Ich habe eine dritte Klasse neu übernommen, muss die Kinder allmählich kennen lernen. Ja, da setze ich mich mit dem Klassenplan und einer Namensliste zum Schreibtisch und memoriere. Richtiges Lernen!
Gülcan sitzt in dieser Dritten, ihr Name haftet bereits in meinen Ganglien. Gülcan schaut für dreizehn Jahre erstaunlich erwachsen aus, sitzt aber gebeugt und still am Klassenrand. Ein scheues Reh ohne Selbstbewusstsein.
Während die Kinder individuelle Lösungen auf ihre Arbeitsblätter schreiben, gehe ich korrigierend durch die Reihen. Ich beuge mich über Gülcan und stütze mich mit der linken Hand auf die Bank, während meine Rechte rote Fragezeichen über fehlerhafte Stellen ringelt. Da beginnt Gülcan auf meiner Linken Klavier zu spielen.
"Lustige Adern!", sagt sie kommentierend.
"Das da? Das sind Sehnen!"
Durch das Abstützen treten sie wirklich auffallend heraus.
"Nein. Das da!"
Gülcan drückt auf die weichen Linien dazwischen.
Das überrascht mich. Wenige Kinder wagen es, den Lehrer anzugreifen. Einem schüchternen Mädchen mit Migrationshintergrund hätte ich diesen Mut am wenigsten zugetraut.
Schon rennen die Interpretationswellen durch meinen Kopf. Viel zu früh fällt mir der Titel zu dieser Geschichte ein: "Vater für/von Gülcan gesucht." Ich kenne das Mädchen kaum, kann gerade ihren Vornamen buchstabieren und greife schon zum Psycho-Stempel.
Was immer Gülcan braucht, ich werde ihr wenig davon geben können. Ich werde vorsichtig zuschauen und vorerst auf Humor setzen: "Vorsicht, die beissen!"
Sie lächelt und wir widmen uns der eigentlichen Aufgabe: diakritische Zeichen.
Gülcan sitzt in dieser Dritten, ihr Name haftet bereits in meinen Ganglien. Gülcan schaut für dreizehn Jahre erstaunlich erwachsen aus, sitzt aber gebeugt und still am Klassenrand. Ein scheues Reh ohne Selbstbewusstsein.
Während die Kinder individuelle Lösungen auf ihre Arbeitsblätter schreiben, gehe ich korrigierend durch die Reihen. Ich beuge mich über Gülcan und stütze mich mit der linken Hand auf die Bank, während meine Rechte rote Fragezeichen über fehlerhafte Stellen ringelt. Da beginnt Gülcan auf meiner Linken Klavier zu spielen.
"Lustige Adern!", sagt sie kommentierend.
"Das da? Das sind Sehnen!"
Durch das Abstützen treten sie wirklich auffallend heraus.
"Nein. Das da!"
Gülcan drückt auf die weichen Linien dazwischen.
Das überrascht mich. Wenige Kinder wagen es, den Lehrer anzugreifen. Einem schüchternen Mädchen mit Migrationshintergrund hätte ich diesen Mut am wenigsten zugetraut.
Schon rennen die Interpretationswellen durch meinen Kopf. Viel zu früh fällt mir der Titel zu dieser Geschichte ein: "Vater für/von Gülcan gesucht." Ich kenne das Mädchen kaum, kann gerade ihren Vornamen buchstabieren und greife schon zum Psycho-Stempel.
Was immer Gülcan braucht, ich werde ihr wenig davon geben können. Ich werde vorsichtig zuschauen und vorerst auf Humor setzen: "Vorsicht, die beissen!"
Sie lächelt und wir widmen uns der eigentlichen Aufgabe: diakritische Zeichen.
teacher - am Sonntag, 24. September 2006, 20:16