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cotopaxi

 
"Grüß' Sie, Herr Professor", spricht mich ein junger Mann überraschend an.
Kurzer Blick - mein schwaches Namensgedächtnis wird durchgescannt:
"Servus Fuad! So eine Überraschung!"
"Sie kennen mich immer noch?"
"Naja, du warst nicht gerade unauffällig."

Fuad ist vor einigen Jahren aus der Schule geflogen.
Provokationen, Drohungen, Gewaltanwendung.
Androhung auf Ausschluss.
Keine Besserung.
Zweite Disziplinarkonferenz.
Ausschluss.

Fuads Vater damals: "Ich verwünsche diese Schule!" Seelenlose Lehrer, ausländerfeindliche Haltung ... alle möglichen Anschuldungen.
Wir schwiegen leidend, beleidigt, entsetzt.

Fuad steht heute gepflegt vor mir und wartet auf seinen Auftritt: Weißes Hemd, elegantes Sakko, Selbstvertrauen.
"Wie geht's dir, Fuad?"
"Super. Ich bin einer der Besten in der Klasse ... und ehrlich, das verdanke ich euch, eurer Schule."
Mir bleibt die Luft weg.
"Ja", sagt er. "Ich war schwierig in der Pubertät, und die Schule hat mir meine Grenzen aufgezeigt. Sonst niemand. Ich habe das gebraucht, ich verstehe das jetzt."

Viel Glück, Fuad.
Grüße an deinen Vater.
daisee gell meinte am 19. Dez, 12:34:
:) 
bonanzaMARGOT meinte am 19. Dez, 13:02:
ausnahmen bestätigen die regel. 
teacher antwortete am 19. Dez, 20:30:
Regel oder Ausnahme - das ist die Frage. 
Anja-Pia meinte am 19. Dez, 13:19:
Liest sich wie das Weihnachtsmärchen 2011. 
teacher antwortete am 19. Dez, 20:30:
Daran habe ich gar nicht gedacht - stimmt aber. 
Susi-q (Gast) meinte am 19. Dez, 20:03:
Ich hatte (damals im Gymnasium xD) einen Mitschüler, dem es ähnlich ging. Er hat in einer Arbeit betrogen, wollte es nicht zugeben und sah sich im Recht. Er ist ernsthaft mit ANwalt zur Schule gekommen, um Herrn Engels zu verklagen.
Herr Engels hat auch nicht daran gedacht nachzugeben.
Am Ende des Schuljahres hat der Schüler dann freiwillig die Schule verlassen, es war das erste Mal das ihm eine Grenze aufgezeigt wurde. Aber er hat seine Lektion gelernt. 
teacher antwortete am 19. Dez, 20:35:
Ich glaube, dass es klare Grenzen geben muss, damit sich Jugendliche orientieren können. Da fehlt vieles ... 
Ketzerkatze (Gast) antwortete am 20. Dez, 09:20:
Fehlen ...
Fehlt es nicht auch manchmal bei den Kollegen LehrerInnen - ich hab da diejenigen im Auge, die stets "beliebt" oder "kumpelig" sein wollen und von den SchülerInnen bestenfalls belächelt, üblicherweise sogar verlacht werden? Von denen ist das Setzen von Grenzen nicht zu erwarten ...

"Streng" ist doch vor allem in unseren erwachsenen Ohren ein Verdikt. Von SchülerInnen kann da auch gehörig Respekt mitschwingen - insbesondere, wenn dann noch ein "...aber gerecht" nachfolgt.

Allseits schöne freie Tage und einen guten Rutsch ins neue bürgerliche Jahr :-) 
teacher antwortete am 20. Dez, 19:50:
Ja, klar, es ist viel bequemer, einfach wegzuschauen.

Permissive Pädagogik ist oftmals pure Bequemlichkeit - kommt aber gut an. 
mandros (Gast) antwortete am 21. Dez, 06:51:
....
und wenn man(n) zusaätzlich kaum mRückendeckung erhält aus den verschiedensten gründen ... 
teacher antwortete am 21. Dez, 13:58:
... ja, dann wäre man blöd, Grenzen zu setzen und darauf zu bestehen. Genau dort sind wir angelangt. 
o. klein (Gast) antwortete am 21. Dez, 16:54:
Ich denke, man braucht beides:
man muss den Schülern was bieten, und auch Grenzen setzen.

Wenn man den Schülern was bietet, dann sind sie im Prinzip auch einverstanden, nach den Regeln zu spielen. 
teacher antwortete am 21. Dez, 17:38:
Ja, das finde ich sehr gut.
Aber ich kenne viel Leute (Eltern, auch Lehrerinnen), die den Kindern auch deswegen keine Grenzen setzen, weil sie ihnen nichts bieten, vor allem keine Zeit. 
Jesper (Gast) meinte am 21. Dez, 23:04:
Oh, weh!
Um dem Lob der "Grenzen" einen Kontrapunkt entgegen zu setzen: http://www.familylab.de - auch auf die Gefahr hin, dass die Harten hier im Garten das wieder einmal belächeln werden.

Weiterer Input:
http://www.zeit.de/2010/09/Jesper-Juul 
teacher antwortete am 22. Dez, 16:02:
Ich glaube, wir reden von völlig verschiedenen Grenzen. Ich meine Grenzen, wo es um Fernsehen, um Süßigkeiten, um Freizeit, um Taschengeld, um Handys etc.geht - da brauchen Kinder und Jugendliche (aus neurobiologischen Gründen) Grenzen von außen. Von alleine können sie vielen professionell vermarkteten Verführungen einfach nicht widerstehen.

Andere Freiheiten (z.B. unüberwachte Räume) würden ihnen gut tun. 
Jesper (Gast) antwortete am 22. Dez, 21:14:
Dann sind wir ja einer Meinung! Danke für deine Aufklärung :-) 
nein (Gast) meinte am 6. Mai, 15:05:
.
Oh ja, die wunderbaren ach so verkannten Lehrer, die immer nur das Beste aus einem noch so "verkorksten" Menschen (aus ihrer Sicht) machen!
Kotz!
Es gibt nur ganz, ganz wenige echte Perlen unter den Lehrern. Genau zwei habe ich kennengelernt. Ich war durch Umzüge an mehreren Schulen, dazu zwei Berufsschulen und ein Abendgymnasium.
Lehrer sind in aller Regel unreife Menschen, die das auch bleiben wollen und bleiben werden, so wie sie tagtäglich ihren Machtmissbrauch weiter betreiben, wie ich das jetzt durch mein Kind nocheinmal durchleiden muss!!! 
sooo niedrig wie möglich (Gast) meinte am 26. Nov, 18:44:
Viel Glück, teachers. Grüsse an den Irrsinn der Selektion!
Fuad scheint ein intelligenter Junge gewesen zu sein.

Aber nicht systemkompatibel zum pubertätsfeindlichen staatlichen Schulsystem.

Natürlich brauchen diese jugendlichen Menschen Grenzen.
Fuad hatte vermutlich Glück und ist in seiner neuen Schule besser eingebunden als in seiner alten.

Die alte Schule hat keine Grenzen aufgezeigt. Sie hat versagt.
Wer nur das Mittel des Ausschlusses zu Verfügung hat, versagt in Fällen wie Fuads.
Arme Schule, arme Lehrer dort, arme SchülerInnen. Arme Schweinderln alle dort.

Macht die Augen auf, das könnt ihr besser, Kollegen und Kolleginnen!
Sprecht vorher, nicht wenn schon alles zuspät ist. Sprecht miteinand! 
 

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