Profil
Abmelden
Weblog abonnieren
cotopaxi

 
Andre (Gast) meinte am 1. Jun, 04:57:
"...erfinde ich schnell eine Beschäftigung für die Sechzehnjährigen."

Ich frage mich, wie sehr Ihnen dabei bewusst ist, dass Sie die Kindern beibringen, Dinge unhinterfragt zu glauben (Einspruch erlau... äh möglich? Und wenn: Wie wird der gefördert?) und jeden Unsinn mitzumachen, soweil er aufgetragen wird. Disziplinierung zur Arbeiterseele... aber das hat Tradition... 
walküre antwortete am 1. Jun, 08:17:
Sie machen
es sich zu leicht, wenn Sie als Außenstehender kritisieren - stehen Sie mal Tag für Tag vor Schülern und bleiben dabei jederzeit unfehlbar, unangreifbar politisch korrekt und über den Dingen stehend. Aus der Distanz lässt sich leicht nörgeln, das wirkliche Leben sieht aber anders aus. Btw: Der Perfektionsanspruch an sich selber führt schneller zum Untergang, als man "Notenkonferenz" aussprechen kann, vor allem dann, wenn man ständig mit vielen anderen Menschen sozial interagieren muss. 
teacher antwortete am 1. Jun, 10:40:
Ich bin mir bewusst, dass das heikel ist: Einerseits kann ich die Klasse nicht unbeschäftigt lassen (das ergäbe lautes Chaos), andrerseits kann der oben erwähnte Effekt entstehen: "Unterricht als Beschäftigungstherapie!" 
Andre (Gast) antwortete am 1. Jun, 12:23:
Sie führen bereits die eigene Gegenargumentation. Sie beschreiben das Ideal bzw. das Selbstverständnis, auf dessen Reflexion ich zuvor verwies. Dieses Selbstverständnis ist das Kritikable, ist das, was sie unbewusst weitergeben, in dem Sie denken, nach dem Sie handeln. Nehmen wir allein Ihre 3 Aussagen zum genannten, unrealisierten Ideal:

1. "...dabei jederzeit unfehlbar"

Bringen Sie Ihren Schülern bei: Fehlbarkeit ist in Ordnung? Natürlich nicht. Der Wert liegt bei der Unfehlbarkeit. Sie haben dafür auch ein entsprechendes Werkzeug, mit dem Sie prüfeln ähm prügeln dürfen. Sie diagnostizieren _allein und fortwährend_ die Fehlbarkeit der Anderen. In diesem extrem asymetrischen Verhältnis verdeutlichen Sie, wer der Unfehlbare ist: Derjenige mit der Autorität oder besser: mit den Machtmitteln. Geäußert wird dann das, was gehört werden will. Und nach 13 Jahren sitzt das.

Den Menschen das Fehlermachen abzutrainieren ist eines der Vergehen an der natürlichen Neugierde des Kindes: Probieren und sich über Fehler der Lösung anzunähern, ist eine Möglichkeit Neues zu ergründen (Das wird sogar in Algorithmen realisiert). Dabei gehemmt zu sein, nimmt Potential.
Nun ist man In der Wirtschaft zumindest schon klüger und etabliert einen sinnvolleren, integrativen statt ausschließenden Umgang mit Fehlern (Stichworte: Unternehmenskultur, Kommunikation/Feedback, Innovationsförderung, ...).

Mit "_jederzeit_ unfehlbar" unterstellen Sie die Fehlbarkeit als Ausnahme; die Unfehlbarkeit dabei als den erstrebenswerten Normalzustand: Der Lehrer ist nicht jederzeit unfehlbar, liegt aber doch _meistens_ richtig. Sie glauben's ja selbst und merken, dass Ihre Realität da nicht mitspielt. Aber Sie hinterfragen nicht die Vernunft ihres Ideals, sondern bermerken nur die Diskrepanz zwischen Ihrem Denken und dem Sein. Wer glaubt, die Wissensautorität erhalten zu müssen, der bestimmt damit gleichermaßen den Ort der Fehlbarkeit und zwar nicht bei sich.

Bereits Eltern erzählen den Kindern lieber Blödsinn, statt einzuräumen, man wisse es nicht, aber man wird nachschauen und dann später erklären. Da geht's schon los mit dem Hinnehmen.


"...Tag für Tag [...] unangreifbar politisch korrekt..."

Warum wollen Sie das politisch Bestehende fortwährend bejahren? Das ist eine passive Haltung, die sich garnicht mit dem Inhalt beschäftigen, sondern nur korrekt im Sinne von konform/anstoßlos sein will. Das ist eine Untertanenhaltung. Sie sind damit mehr bei Anderen als bei sich selbst. Da heißt es nicht selbst denken, sondern möglichst konform denken: Keine Offensive, nur nicht opponieren, das Bestehende bejahen, eben politisch nicht ausscherren. Wie will man so das analytische Rüstzeug und den "Mut" entwickeln, einen Gegenstand zu hinterfragen (Ideologiekritik?)? Vielleicht schwenken Sie ja auch ihr Nationalfähnchen oder empfinden das kritische Hinterfragen der Demokratie als Sarkileg. Möglicherweise haben Sie auch nie ihr Weißsein hinterfragt und glauben es wäre politisch korrekt, mit einem Schwarzen nicht über seine Hautfarbe zu sprechen. Tats. reproduzieren Sie einfach nur weiterhin die Normalität des Weißseins, von dem aus sie das Abweichende als Anders wahrnehmen. Diese Sphäre ist der Rassismus, nicht allein das was sie sagen - oder nicht. Bereits ein normales Pflaster markiert den Schwarzen als abweichend. Vielleicht kommen Sie selbst drauf, warum?


"...über den Dingen stehend."
Das ist ähnlich mit "_jederzeit_ unfehlbar". Da der Text bereits Romanlänge hat, lass ich den Punkt aus. Es sei denn, Sie bestehen drauf. Mein Gedanke ist aber sicherlich erkennbar. 
teacher antwortete am 1. Jun, 17:15:
Sorry, diese Kritik ist mir zu fundamental, zu sehr von meinem Alltag abgehoben.
Was ich noch sehe:
Die Gesellschaft will von der Schule zunehmend diese beschriebene "Beschäftigungstherapie". Wir wandeln uns von einer Bildungsinstitution zu einer Aufbewahrungsanstalt, die Kinder sollen halt die arbeitende Elternschaft nicht stören. Daher der Trend zur Ganztagsschule ... und keiner interessiert sich, was wir in dieser Zeit eigentlich tun. Antwort: Kinder (irgendwie) beschäftigen. 
Andre (Gast) antwortete am 1. Jun, 18:30:
Momentan kursieren hier (ich nenne es derzeit) Gerüchte. Man möchte jugendliche Arbeitslose unter 25 kasernieren (vglb. mit Arbeitshäusern). Ihnen wird aufgefallen sein, wie stark die Schulabläufe für einen Schüler den Abläufen eines Arbeitsplatznehmers ähneln. Man wird früh an _entfremdete_ Arbeit, Unterordnung, Leistung und Zeitregulierung gewöhnt. Sie erhalten Belohnung, werden bewertet usw. Die Strukturen selbst sind bereits Dressur. Ihre "Beschäftigungstherapie" verkennt das evtl., behält aber z.B. im Folgenden recht: Hier in D hat man ein Problem mit Langzeitarbeitslosen. Sie entwöhnen sich dieser Dressur (Arbeit oder Schule). Somit schickt man sie _auch_ sinnlos durch die Gegend; hält sie sinnlos beschäftigt, konform. Nichtkonformität wird mit Abzügen bestraft.

Das mit der Bildungsinstitution lass ich mal dahingestellt. Sie "erziehen", qualifizieren und sortieren. Jedoch sehe ich das Thema Aufbewahrungsanstalt ganz ähnlich. 
Stef (Gast) antwortete am 2. Jun, 10:06:
@andre
schule müsse nur von der wirtschaft lernen?! unternehmenskultur?! feedback?! ist das wirklich ernst gemeint ... ich scheine in einer anderen welt zu leben. eine damalige freundin (bankgewerbe) hat das jährliche jahresfeedback ("schauen wir uns doch mal ihre zahlen an...") ganz sicher geliebt ;-)

"entfremdung" wovon?! wissen sie eigentlich, dass es schüler gibt, die in der schule erstmals echte verlässliche strukturen/schonräume erfahren. wer oder was ist hier eigentlich der bzw. das "fremde"? ist das "gegenteil des fremden" mein unbegrenzter eigener wille? ist der immer gut...

zum begriff der fehlbarkeit:

von meinem arzt erwarte ich keine fehler, von meiner autowerkstatt erwarte ich keine fehler, vom schlachter ebenso, etc. jeder arbeitgeber erwartet von seinen mitarbeitern möglichst gute arbeit...

die gesellschaft hat erwartungen, schließlich will man sich seinen luxus erhalten. wir lehrer (zusammen mit den elternhaus) sollen das leisten. dabei sitzen wir oft zwischen allen stühlen, sollen fehler zugestehen und doch mit noten bestrafen, sollen (im jahr so ca. 120) individuen sehen und doch den gesellschaftlichen erwartungen gemäß erziehen und bilden.

eine schule der fehlbarkeit? wer heute unterrichtet, der weiß es im übrigen längst: wir haben bereits eine schule der fehlbarkeit! das problem ist nur, dass ununterbrochen versuche unternommen werden, diese realität zu überdecken, zu kaschieren oder zu bestrafen. das reibt schüler wie lehrer gleichermaßen auf. 
gymnasiallehrer (Gast) antwortete am 2. Jun, 10:40:
geh doch mal in die schule und schau dir an wie sowas aussieht!
bis dahin gilt: wer keine ahnung hat, erstmal mund halten 
gymnasiallehrer (Gast) antwortete am 2. Jun, 10:42:
dieser letzte kommentar war natürlich an andre gerichtet 
Andre (Gast) antwortete am 2. Jun, 14:01:
Steff betreffend
"schule müsse nur von der wirtschaft lernen?! unternehmenskultur?! feedback?! [...] eine damalige freundin (bankgewerbe) hat das jährliche jahresfeedback ("schauen wir uns doch mal ihre zahlen an...") ganz sicher geliebt..."

Werter Steff, Sie sollten richtig lesen. Worin erkennen Sie das "nur"? Und worin die Verallgemeinerung des Lernens von der Wirtschaft? Und warum setzen Sie den Kommunikationsbegriff oder als Teil den Feedbackbegriff gleich mit den Erfahrung ihrer Freundin gegenüber einem fragwürdigen Managementinstrument? (Abgesehen davon: was bekommen die Kiddies bereits zum Jahresende?) Absurd. Sie verkünden einfach einen Glaubenssatz und nachvollziehen nicht das, was ich schreibe, sondern lesen das hinein, was sie darunter verstehen möchten. Da kann etwas vom Mond stehen und wenn Sie erwarten, Fische zu sehen, wird mein Mond ihre Flossen bekommen...

"'entfremdung' wovon?! wissen sie eigentlich, dass es schüler gibt, die in der schule erstmals echte verlässliche strukturen/schonräume erfahren. wer oder was ist hier eigentlich der bzw. das "fremde"? ist das 'gegenteil des fremden' mein unbegrenzter eigener wille? ist der immer gut..."

Ich vermute Sie beziehen sich auf den Begriff der entfremdeten Arbeit? Ums mal plump darzustellen, zitier ich Wikipedia: "Für einen lohnabhängigen Menschen ist der Zweck und das primäre Ziel seiner "entfremdeten Arbeit" der Arbeitslohn, also Geld. Lohnarbeiter interessiert daher die Werthaltigkeit der Arbeitsergebnisse, die sich in der Qualität, in den Kosten und in den Preisen der hergestellten Waren und Dienstleistungen manifestiert, eigentlich nur unter Aspekten der Lohnsicherheit und Arbeitsplatzerhaltung." (http://de.wikipedia.org/wiki/Arbeit_(Philosophie)#Entfremdete_Arbeit)

Tja. Arbeit - so zentral im Leben und so wenig hinterfragt. Ich kann ihnen versichen: Das Thema ist sehr interessant - historisch, philosophisch, psychologisch, soziologisch, ... Wenn Sie möchten, finden Sie zu einem neuen Arbeitsbegriff - jenseits der gängigen plumpen Vorstellung... Erkenntnis ändert zwar noch keine Realität. Aber Sie vielleicht und damit ihr Handeln. Nichts anderes habe ich oben geschrieben. vom Selbstverständnis zum Bewusstmachen -> das eigene Handeln und Denken reflektieren statt die Selbstverständnisse zu reproduzieren - in den Köpfen der Kiddies. 
Andre (Gast) antwortete am 2. Jun, 14:08:
den Autor "gymnasiallehrer (anonym)" betreffend
"geh doch mal in die schule und schau dir an wie sowas aussieht!
bis dahin gilt: wer keine ahnung hat, erstmal mund halten"

Wenn Ich ihre Aussage ernst nehme, dann finde ich es schade. Ich hätte gern mehr von Ihnen gelesen.
Etwa einige Zeilen zu meinem Kommentar. Im Gegensatz zu Steff konnte ich nur Ihren kleinen Aufstoßer lesen. Ich hätte vielleicht nachvollziehen können, wie Sie meine Darstellung verstanden haben. Aber auch als Gymnasiallehrer ist es nicht leicht, einen Aufstoßer zu unterdrücken. Prost Mahlzeit. 
Andre (Gast) antwortete am 2. Jun, 14:59:
nochmal Steff betreffend
"wissen sie eigentlich, dass es schüler gibt, die in der schule erstmals echte verlässliche strukturen/schonräume erfahren."

Sorry, das Antworten auf diesen Punkt hatte ich vergessen.
Der Witz ist, dass sie dabei vom Inhalt abstrahieren. Würden die Kindern die ganze Zeit verlässlich aufm Boden gefesselt liegen, würde ihre Bemerkung immer noch aufrecht stehen. Nicht das es Strukturen gibt ist das Problem. Sondern _welche_.

Von Schonraum kann man nur sprechen, wenn man das "notwendig-falsche Bewusstsein" pflegt. Als wenn die Schule Schonräume statt Leistungskonkurrenz unter Zeidruck zur Sortierung etabliert. Der "Schonraum" ist nach ihrem Verständnis wenn überhaupt dann nur das geringere Übel zu einem Produkt gesell. Verhältnisse, die auch die Schule strukturieren. Der "Schonraum" ist allenhalber ein Beiprodukt. Ich bevorzuge auch eher 5 statt 10 Schläge. Aber lieber noch keine Prügel.

Das erstaunliche ist, dass Lehrer ernsthaft glauben, sie würden dort den humboldtschen Menschen _bilden_ statt den Nachwuchs zum bornierten, leistungsbewussten, kleinbürgerlichen Mitläufer erziehen.

Diese Schulen bilden nicht, sondern machen den Nachwuchs für das Arbeitsleben und staatl. Untertanentum fit. Ich hatte hier dazu schon andere Kommentare verfasst. Und Ich weiß auch, dass ich etwas anmahne, was garnicht Zweck der Schulen oder Lehrer ist oder sein darf/kann. Aber es soll sie ja noch geben... die Lehrer, die zwischen der Dressur und Qualifikation auch einwenig bilden - vielleicht am eigenen Vorbild und einen Gegenstand _breiter_ auch im Sein erklären können als ihr Lehrbuch an Denkvorschriften vermittelt. Wenn Sie das Bestehende einfach so wiedergeben, verewigen Sie es als Naturzustand. Das leistet übrigens auch die Massenkulturindustrie (selbst Fantasy und Science-Fiction spult nur die herrschenden Normen, Werte, Verhaltensweisen ab.) 
Stef (Gast) antwortete am 3. Jun, 00:12:
@Andre
Ich denke, dass nun deutlich geworden ist, wofür sie einstehen. Ich kann das nicht nachvollziehen und empfinde ihre Gedanken als lebensfern.

Und wissen sie, an welcher Stelle ihre ganze Argumentation wie ein Kartenhaus in sich zusammen fällt?!? Lesen sie einmal ihre Beiträge! Reflektieren sie ihren eigene Argumentationsstil. Was werden sie entdecken??? ... Am Ende einen Menschen, der andere Menschen von _seiner_ Meinung überzeugen will. Warum sind dann ihre Untertanen bessere Untertanen?!?

p.s. Da glaube ich liebr an den Mond mit Flossen.

p.s.s. Es gibt keine machtfreie Beziehung zwischen Menschen 
Andre (Gast) antwortete am 3. Jun, 10:25:
Stef betreffend
"Ich denke, dass nun deutlich geworden ist, wofür sie einstehen. Ich kann das nicht nachvollziehen und empfinde ihre Gedanken als lebensfern."

Da das sehr verkürzt ist, muss ich herumstochern:
Sagen Sie aus, dass das "Nichtnachvollziehbare" lebensfern ist, weil es eben dort nicht existiert (und daher angemahnt wird)? Das wäre eine astreine Tautologie. Also warum lebensfern? Und was ist nicht nachvollziehbar?

"Und wissen sie, an welcher Stelle ihre ganze Argumentation wie ein Kartenhaus in sich zusammen fällt?!? Lesen sie einmal ihre Beiträge!"

Da fällt nichts zusammen, bereits deswegen schon:

"Reflektieren sie ihren eigene Argumentationsstil. Was werden sie entdecken??? ... Am Ende einen Menschen, der andere Menschen von _seiner_ Meinung überzeugen will."

Wie albern. Nennen Sie mir bitte einen anderen Grund, warum man argumentiert, wenn nicht seiner Ansichten wegen. Sie werfen mir vor, dass ich überzeugen will und ausgerechnet auch noch mit dem, was ich denke. Wie geht das eine ohne das andere? Sie halten dem die Unmündigkeit mit ihrer Aussage entgegen: Man soll vor Anderen nicht das zur Diskussion stellen, was man denkt. Ja schon garnichts wollen! Ein interessanter Lehrsatz, der zur Urteils- und insofern zur Veränderungsunfähigkeit führt. Interessant, aber nicht neu.

Weiter zum Vorwurf "...andere Menschen von _seiner_ Meinung überzeugen..." zu wollen...

Hier betreiben Sie etwas sehr Fatales. Jeder soll meinen dürfen; mit ihrer negativen Ergänzung: aber nichts davon soll gelten.
Wie heißt es: Wichtig ist, dass man eine Meinung hat und wie Eigentum lässt man sich die eigene Meinung nicht nehmen. Sie abstrahieren wieder vom Inhalt, wenn es ihnen nur darum geht, eine Meinung zu haben (4+4=20?) und nicht um den Inhalt dieser Meinungen.

Wenn ich gegen gegen sowas bin, bin ich nicht für das (vermeindliche) Gegenteil. Kritik soll nicht mundtot gemacht, sondern richtig geführt werden. Aber Kritik soll nicht nur nicht mundtot gemacht und richtig geführt werden, sondern auch wirksam werden können. Was bringt es schon, wenn alle kritisieren dürfen, aber am kritisierten Gegenstand nichts ändern können. Artikulation von Kritik ist nicht deren Berücksichtigung... Bemerkungen zur Meinungsfreiheit und Versammlungsfreiheit lasse ich hier erstmal aus. Da gibt es auch Vorstellungen die tats. "lebensfern" sind.

In ihrem "Argumentations"stil machen Sie auch etwas, das ich an einem einfachen Beispiel darstellen möchte:

"Kaffee ist schlecht, weil er nicht schmeckt und zu teuer ist.".

Diese Aussage enthält keine Argumente dazu, warum Kaffee schlecht ist. Tatsächlich sagt sie mehr über den Aussagenden als über den Gegenstand Kaffee. Es sind zwei Aussagen zur eigenen Befindlichkeit: "Mir schmeckt der Kaffee nicht und er ist mir zu teuer." Aber über Kaffee haben Sie nichts gesagt - z.B. über die Wirkung seiner Inhaltsstoffe. Bisher haben Sie Befindlichkeiten geäußert, die ich nun kenne. Insofern freue ich mich jetzt auf etwas Konkretes zum Gegenstand.


"Warum sind dann ihre Untertanen bessere Untertanen?!?"

Sind Sie sehr erregt, wenn Sie ihre Antworten schreiben?
Aber zur Frage: Wodurch schaffe ich mir Untertanen? Dadurch, dass die Leute lernen, selbst zu denken, dass sie sich Urteile bilden können und sich Inhalte statt Abstraktionen um die Ohren hauen? Oder in dem ich kritischen Gehorsam verlange, wie sie.


"p.s. Da glaube ich liebr an den Mond mit Flossen."

Offensichtlich. 
gymnasiallehrer (Gast) antwortete am 3. Jun, 11:55:
@ Andre

tut mir leid, dass ich aufstoßen muss. das kommt von zuviel (heißer) luft. bzw eigentlich ja kohlensäure, aber das passt hier nicht. (jetzt gibts wahrscheinlich gleich einen rüffel wegen unpräziser wortspiele)

"Das erstaunliche ist, dass Lehrer ernsthaft glauben, sie würden dort den humboldtschen Menschen _bilden_ statt den Nachwuchs zum bornierten, leistungsbewussten, kleinbürgerlichen Mitläufer erziehen."

genau dieser satz bestätigt, was ich oben schon gesagt hab. diese unreflektierte pauschalkritik ist so lebensfern wie sie am stammtisch, im bierzelt und auch in anderen kreisen üblich ist. da ändert auch ein ellenlanger wissenschaftlicher (?) diskurs nix dran. ich kenn keinen lehrer, der als ziel angibt, "humboldtsche menschen" zu bilden, aber sehr viele, die versuchen, den schülern auf ihrem weg zu selbstständig denkenden, kritischen erwachsenen ein paar tipps zu geben.
wie lange ist denn dein schulbesuch, aus dem wohl dein wissen über die schule resultiert, her? 
Andre (Gast) antwortete am 3. Jun, 15:20:
dem Autor "gymnasiallehrer"
"tut mir leid, dass ich aufstoßen muss. das kommt von zuviel (heißer) luft. bzw eigentlich ja kohlensäure, aber das passt hier nicht. (jetzt gibts wahrscheinlich gleich einen rüffel wegen unpräziser wortspiele)"

Nö, kein Rüffel. Der Versuch war ganz nett.

"ich kenn keinen lehrer, der als ziel angibt, "humboldtsche menschen" zu bilden, aber sehr viele, die versuchen, den schülern auf ihrem weg zu selbstständig denkenden, kritischen erwachsenen ein paar tipps zu geben."

Aber das ist doch der Witz. Sie tun es nicht, glauben's aber (wie sie ja schreiben). Daher meine Polemik mit Humboldt (der eine Satz, der Dir nicht gefiel). Nimm meine Aussagen zu den dressierenden Strukturen zur Kenntnis. Diese Kommentare gehören auch dazu: http://teacher.twoday.net/stories/3721391/#3726273
Weiterhin hast Du dich wie ich hier vergesellschaftet und vielleicht irgendwann doch mal die Naturhaftigkeit deiner Lebensumstände in Frage gestellt. Ja selbst die Sphäre der romantischen Zweierbeziehung, Freunde, Affären, Familien usw. ist gesellschaftlich modelliert. Du vermittelst über den Lehrinhalt und am Selbstbeispiel auch Werte, Normen und Verhaltensweisen.
Und so macht es also einen unterschied, ob da einer aus der Schule kommt und sich fragt, ob der Penner auf der Straße seinen Euro verdient hat; sich also von der Frage verabschiedet hat, ob der Penner einen braucht. Da macht es einen Unterschied, wenn sich eben dieser Penner über die Lage der Wirtschaft und des Staates sorgen macht (die ihm seine Existenz bescherren). Was die Halluzination namens "wir" (Volk) leistet, ist nämlich genau sowas. Es macht einen Unterschied, wenn man Identitätskrücken vermittelt, diese Ich-Prothesen, und Aufklärung betreibt der Marke: Leute mit einer 88 auf dem Hemd, Springerstiefel und einer Fleischmütze, sind Nazis, böse böse ... und die So-Aufgeklärten aufeinmal Klatschzombies spielen, wenn die Sozialdemokratie inhaltlich braunes Gesabbel losstammelt, aber eben keine 88 vorne auf dem Hemd tragen...

Sie verklickern bewusst oder nicht Vorstellungen über Volk/Nation, Verzichtsübungen, Menschenrechte, Eigentum, Selbstbewusstsein, Würde, Medien, Kulturindustrie, Anstand, Ehre, Rache/Strafe, Geschlechterkonstruktion, Ehe, Staat, Spezialisierung, Technik, Faschismus, Flexibilität, Schule, Politik, Wettbewerb, Gewalt, Markt, Wert, Kapital, Neid, Toleranz, axiomatische Fortschritts(vorstellungen), Freiheit, Konsumsphäre, Weißsein, Lebenszeitverschwendung.... und so weiter und so weiter. Auch ihre Lehrbücher und Comic-Hefte tun das. Sie alle stellen die Lebensituation als naturgegeben hin und entwickeln Handlungen innerhalb dieser Umstände.

Zu vermitteln, das wir hier von Optionen reden und von Produkten historischer Praxis (das Menschheitskonzept ist kein biologisches), dass der Mensch also den Menschen und seine Umstände macht, ist schon was wert. Aber dazu muss man selbst erstmal das Bestehende jenseits seiner erlernten Parteilichkeit verstehen wollen ("Entfremdung der eigenen Kultur" ist eine Lebenserfahrung). Mit Spiegel und Co. wird das nichts. Der alte F. Schiller wusste schon, wer wem was gestattet: "Sire, geben Sie Gedankenfreiheit" (Don Carlos). 
alexius antwortete am 4. Jun, 11:22:
Ähem
@Andre: Ich selbst finde Ihre Anmerkungen zum Thema Schule und auch Schule-Lehrer-Schüler-Verhältnis sehr interessant, und verstehe sie auch soweit (,glaube ich.) Allerdings schließe ich mich auch *teacher* an, der schreibt, dass diese Kritik (zu) fundamental ist, als dass sie Grundlage für den alltäglich Unterricht sein könnte.

Ich versuche das zu begründen: Sie denken und schreiben von einem möglichen Idealbild des Menschen und des Unterrichts, schlussendlich von einer Gesellschaft in der wir leben könnten. *teacher* & co hingegen werfen sich täglich in die Schlacht, der heranwachsenden Generation unserer mittlerweile ziemlich sinnentleerten Konsumgesellschaft, zumindest ein Minimalrüstzeug für die Erschließung des Kosmos' des Menschseins, mitzugeben.

Ihr Entwurf von Unterricht ist eine Utopie, die man anstreben sollte, aber nicht erreichen wird.

@stef: es heißt p.p.s (post post scriptum) und nicht p.s.s. (ach tut das gut sowas mal einem Lehrer zu sagen... :-)

@gymnasiallehrer: Auch wenn Sie die von Andre geäußerten Gedanken nicht nachvollziehen können, empfehle ich Ihnen, sich einmal darauf einzulassen und herauszufinden, wie er das Geschriebene denn gemeint haben könnte, ohne dass er damit sagen wollte, dass alle Lehrer schlecht sind. Mit Verlaub gesagt, dass würde Ihrem Unterricht, und damit ihren Schülern sicher gut tun. 
gymnasiallehrer (Gast) antwortete am 4. Jun, 15:22:
@alexius
wer sagt denn, ich könne die gedanken nicht nachvollziehen? danke für das vertrauen in meine geistigen fähigkeiten.
ich kann dem ganzen durchaus etwas abgewinnen, nur finde ich es einfach ein wenig überzogen, lehrer (und er bezieht sich schon auf einen großteil davon) und schule pauschal zu kritisieren und das ganze mit einer gesamtgesellschaftskritik zu begründen. sicher hat er bei vielem nicht ganz unrecht, vielleicht hätte ich aber deutlicher machen sollen, dass diese ganze kritik von theoretikern (wie sie auch einer zu sein scheinen) oft mit der wirklichkeit in der schule nichts zu tun hat. das ärgert mich einfach immer wieder.
sehr gerne würde ich sehen, dass sich die gesellschaft verändert, dass bestimmte werte wieder in den vordergrund rutschen und konsum, freizeitgestaltung und status symbole wieder verdrängen. wie sie aber auch sagen, wird das nicht so schnell passieren. das geht, wenn überhaupt, nur ganz langsam. dennoch seh ich die welt und die gesellschaft nicht so pessimistisch wie sie und andre und gehe gern in die schule!

'Mit Verlaub gesagt, das würde Ihrem Unterricht, und damit ihren Schülern sicher gut tun. '
und, mit verlaub gesagt, wenn sie meinen unterricht nicht kennen, würde ich sie bitten, sich nicht anzumaßen, ihn zu beurteilen! 
Stef (Gast) antwortete am 4. Jun, 18:30:
@alexius:

1.) p.p.s. natürlich !

2.) wenn ich meine hausarbeiten von der uni lese, so gingen meine damaligen gedanken noch viel weiter. idealismus ist gut und wichtig!doch sind ideale immer nur die halbe wahrheit, wie gymnasiallehrer schon schreibt. sich seinen idealismus zu bewahren und von zeit zu zeit gegen alle (inneren) widerstände ankämpfen, sollte einen guten lehrer sein leben lang begleiten. die oben angeführte pauschale und undifferenzierte kritik, weil praxisfremd, führt aber nur zum schnellen burning-out ... damit ist keinem geholfen.

ich erinnere mich da an manchen dozenten, der voller idealismus "eine ganz andere schule" predigte und selber seminare und vorlesungen hielt, in der er nichts, aber auch rein gar nichts davon umsetzte (oder ist die universität kein ort des lernens?!?). deshalb bin ich immer etwas vorsichtig, wenn mir theoretiker mein täglich brot schlecht reden. 

Name

Url

Meine Eingaben merken?

Titel:

Text:


JCaptcha - du musst dieses Bild lesen können, um das Formular abschicken zu können
Neues Bild

 

 

twoday.net AGB

xml version of this page

powered by Antville powered by Helma