Stef (Gast) meinte am 15. Dez, 10:00:
Supernanny
Das Problem ist mittlerweile, dass manche Eltern ihren Erziehungsauftrag mit einer Liebschaft verwechseln. Da wird aus Erziehung unabdingbare Beziehung. All das, was der eigentliche Liebespartner nicht mehr gibt / geben will / geben kann, wird beim Kind gesucht. Am Ende steht eine Mutter (seltener ein Vater), die alles daran setzt, dass der/die Kleine sie doch bloß gern hat.Liebesentzug wird zum Modedruckmittel der Kinder - und es funktioniert bestens. Und das betrifft mittlerweile nicht nur die Unterschicht, sondern zeigt sich überall. Wenn ich hier so manche Prinzessin an meiner Schule erlebe, deren ganzes Verhalten mit Reitstunden, Klamotten, Schmuck und Küsschen erkauft wurde, ist es nur eine Frage des Geldes, ob's klappt oder nicht. In der Schule wird dann das erstemal wirklich erzogen (schließlich kann ich mir keine 10 Pferde leisten). Eltern / Kind - Aktionen sind dann immer zu schön, wenn es manchmal nur dem Lehrer gelingt, die Kinder im Winter vom Anziehen einer Jacke zu überzeugen.
Hier in der Grundschule erlebe ich, dass wir noch ganz gut damit zurechtkommen und wenigstens ein wenig Einfluss nehmen können. Leider ist dieser Einfluss meistens nur auf die Schulzeit begrenzt, danach drehen einige Kinder völlig ab (ich könnte 'zig Beispiele aufzählen). Im Sekundarbereich sind dann eigentlich schon alle Weichen gestellt. Man muss die gesellschaftlichen Veränderungen akzeptieren und Konsequenzen ziehen: wir BRAUCHEN endlich eine flächendeckende Ganztagsschule - es geht nicht mehr anders! Man muss manche Kinder von ihren Eltern retten - und diese Kinder werden immer mehr.
Nachtblau antwortete am 15. Dez, 11:30:
Aber es ist doch total ungerecht, alle Kinder den ganzen Tag in die Schule abzuschieben, bloß weil einige Eltern nicht dazu in der Lage sind, ihre Kinder zu erziehen. Das geht genau in die gleiche Richtung wie "alle Eltern würden zusätzliches Geld das sie bekommen versaufen".
teacher antwortete am 15. Dez, 20:57:
Sehr interessanter Gedanke, den ich nicht kannte: "Kinder als Liebespartnerersatz" + "Liebesentzug als Druckmittel". Flächendeckende Ganztagsschule als Konsequenz scheint mir ziemlich überzogen, aber eine klare Lösung wäre es. Es funktioniert ja in vielen Ländern.
steppenhund antwortete am 15. Dez, 21:03:
Warum es eigentlich bei der Ganztagsschule belassen? Viel besser wäre es doch, die Kinder total von den Eltern zu trennen und die Man könnte den Eltern dann auch noch eine kleine Entschädigungszahlung bieten.
Im Grunde ist es auch degradierend, die Eltern dann mit der Produktion der Kinder zu belassen. Züchtung in der Retorte wäre viel wirtschaftlicher und gefühlsschonender.
teacher antwortete am 16. Dez, 13:20:
"Samma a heut' bisserl zynisch, net?" muss da der gelernte Österreicher fragen.
Nachtblau antwortete am 16. Dez, 15:32:
Naja, der Zynismus ist doch berechtigt, wozu Kinder bekommen, wenn man sie dann eh nicht erzieht? Ich denke, dass man als Eltern doch irgendwie seine Wertvorstellungen an die nächste Generation weitergeben will. Wie soll das noch gehen, wenn das Kind den ganzen Tag nicht daheim ist? Ganz zu schweigen davon, was für eigenartige Weltvorstellungen den Kindern weitergegeben werden können (bis hin zu Ideologisierung).
Stef (Gast) antwortete am 16. Dez, 19:08:
Nanana, ...
... natürlich habe ich etwas überspitzt, aber ich redete doch nicht vom 24h-Betrieb.a) Ganztagsschulen enden gegen 16 Uhr, da bleibt am Abend, am Wochenende, in den Ferien noch sehr viel gemeinsame Zeit!
b) Die gemeinsame zeit ist dann "echte" Familienzeit, weil Hausaufgaben, Fördermaßnahmen, etwaige Freizeitaktivitäten ihren Platz in der Schule haben.
c) Ganztagsschulen gibt es bereits - sogar in Deutschland und Österreich. Die Erfahrungsberichte sind eigentlich sehr positiv.
d) Meine Nachmittage bestanden im übrigen eher seltener daraus, dass ich mich von meiner Mutter hab erziehen lassen ;-) - stattdessen: Freunde besuchen, Fußballtraining, draußen spielen, Gegend erkunden, auch mal Computer spielen. Wüsste jetzt nicht, welche Erziehung mir da abhanden gekommen wäre. Die meisten Väter sind eh erst nach den Kindern zu Hause und Mama möcht vielleicht auch mal irgendwann wieder arbeiten.
e) Ich denke, da gibt es viele ideologische Vorbehalte und Massen an Lehrern, die gerne ihren Halbtagsjob (zumindest in der Schule) behalten wollen. Eine trockene Analyse der Situation - gerade in Großstädten - zeigt m.E. eine stetig wachsende Freizeitgestaltungskatastrophe... noch warte ich auf bessere Alternativvorschläge und ließe mich dann gerne eines besseren belehren.
teacher antwortete am 16. Dez, 20:48:
@Nachtblau: Bei wirklich vielen Eltern habe ich nicht das Gefühl, dass ihnen ganz klar ist, warum sie Kinder woll(t)en. Kuschel"tiere"? Erben? Selbstbestätigung? Christenpflicht? Naturereignis? ... viele dumme Gründe, die eher vorkommen als die Lust zum Erziehen!@Stef:
Der Trend geht Richtung Ganztagsschule, die Gründe hast du genannt. Viele Lehrer werden das nicht begrüßen, nicht nur aus arbeitszeitlichen Gründen.
Nachtblau antwortete am 16. Dez, 20:55:
Ich denk diesbezüglich brauchen Lehrer keine Angt haben, das kann sich der Staat finanziell gar nicht leisten (zum Glück, ist doch die freie Zeiteinteilung am Nachmittag oder abend, wann man Unterrichte vorbereitet und korrigiert das Einzig Attraktive am Beruf).
teacher antwortete am 16. Dez, 20:58:
Der Bedarf wird jedenfalls steigen. Aber wir werden sicher nicht vor- und nachmittags Dienst tun können, sonst bleibt die Qualität auf der Strecke. Will das jemand?
Nachtblau antwortete am 16. Dez, 21:02:
Wenns billig ist- schon...
atrazin antwortete am 17. Dez, 08:47:
Ich würd' mir wünschen einfach fixe Dienstzeiten zu haben.
- so wie jeder andere auch. Wenn ich dann heimkomme habe ich dann Freizeit und Zeit für die Familie. Im Moment ist es so, dass ich, wenn ich mit meiner Tochter spiele immer irgendwie das Gefühl habe, eigentlich was vorbereiten zu müssen. Wenn ich Fernsehen schaue, denke ich bei jedem Film darüber nach, ob man den nicht für irgendwas im Unterricht verwenden könnte. Ich kann mich auch kaum erinnern, wann ich das letzte Mal ein Buch ohne Unterrichtsrelevanz gekauft habe.
Dienstzeiten von - sagen wir Mal irgendwas zwischen 7h und 18h - mit einem annehmbaren Arbeitsplatz natürlich, würden mir helfen die Arbeit in der Schule zu lassen und zu Hause einfach ganz privat zu sein.
alexius antwortete am 17. Dez, 09:17:
@nachtblau: Ich weiß nicht, aber machen Sie das absichtlich?
Sie schreiben: "(zum Glück, ist doch die freie Zeiteinteilung am Nachmittag oder abend, wann man Unterrichte vorbereitet und korrigiert das Einzig Attraktive am Beruf)" Wirklich???
Wow, da wird ja wieder mal überhaupt kein Klischee über Lehrer wahr!
Nachtblau antwortete am 17. Dez, 12:03:
Naja, warum wird man denn Lehrer, wegen der Bezahlung sicherlich nicht, und so lieb sind die Kinder jetzt auch nicht, dass das als absoluter Traumjob rangiert, oder? Was bleibt ist eben, dass man eine feste kürzere Arbeitszeit und quasi "frei wählbare" Arbeitszeit hat (die mitunter aber durchaus länger als die fehlenden 3 Stunden zum 8- 16- Uhr- Arbeitstag betragen). Und der Beamtenstatus. Für Frauen dann noch die Chance, problemlos in den Mutterschutz zu gehen, Teilzeitarbeit zu beantragen und wirklich gleichen Lohn für gleiche Arbeit zu erhalten. Andere Gründe, heutzutage noch Lehrer zu werden, seh ich nicht.
mirka antwortete am 17. Dez, 14:12:
@Nachtblau:Zitat: Andere Gründe, heutzutage noch Lehrer zu werden, seh ich nicht.
*kopfschüttel*
Ich denke und hoffe, daß die Lehrer das anders sehen.
Wer sich seinen Beruf nur nach möglichen Dienstzeiten, Pensionsaussichten und Ansehen aussucht, hat meiner Meinung nach irgendwo was nicht begriffen. Immerhin geht es um eine Tätigkeit, die man im "Normalfall" viele Jahre/Jahrzehnte ausüben wird, da steht doch wohl die Neigung und "Berufung" an erster Stelle der Kriterien.
Nachtblau antwortete am 17. Dez, 14:15:
Eben drum sollte man nicht idealistisch bei der Berufsauswahl vorgehen. Weil die Realität ganz anders aussieht, als man es sich vorstellt. Dann kann man nämlich seinen Beruf wirklich nicht Jahrzehnte durchhalten.
mirka antwortete am 17. Dez, 14:22:
Aber ganz ohne Ideale geht es eben auch nicht - schon gleich zweimal nicht, wenn man im Beruf mit Menschen zu tun hat.Ich habe auch einen "sozialen" Beruf gelernt und weiß, wovon ich rede. Die tollsten Bedingungen nützen einem gar nix, wenn man grundsätzlich für den "Job", wie es neudeutsch ja heißt, nicht geeignet ist und keinerlei Neigung dazu verspürt.
Nachtblau antwortete am 17. Dez, 14:27:
Also mir wurde jetzt in mehreren Praktikas bescheinigt, dass mein Unterricht auf keinen Fall schlechter ist als der der anderen Praktikanten. Grundsätzlich mag ich auch Kinder, und ich will ihnen was beibringen. Ich denke das reicht für den Lehrberuf.
flyhigher antwortete am 17. Dez, 14:29:
naja... ganz so ist es auch nicht. Mir war leider die Möglichkeit des Studierens nach der Matura nicht gegeben, ansonsten hätte ich sehr gerne auf ein Lehramt hin studiert, allerdings für höherbildende Schulen, also Schüler von 14 - 19 Jahren. Meine Ambitionen waren, dass ich gut bin darin, Wissen zu vermitteln, und gerne mit "jungen Erwachsenen" gearbeitet hätte - dass die Realität sicher einige Probleme mit sich gebracht hätte, war und ist mir klar. Damals wäre meine Entscheidung allerdings NICHT im Hinblick auf Freizeit gefallen. Und wenn ich mir meine Cousine so ansehe, die Integrationslehrerin ist, so sei ihr diese Mehr-Zeit vergönnt, die sie sowieso benötigt, um ihren Unterricht abgestimmt auf ihre Schüler vorzubereiten...Davon abgesehen, geht diese Thematik am eigentlichen Thema, nämlich der Kindererziehung, vorbei. Ob und warum jemand Lehrer wird, hat meines Erachtens nach nix damit zu tun, dass immer mehr Eltern glauben, ihr Kind bräuchten sie nicht mehr erziehen.
teacher antwortete am 17. Dez, 15:57:
@atrazin: Dieses Gefühl, IMMER im Dienst zu sein, bringt viele zur Verzweiflung. Ich nage auch daran! Ich habe mir z.B. ein absolutes Verbot auferlegt, weiter privat Bücher für die Schule zu kaufen. Seither gehe ich enspannter in Buchhandlungen ...