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cotopaxi

 
Ich kümmere mich kaum mehr um das schulische Fortkommen meines Sohnes. Als Lehrer gilt man automatisch als Besserwisser, ich verdränge diese Eigenschaft, wo es geht, und schweige. Der Sohn soll sich seine Sachen selber regeln, alt genug ist er ja. Ausserdem, die meisten Lehrer kann man sowieso nicht ändern, eine kritische Vorsprache bringt genau gar nix. Purer Defaitismus.

Dann kommt ein Brief aus der Schule. Beim Aufmachen fühle ich meinen Puls beschleunigen, aber schon die Überschrift beruhigt mich. Der Brief richtet sich an alle Eltern der Schule, es geht also um keine persönlichen Probleme, sondern um gesellschaftliche. Es geht um Gewalt.
Banden versammeln sich vor der Schule, Kinder werden bedroht und eingeschüchtert, mehrmals wurde die Polizei eingeschaltet. Gewalttätigkeiten werden angekündigt, ausgeführt, verherrlicht und auf Video gebannt.
Wenn die Eltern informiert werden, zeigen sie sich völlig überrascht: "Mein Sohn? Kann ich mir nicht vorstellen!"

Warum der Brief verschickt wurde?

Damit die Eltern ihre Kinder im Auge behalten.
Was machen sie am Computer, was laden sie herunter, welche Lieder sammeln sie, welche Texte lernen sie, was haben sie am Handy gespeichert, welche Kontakte pflegen sie am Nachmittag, welche Kleider kaufen sie, welche Schuhe ziehen sie an?

Ja, die Schule nimmt die Eltern in die Pflicht: Beobachtet euren Nachwuchs (wenn ihr ihn schon nicht erzieht)! Zu viel verlangt?

Die betroffenen Kinder sind oft erst 11 oder 12 Jahre alt, sie besorgen sich Military-Hosen und stahlbewehrte Springerstiefel und suchen Krawall.

In der Zeitung berichtet ein naiver Journalist von einem Totschlag unter Jugendlichen und fügt hinzu: "Der Grund der tödlichen Auseinandersetzung liegt noch im Dunkeln."

Es braucht keinen, Herr Redakteur, sie suchen irgendeinen, auch vor der Schule meines Sohnes. Er hat keine Springerstiefel, soll ich mir Sorgen machen?
image meinte am 4. Jan, 18:58:
ich würde meinen sohn auf den brief ansprechen und was er davon hält. und dann beiläufig fragen ob er schon sowas beobachtet hat vor seiner schule...

ich würde schaun wie er darauf reagiert...und ihm nachher sagen, dass falls es mal probleme gibt er sich echt auf mich velassen kann... 
image antwortete am 4. Jan, 18:59:
achja und: ich bin zwar erst 22 aber ich mach mir selbst über diese entwicklung sorgen, auch wenn ich jetzt kein kind habe 
teacher antwortete am 5. Jan, 12:41:
Mein Sohn (17) sieht das sehr pragmatisch: "Ich und meine Freunde können uns schon verteidigen." 
sigi (Gast) meinte am 4. Jan, 21:46:
Sorgen würde ich mir keine machen. Das bringt nichts. Ich würde mit ihm ein bißchen allgemein über solche Dinge diskutieren, ohne ihn dabei zu durchlöchern wie einen Schweitzer Käs. 
tyndra (Gast) meinte am 5. Jan, 16:13:
wie wir alle wissen, bringt kontrollieren sowieso nix. welches pubertierende kind gibt zur kontrolle das handy an die eltern? welches pubertierende kind lässt sich vorschreiben, welche musik es hören darf? wer empfindet es NICHT als peinlich, wenn die eltern nachmittags nachschleichen um zu sehen, mit wem sie sich wo treffen? oh dear!

ich würde den brief ganz allgemein zum thema machen. und nachfragen, was die andern so machen würden, WENN sie eine solche auseinandersetzung beobachten oder verwickelt sind. direktes nachfragen auf den punkt hin bringt glaub ich wenig.

wichtig ist viel mehr, dass die kinder wissen, was zu tun ist - im fall der fälle. und dass sie sich das vorher schon mal durch den kopf gehen lassen, damit die panik nicht überhand nimmt.

wie wärs mit dem rezept, das an unserer schule funktioniert hat: ein polizist zeigt den kindern im rahmen des turnunterrichtes, wie sie sich effektiv verteidigen können?

ich bin idealistisch, ok: ich glaube daran, dass es immer mindestens eine lösung gibt. :-) 
teacher antwortete am 5. Jan, 20:24:
Mit der Anleitung zur Selbstversteidigung hab ich so mein Problem -es dreht die Gewaltspirale weiter. Wir müssen weiter vorne ansetzen: Ich würde den Gewaltrausch der Medien massiv beschränken. Beinhart :-) 
tyndra (Gast) antwortete am 5. Jan, 20:56:
stimmt einerseits, mit der gewaltspirale. andererseits: ein solches training macht die schwachen stärker und "den starken" sickert ins bewusstsein, dass die schwachen sich nunmehr helfen können (so "die starken" auch an der schule sind). kann auch den effekt des patt haben, weil "die starken" ja in wirklichkeit meist weicheier sind - so wars an unserer schule.

den gewaltrausch der medien massiv beschränken? wie geht das denn, mit zauberei? :-) 
teacher antwortete am 6. Jan, 19:01:
Ich stehe der US-amerikanischen Prüderei skeptisch gegenüber, aber wenn es geht, dass keine Filme mit nackten "Nippels" ins Fernsehen kommen, dann muss das mit spritzenden Eingeweiden wohl auch gehen. Die täglichen Morde im Kinderzimmer müssen aus dem Alltag raus - das geht. 
gulogulo meinte am 6. Jan, 22:53:
ganz allgemein wird es aber schon wieder besser.
um sich von ihren (alt 68er)-eltern abzugrenzen haben immer mehr jugendliche "konservative wertvorstellungen" 
teacher antwortete am 7. Jan, 15:36:
Davon spüre ich noch nix. 
 

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