Eine Gästehaus in Montevideo. Der Besitzer nimmt einen Kugelschreiber und schraffiert vor den Augen der Besucher die halbe Karte: "No go area."
Wenn es dunkel wird, geht man dort nicht hin. Auch erwachsene Männer nicht. Zu gefährlich.
Vielleicht kennen Sie Ähnliches aus Sao Paulo, aus Quito oder aus Miami: "No go area".
Manche unserer SchülerInnen kommen mit dem Zug. Sie müssen vom Bahnhof zur Schule. Im Winter geht die Sonne später auf und früher unter. Sie gehen durch eine Unterführung, sie kommen an einem Park vorbei. Sie treffen sich in der Allee vor der Schule.
Jugendliche ziehen Jugendliche an. Es prallen Welten aufeinander.
"Hast Du Zigarette?"
"Brauchst Du was?"
"Los. Handy her."
Schlägereien, Pöbeleien, Diebstahl.
Kürzlich war auch Raub dabei. Mit Waffen wurde gedroht. Der Notruf gewählt.
Die Polizei geht Streife, sie nimmt auch Täter mit: Eine Bande von Fünfzehnjährigen.
Uns sagt sie resignierend: "Wir können nicht überall sein. Das ist keine Gegend für eure Schüler."
Der Bahnhof einer mitteleuropäischen Stadt wird am helllichten Tag zur No-go-area.
Na danke.
Wenn es dunkel wird, geht man dort nicht hin. Auch erwachsene Männer nicht. Zu gefährlich.
Vielleicht kennen Sie Ähnliches aus Sao Paulo, aus Quito oder aus Miami: "No go area".
Manche unserer SchülerInnen kommen mit dem Zug. Sie müssen vom Bahnhof zur Schule. Im Winter geht die Sonne später auf und früher unter. Sie gehen durch eine Unterführung, sie kommen an einem Park vorbei. Sie treffen sich in der Allee vor der Schule.
Jugendliche ziehen Jugendliche an. Es prallen Welten aufeinander.
"Hast Du Zigarette?"
"Brauchst Du was?"
"Los. Handy her."
Schlägereien, Pöbeleien, Diebstahl.
Kürzlich war auch Raub dabei. Mit Waffen wurde gedroht. Der Notruf gewählt.
Die Polizei geht Streife, sie nimmt auch Täter mit: Eine Bande von Fünfzehnjährigen.
Uns sagt sie resignierend: "Wir können nicht überall sein. Das ist keine Gegend für eure Schüler."
Der Bahnhof einer mitteleuropäischen Stadt wird am helllichten Tag zur No-go-area.
Na danke.
teacher - am Dienstag, 1. Februar 2011, 08:18
Gast Rologe (Gast) meinte am 1. Feb, 12:26:
Naja solche Areas gibts ja in (fast) jeder Kleinstadt...
Sonnenfeind (Gast) antwortete am 1. Feb, 17:47:
Mir fällt in München auf Anhieb kein Stadtteil ein, wo ich nachts nicht hingehen würde...
teacher antwortete am 1. Feb, 19:00:
Ich habe mit meinen Schülern gewettet, dass innerhalb von 10 Jahren bei uns "gated communities" entstehen werden, weil wohlhabende Leute bereit sein werden, für ihre persönliche Sicherheit Geld auszugeben.Dabei ist es Aufgabe des Staates, die öffentliche Sicherheit zu garantieren - das ist ein wesentlicher Teil, dass Europa so lebenswert ist. Die Jugend heute kennt dieses Gefühl gar nicht mehr, sie wachsen schon mit No-go-areas auf - ich habe mir das vor 20 Jahren nicht vorstellen können.
Gast Rologe (Gast) antwortete am 2. Feb, 07:12:
Ich habe vor 30 Jahren in einer sehr kleinen Deutschen Stadt mit damals 3200 Einwohnern gelebt und bin der der Zeit (also den 80ern) zur Schule gegangen.Das ist eine dörflich geprägte Stadt mit hauptsächlich Ein und Mehrfamilienhäusern/Reihenhäusern, so richtig Deutsch-Spiessig ;) , und im Schnitt einem gutem Wohlstand.
In den 60er Jahren wurde dort, weil es auch eine große Industriefirma gab/gibt, ein "Arbeiterviertel" mit Wohnblöcken zur Unterbringung der Gastarbeiter erbaut.
In den 70ern wohnten dort aber auch vermehrt Deutsche mit niederem Einkommen, Sozialhilfeempfänger, Arbeitslose.
Diese Mischung sorgte dafür das sich dort eine Art Ghetto entwickelte (ein Wort was es damals noch nicht gab, in der Stadt wurde es ganz platt "Das Türkenviertel" genannt, obwohl natürlich nicht nur Türken dort wohnten.
Als kleiner 8 Jähriger war mir das noch nicht so klar, hatte auch dort (zum Unmut meiner Eltern) viele Spielkameraden.
Mit 12 war der Spass dann vorbei als man das erste mal von Typen dort (Deutsche/Türken) verprügelt wurde.
So wurde dieses Viertel zu meiner ersten "No go Area". (Das war 1983)
Innerhalb dieses Viertels gab es aber noch einen schlimmeren Block. Da wurde einem gleich gesagt "wer da rein fährt kommt blutig wieder raus".
Mit 14 habe ich mich das dann mal (leider) getraut.
Fahre mit dem Fahrrad durch, ein Typ fährt mit seinem Rad neben mir und gibt mir während der Fahrt einen kräftigen Tritt so das ich voll auf die Schnauze falle und mit Schürfwunden im Dreck liegenbliebe. Bevor ich mich versehe, kommt der Typ her, hebt mich hoch und schlägt mir Zack Zack Zack Zack viermal blitzschnell in den Bauch und gibt mir verbal zu verstehen das ich hier zu verschwinden hätte sonst macht er mich das nächste Mal "ganz kaputt".
Naja, meine Eltern waren dann auch keine große Hilfe "selber schuld wenn du durch das Türkenviertel fährst".
Das dann auch die Zeit, wo die (noch nicht verbotene) FAP/Vikingjugend massiv Werbung an meiner Schule machte, denn die wussten um die Problematik und die wollten Leute wie mich, die Türken aufgrund der Vorfälle hassten.
Da ich aber eine recht gebildeter Junge war, war mir klar das das nicht die Lösung sein kann und mein türkischer guter Freund den ich ein Jahr später kennenlernte nahm mit dann gewisse Vorurteile.
Das ganze hier zeigt aber, das "No go Areas" keine neue Erfindung ist, sondern früher nur einen anderen Namen hatte.
Gleichzeitig haben zu der
walküre antwortete am 2. Feb, 11:08:
Hm. Ich stimme diesem Kommentar zu, weil ich weiß, dass Bahnhöfe in allen Siedlungen, die größer waren als eine Landgemeinde, wahrscheinlich immer schon (aber auf jeden Fall, seit ich mich erinnern kann) Plätze waren, die zu bestimmten Tageszeiten besser zu meiden waren, weil sich dort - außer den Reisenden - Leute herumgetrieben haben, von denen meist nicht viel Gutes zu erwarten war. Und ich weiß auch von einer kleinen Gemeinde in der Nähe meines Geburtsortes, dass dort (in den 70ern und mitten am Land) kein gutes Pflaster war, weil sich dort laufend verhältnismäßig viele Leute angesiedelt haben, die notorisch mit dem Gesetz in Konflikt kamen. Zu glauben, eine solche gesellschaftliche Symptomatik sei eine Errungenschaft der Jahrtausendwende, halte ich für Sozialromantik.
teacher antwortete am 2. Feb, 13:51:
:-)) Ich bin halt ein romantischer Typ :-))Und ich habe bis vor kurzem in einer Gegend völlig ohne no-go-areas gelebt. Diese romantische Blase ist geplatzt.
lbd antwortete am 2. Feb, 21:29:
Insel der Seligen u no-go-areas
ich bin Jahrgang 1973, aufgewachsen in Wien in verschiedenen Bezirken - aber definitiv niemals in Nobelgegenden ;-) - und seit ich denken kann, gab es Gebiete, die man als junges Mädchen z.B. meiden sollte - etwas was man heute als no-go-areas bezeichnen würde. Umsomehr genieße ich es, jetzt zu wohnen wo "Fuchs und Hase einander Gute Nacht sagen" und meinen Kindern ganz andere freiheiten ermöglichen u erlauben kann - aber ich weiß: ich bin absolut privilegiert, dass ich an so einem schönen Plätzchen leben darf
Aurisa antwortete am 2. Feb, 21:37:
In meinem Städtchen gibt es bisher keine no-go-areas und auch in Stuttgart ist mir zumindest keine bekannt... dort allerdings schon so einige Viertel wo ich im dunkeln nur ungern durchgehen würde. Gated communities werde auch hierzulande sicher kommen... und das nicht erst in zehn Jahren.
Es könnte allerdings auch sein, daß es dazu gar nicht mehr kommt, weil die Ereignisse uns überrollen.
Siehe Ägypten...
Wenn sowas auch in Saudi Arabien passiert oder in Pakistan, Indien oder China, dann gnade uns Gott!
Und in all diesen Ländern gärt es bereits... und nicht nur da...
teacher antwortete am 2. Feb, 22:07:
@lbd: ... und ich kenne Leute, die in Wien leben und überlegen, aufs Land zu ziehen, weil ihnen Sicherheit und Friede wichtig sind. @Aurisa: Ich bin nicht so pessimistisch, aber ich glaube, dass wir unsere Kinder auf unsichere und härtere Zeiten vorbereiten werden müssen.
Einanderer antwortete am 2. Feb, 22:14:
Zu Sonnenfeind
Bahnhof Solln, der Totgetretene? Diverse üble Überfälle und Angriffe, zusammengeschlagener Passanten, die Vergewaltigungen nachts in München, in U- und S-Bahnen in München, nachts die U-Bahnstrecke nach Neu-Perlach, schon riskant, schon vergessen? Der Pasinger Bahnhof des Nachts, Treff von Türkengangs... Polizei hat, aufgrund der Sparprogramme, totalen Personalmangel usw. Nogo area ist in München überall, nämlich gut verteilt und stets gut vertuscht ... dafür wird die Sicherheit Deutschlands in Afghanistan verteidigt ... das sind die Milliarden die dort verprasst werden, die hier fehlen um die Polizisten zu bezahlen. Es wird alles noch dicker kommen, versprochen, solange wir diese Politiker weiter gewähren lassen.
Aurisa antwortete am 2. Feb, 22:28:
@'Teacher: Entschuldigung... ich bin halt ne olle Doomerin ;).
Einanderer antwortete am 2. Feb, 23:01:
Zu Aurisa - "härtere Zeiten"
ich nehme mal an, das ist Satire, wenn nicht, dann ist das genau der falsche Ansatz, sorry, wir müssen den Politikern und Spekulanten Einhalt gebieten, nicht fatalistisch unsere Kinder auf "härtere Zeiten" vorbereiten. Denn das ist Pessimismus pur ...
Vuffi Raa (Gast) meinte am 1. Feb, 19:38:
Was denn nun?
Früh untergehende Sonne oder helllichter Tag?