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cotopaxi

 
Kollege H. geht beschwingt über den Gang.
"Du schaust ja ziemlich entspannt aus", hänge ich meiner Begrüßung an.
"Gar nicht", erwidert er, "ich falle am Abend totmüde ins Bett ... und bin am nächsten Morgen noch immer komplett fertig."
"Und du schläfst durch?"
"Total. Aber ich stehe wie gerädert auf."

Soweit zu meiner Menschenkenntnis, ich habe mich total geirrt in meiner körpersprachlichen Interpretation.

"Und ich halte keinen Lärm aus", setzt H. fort.
"Naja, wir werden älter."
"Bei mir wird es richtig schlimm, ich drehe schon das Radio ab. In der Früh, im Auto ... ich brauche Ruhe."
Das gibt es in der Schule nicht.
"Da wird dir das nächste Jahr gut tun."

H. hat um ein Sabbatical angesucht - ein unbezahltes Freijahr.
Er braucht es.
Ich überlege auch. Ernsthaft.
Aber die Chancen auf Genehmigung stehen schlecht - es gibt zu wenig Lehrer im Land.
fedor (Gast) meinte am 23. Okt, 14:05:
Wo liegt da das Problem?Man braucht den Verantwortlichen nur zu sagen,entweder wird das "sabbatical" bewilligt oder der Langzeitkrankenstand ist da. 
Ketzerkatze (Gast) antwortete am 23. Okt, 14:54:
Nennt mich ruhig naiv
aber wie bezahlt man ein "unbezahltes Freijahr"? Kann man vom Lehrergehalt so viel ansparen? Wie ist man da krankenversichert (Hilfe, ich kling wie meine Mutter)? Oder geht das nur in Partnerschaften, wenn ein Gehalt "weiter läuft" und sich die zwei dann einschränken? 
fedor (Gast) antwortete am 23. Okt, 15:34:
Da gibt es mehrere Möglichkeiten.Man kann z.B. 4 Jahre für 80% des Gehaltes arbeiten und hat dann das 5.Jahr ebenfalls mit 80 % Gehalt frei.Krankenversicherung und Pensionsvorsorge laufen weiter.Man muß sich halt etwas einschränken. 
teacher antwortete am 23. Okt, 21:08:
Die schnellste Variante ist 50:50. Durch die progressive Steuer (ersparnis) bekommt man 2 Jahre lang nur ungefähr 60% des Gehalts, ist aber eines davon im Urlaub.

Aber der Dienstgeber muss es genehmigen - das ist momentan gar nicht sicher.

Der Rest hängt von Familie, Wohnung, Lebensstil etc. ab. Ich denke, dass ich mit 60% durchs Leben komme - als Student bin ich mit 30 % ausgekommen. 
murmel (Gast) meinte am 23. Okt, 18:59:
Genau diese 4/5-Lösung mache ich und habe ab 2014 ein Jahr unterrichtsfrei, arbeite bis dahin 4 Jahre voll mit 80% Gehalt. Also genau wie Stundenreduktion, wenn ich nur 80% arbeiten würde.
Versicherungen laufen weiter, Arbeitsstelle ist garantiert, kann aber eine andere Schule sein.
Ich finde, es ist eine tolle Lösung, um Träume zu verwirklichen oder dem Burnout vorzubeugen.

Alles hing vom OK meines Schulleiters ab. Der war da entspannt und gab es. Dann geht es zum RP, die schlossen sich an trotz Mangelsituation. Aber wer weiß schon, was wir in 4 Jahren für eine Situation haben?
Die Vorteile für die Schule habe ich sinnvoll begründet. Ausruhen und mit neuer Kraft wieder einsteigen wäre sicher auch ein Argument.

Grüße,
murmel 
teacher antwortete am 23. Okt, 21:10:
Die Direktorin leitet das Ansuchen nur weiter, kann es nicht befürworten, bei uns entscheidet der Landesschulrat. 
Diana Loos (Gast) meinte am 24. Okt, 11:12:
Komisch, wie unterschiedlich die Auffassungen sind, die sich in den Sprachen widerspiegeln: In England hat "Sabbatical" eine ganz andere Bedeutung. Meine Mutter, Musiklehrerin in England, hat in den 1970er Jahren ein "Sabbatical" gemacht, und das hieß, sie ließ sich für ein Jahr mit vollem Gehalt beurlauben und bildete sich weiter fort. Als Musiklehrerin lag es nah, in London auf einer Musikhochschule - Trinity College (zu ihren Lehrern zählte der renommierte Dirigent Antal Dorati) - einiges nachzuholen, was sie bei der Lehrerausbildung unmittelbar nach dem Krieg verpassen musste. Also führte sie ein wunderbares Studentenleben, indem sie sich in der Woche mit Klavier und Dirigiern beschäftigte; am Wochenende kehrte sie zu ihrer Familie (Mann, zwei Teenager-Töchter) zurück, die irgendwie ohne sie aber auch ganz gut zurechtkamen ... Vielleicht auch ein Mittel gegen Burnout-Syndrom! 
teacher antwortete am 24. Okt, 16:38:
Das würde ich auch gerne tun: 1 Jahr bezahlt fortbilden lassen. Sofort. 
la-mamma antwortete am 25. Okt, 16:17:
das kannst du auch!
das geht einmal im leben, nennt sich bildungskarenz, dauert ein jahr und du bekommst 60% deiner bezüge vom ams. der landes-, bzw. stadtschulrat muss in deinem fall aber auch da zustimmen. 
teacher antwortete am 26. Okt, 11:50:
Danke, ich werde mich einmal informieren. Ich würde mich sehr gerne weiterbilden. 
Gast (Gast) antwortete am 30. Okt, 14:31:
Bin auch gerade in Bildungskarenz, kann es nur empfehlen.

http://www.ams.at/_docs/001_infoblatt_bildungskarenz.pdf

als Ergänzung noch: Eine Bildungskarenz geht nicht nur einmal im Leben, sondern (theoretisch) alle 4 Jahre, sie muss auch nicht ein Jahr lang dauern, zwischen 3 und 12 Monaten geht alles.

60% ist ein bisschen zu hoch gegriffen - man bekommt ein "Weiterbildungsgeld" das Betragsmäßig genau dem Arbeitslosengeld entspricht - ich glaube es sind 50 oder 55% vom Nettoeinkommen, wird aber auch wieder vom Vorjahr berechnet und ist überhaupt eine komplizierte Geschichte ... 
Lisa (Gast) antwortete am 10. Mär, 20:39:
Bildungskarenz??
Wo bist du angestellt? Ich hab es beim SSR in Wien probiert, ging aber nicht. Rde mich über mehr Info freuen. 
mein (Gast) meinte am 24. Okt, 16:58:
vorschlag:
füge der einreichung deines ansuchens die blogadresse bei.
dann ist dir die bewilligung sicher. 
Ketzerkatze (Gast) antwortete am 25. Okt, 02:05:
Wieder so ne fiese Anspielung
Ich hab beides im Vergleich: Im Brotberuf mach ich was anderes als Unterricht, im Ehrenamt unterrichte ich.

Brotberuf ist - rein von der Stundenzahl - das Doppelte des Unterrichts - ununterbrochene Konzentration und Verantwortung inbegriffen.

Man sagt mir nach, eine gute und engagierte Lehrerin zu sein, der Umgang mit Jugendlichen und die Vermittlung liegen mir auch. Trotzdem schlaucht das Unterrichten mehr als doppelt so heftig wie die gleiche Zeit an Brotberuf.

Also hört bitte auf, dem teacher ständig Jammern und Quengelatur zu unterstellen. Oder machts besser - packts euch ein paar Jugendliche/Kinder und bringt denen was bei. Regelmäßig, sommers wie winters, richtig schön beständig, teils auch ohne, dass die Blagen kapieren, warum das gerade Sinn macht, was sie tun.

DANN sprechen wir uns wieder - nach ein paar Jahren. 
mein (Gast) antwortete am 25. Okt, 10:39:
du wirst lachen (oder weinen): ich bin lesepate in einer volksschule. die kids sind alle äußerst motiviert und lernwillig, wenn auch unterschiedlich begabt.
irgendwann im späteren leben kmmt ihnen oft zumindest die motivation abhanden. und ich wage zu behaupten: es liegt großteils an den lehrern. 
quirinus antwortete am 25. Okt, 12:47:
Jau! Mehr Lesepaten an die Schulen! Dann wird alles wieder gut! 
steppenhund antwortete am 25. Okt, 13:19:
@quirinus
Das klingt jetzt aber sehr ironisch.
Es wäre schon sinnvoll, das Lesen entsprechend zu unterstützen, dann kommen viele andere Dinge von selbst. 
stichi antwortete am 25. Okt, 13:40:
Ja wenn man einmal in der Woche eine Stunde lang mit einigen wenigen Kindern in der Grundschule Lesen übt, dann kann man selbstverständlich mitreden und sich ein Urteil bilden, klar! 
mein (Gast) antwortete am 25. Okt, 14:07:
warum seid ihr überhaupt lehrer, wenn euch das alles zu anstrengend ist? geht zu billa oder zu hofer, da könnt ihr wenigstens keinen schaden anrichten. 
Kienspan antwortete am 25. Okt, 14:34:
ich hielte den unterbreiteten Vorschlag für gefährlich. Er könnte allzu leicht zu mehr führen, als zu einer Dienstfreistellung.

Ach ja, als Nachtrag @stichi noch: wenn ehrenamtliches Engagement zur Förderung benachteiligter Kinder heruntergeputzt wird, indem Einschätzungskompetenz abgesprochen wird, könnte das als "schäbiges" Verhalten eingestuft werden. Ich allerdings nenn's lieber "unreflektiert". 
BIA (Gast) antwortete am 25. Okt, 16:27:
Ich glaube nicht, dass die Abnahme von Motivation im Lauf der Jahre "Großteils an den Lehrern" liegt.
Zur Überlegung - mit 6 fängt man damit an, ist erst mal hoch motiviert, denn erstens ist man jetzt einer von den ganz Großen, lernt was ganz Neues und erweitert seinen Horizont.
Irgendwann wird das zur Routine und der Zauber verfliegt. Besonders, wenn man von Natur aus nicht wahnsinnig extrinsisch motiviert und superfleißig ist, denn irgendwann wird man voraussichtlich sich mal hinsetzen und was pauken müssen. Dann wird man 12, 13, 14, seit JAHREN sitzt man in der Schule, hat sich die Fächer nicht ausgesucht, interessiert sich einfach nicht für Chemie und Physik, dafür aber um so mehr für den Alfons oder die Melusine aus der Parallelklasse. Und dann pubertiert man noch heftig, das Hirn mag nicht abstrahieren, rationales Verhalten tritt kurz mal in den Hintergrund, ebenso das Interesse an z. T. recht theoretischen, abstrakten Themen, die mit der Lebenswelt nicht so richtig was zu tun haben.
Ich spreche aus der Erfahrung einer, die Schule schon in der Grundschule bescheuert fand, die 6. Schulstufe damit verbrachte, Hausaufgaben zu vergesesn, die 7. damit, unter der Bank einen Liebesroman zu schreiben und alle Physikstunden damit, fette Wälzer von Umberto Eco zu lesen. In der 10. Schulstufe kam ich drauf, dass ein gewisser Teil des Lernstoffes super interessant war und ich unbedingt mehr darüber wissen wollte. Ab da lief's richtig gut.
Aber in den darunterliegenden Klassen hätten sich die Lehrer auf den Kopf stellen können, ich hätte mich einfach nicht für das interessiert, was sie mir da beibringen wollen. Das Menschenbild, dass alle immer lernen wollen und alle sich unglaublich für ein Thema interessieren, solange es interessant aufgearbeitet ist, das halte ich für sehr optimistisch. Einen Erwachsenen kann man auch nicht mit einem "motivierenden Einstieg" in allen Fällen dafür ködern, dass er sich für irgendein Thema a) interessiert und b) dann alles lernt, was man dazu abfragen könnte. Gestehen wird och auch den Kindern Interessen zu!

Ob es sinnvoll ist, die individuelle Fächerauswahl stark einzuschränken usw., das ist eine andere Frage - für diesbezügliche Änderungen sind aber nicht die Lehrer zuständig. 
stichi antwortete am 25. Okt, 17:18:
@Kienspan
Wo bitte putze ich ehrenamtliches Engagement herunter? Aber es ist doch wohl ein bisschen übertrieben, aus der Tatsache, dass bei einer Lesepatenschaft alles super läuft, zu schließen, dass an allem Elend in den späteren Klassen die Lehrer schuld sind.
Eine solche freiwillige (nehme ich an) Veranstaltung mit wohl frei wählbaren, von den Interessen der beteiligten Kinder abhängigen Lektüren, kann doch beim besten Willen nicht mit jahrelangem Schulbesuch mit vorgeschriebenen Inhalten verglichen werden.
Das finde ich anmaßend! 
Beobachter (Gast) antwortete am 25. Okt, 18:54:
Interessant: In jedem anderen Beruf wird jemand, der schlechte Resultate liefert, gefeuert. Aber wenn ein Lehrer unfähig ist, ist „das Produkt“ Schuld. 
BIA (Gast) antwortete am 25. Okt, 20:51:
Ich bin mir nicht sicher, ob überall jeder, der schlechte Resultate liefert, gefeuert wird. Von den Helden der Privatwirtschaft in meinem Freundeskreis höre ich anderes. Aber bitte.
Unsere Schüler sind übrigens nicht "das Produkt". Und die Situation ist halt die, dass das Ergebnis ein Engagement beider Seiten - Lehrer und Schüler - voraussetzt. Wenn also z. B. unser Schulgesetz betont, ein Gymnasiast müsse sich im Umfang von ca. 2 Stunden täglich vor- und nachbereiten, und 13 von 32 Schüler schreiben den Übungsaufsatz nicht - und das mit einer atemberaubenden Selbstverständlichkeit -, trotz dann erfolgender Sanktionen, dann hat die eine Seite den Part ihres Deals nicht erfüllt, was sich natürlich in den Ergebnissen niederschlägt. Man kann jetzt natürlich argumentieren, dass sich die Schulpolitik darauf einstellen sollte, dass ein erklecklicher Anteil der Schüler die Notwendigkeit von Vor- und Nachbereitung boykottiert und darum z. B. den Lehrplan abändern sollte oder mehr Übungseinheiten im Unterricht vorsehen sollte. Klar. Aber das ist bis jetzt noch nicht passiert. 
BIA (Gast) antwortete am 25. Okt, 20:54:
Ein Arzt wird nicht zwangsläufig gefeuert, weil ein Patient stirbt. Das System rechnet sozusagen mit ein, dass der Arzt bei einem Teil seiner Patienten mit seiner Kunst scheitert.
Schule tut das auch, ja, das Schulsystem lebt geradezu vom Wettbewerb und dem Unterscheiden von Leistungen und Können. Wo es "gute" Schüler gibt, muss es auch "schlechte" Schüler geben - man legt uns nahe, bei Tests etc. eine Notenschnitt um 3 herum zu erreichen. 
Kienspan antwortete am 25. Okt, 20:59:
Ein Arzt, BIA, der dokumeniert, dass er die Grundlagen seines Handelns nicht kennt, wird sehr wohl gefeuert. 
BIA (Gast) antwortete am 25. Okt, 21:40:
Und inwieweit kennen Lehrer die Grundlage ihres Handelns nicht? 
Kienspan antwortete am 25. Okt, 21:53:
Das wäre im vorigen Beitrag nachzulesen (verzeihen Sie bitte den schnippischen Tonfall, so ist's nicht gemeint) 
BIA (Gast) antwortete am 25. Okt, 22:19:
??? 
teacher antwortete am 26. Okt, 12:01:
Kienspan - oder wie immer er sich auch nennt - muss wieder einmal zeigen: Er ist der Kenner, der große Auskenner und Durchblicker. Und er hat auch schon erkannt, wo das lebende Böse ist. Herzig.

Ich habe Respekt vor Leuten, die sich freiwillig eine Stunde als Vorleser in eine Schule begeben. Die meisten scheuen solche Schritte. Aber ich warne davor, aus dieser Perspektive Schlüsse auf das Schulsystem und die Lehrerschaft ziehen zu wollen. 
BIA (Gast) antwortete am 26. Okt, 12:46:
Ich weiß einfach nicht, was er meint. Die Grundlage meines Handelns - die ist ja ziemlich vielschichtig:
mein pädagogisches Wissen
rechtliche Situation
Klassengröße und Klassensituation
Alter der Schüler
Vorwissen und Können der Schüler
Erwartungen v. Eltern und Schulleitung
usw. usf. 
Lesepate (Gast) antwortete am 26. Okt, 12:50:
Dabei handelt es sich übrigens nicht um Vorlesen, sondern um Lesenüben mit Kindern. 
teacher antwortete am 26. Okt, 12:54:
Ist noch besser. 
stichi antwortete am 26. Okt, 13:53:
Wir sind halt zu unreflektiert! Mir geht es genauso: ???
Was ist das überhaupt für eine Aussage: "Ein Arzt, BIA, der dokumeniert, dass er die Grundlagen seines Handelns nicht kennt,...."
Blubberblubber, Hauptsache es klingt wissend! 
teacher antwortete am 26. Okt, 15:52:
Ich habe gar nicht mehr die Geduld, über solche Allesbesserwisser nachzudenken. Es gelingt ihm sonst noch, auf unwichtige Nebengedanken abzulenken - da spiele ich nicht mit. 
 

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