maschi meinte am 17. Dez, 09:51:
Mir wird hauptsächlich schlecht hier.
Insbesondere, wenn ich ins Kalkül ziehe, dass es sicher eine Menge Lehrer sein werden, die hier oftmals doch eher undifferenzierte Tiraden über unerzogene Racker ablassen... Die zwei beschriebenen Kinder haben sicher noch eine Menge zu lernen. Wie alle Kinder müssen sie alles - und so eben auch das "soziale "Verhalten anderen gegenüber - erst lernen. Das ist im Grunde ganz natürlich. Und wenn sie Erwachsene um sich haben, die selbst noch nicht ausgelernt haben wirds entsprechend schwieriger. Ich zweifle allerdings ernsthaft daran, dass diese Kinder vom Kontakt mit etlichen der Diskutanten hier und dem von ihnen vertretenen scharfen Regiment langfristig profitieren würden. Denn es macht einfach einen Riesenunterschied, ob ein Heranwachsender im Lauf der Zeit lernt "aus sich selbst heraus" auf andere Rücksicht zu nehmen und deren klar kommunizierte Grenzen zu respektieren (weil er sukzessive lernt, dass andere das auch tun und es einfach für alle Sinn macht) oder ob er hauptsächlich lernt, dass Menschen nur deshalb "spuren", weil sie dann entweder einen versprochenen Vorteil in Anspruch nehmen können oder einen angedrohten "Nachteil" befürchten müssen... das beeinflusst die "Sozialisation" und das Menschenbild nachhaltig.
Wenn ich mir nach solcher Lektüre dann die grantelnde, alt gewordene Singlegesellschaft des Jahres 2040 vorstelle, dann stelle ich mir ernsthaft die Frage, ob ich mit meiner Familie nicht schon heute auswandern sollte. Bis dahin mal Dank an lisarosa.
teacher antwortete am 17. Dez, 16:03:
Lieber maschi. Bitte in die Klassen gehen und den gut erzogenen Kindern und deren Eltern erklären, warum sich 2 - 4 ungezogene Rabauken "aus sich heraus" nicht an die Regeln halten, raufen, schimpfen, spucken, kratzen, stehlen, lügen, belästigen, mobben ... Die anderen 25 verdienen meinen Schutz, das garantiere ich den Eltern. Hand drauf!
maschi antwortete am 17. Dez, 16:27:
Meine Güte.
Die Praxiserfahrungskeule. Mit der lässt sich sicher auch Quote machen. Nur gut, dass es Menschen wie lisarosa gibt, denen ich hundertprozentig zustimmen kann und bei denen dieser Haken aber sowas von 100% ins Leere geht. Auch wenn er natürlich sofort versucht wird, wie sich weiter oben leicht nachlesen lässt.Zum Inhaltlichen: Mein Problem ist ja nicht, dass es solche Kinder (natürlich) gibt und immer geben wird. Mein Problem ist, dass die vorherrschende Reaktion darauf nicht etwa verstärktes Nachdenken und Argumentieren über den Umgang mit dieser Realität ist, sondern die vorherrschende Reaktion ist unterschwellige Aggressivität solchen Kindern gegenüber, die es ja eigentlich ohnehin schon sehr schwer haben. Dabei besonders beliebt: der pauschale Rückverweis an die Eltern, die ihrem Erziehungsauftrag nicht ordentlich nachkämen. Nunja, für mich eine weniger spannende Feststellung, dass die Eltern solcher Kinder kein gutes Händchen haben... nona.
Und dann haben sie eben möglichweise - sie so wie ich selbst im übrigen auch - hauptsächlich Lehrer wie nachtblau, die ihren Job aus rein materieller Abwägung der eigenen Vor- und Nachteile anstreben. Diese Sorte interessiert das alles natürlich genau gar nicht.
Summa summarum: So eine Grundhaltung reicht mir schlicht nicht, um den anspruchsvollen Beruf des Lehrers ausüben zu dürfen. Ich habe Kinder, die sich mit Sicherheit nicht durch raufen, schimpfen, spucken, kratzen, stehlen, lügen, belästigen, mobben auszeichnen. Und möchte sie dennoch oder gerade deshalb nicht in der Obhut solcher Lehrer sehen!
teacher antwortete am 17. Dez, 17:12:
Es ist keine Keule oder Haken, den ich einsetzen will, es ist schlicht das Vertrauen, das ich bei anderen Kindern + Eltern erwerben und verdienen muss.Alle Kinder haben gleiche Rechte, die gutmütigen, schwachen, erzogenen oder hoch begabten eben auch.
Diese Kinder, deren Eltern und viele Lehrer sind doch längst in der Verteidigungsposition - denen Aggressivität vorzuwerfen, muss ich als Hohn empfinden.
Nachdenken und Argumentieren reicht einfach nicht mehr, wir müssen konsequent handeln, erziehen eben.
Der_Eisenschmyd antwortete am 17. Dez, 17:25:
Auch wenn nach sovielen Kommentaren meiner wohl untergehen wird, hier wie üblich bei solchen Themen meine 7 FälleFall 3 und Fall 5 und 6 ist speziell für Lisa Rosa, bzgl. fremde Kinder "maßzuregeln" und was dann passiert.
Fall 1:
Nachbarn der Freundin, "sozial schwach" eingestuft, schicken die Kinder zu bestimmten Zeiten raus, dort schreien sie unmotiviert herum, schlagen sich mit Metallstangen gegenseitig. Haben sie genug davon schlagen sie auf die Bäume ein. Sie nehmen die abgeschlagenen Äste und schlagen auf Blumen, Zäune und Gartenmöbel ein.
Einige werfen mit Steinen nach Vögeln oder Katzen.
Nebenbei zerkratzen sie noch Autos.
Abends werden die wieder in die Wohnung gelassen, der Spuk hat ein Ende.
Fall 2:
Familie in gehobener Einfamilienhausgegend, BMW X5 vor der Tür. Winter. Hoher Schnee.
Gehe mit Freundin an dem Haus vorbei, in dessem Vorgarten drei Kinder (10-12 Jahre) lärmend mit Gartenspaten den Schnee platt schlagen. Ein Junge sieht uns und schleudert Schnee mit dem Spaten auf uns. Beim zweiten mal ist er so dicht an uns herangekommen, das der Spaten fast auf dem Kopf meiner Freundin landet.
Auf meinen Auspruch, das man dir (dem Jungen) dafür mal eine kräftige Orfeige geben müsste und ob ihm nicht klar wäre, das er hier jemanden verletzen könnte, kam nur: "Das ist mir egal, ich darf ALLES, schlagen darf ich ihn auch nicht, er holt sonst seinen Papa, der ruft den Anwalt an und dann bekomme ich viel Ärger"
Naja, hab ich mir gedacht, Kinder schlägt man auch nicht, aber dem Vater sollte man für so eine Erziehung wirklich ne kräftige Ohrfeige verpassen.
Fall3:
Hochwertiges Neubaugebiet, gut verdienende, rechtschaffende, konservative Leute.
Das Auto parkt 30cm von der Hauswand entfernt. Kind kommt von der Schule nach Hause, geht nicht dort vorbei wo gar ein Panzer vorbeikäme, sondern quetscht sich sammt Ranzen durch die enge Lücke an der Hauswand vorbei. Auto weist oberflächliche Kratzer (die aber wieder auspoliert werden konnten) auf. Beschwerde bei der Mutter führt zu unkontrolliertem, hysterischem Geschrei. Das ist nur ein Kind, und meines darf alles, auch Autos zerkratzen. - Diskussion nicht möglich, Argumente prallen ab.
Fall4:
Helgoland Fähre. Schönes Wetter.
Mutter mit Kind. Das Kind ist wild und laut.
Mutter:"Wenn du nicht SOFORT die Klappe hälst, rufe ich die POLIZEI, die nimmt dich dann mit und SPERRT DICH EIN. (wie deinen Vater)
Fall 5:
Kunsthandwerker Markt. Stand mit Glaskunst.
Dort kann man gute Gesellschaftstudien machen.
Es fallen einerseits Eltern mit unglaublich höflichen Kindern auf, die fassen die Glasobjekte vorsichtig an, fragen vorher natürlich, freuen sich, alles bestens. Auch die die Eltern zeigen Geistige Reife im Gespräch.
Anderseits dann Kinder, die auch mal die Dinge anfassen wollen. Aus dem off hört man es aber brüllen "FASS DAS NICHT AN" "DUMMES KIND"!!!!
Dann gibt es solche die fassen alles grob an, lassen die Dinge absichtlich herunterfallen, benehmen sich wie Idioten und die Eltern stehen dümmlich grinsend dabei und finden das alles in Ordnung.
Auf den Hinweis, das ein solches Verhalten sich nicht ziert, reagieren die Eltern mit Unverständniss, sie haben es wohl selber nicht besser gelernt.
Fall6:
Ein Kind scheisst in Kundentoilette das Klo voll, das auch unter der Klobrille Scheisseklumpen kleben (wie auch immer das geht?). Mutter des Kindes reagiert wie in Fall 3. Das ist doch nur ein Kind, das darf das. Gegenargumente werden furienhaft hysterisch beantwortet.
Wie wohl das Klo bei diesen Leuten zuhause aussieht?
Fall7:
Kind hat in der Schule im Kunstunterricht mit viel Hingabe ein Bild gemalt. Mutter holt Kind von der Schule ab. Kind läuft freudestrahlend der Mutter entgegen um ihr das tolle Bild zu zeigen.
Mutter: "Was ist denn das für ein Scheiss" und wirft es in die nächste Strassenmülltonne...
Fazit:
Ich denke das allgemein viele Menschen nur damit beschäftigt sind, intensiv an nichts zu denken.
maschi antwortete am 17. Dez, 17:34:
@teacher
grundsätzlich kein einspruch, das ist aber eine rein rhetorische replik, die so antwortet, als ob ich dinge gesagt hätte, die ich in wirklichkeit nicht gesagt habe...es ist hopfen und malz verloren. handelt einfach weiterhin "konsequent" und überprüft dann, ob es dadurch besser wird.
hexamore antwortete am 17. Dez, 17:34:
ich musste ja sooo lachen, als ich all diese fälle las! :-) was ich davon halte, habe ich bereits (viel) weiter oben geäussert. etwas, das mir wiederum sehr auffällt nach diesem kommentarmarathon hier: nirgendswo (fast wenigstens) sind die meinungen dermassen verschieden wie in erziehungsfragen! kein wunder gibt es solch grosse unterschiede, wie kinder sich verhalten... und eines vergessen wir doch immer - nämlich, dass wir vorbilder für unsere kinder sind. oder?
mirka antwortete am 17. Dez, 17:50:
Gewisse Werte, wie z.B. Respekt - nicht Angst oder gar Unterwürfigkeit - vor anderen Menschen, deren Gefühlen und deren Eigentum, kann ein Mensch gar nicht früh genug lernen, denn das ist im täglichen Leben immer und überall sehr hilfreich.Und die Pflicht, einem Kind dies beizubringen, liegt nun mal bei den ersten Bezugspersonen - in aller Regel also bei den Eltern. Daß dabei Vorleben deutlich besser ist als Predigen, muß nicht extra erwähnt werden, oder?
teacher antwortete am 17. Dez, 20:48:
@hexamore: Ein Arzt kann heilen, ein Jurist Recht sprechen, auch wenn sie unterschiedlicher Meinung sind, im Endeffekt gibt es eine akzeptierte Entscheidung. In der Erziehung gibt es Millionen Experten und keine Wahrheit, das sieht man hier wieder.@mirka: Leider haben Kinder viel stärkere Vorbilder als Eltern und Lehrer es sind.(zB. peer groups, Medienhelden). Wenn wir nicht rauchen, nicht saufen, dann heißt das überhaupt nicht (mehr), dass unsere Kinder uns folgen. Vorleben ist gut und notwendig, aber nicht hinreichend!
mirka antwortete am 17. Dez, 21:46:
Aber doch noch nicht die Allerkleinsten!Leider kenne ich eine ganze Reihe junger Eltern, die der Meinung sind, im ersten oder sogar den ersten beiden Lebensjahren sei Erziehung noch nicht notwendig, da müsse man das Kind "sich frei entfalten lassen" ... das Ergebnis sind dann z.B. "Zitronenbaumplünderer"...
Ich denke, daß gerade in dieser allerersten Zeit der Grundstock gelegt wird für die Werte, die ein Mensch später für sich als richtig erkennt.
maschi antwortete am 17. Dez, 21:50:
und mit welchen methoden
pflegen sie ihren grundstock im ersten lebensjahr zu pflanzen?
teacher antwortete am 17. Dez, 22:43:
@Eisenschmyd: "Das ist doch ein Kind, das darf alles" hat die alte Leier "Kusch Kind, warte, bis du erwachsen bist" abgelöst. Früher durften sie nix, jetzt alles - beides ist grundfalsch. Die allermeisten Eltern geben ja ihr bestes, die meisten Kinder (bei uns) sind ganz ordentlich erzogen, die wenigen grausamen Aussenseiter bekommen von den Übertoleranten die Lizenz zum Tyrannen, da versteh ich die Welt nicht mehr!
teacher antwortete am 17. Dez, 22:47:
@mirka: Ich glaube auch, dass Erziehung mit dem ersten Tag anfängt. Da zählt Vorbild wirklich alles. Ich bekomme die Kinder erst mit 10 Jahren in die Schule, da sind sie ziemlich ausgeprägt und von Eltern und Lehrern nur mehr mäßig beeinflussbar.