche Personen - und hier vor allem Frauen, ja ja - diese Frau-Hirsak-Methode perfekt beherrschen...
Da hilft nur eines: Herr Teacher, hören Sie Ihrer Frau das nächste Mal zu und schlagen Sie ihr vor, die Frau Hirsaks künftighin zwar freundlich, aber prompt und unmißverständlich, egal wo, "stehen zu lassen". Verstehen Sie, wie ich`s meine?
Wie heißt es so treffend: "Daß so viel Unerzogenheit gut durch die Welt kommt, daran ist die Wohlerzogenheit schuld."

Also: durchaus öfter mal die Ohren auf Durchzug; aber nicht bei der angetrauten Gattin, die verdient`s nicht!...

LG E. 
teacher antwortete am 4. Mär, 08:29:
Da kriegen wir voll die Moralpredigt ... weil wir ehrlich sind. Selig die Machos im Geiste, denn ihrer ist das Himmelreich.

Ich vermute ja, dass meine Frau den Berichten der Fr.Hirsak ganz gerne zuhört - sie erfährt ja Dinge (aus der interessanten Elternperspektive), die sie nicht alle Tage zuhause serviert bekommt.

P.S. Der Spruch mit der Unerzogenheit gefällt mir. Woher stammt der? 
Elena (Gast) antwortete am 4. Mär, 15:43:
Nun,
den Spruch habe ich von einem Kalenderblatt, das ich schon mehrere Jahre an der Wand hängen habe. Und richtig muß es heißen: "Ungezogenheit", der Rest stimmt, ich zitierte heute früh aus dem Gedächtnis.
Geschrieben hat diese Worte Marie von Ebner-Eschenbach, so steht`s unter dem Spruch; somit weiß ich leider das betreffende Werk nicht. Das wiederum würde mich interessieren..

LG E. 
hmmm (Gast) meinte am 4. Mär, 10:39:
Deine Frau erzählt dir etwas und du hörst nicht zu?
Tolle Ehe! 
teacher antwortete am 4. Mär, 15:03:
Mach dir keine Sorgen um meine Ehe.
Es ist wichtig, nicht alles (doppelt) zu hören, eine grandiose Fähigkeit. 
Schildmaid (Gast) meinte am 4. Mär, 11:07:
Das ein Quadrat seine Leere fordert, kann ich ja verstehen: sonst würde das Gesetz der Entropie greifen und das Quadrat hätte ganz fix mehr Ecken, als ihm gut tun! Aber der Frau nicht zu zuhören ist ein absolutes "don't". Wie würde es euch Männern gefallen, wenn euch eure Frauen nicht mehr zuhören würden? Nicht so gut, oder?
Wenn mein Liebster abends heim kommt, nehmen wir uns sofort Zeit für ein "Wie war dein/mein Tag" Gespräch. Danach ist dann nur noch Privates angesagt, der Arbeitstag liegt hinter uns und muss dann auch nicht mehr aufgewärmt werden. Das funktioniert ausgezeichnet!
Und jetzt bin ich mal gespannt auf die Herkunft des Unerzogen-/Wohlerzogen Spruches; der ist großartig!
LG von Schildmaid 
.peter antwortete am 4. Mär, 14:35:
ach naja ...
... halb so wild. Manche Menschen sind ebend Abends nur begrenzt aufnahmefähig. Ist halt so. 
walküre meinte am 4. Mär, 11:49:
Die
gute (Achtung: Ironie !) Frau Hirsak würde ich, befände ich mich an Stelle von Frau teacher, diplomatisch mit einem sphinxischen Lächeln auflaufen lassen, während ich ihr gleichzeitig erklärte, dass ich in keiner Weise befugt sei, mich in dieser Form in das Berufsleben meines Gatten einzumischen.

Es gibt für die Frau Hirsaks dieser Welt (und deren durchaus vorhandene männliche Pendants) einen bösen Spruch: "Wenn die/der einmal stirbt, müssens ihr/sein Mundwerk extra erschlagen."

btw: Das schöne Zitat von der Unerzogenheit wird Marie von Ebner-Eschenbach ("Krambambuli", "Er lasst die Hand küssen" u.a.) zugeschrieben. 
stichi antwortete am 4. Mär, 14:06:
Ein ähnlicher Spruch, nur nicht ganz so schön formuliert (vielleicht eher Volksmund):
Der Klügere gibt nach, deshalb haben die Dummen das Sagen!
bzw.
Der Klügere gibt nach, und die Dummen regieren die Welt! 
Elena (Gast) antwortete am 4. Mär, 15:52:
Köstlich!
Danke, stichi, diese Sätze sind aber auch so was von treffend - grade in Zeiten wie diesen, nicht wahr?
Und zu walküres mittlerem Absatz: oh ja, da gäbe es mitunter sehr viel Arbeit extra... 
teacher antwortete am 4. Mär, 20:09:
Da nehmt ihr die Fr.Hirsak zu wichtig. Ist doch bloß Tratsch, der auch seine Zwecke erfüllt.
Und ich höre sowieso nur die gefilterte Variante (neben den Nachrichten). 
walküre antwortete am 5. Mär, 10:27:
Bei aller
Wertschätzung - so naiv kann nur ein Mann sein. 
teacher antwortete am 5. Mär, 15:20:
Was ist das Gegenteil von naiv? Antwort: teacher! 
walküre antwortete am 5. Mär, 20:18:
Diesbezüglich
hat es aber einen anderen Anschein, denn Sie scheinen mir die mehr oder weniger subtil zerstörerische Kraft scheinbar harmlosen Klatschs zu unterschätzen. Sage ich, die ich lange Zeit in einem Kaff gelebt habe, in welchem der Tratsch in allen seinen Variationen geblüht hat. 
teacher antwortete am 6. Mär, 09:49:
Klar, der Tratsch hat mehr Macht als die fundierte Diskussion, vll. sogar mehr als die medial verbreitete Meinung, aber er ist harmlos, meist nicht tierisch ernst, ein kommunikatives Ventil, das heiße Luft ablässt. 
 

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