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cotopaxi

 
Ich halte Maturaaufsicht. Auf meinem Tisch liegt ein Haufen Handys (müssen abgegeben werden), ein Packen Papier (zum Nachholen) und der Angabezettel. Die Prüfungskandidaten arbeiten konzentriert, kramen in ihren Viktualien oder schauen verloren in die Luft. Diejenigen unter ihnen, die in den letzten Stunden nicht nur körperlich sondern auch geistig anwesend waren, lächeln über die gestellten Aufgaben.

Nach langen und ruhigen 50 Minuten warte ich auf die Ablöse. Ich möchte Pause machen, aber bald gongt es zur nächsten Stunde und niemand erscheint in der Tür. Ich beginne leicht zu transpirieren, ich habe eine externe Referentin eingeladen, die sicher schon auf mich wartet. Ich kann unmöglich die schriftliche Reifeprüfung unbeaufsichtigt lassen und ich muss schnellstens weg.

Nach langem bangen Warten stürzt die zugeteilte Kollegin A. herein und will ihre Verspätung erklären.

"Tut mir leid", unterbreche ich ihren Wortschwall, "ich muss ...."

In meiner unbesetzten Klasse ist mit der Nervosität auch der Lärmpegel gestiegen, Gott sei Dank hat die sehr verlässliche Truppe selbständig begonnen, die Tische wegzuschieben und einen Sesselkreis zu bilden. Ich weiß schon abzuschätzen, in welchen Klassen Projekte möglich sind!

Nun tritt Kollege D. auf; mit vorwurfsvoller Miene stellt er mir meine Expertin zur Seite.
"Wir haben schon befürchtet, dass du deinen Termin verschwitzt hast."
"Nein, nein, Entschuldigung, ich erkläre alles später ... "

Ich muss noch ins Lehrerzimmer laufen, um die notwendigen Unterlagen zu holen und bitte meinen Gast vorerst alleine in die Klasse zu gehen ... könnten ja warm werden.
Schwer bepackt stürme ich zwei Minuten später zurück - alle warten noch stehend auf mich.
"Setzen, bitte."
Während ich den Medienkasten aufsperre, den Fernseher aufdrehe und die DVD starte, spreche ich - Gesicht zur Tafel (schlechtes Benehmen und pädagogisches No-No!) - mit meinem Gast und stimme gleichzeitig die Schüler mit wiederholenden Phrasen auf das neue Lernziel ein. Männliches Multitasking, geht so-là-là.
Endlich läuft alles irgendwie und ich ziehe mich auf die Position des Moderators zurück. "Cool down, guy."

In der nächsten Fünfminutenpause kann ich meine Referentin gerade noch um Verzeihung bitten und mit ihr über mögliche Erweiterungen des Projektes spekulieren. Dann hetze ich in eine vorverlegte Ersatzstunde:
"Wo bleiben Sie so lange?", höre ich zum Empfang.

Erst nach dem Unterricht erfahre ich, wie aus einer Verspätung eine mittlere Kollision entstand: Kollegin A. hatte eine Schularbeit und ihre Kinder zogen die Arbeitszeit endlos in die nächste Stunde hinein, die liebe Kollegin A. drückte alle Augen zu. Sie kommt viel zu spät, um mich abzulösen, mein Gast fragt verzweifelt im Lehrerzimmer, was mit mir los sei. Der hilfsbereite Kollege D. nimmt sich meiner Referentin an und geht auf die Suche, vernachlässigt dabei seine eigenen Pflichten ...

Deswegen heißt die Chaostheorie genau so! "Wenn irgendwo in Kanada ein Schmetterling mit einem Flügel schlägt, geht in Vietnam ein Gewitter nieder."
Und ich stehe in der Traufe!
Budenzauberin meinte am 8. Mai, 20:31:
Da muß ich jetzt einfach mal wortlos schmunzeln. 
teacher antwortete am 8. Mai, 20:33:
Die Zauberin wortlos, gibt's das oft? 
Budenzauberin antwortete am 8. Mai, 20:37:
Herr Budenzauberer würde jetzt sagen, das sei gerade einmalig gewesen, aber ich halte dagegen und bezichtige ihn der Lüge. 
teacher antwortete am 8. Mai, 20:43:
LG ;-) 
Sternenstaub meinte am 8. Mai, 20:57:
So bitte jetzt nicht falsch verstehen - ich weiß, das fühlt sich bei dir jetzt nach Chaos an und was wann warum falsch gelaufen ist und was hätte vermieden werden können -

aber wenn's dann wieder geht - setzt dich hin und sieh dir die Situationskomik an, das hilft vielleicht und in Wirklichkeit ist doch nix passiert, du weißt, dass du dich auf deine Klasse verlassen kannst - DAS find ich z.B. gut und tja wie oft geht wohl in Vietnam ein Gewitter nieder ??

*sternenstaubiges Daumen hoch* 
teacher antwortete am 8. Mai, 21:15:
Ich mag diese, deine optimistische Sicht aus der Vogelperspektive.
Ich sollte sie mir angewöhnen. 
Sternenstaub antwortete am 9. Mai, 18:17:
tja mühsam gelernt *gg*, ich bin nämlich auch so eine, die ständig alles nochmals durchgehen muss, warum hat A so reagiert und B so, bzw. hätt ich schon vor C wissen müssen was passiert -

doch seit ich das Buch "Trennung als Chance" gelesen hab, in dem die Autorin vorschlägt für gewisse Eigenschaften Namen zu erfinden - in meinem Fall "Carla Controlla" - ist es leichter diese loszulassen, das wirkt wirklich.

Die Eigenschaft alles mit Humor zu betrachen - das muss ich sagen ist glaub ich bei Sternenstaubs angeboren und darüber bin ich echt froh. 
teacher antwortete am 9. Mai, 18:20:
Du machst mich neugierig. Muss ich mich erst scheiden lassen - dass ich so eine "Trennungs-Chance" kriege? Oder täuscht mich der Buchtitel? 
Sternenstaub antwortete am 9. Mai, 19:58:
glaub nicht, dass du dich trennen musst um das Buch zu lesen - ich denk es hilft auch in bestehenden Beziehungen, damit es eben nicht dazu kommt - aber das ist eine andere Geschichte - die haben mich aber nicht extra gefragt im Geschäft bevor sie's mir verkauft haben *gg*

Aber extra für dich zum Nachlesen:

Wie wir unsere Subpersönlichkeiten kennen lernen

Der 1. Schritt ist, jeden unserer verborgenen Aspekte zu identifizieren und zu benennen und eine Beziehung zu diesen Aspekten zu entwickeln. Indem Sie jeden Teil von sich benennen, schaffen Sie eine Distanz und können ihn in einem anderen Licht betrachten ....
.... Indem wir den von der Identifikation befreiten Teilen Namen geben, mildern wir unsere strengen Urteile über sie. ....
.... Der nächste Schritt besteht darin, dass Sie die Augen schließen und Ihren von der Identifikation befreiten Teilen ein Bild, ein Gesicht geben. .....
... Indem wir diesen Eigenschaften Gesichter und Namen geben, ändert sich die Beziehung zu ihnen. Sie müssen sich nicht mehr zurechtweisen, wenn Sie ein Verhalten an den Tag legen, das sie nicht mögen. Denn dann können Sie Kontakt aufnehmen zu der jeweiligen Subpersönlichkeit ......

Ein paar Beispiele zur Auswahl bzw. wie's geht

Fauler Fred
Siegi der Spinner
widerlicher Willy
feiger Frank
Tom der Träumer
usw.

und im Buch wird vorgeschlagen es auch mit den unliebsamen Eigenschaften des Partners - der Partnerin zu machen und diese dadurch auch leichter anzunehmen!

so sternenstaubig viel Spaß beim Ausprobieren ........ 
teacher antwortete am 9. Mai, 20:22:
Danke. Ich bin ja nicht so der Psycho-Freak, aber das finde ich eine spannende Idee! 
.peter meinte am 9. Mai, 23:00:
"kramen in ihren Viktualien "

ist das was zu essen? 
Simon Columbus (Gast) antwortete am 9. Mai, 23:35:
Nein, aber einer der Vornamen von Pippi Langstrumpf :D 
stichi antwortete am 10. Mai, 11:38:
Natürlich ist das was zu essen!
Viktualien sind "Lebensmittel", die man z.B. auf dem Viktualienmarkt in Müchen kaufen kann.

stichi 
April (Gast) meinte am 12. Mai, 17:22:
Genau so geht das oft! Leider. 
teacher antwortete am 12. Mai, 20:29:
Aber "richtigen" Stress haben bloß hoch bezahlte Manager in der Privatwirtschaft :-)
Beamte schlafen mit Ärmelschonern auf leeren Schreibtischen! 
 

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