Profil
Abmelden
Weblog abonnieren
cotopaxi

 
"Das weiß ich nicht", gilt nicht.

Wenn mir ein Schüler "Das weiß ich nicht" antwortet, dann zieht sich die Wiederholung in die Länge. Das wissen, fürchten sie.
Ich versuche die Fragen am Anfang der Stunde so zu formulieren, dass Verständnis vor Reproduktion geht. Wenn also jemand anwesend war, logisch denken kann und sich anstrengen will, dann wird er zumindestens so viel sagen können, dass ich mit "ausreichend" abschließen kann. Sagt er trotzdem nichts, dann lege ich Köder aus, ziehe ich Würmer aus der Nase, helfe auf die Sprünge. "Weiß nicht", gibts nicht!

Marco muss andere Vorlieben haben, jedenfalls kann er sich für meinen Unterricht (mein Fach? meine Person? meinen Stil?) nicht erwärmen. Drei Wiederholungen enden grottenschlecht, negativ: Nicht aufpassen, nicht mitdenken, nicht anstrengen - alle Kombinationen hat er ausgeschöpft.
"Die nächste Wiederholung darfst du nicht verhauen, sonst zwingst du mich zu handeln: Warnung, Eltern vorladen ... du kennst das ja."
Marco kapiert und reagiert: "Sie werden schon sehen!"
Offensichtlich will er mir beweisen, dass ich ihn grob unterschätze. Tu ich nicht, aber ich tu so. Ein taktisches Manöver.

Ich bereite die Wiederholungsfragen vor.
Was will ich erreichen?
Soll Marco ein Erfolgserlebnis spüren, wenn er endlich lernt?
Oder:
Soll Marco erkennen, dass monatelanges Tachinieren Konsequenzen hat?

Ich habe es in der Hand!

Ich will beides, Marco bekommt zwei Fragen:
1. Eine einfachere für eine positive Erfahrung und den positiven Jahresabschluss.
2. Ein schwierige für die Erkenntnis, dass selbst intelligente Schüler mitarbeiten und mitschreiben müssen.

Die Rechnung geht auf, es/er "funktioniert" wie geplant. Mit unsichtbaren Fäden greife ich in fremdes Leben.

Fix ist: Das Ergebnis einer Prüfung bestimmt der Lehrer. Mit seinen Fragen macht er die Note. Der Schüler spielt (nur)mit.
Oder auch nicht.
Miaka meinte am 6. Jun, 19:02:
von der seite habe ich das noch nie gesehen. aber mal ehrlich, wenn ich so nachdenke: wir hatten schüler, die, egal wie sehr sie sich angestrengt haben und mitgespielt haben, trotzdem durchgefallen sind. kommt auch auf den lehrer an. 
teacher antwortete am 6. Jun, 22:59:
Ich gehe davon aus, dass ich (fast) jeden Schüler auf (fast) alle Noten prüfen kann, also auch gute Schüler auf schlechte Noten und umgekehrt. Dessen sind sich viele Lehrer nicht bewusst, sie glauben oft, dass die Noten ganz vom Wissen und Können der Schüler abhängen. 
Miaka antwortete am 7. Jun, 00:15:
da kann ich eine lustige geschichte erzählen: wir haben mal in der letzten klasse die testbögen vor einem wichtigen test geklaut und kopiert. es hatten alle aus der klasse beide gruppen. und die "besten" haben extra nicht all zu genau beantwortet, und die "schlechtesten" haben auch nicht alles richtig beantwortet, um ein schön gleichmäßiges ergebnis zu erzielen. was war? --> die, die immer eine schlechte note hatten, hatten auch hier ihre fünfer. und die besten ihre einser. dieser professor hat rein nach namen beurteilt (das ist keine annahme, das war wirklich so). daher: kommt auf den lehrer an, mit welchem wunsch er unterrichtet. dieser eine tats nur des geldes wegen... 
teacher antwortete am 7. Jun, 19:55:
Glaub ich sofort. 
Kinkerlitzch3n meinte am 6. Jun, 21:21:
Das erinnert mich an meine Matura.

Beim ersten Versuch hatte ich in Chemie die Fragen zurückgelegt (Chemielernen war sich irgendwie gar nimmer ausgegangen...) und beim zweiten Antreten bekam ich dann so allgemein wie nur irgend möglich formulierte Fragen, in etwa: Erzählen Sie mir was über die anorganischen Metalle, vollkommen egal was, aber bitte reden Sie mit mir!! ;o)
Und dann durfte mein Prof mir einen Dreier geben, da war er aber froh, hihi.

Physik war das totale Gegenteil, während wir auf den Beginn der Prüfung warteten, erwähnte ich meinem Prof gegenüber noch, daß ich mir ja Zahlen so schlecht merke, er fragte mich dann irgendwelche Werte ab und meinte, daß ich die aber unbedingt wissen müsse. Ich also noch schnell diese Zahlen eingeprägt und memoriert wie blöd.
Gefragt hat er sie dann nicht, dafür bei anderen Zahlen ewig lang nachgebohrt, erst als der Direktor zum 2.mal feststellte, daß es nun aber wirklich genug ist, dann mußte er mir leider einen Vierer geben. (wortwörtlich!)
Und später, als alle Prüfer und Beisitzenden jedem einzelnen Schüler gratulierten, war ich die einzige, der der Physikprofessor die Hand nicht schüttelte.
Tolles Gefühl *augenverdreh*, aber ich hatte bestanden, das hat ihn bestimmt ur-gewurmt - Ätsch!! 
teacher antwortete am 6. Jun, 23:05:
"Wer bis zur Matura kommt, der schafft auch diese letzte Hürde", lautet eine alter Lehrerspruch. Keiner will sich die sinnlosen Wiederholungen antun, weil dabei die Leistungen erfahrungsgemäß nicht besser sind, bloß die Fragen einfacher.
Aber einige "Stahlhelmlehrer" wollen das nicht akzeptieren - vielleicht haben sie sogar Recht.
Jemanden die Hand nicht zu schütteln, nicht einmal nach einem "Match", das ist ein Affront, eine Unhöflichkeit, eine Unmenschlichkeit erster Güte. Kein großer Mensch! 
Kinkerlitzch3n antwortete am 7. Jun, 10:40:
Genauso hab ich das auch empfunden. Eigentlich arm, der Mensch.
Da erinner ich mich echt lieber an den Chemie-Prof, der so bemüht war, uns alle durchzubringen, besonders die Mädels... 
Nachtblau meinte am 6. Jun, 21:30:
Jo, so ist das. 
teacher antwortete am 6. Jun, 23:08:
*beifällig nickend* 
Simon Columbus (Gast) meinte am 7. Jun, 01:11:
Oh, Lehrer sind gemein... 
Sternenstaub antwortete am 7. Jun, 08:06:
tja ich würd mal sagen, sie sind auch nur Menschen und dass sich unser teacher dessen bewusst ist, ist ja schon ein großer Schritt - aber auch eine große Verantwortung - wie sagte schon der "Ziehvater" von Spiderman: "Große Macht zieht große Verantwortung nach sich"

in diesem Sinne lieber teacher - immer zum Guten einsetzten dein Wissen, ja - auch wenns'd dich hin und wieder "schwarz" ägerst ;)) 
teacher antwortete am 7. Jun, 20:00:
@ S. Columbus:
Eigentlich nicht. Im Vergleich dazu, was sie an Macht auspielen könnten, sind sie völlig zahm.
@Sternenstaub:
Ich kläre meine (älteren) Schüler darüber auf und zeige ihnen, dass ich respektvoll mit dieser Macht umgehe. Das bringt Sympathien, die das Zusammenleben sehr erleichtern. Kurz: Ich bin aus egoistischen Gründen fair (glaub ich). 
walküre meinte am 7. Jun, 10:38:
Aus meiner
eigenen Schulzeit und von den schulischen Erfahrungen mit meiner Tochter her kann ich behaupten, dass das Gros der Lehrerschaft Ihre Ansicht und Vorgangsweise teilt. Ausnahmen gibt es zweifellos, wobei die größte "Gefahr" meiner Beobachtung nach von den Neulingen ausgeht, die voller Elan von der Uni kommen und noch nicht ganz verinnerlicht haben, dass sie mit Menschen agieren und auch selber nicht unfehlbar sind (Einer von der Sorte hätte mir beinahe meine Matura versaut - er ist aber von seiner Kollegenschaft rechtzeitig eingebremst worden). Aber solange man dessen gewahr ist, dass es dort, wo Menschen sind, "menschelt", lässt sich für alles ein tragbarer und tragfähiger Konsens finden - meine ich. 
teacher antwortete am 7. Jun, 20:48:
Diese Dinge hörst du an keiner Uni. Das zählt zum "informellen" Wissen, das die Lehrer entweder selbst erfahren oder hier im Blog lesen :-)
Es wird auch zwischen den Lehrern kaum so offen besprochen, meist gar nicht explizit überlegt. 
Side Affects meinte am 7. Jun, 14:03:
marco ist marco.
und petra ist petra.
teacher ist teacher.
heute ist heute.
usw.
es gibt nicht das perfekte lehrern an sich. man muß seine schüler mögen-manchmal-dann klappt das andere von allein.
das behaupte ich mal ganz profan.... 
teacher antwortete am 7. Jun, 20:53:
Das Mögen hilft beim Unterrichten, reicht aber bei Weitem nicht aus.
Ein Arzt, der seine Patienten mag, hat auch noch nicht gewonnen. 
stichi antwortete am 7. Jun, 21:50:
Das halte ich für eine sehr gewagte These. Wenn ich nur die Schüler mag, dann kann ich deshalb noch lange keinen anständigen Unterricht machen. Anders rum wird vielleicht ein Schuh draus: auch wenn einer fachlich hervorragend ist, kann er keinen guten Unterricht machen, wenn er Kinder im allgemeinen und seine Schüler im besonderen nicht leiden kann. 
Side Affects antwortete am 8. Jun, 07:44:
ob gewagt oder nicht.
ich halte dran fest.
ein arzt der in der forschung arbeitet, braucht keinen patienten zu mögen. der arzt der klinisch tätig ist, der hat gewonnen,wenn er empathisch ist, einfühlungsvermögen hat-ja und dann natürlich fachkompetenz(rogers).

so einen automaten, der schüler unterrichtet, ohne didaktische fähigkeiten und nur mit fachkenntnis, ohne empathie für kinder und jugendliche, der soll doch in die forschung gehen.....
im schulrecht ist immer noch der erziehungsauftrag verankert.das geht ohne ein minimum an emotionaler intelligenz nicht. 
stichi antwortete am 8. Jun, 08:24:
Meine Rede! 
Seher (Gast) antwortete am 13. Jun, 01:49:
wenn man dir zuhört...
... dann tut mir jegliche Forschung leid. Also nix gegen den Ansatz, dass man seine Schützlinge so rein generell mögen sollte. Aber als Antithese in die Forschung? Ist das der Grund warum die Pädagogik in Österreich so schlecht unterrichtet wird? 
 

twoday.net AGB

xml version of this page

powered by Antville powered by Helma